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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 29.10.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 180/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 180/01

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

am 29. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 19.06.2001 - 29 T 324/00 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.11.2000 - 202 II 134/00 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Den Antragstellern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB) nicht zu.

Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der der im Vertrag der Miteigentümer oder in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Zweckbestimmung entspricht (§ 15 Abs. 3 WEG). Die Vorinstanzen haben zwar zutreffend ausgeführt, dass die Nutzung der im Sondereigentum der Antragsgegnerin stehenden Räume im Erdgeschoss als Kfz-Untersuchungsraum mit Hebebühne der Teilungserklärung widerspricht, in der diese Räume als Bürofläche ausgewiesen sind. Die Verwalterin hat jedoch mit Schreiben vom 11.12.2000 der Nutzung des Sondereigentums als Kfz-Sachverständigenbüro ausdrücklich zugestimmt. Diese Zustimmung ist wirksam erteilt und bindet alle Wohnungseigentümer.

Die Teilungserklärung vom 21.01.1972 nebst Ergänzungen vom 14.04.1972 und 11.10.1972 wurde am 22.02.1973 einer Änderung unterzogen. Die Gemeinschaftsordnung und der Inhalt des Sondereigentums wurden neu bestimmt. Im Abschnitt B (Gemeinschaftsordnung) § 3 Ziff. 4 wurde u.a. geregelt, dass der Wohnungseigentümer zur Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufs in der Wohnung nur mit schriftlicher Einwilligung des Verwalters berechtigt ist. Diese Bestimmung der Gemeinschaftsordnung gilt nach Abschnitt A Ziff. 1 Abs. 2 für das Teileigentum entsprechend. Die entsprechende Anwendung führt nach Rechtsauffassung des Senats dazu, dass auch die Änderung der gewerblichen Nutzung des Teileigentums mit Zustimmung des Verwalters möglich ist.

Gegen die Wirksamkeit dieser Bestimmung bestehen keine Bedenken.

Grundsätzlich bedarf zwar die Abänderung der Teilungserklärung der Vereinbarung aller Miteigentümer. Eine Änderung durch abändernden Mehrheitsbeschluss wird jedoch dann für wirksam erachtet, wenn die Gemeinschaftsordnung eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsieht, wobei eine Abänderung nur zulässig ist, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem bis dahin bestehenden Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden (vgl. BGHZ 95, 137 ff., 139 ff. m.w.N.; Staudinger-Kreuzer, 12. Aufl., § 10 WEG Rz. 92, 93 m.w.N.). In dem für die "Öffnungsklausel" zugunsten einer Beschlusskompetenz der Eigentümer gesteckten Rahmen hält der Senat unter Berücksichtigung der den Miteigentümern durch das WEG eingeräumten umfänglichen Gestaltungsfreiheit auch die vorliegend in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Ermächtigung der Verwalterin zur Entscheidung über die Berechtigung einer von der Teilungserklärung abweichenden Nutzungsart für zulässig. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die weitere Regelung in der Gemeinschaftsordnung (§ 3 Ziff. 4 Abs. 2), wonach die Einwilligung in die von einem Wohnungseigentümer bzw. Teileigentümer beabsichtigte Nutzungsänderung aus wichtigem Grund verweigert werden kann und ein solcher Grund dann vorliegt, "wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer oder der Hausbewohner mit sich bringt oder befürchten lässt". Hierdurch wird die Entscheidungsfreiheit der Verwalterin tatbestandlich umschrieben und im Interesse der übrigen Eigentümer eingegrenzt.

Im Hinblick auf das Leerstehen der Räume in der Zeit von Februar bis Ende November 1999 ist die Einwilligung der Verwalterin in die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Nutzungsänderung objektiv sachgerecht. Dass die Antragsteller durch den Betrieb eines Kfz-Untersuchungsraum nebst Hebebühne in den Räumen des Erdgeschosses unbillig benachteiligt werden, kann ihrem Vortrag nicht entnommen werden. Sie tragen zu der betriebsbedingten Geräuschbelästigung nicht konkret vor. Es ist weder ersichtlich, wieviel Kraftfahrzeuge pro Tag zur Untersuchung vorgestellt werden, noch ist dargetan, wie geräuschintensiv die Hebebühne "arbeitet", d.h. in welcher Lautstärke die Geräusche in der über den gewerblich genutzten Räumen liegenden Eigentumswohnung der Antragsteller zu hören sind. Allein der Vortrag, es entstehe "erheblicher" Lärm ist nicht ausreichend. Er rechtfertigt ohne weitere Konkretisierung nicht die Annahme, dass die Antragsteller im Vergleich zum alten Zustand unzumutbar beeinträchtigt werden. Dies gilt auch dann, wenn als Vergleich nicht der vorherige langjährige Betrieb einer Autowerkstatt und einer Autovermietung herangezogen wird sondern nach Leerstehen der Räumlichkeiten und anschließendem Verkauf des Teileigentums an die Antragsgegnerin die in der Teilungserklärung vorgesehene Nutzung als Büroraum. Im Hinblick auf den Vortrag der Antragsgegnerin, dass die Hauptbetätigung ihres als Kfz-Sachverständiger tätigen Ehemannes in der Erstellung von Gutachten bestehe, die Mehrzahl der zu begutachtenden Fahrzeuge direkt am Wohnort der Auftraggeber begutachtet würden und im übrigen die montierte Hebebühne nahezu geräuschlos sei, weil die Antriebsmotoren eine Etage tiefer in der Tiefgarage montiert seien, hätte es eines konkreten Vortrages der Antragsteller zu der von ihnen behaupteten "erheblichen" Lärmbelästigung bedurft.

Die Zustimmung der Verwalterin zu der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Nutzungsänderung ist demzufolge wirksam mit Bindung für alle Wohnungseigentümer erfolgt. Das Amtsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen, so dass in Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Beschwerdegerichts die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten tragen. Die Regelung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten entspricht dem Grundsatz, dass in Wohnungseigentumsverfahren jeder Beteiligte seine eigenen Auslagen selbst zu tragen hat. Gründe hiervon abzuweichen sind nicht ersichtlich.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 20.000,00 DM



Ende der Entscheidung

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