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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.11.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 153/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 153/02

In dem Wohnungseigentumsverfahren

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr.Ahn-Roth

am 22.11.2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsgegner und Beteiligten zu 3. vom 15.8.2002 und 23.8.2002 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 2.8.2002 - 8 T 239/01- werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 130.541 Eur

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 2. 3. und 4. bilden die oben genannte Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligten zu 1. und 5. berufen sich beide darauf, Verwalter dieser Wohnanlage zu sein. Die 1998 erfolgte Verwalterbestellung des Beteiligten zu 1. sowie der Verwaltervertrag wurden mit Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21.6.2000 zu TOP 10 für weitere fünf Jahre verlängert. Auf der Eigentümerversammlung vom 19.10.2000 wurde mit Mehrheit unter TOP 4 beschlossen, die am 21.6.2000 beschlossene Verlängerung der Bestellung und des Verwaltervertrages aufzuheben. Unter TOP 5 wurden hilfsweise die Abberufung und Kündigung des Verwaltervertrages beschlossen. Ferner erfolgte durch einen weiteren Mehrheitsbeschluss die Bestellung des Beteiligten zu 5. als neuen Verwalter. Die Beteiligten zu 1. und 2. haben u.a. diese Beschlüsse zu TOP 4 und 5 mit der Begründung angefochten, sie entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Amtsgericht und Landgericht haben die Anfechtung der Antragsteller als berechtigt angesehen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 3. ihren ursprünglichen Abweisungsantrag weiter.

II.

Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung lässt keine Rechtsfehler erkennen, was allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist, §§ 27 I FGG, 545 ZPO. Zutreffend sind beide Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die unter TOP 4 und hilfsweise TOP 5 erfolgte Aufhebung der Verlängerung der Verwalterbestellung bzw. Abberufung des Verwalters sowie die Kündigung seines Vertrages nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

1.

Die Zulässigkeit der Anfechtungsanträge hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug. Das Recht des Verwalters zur Anfechtung des Eigentümerbeschlusses über seine Abberufung in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG ist höchstrichterlich nochmals bestätigt worden ( BGH vom 20.6.02, ZfIR 02, 731 ).

2.

Mit ebenfalls zutreffender Begründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine vorzeitige Abberufung und eine davon zu unterscheidende vorzeitige Kündigung ( dazu BGH a.a.O.) nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch Mehrheitsbeschluss wirksam erfolgen kann. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 4 des Verwaltervertrages, der in Einklang steht mit § 26 Abs. 1 S. 3 WEG.

3.

Die Anfechtungsanträge zu TOP 4 und TOP 5 sind begründet.

a.

Die angegriffenen Beschlüsse sind nicht schon deshalb rechtlich zutreffend bzw. gegebenenfalls als Feststellung einer möglichen unwirksamen Verlängerung der Verwalterbestellung am 21.6.2000 umzudeuten, weil der Beschluss vom 21.6.2000 zu TOP 10 als Nichtbeschluss oder als nichtiger Beschluss anzusehen wäre. Beides ist nicht der Fall.

Ein Nichtbeschluss oder Scheinbeschluss ist hier schon deshalb abzulehnen, weil in der Eigentümerversammlung vom 21.6.2000 das Abstimmungsergebnis zu TOP 10 vom Versammlungsleiter mit der Feststellung der gültigen Ja- und Nein-Stimmen festgehalten und als Antragsannahme im Protokoll vermerkt worden ist ( s. 3 des Protokolls vom 21.6.2000). Diese Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter hat nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konstitutive Bedeutung und führt dazu, dass dieser Abstimmung unabhängig von ihrem Inhalt als Folge der genannten Feststellungen des Versammlungsleiters Beschlussqualität zukommt ( vgl. BGH vom 23.8.2001, NZM 01, 961 m. w. N. auch zur Gegenmeinung ). Dieses Ergebnis lässt sich zum einen aus § 24 Abs. 6 WEG herleiten , der zu erkennen gibt, dass für die (vorläufige) rechtliche Beurteilung des Abstimmungsergebnisses allein die Feststellungen des Versammlungsleiters und nicht die Bewertung der Wohnungseigentümer verbindlich sein soll. Im Übrigen verlangt auch das Erfordernis der Rechtssicherheit für die Gesamtheit der Wohnungseigentümer eine verbindliche, nicht nur inhaltsfixierende Feststellung des Beschlussergebnisses. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG sieht die kurze Anfechtungsfrist von 1 Monat vor, damit für die Wohnungseigentümergemeinschaft alsbald Rechtssicherheit darüber besteht, dass der gefasste Beschluss mit dem vom Versammlungsleiter formulierten Inhalt verbindlich ist ( vgl. dazu BGH, NZM 01,963 ).

Auf die Frage, ob in der Versammlung vom 21.6.2000 Beschlussfähigkeit und bei der Abstimmung die erforderlichen Mehrheiten gegeben waren, insbes. die Vollmachten wirksam erteilt wurden bzw. den erforderlichen Formerfordernissen entsprachen, kommt es hier deshalb nicht an.

Der Beschluss vom 21.6.2000 ist auch nicht wegen fehlender Beschlusszuständigkeit der Eigentümerversammlung oder wegen seines Inhalts nichtig ( zu Nichtigkeitsgründen vgl. Bärmann/Merle, 8.Aufl., § 23 Rz. 109 ff ) und damit bereits ohne Anfechtung unbeachtlich.

Mit der Beschlussfassung zur Bestellung oder Verlängerung der Bestellung eines Verwalters handelt die Eigentümergemeinschaft im Rahmen ihrer Beschlusskompetenz ( dazu BGH, NJW 00, 3500 ). Es handelt sich nicht um eine Angelegenheit, die vereinbarungsbedürftig und damit der Beschlusskompetenz entzogen ist ( § 26 Abs. 1 WEG ). Sonstige Nichtigkeitsgründe, die sich aus dem Inhalt des Beschlusses ergeben könnten ( wie Sittenwidrigkeit, Widersprüchlichkeit, völlige Unbestimmtheit ), sind weder ersichtlich, noch von einem der Beteiligten geltend gemacht worden.

Der Beschluss zu TOP 10 vom 21.6.2000 ist nicht innerhalb der Monatsfrist angefochten worden, so dass mithin von seiner Verbindlichkeit auszugehen ist.

Eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Anfechtungsfrist, die die Antragsteller mit Schriftsatz vom 21.2.2001, d. h. 8 Monate nach Beschlussfassung, beantragt haben, hat das Landgericht zu Recht verweigert. Hierzu nimmt der Senat auf die entsprechenden Ausführungen ( unter II. 2. b. cc. ) Bezug, die er sich zu eigen macht. b.

Mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung hat das Landgericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur vorzeitigen Abberufung oder Kündigung verneint. Der Beschluss zu TOP 4 kommt, da der Verlängerungsbeschluss vom 21.6.2000 wirksam geworden ist, einer solchen Abberufung gleich.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann, insbesondere weil das erforderliche Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist ( st. Rspr. Senat, NZM 99, 843 m. w. N.; zuletzt BayObLG, ZWE 02, 526, 528). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht zutreffend abgelehnt. aa.

Das Erstbeschwerdegericht hat im Ergebnis zu Recht einen beachtlichen Pflichtverstoß verneint, soweit es um das Verhalten des Beteiligten zu 1. anlässlich der Abstimmung in der Eigentümerversammlung vom 21.6.2000 geht.

Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht auf die Auslegung des § 12 Ziff. 4 der Teilungserklärung und damit zusammenhängend darauf an, ob die schriftlichen Vollmachten bei der Versammlung nur vorgelegt oder auch zu dem Protokoll genommen werden müssen, wenngleich vieles für die vom Landgericht angenommene Auslegung spricht.

Die Antragsgegner können sich nunmehr nach Bestandkraft des Beschlusses vom 21.6.2000 nicht mehr auf ein mögliches Fehlverhalten des Beteiligten zu 1. berufen, das vor oder während der Abstimmung vom 21.6.2000 vorgelegen haben könnte. Durch die erneute Bestellung des Beteiligten zu 1., die zeitlich nach Feststellung der Anwesenheit der Eigentümer und der Beschlussfähigkeit der Versammlung erfolgte, hat die Mehrheit der Eigentümer in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände die Bestellung des Beteiligten zu 1. bestätigt. Im Übrigen sind auch während der Versammlung keine Einwände gegen die Versammlungsleitung des Beteiligten zu 1. erfolgt. Soweit ein Teil der Eigentümer nicht anwesend war, haben diese durch die Nichtanfechtung dieses Beschlusses nach Erhalt des Versammlungsprotokolls ebenfalls zu erkennen gegeben, dass sie etwaige Verstöße des Verwalters - sollten diese tatsächlich gegeben sein - nicht als so gewichtig ansehen, dass dadurch die Verlängerung seiner Amtszeit in Frage gestellt sein könnte ( ebenso OLG Düsseldorf, NZM 00,1019 unter Hinweis auf die ständige Rspr. ).

bb.

Soweit die Antragsgegner sich auf weitere Vertragsverstöße bei der Verwaltung der Wohnanlage berufen, wie z. B. Verwahrlosung der Anlage, handelt es sich überwiegend um Vorwürfe, die sich auf den Zeitraum vor der Eigentümerversammlung vom 21.6.2000 beziehen bzw. um Zustände, die schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlagen. Damit sind sie hier indes ausgeschlossen, da sie - wie oben gezeigt - danach die Verlängerung der Verwalterbestellung beschlossen haben, mithin an diesen behaupteten Vertragsverletzungen keinen entscheidenden Anstoß genommen haben.

Auch ihr weiteres Vorbringen, von diesen Verstößen erst später erfahren zu haben, ändert daran nichts. Hierzu wird auf die zutreffenden Überlegungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss ( unter II. 2. a. bb ) verwiesen, denen nichts hinzuzufügen ist.

Soweit die Vorwürfe sich auf den Zeitraum nach dem 21.6.2000 beziehen ( keine Kündigung des laufenden Hausmeistervertrages, unreparierte Stellen an der Hausverkleidung ), hat das Landgericht mit Recht darauf hingewiesen, dass entweder schon keine Pflichtverletzung vorliegt ( so bezüglich des Hausmeistervertrages ), oder der bauliche Zustand bereits bei der Abstimmung vom 21.6.2000 offen lag und damit bekannt war oder hätte bekannt sein müssen ( so hinsichtlich der entfernten Fassadenplatten ). Der Vorwurf der nicht korrekten Jahresabrechnung durch den Antragsgegner T., wie sie der Senat in dem Verfahren 16 WX 135/02 bzw. 8 T 159/00 LG Bonn zugrunde gelegt hat, bedeutet kein so erhebliches Fehlverhalten, das Anlass zu einer außerordentlichen Abberufung sein könnte. Abgesehen davon, dass dieser Vorwurf erst im Anfechtungsverfahren erhoben wurde und deshalb unter dem Gesichtspunkt des möglicherweise unzulässigen Nachschiebens von Gründen ausgeschlossen sein könnte, beinhaltet er allenfalls ein durchschnittlich fahrlässiges Verhalten des Beteiligten zu 1. Das ergibt sich schon aus der Höhe des falsch gebuchten Einzelbetrages gegenüber dem Umfang der Gesamtabrechnung angesichts der Vielzahl der Eigentümer. Die weiteren Umstände dieser Fehlabrechnung sind schließlich so komplex, dass eine Nachlässigkeit hierbei kein schwerwiegendes Verschulden bedeuten kann. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 48 WEG und entspricht der nicht angegriffenen Festsetzung der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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