Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.09.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 142/04
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, WEG, BGB


Vorschriften:

FGG § 27 I
ZPO § 546
WEG § 28 V
WEG § 47
BGB § 158
BGB § 158 I
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners vom 06.07.2004 gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.06.2004 - 29 T 242/03 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 14.847,43 EUR

Gründe: I. Der Rechtsbeschwerdeführer ist Mehrheitseigentümer der Wohnanlage X-Straße 45, #### L, die Beschwerdegegnerin ist deren Verwalterin. In der Eigentümerversammlung vom 05.05.2003 kam es zur Abstimmung über die Genehmigung der durch die Beschwerdegegnerin vorgelegten Jahresabrechnungen für die Abrechnungsjahre 1997 bis 2002. Diese Abrechnungen schlossen mit einer Nachzahlungsverpflichtung zu Lasten des Rechtsbeschwerdeführers in Höhe von insgesamt 14.847,43 EUR ab. Während die übrigen Wohnungseigentümer die Jahresabrechnungen - "vorbehaltlich der Zustimmung des Eigentümers D" - genehmigten, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Beschwerdeführers zu Protokoll, dass er "seine Zustimmung bzw. Ablehnung zu dem Beschluss zur Genehmigung der Jahresabrechnung schriftlich, innerhalb von 14 Tagen bei der Verwaltung einreichen werde." Mit dieser Vorgehensweise erklärten sich sämtliche Wohnungseigentümer einverstanden. Sie ermächtigten die Beschwerdegegnerin, im Falle einer Ablehnung der Genehmigung durch den Beschwerdeführer diese gerichtlich einzuklagen. Mit Schreiben vom 19.05.2003 teilte der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin unter anderem folgendes mit: "Den Einzel- und Gesamtabrechnung TOP 2 bis TOP 7 stimmen wir unter folgendem Vorbehalt zu:

1. Es erfolgt zum 1. Juli 2003 wie beschlossen ein ordentliches Ableseverfahren des Heiz- und Wasserverbrauchs. Von da an wird nach 2 Jahren der dann ordentlich abgelesene Verbrauch mit dem Verteilerschlüssel nach m², unter TOP 2 bis TOP 7 aufgeführt verglichen und entsprechend korrigiert.

2. Mit der vorbehaltlichen Zustimmung zu TOP 2 bis TOP 7 ist eine Änderung der Teilungserklärung und die Anerkennung der über die Teilungserklärung hinausgehende tatsächlichen m² des nach der Teilungserklärung als Nr. 5 bezeichneten Miteigentümer der WEG T / N ausdrücklich ausgeschlossen. Wir stimmen TOP 2 bis TOP 7 nur vorbehaltlich zu, um eine Abrechnung bis 2002 zu ermöglichen. Es bleibt die Forderung die Teilungserklärung 1992 korrekt zu erfüllen, und die von der Eigentümergemeinschaft nicht abgestimmten baulichen Erweiterungen m² / Balkone zurückzubauen."

Das Amtsgericht Köln verpflichtete den Beschwerdeführer mit Beschluss vom 15.09.2003 antragsgemäß zur Zahlung von rückständigem Wohngeld in Höhe von 14.847,43 EUR. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies das Landgericht Köln mit Beschluss vom 16.06.2004 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vom 05.05.2003 über die Genehmigung der Jahresabrechnungen sei dahin auszulegen, dass auch die Zustimmung der übrigen Eigentümer von der Zustimmung der Beschwerdeführerin abhängig sein sollte. Eine derartige Beschlussfassung unter einer aufschiebenden Bedingung sei rechtlich zulässig. Die zur Genehmigung der Jahresabrechnung führende Bedingung sei in dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Schreibens des Beschwerdeführers vom 19.05.2003 zu sehen. Die in diesem Schreiben erklärten "Vorbehalte" bezögen sich nämlich nicht inhaltlich auf die zu genehmigenden Jahresabrechnungen. Im übrigen sei der erste Vorbehalt erfüllt worden und habe der zweite Vorbehalt lediglich klarstellenden Charakter. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde. Der Beschwerdeführer trägt im Wesentlichen vor, es sei zwar in der Eigentümerversammlung vom 05.05.2003 ein Beschluss unter Vorbehalt gefasst worden; die schriftliche Erklärung des Beschwerdeführers vom 19.05.2003 habe jedoch nicht zur Auflösung des Vorbehalts und zur Genehmigung der Jahresabrechnungen geführt. Dies ergebe sich daraus, dass die Zustimmung in diesem Schreiben wiederum unter Vorbehalt erklärt worden sei. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung lässt keine Rechtsfehler erkennen, was gemäß §§ 27 I FGG; 546 ZPO allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist. Zutreffend ist das Landgericht Köln davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vom 05.05.2003 in rechtlich wirksamer Weise unter der aufschiebenden Bedingung einer nachträglichen Genehmigung durch den Beschwerdeführer erfolgt ist, und dass der Rechtsbeschwerdeführer diese Genehmigung mit Schreiben vom 19.05.2003 erteilt hat. Die Eigentümer hatten die Jahresabrechnungen zwar nicht bereits endgültig gemäß § 28 V WEG durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung vom 05.05.2003 genehmigt. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn das Verhalten des Vorstandsvorsitzenden des Beschwerdeführers während der Abstimmung als Stimmenthaltung zu werten wäre. Hierfür spricht allein, dass er bei der ordnungsgemäß einberufenen Versammlung anwesend war und zu den vorgelegten Jahresabrechnungen weder eine positive noch eine negative Stimme abgegeben hatte. Hiergegen spricht jedoch entschieden, dass die Wohnungseigentümer die Genehmigung der Jahresabrechnungen auch von der - notfalls einzuklagenden - Genehmigung des Beschwerdeführers abhängig machen wollten. Denn diese Vereinbarung ergibt sich eindeutig aus dem protokollierten Willen sämtlicher Wohnungseigentümer, indem sie sich mit der vorgenannten Vorgehensweise einverstanden erklärten. Die Wohnungseigentümer hatten die Beschlüsse über die Genehmigungen der einzelnen Jahresabrechnungen in rechtlich zulässiger Weise unter den Vorbehalt einer nachträglichen Genehmigung durch den Beschwerdeführer gestellt. Es handelte sich hierbei um eine Beschlussfassung unter einer aufschiebenden Bedingung, die gemäß § 158 I BGB zulässig ist (Bärmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Auflage, § 23 Rdnr. 29). Da der Beschluss der Eigentümerversammlung ein Rechtsgeschäft darstellt, finden grundsätzlich die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Rechtsgeschäfte Anwendung. So ist etwa ein genehmigender Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung vorbehaltlich einer Prüfung durch den Verwaltungsbeirat für rechtlich wirksam erachtet worden (BayObLG NJWE-MietR 1997, 15 = WE 1997, 153, 154). Die Wohnungseigentümer können auch - wie hier - Beschlüsse vorbehaltlich der späteren Zustimmung eines an der Abstimmung beteiligten Wohnungseigentümers fassen. Denn Gegenstand einer Bedingung nach § 158 BGB kann ein zukünftiges Ereignis jeder Art sein So kann auch das freie Belieben einer mitwirkenden Partei zur Bedingung eines Rechtsgeschäfts gemacht werden, sog. Potestativbedingung (Palandt-Heinrichs, BGB, Einf. v. § 158 Rdnr. 10; RGZ 104, 100; BGHZ 47, 391; BGH NJW-RR 1996, 1167). Die aufschiebend bedingte Beschlussfassung verstieß im vorliegenden Fall nicht gegen den wohnungsrechtlichen Grundsatz, die Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft durch klare Beschlussfassungen aufrecht zu erhalten. Denn der Beschluss sah eine Erklärungsfrist des Beschwerdeführers von 14 Tagen vor, so dass nach Ablauf dieser kurzen Frist Klarheit über die Zustimmung oder Ablehnung des Beschwerdeführers bestehen musste. Der Senat folgt dem Landgericht im Ergebnis auch dahingehend, dass die Auslegung des Schreibens des Beschwerdeführers vom 19.05.2003 eine unbedingte Genehmigung der Jahresabrechnungen ergibt. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der in dem Schreiben vom 19.05.2003 erklärte zweite "Vorbehalt", dass mit der vorbehaltlichen Zustimmung zu TOP 2 bis TOP 7 eine Änderung der Teilungserklärung und die Anerkennung der über die Teilungserklärung hinausgehende tatsächlichen m² des nach der Teilungserklärung als Nr. 5 bezeichneten Miteigentümer der WEG T / N ausdrücklich ausgeschlossen sei, lediglich klarstellenden Charakter hat. Denn mit der Zustimmung zu einer Jahresabrechnung ist keine Änderung der Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft verbunden. Dem Landgericht ist indessen nicht darin zuzustimmen, dass der erste Vorbehalt, es solle zum 1. Juli 2003 ein ordentliches Ableseverfahren des Heiz- und Wasserverbrauchs erfolgen, bereits deswegen unbeachtlich sei, weil er sich inhaltlich nicht auf die Jahresabrechnungen beziehe. Der Vorstandsvorsitzende des Rechtsbeschwerdeführers hatte in der Eigentümerversammlung vom 05.05.2003 seine nachträgliche Genehmigung nämlich nicht ausdrücklich unter die Bedingung gestellt, dass er sich nur Einwendungen gegen die Richtigkeit der Jahresabrechnungen vorbehalten wolle. Der Vorbehalt ist entgegen den Ausführungen des Landgerichts auch nicht erfüllt worden. Dass gegen die Forderung des Rechtsbeschwerdeführers nach Einführung eines anderen Ableseverfahrens des Heiz- und Wasserverbrauchs kein Widerspruch der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte, reicht für die Annahme einer Erfüllung nicht aus. Entscheidend ist nämlich, dass die vom Rechtsbeschwerdeführer geforderte geänderte Abrechnungsmethode tatsächlich nicht eingeführt worden ist, worauf er zutreffend hingewiesen hat. Die interessengerechte Auslegung des Schreibens des Rechtsbeschwerdeführers vom 19.05.2003 ergibt jedoch aus anderen Gründen seine unbedingte Genehmigung der Jahresabrechnungen. Entscheidend ist hierbei die Erklärung des Beschwerdeführers - "Wir stimmen TOP 2 bis TOP 7 nur vorbehaltlich zu, um eine Abrechnung bis 2002 zu ermöglichen" - zu berücksichtigen. Aus dieser Formulierung ergibt sich der Wille des Rechtsbeschwerdeführers, die Wohngeldabrechnungen bis zum Jahre 2002 nicht blockieren zu wollen. Dieser Satz ist bei sachgerechter Auslegung des Schreibens sinngemäß als Ergänzung zu dem Eingangssatz - "den Einzel- und Gesamtabrechnungen TOP 2 bis TOP 7 stimmen wir unter folgendem Vorbehalt zu" - zu sehen. Diese Auslegung ist interessengerecht. Denn die Forderung des Rechtsbeschwerdeführers nach einer Änderung des Ableseverfahrens des Heiz- und Wasserverbrauchs hätte erst nach einer erneuten Beschlussfassung der Wohnungseigentümer erfüllt werden können. Eine Blockade der Genehmigung der inhaltlich nicht angegriffenen Jahresabrechnungen auf längere Zeit hätte zu einer Gefährdung der Liquidität der Wohnungseigentümergemeinschaft führen können. Dass der Rechtsbeschwerdeführer dies nicht gewollt hat, ist seiner oben genannten Erklärung zu entnehmen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dem unterlegenen Rechtsbeschwerdeführer die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Im übrigen besteht keine Veranlassung, von dem in § 47 WEG bestimmten Kostengrundsatz abzuweichen, wonach die Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück