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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.05.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 15/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 29
WEG § 29 Abs. 1
WEG § 47
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 15/01

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund

am 25.05.2001

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Antragsgegner vom 19.01.2001 sowie die weitere Anschlussbeschwerde der Antragsteller vom 05.03.2001 werden zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde haben die Antragsgegner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe:

Die Verfahrensbeteiligten zu 1. bis 3. bilden die aus 15 Wohn- und Teileigentumseinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft R.straße ..., ... K., die von den Verfahrensbeteiligten zu 4. verwaltet wird. Der Eigentümergemeinschaft liegt derzeit die Teilungserklärung vom 31.07.1993 (Bl. 27 bis 45 d. A.) zugrunde.

Am 25.11.1999 fand eine Eigentümerversammlung statt, deren Ergebnisse die Antragsteller im vorliegenden Verfahren teilweise anfechten.

Die Antragsteller hatten ursprünglich beim Amtsgericht den Antrag gestellt:

1. festzustellen, dass der zu TOP 2 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999 getroffene Beschluss:

"Die von dem Verwalter vorgelegte Jahresabrechnung 1996 ist bezüglich der Verteilung der Rechtskosten wegen der Entscheidung Az.: 29 T 188/98 vom 08.09.1999, Landgericht Köln, in der Weise abgeändert worden, dass die Rechtskosten über 3.749,00 DM auf sechs Eigentümer verteilt und die übrigen ausgenommen worden sind. Somit wird die geänderte Jahresabrechnung sowohl als Gesamt- als auch als Einzelabrechnung anerkannt und beschlossen.

Fehlbeträge werden bei Teilnahme am Lastschrifteinzugverfahren mit dem Wohngeld für den Monat Januar 2000 eingezogen. Eigentümer, die nicht an diesem Verfahren teilnehmen, haben selbst bis zu diesem Termin für den Ausgleich des Fehlbetrages zu sorgen. Guthaben werden bis zum 10. Januar 2000 ausgekehrt, sofern die Liquidität der WEG dies zulässt und der betroffene Eigentümer keine Zahlungsrückstände gegenüber der WEG hat. Unter gleichen Voraussetzungen wird bei Teilnahme am Lastschrifteinzugsverfahren das Guthaben mit dem Wohngeld im/bzw. ab dem Monat Januar 2000 verrechnet, sofern der Eigentümer dies rechtzeitig gegenüber der Verwalter erklärt."

unwirksam ist;

hilfsweise: den zu TOP 2 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999 mit dem im Hauptantrag genannten Inhalt insoweit für unwirksam zu erklären, als darin die Jahresabrechnung für das Jahr 1996 genehmigt wurde;

2. festzustellen, dass der zu TOP 3 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999 getroffene Beschluss:

"Die von dem Verwalter mit der Einladung vorgelegte Gesamt- und Einzelabrechnung für das Jahr 1997 wird hiermit festgestellt und beschlossen.

Fehlbeträge werden bei Teilnahme am Lastschrifteinzugsverfahren mit dem Wohngeld für den Monat Januar 2000 eingezogen. Eigentümer, die nicht an diesem Verfahren teilnehmen, haben selbst bis zu diesem Termin für den Ausgleich des Fehlbetrages zu sorgen. Guthaben werden bis zum 10. Januar 2000 ausgekehrt, sofern die Liquidität der WEG dies zulässt und der betroffene Eigentümer keine Zahlungsrückstände gegenüber der WEG hat. Unter gleichen Voraussetzungen wird bei Teilnahme am Lastschrifteinzugsverfahren das Guthaben mit dem Wohngeld im/bzw. ab dem Monat Januar 2000 verrechnet, sofern der Eigentümer dies rechtzeitig gegenüber der Verwaltung erklärt."

unwirksam ist;

3. festzustellen, dass der zu TOP 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999 getroffenen Beschluss:

"Die von dem Verwalter mit der Einladung vorgelegte Gesamt- und Einzelabrechnung für das Jahr 1998 wird hiermit festgestellt und beschlossen.

Fehlbeträge werden bei Teilnahme am Lastschrifteinzugsverfahren mit dem Wohngeld für den Monat Januar 2000 eingezogen. Eigentümer, die nicht an diesem Verfahren teilnehmen, haben selbst bis zu diesem Termin für den Ausgleich des Fehlbetrages zu sorgen. Guthaben werden bis zum 10. Januar 2000 ausgekehrt, sofern die Liquidität der WEG dies zulässt und der betroffene Eigentümer keine Zahlungsrückstände gegenüber der WEG hat. Unter gleichen Voraussetzungen wird bei Teilnahem am Lastschrifteinzugsverfahren das Guthaben mit dem Wohngeld im/bzw. ab dem Monat Januar 2000 verrechnet, sofern der Eigentümer dies rechtzeitig gegenüber der Verwaltung erklärt."

unwirksam ist;

hilfsweise: den zu TOP 4 getroffenen Beschluss über die Jahresabrechnung 1998 für unwirksam zu erklären;

4. festzustellen, dass entgegen der Protokollierung zu TOP 6 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999 folgender Beschluss gefasst wurde:

Gemäß § 14 der Teilungserklärung und § 29 WEG wird ein Beirat gebildet. Zu Beiratmitgliedern wurde bestellt:

Frau R. Frau J. Frau N.

5. festzustellen, dass zu TOP 9 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999: "Einbau eines Personenaufzuges" beschlossen wurden:

"Das vorliegende Angebot der Firma Wi. & We. GmbH & Co. KG, ... D., wird mit dem Protokoll an alle Eigentümer verschickt.

Die Preisangaben in dem vorliegenden Angebot sollen abgedeckt, kopiert und zur Angebotsabgabe an weitere Aufzugsfirmen verschickt werden.

Soweit weitere Angebote eingehen, sollen diese den Eigentümern vor der nächsten Eigentümerversammlung zugeleitet werden."

6. festzustellen, dass zu TOP 11 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. November 1999 folgender Beschluss gefasst wurde:

"Herr Z. wird als Verwalter abgewählt, der Verwaltungsbeirat wird beauftragt drei Angebote von anderen Verwaltern einzuholen. Es soll noch im Jahre 1999 eine weitere Wohnungseigentümerversammlung eingeladen werden. Herr Z. soll bis zum 31.12.1999 die Geschäfte weiterführen."

Durch Beschluss vom 5. April 2000 hatte das Amtsgericht dann lediglich dem TOP 9 der Eigentümerversammlung betreffenden Antrag stattgegeben und die übrigen Anträge zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsteller hin hat die 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln durch die angefochtene Entscheidung vom 20.12.2000 folgendes beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 05.04.2000 (Az.: 202 II 359/99) abgeändert und die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 25.11.1999 zu TOP 2, 3, 4, 6 und 11 aufgehoben. Der Verfahrensbeteiligte zu 4. wird als Verwalter abberufen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Notverwalterin mit der Aufgabe, eine Eigentümerversammlung einzuberufen mit den Tagesordnungspunkten: Wahl eines Verwalters sowie eines Verwaltungsbeirats wird bestellt:

Frau B. E., in: Fa. Immobilien O., B.straße ..., ... Ke..

Die Gerichtskosten werden den Antragsgegnern auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gegen diesen Beschluss, der den Antragstellern am 08.01.2001 und den Antragsgegnern am 05.01.2001 zugestellt wurde, richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner vom 19.01.2001 sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsteller vom 05.03.2001.

Die Antragsgegner beantragen,

unter Aufhebung der erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragen sie,

die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz dem Verwalter G. Z. und der GV GmbH aufzuerlegen.

Die Antragsgegner beantragen,

die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags aller Beteiligten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner und die Anschlussbeschwerde der Antragsteller sind zulässig. Sie sind insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache sind jedoch beide Beschwerden nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist, was allein Gegenstand der Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren sein kann, weder rechtsfehlerhaft ergangen, noch in ihrem Ergebnis rechtsfehlerhaft.

1. Zu Recht hat das Landgericht die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 25.11.1999 zu TOP 2, 3 und 4 aufgehoben. Diese Beschlüsse sind nicht ordnungsgemäß ergangen, da nicht alle Miteigentümer, die dies wollten, vor der Versammlung in ausreichendem Maße Einsicht in die Abrechungsunterlagen und die dazugehörigen Belege nehmen konnten und daher in ihrer Willensbildung hinsichtlich der Genehmigung der Jahresabrechnungen 1996, 1997 und 1998 gehindert waren. Es entspricht der gefestigten Rechtssprechung des Senats, dass die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung, und zwar sowohl über die Gesamtjahresabrechnung als auch über Einzeljahresabrechnungen, einen nichtabdingbaren Anspruch darauf haben, dass sie in die dieser Jahresabrechnung zugrunde liegenden Unterlagen und Belege Einsicht nehmen können (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 29.03.1995 - 16 Wx 36/95 -, OLGR 1996, 55; vom 24.09.1996 - 16 Wx 86/96 - OLGR 1997, 18; vom 04.06.1997 - 16 Wx 87/97 - OLGR 1997, 249; vgl. ferner Schuschke, NZM 1998, 423). Dass der Verwalter den Eigentümern nach der Billigung der Jahresabrechnung Einsichtnahme in die Belege gewähren will, wie dies ausweislich des Protokolls vom 25.11.1999 vorliegend angeboten wurde (Bl. 17 d. A.), ist nicht ausreichend. Denn die Kenntnisnahme von den Abrechnungsunterlagen und Belegen ist notwendige Voraussetzung für eine fundierte Willensbildung über die Abrechnung. Dass vorliegend in der Jahresabrechnung 1996 nur noch, wie die Antragsgegner darlegen, die Verteilung der Rechtskosten Beschlussgegenstand war, ändert am Einsichtsrecht der Antragsteller vor der Abstimmung nichts. Die Antragsteller mussten sich vergewissern können, dass die Abrechnung insgesamt nach der Veränderung der Verteilung der Rechtskosten korrekt vorgenommen war. Das Einsichtnahmerecht der einzelnen Wohnungseigentümer kann ihnen nicht durch Mehrheitsbeschluss abgeschnitten werden. Ein solcher Beschluss entspräche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Zu den tatsächlichen Besonderheiten der vorliegenden Wohnungseigentümergemeinschaft, die es erst recht als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließen, wenn einem Teil der Wohnungseigentümer die vorherige Kontrolle der Unterlagen, die den Jahresabrechnungen, die genehmigt werden sollen, zugrunde liegen, abgeschnitten würde, kann auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen werden.

2. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Unwirksamkeit des Beschlusses zu TOP 6 festgestellt. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer hat zu unrecht den Antrag der Minderheit, einen Verwaltungsbeirat für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu bestellen, zurückgewiesen. In der Teilungserklärung vom 31.07.1993 ist abweichend von § 29 Abs. 1 WEG bestimmt, dass die Eigentümerversammlung einen Verwaltungsbeirat wählt und nicht nur "wählen kann". Damit ist für die vorliegende Wohnungseigentümergemeinschaft die Institution eines Verwaltungsbeirates zwingend festgeschrieben. Eine Änderung dieser Bestimmung in der Teilungserklärung ist durch Mehrheitsbeschluss nicht möglich, sie hätte vielmehr wiederum durch Vereinbarung, also allstimmig erfolgen müssen.

3. Schließlich ist in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass der Verwalter G. C. Z. aus seinem Amt abberufen ist. Der Beschluss zu TOP 11 der Tagesordnung der Wohnungseigentümerversammlung vom 25.11.1999, den Verwalter nicht aus seinem Amte abzuberufen, entsprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Verurteilung eines Verwalters wegen eines Vermögens- oder Eigentumsdelikts spricht grundsätzlich gegen die (Wieder-) Bestellung eines Verwalters und rechtfertigt seine Abberufung, auch wenn die Tat sich nicht gegen die Wohnungseigentümer selbst gerichtet hatte (BayObLG, Beschluss vom 12.03.1998 - NZM 1998, 486). Dies gilt erst Recht, wenn das Vermögensdelikt vom Verwalter in seiner Eigenschaft als Verwalter einer anderen Wohnungseigentümergemeinschaft begangen wurde, sodass das Vertrauen gerade auch in eine Tätigkeit als Wohnungseigentumsverwalter beeinträchtigt wurde. Einen solchen Verwalter nicht aus seinem Amt abzuberufen, wenn auch nur ein Teil der Wohnungseigentümer aufgrund dieser Vorstrafe kein Vertrauen in seine Amtsführung mehr hat, widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Das Festhalten an einem solchen Verwalter durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer, die ihm persönlich verbunden sind, stellt sich als rechtsmissbräuchlich dar (siehe auch LG Berlin, ZMR 2001, 143). Durch eine solche Entscheidung wird nicht, wie die Antragsgegner meinen, ein generelles Berufsverbot für einen wegen Vermögensdelikten vorbestraften Verwalter begründet. Es steht der Wohnungseigentümergemeinschaft frei, gemeinsam das Risiko aus der Weiterbeschäftigung des Verwalters übernehmen zu wollen.

Soweit das Landgericht zur Durchführung der ordnungsgemäßen Neuwahl eines Verwalters sowie der Bestellung eines Verwaltungsbeirates eine Notverwalterin berufen hat, ist die angefochtene Entscheidung ebenfalls rechtsfehlerfrei. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss voll inhaltlich zu eigen.

Die Anschlussbeschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung des Landgerichts entspricht der Regelung des § 47 WEG. Es ist vorliegend kein Grund ersichtlich, von der Regel abzuweichen, dass in Wohnungseigentumssachen eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet. Die vorliegend zu entscheidenden Rechtsfragen lagen nicht derart auf der Hand, dass die Antragsgegner willkürlich handelten, als sie nicht sofort dem Begehren der Antragsteller stattgaben.

Auch die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren ergeht nach § 47 WEG. Auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren besteht keine Veranlassung, von der Regel abzuweichen, dass die außergerichtlichen Kosten nicht erstattet werden.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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