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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.11.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 184/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 27
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 184/04

In dem Wohnungseigentumsverfahren

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Heidkamp am 26.11.2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 31.08.2004 gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.07.2004 - 29 T 29/03 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 14.667,65 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin macht als Verwalterin der oben näher bezeichneten Wohnungseigentumsanlage gegen die Antragsgegnerin, die bis Oktober 2002 Verwalterin der Anlage war, einen Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Pflichtverletzung aus dem Verwaltervertrag geltend.

Die Antragsgegnerin hatte am 15.08.1996 mit der Firma L. Hausmeister Service, deren Inhaber ihr Sohn war, ohne vorherige Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Hausmeistervertrag für die Zeit vom 01.09.1996 bis 31.08.2001 abgeschlossen. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.07.1997 wurde zu TOP 4 beschlossen:

"Die Hausgeldabrechnung 1996 wird in vorgelegter Form einstimmig beschlossen, vorbehaltlich der ordnungsgemäßen Belegprüfung. Der Hausverwaltung X wird hierdurch Entlastung erteilt".

Die Abrechnung für das Jahr 1996 enthielt, gleichfalls wie der ebenfalls beschlossene Wirtschaftsplan für den Zeitraum 01.08.1997 bis 31.07.1998, die Hausmeisterkosten auf der Grundlage des am 15.08.1996 geschlossenen Vertrags.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, der eigenmächtig von der Antragsgegnerin abgeschlossene Hausmeistervertrag sei wegen fehlender Billigung der Wohnungseigentümergemeinschaft unwirksam. Weil die Rechnungen der Firma L. Hausmeister Service überhöht gewesen seien, sei der Wohnungseigentümergemeinschaft für den Zeitraum von 1998 bis 2001 ein Schaden in Höhe von 14.467,20 € entstanden.

Das Amtsgericht Bergheim verpflichtete mit Beschluss vom 17.01.2003 die Antragsgegnerin zur Zahlung dieses Betrages. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin führte durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 29.07.2004 zur Zurückweisung des Antrags. Zur Begründung führte das Landgericht im Wesentlichen aus, es sei zwar ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung des Verwaltervertrags entstanden, weil die Antragsgegnerin ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Hausmeistervertrag mit fünfjähriger Laufzeit hätte abschließen dürfen. Dieser Schadensersatzanspruch sei jedoch durch Entlastung der Antragsgegnerin durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.07.1997 zu TOP 4 untergegangen. Mit der weiteren sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die angefochtene Entscheidung lege den in der Eigentümerversammlung vom 11.07.1997 zu TOP 4 gefassten Beschluss fehlerhaft aus. Eine Billigung des Hausmeistervertrags sei mit dieser Beschlussfassung nicht erfolgt.

II.

Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Nach dem von dem Landgericht fehlerfrei festgestellten Sachverhalt ist die angefochtene Entscheidung aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§§ 27 FGG, 546 ZPO), nicht zu beanstanden.

Zu Recht hat das Landgericht die Aktivlegitimation der Antragstellerin festgestellt. Nach § 27 II Nr. 5 WEG ist der Verwalter berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, wenn er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Offenbleiben kann, ob sich die Berechtigung der Antragstellerin zur gerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die ehemalige Verwalterin bereits aus § 5 Satz 3 des Verwaltervertrags ergibt, nachdem der Verwalter ermächtigt ist, gerichtliche Maßnahmen gegen einzelne Eigentümer einzuleiten. Denn mit Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.01.2002 zu TOP 14 ist die Antragstellerin ausdrücklich von der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt worden, gegen die Antragsgegnerin ein gerichtliches Verfahren auf Schadensersatz einzuleiten und den Schaden der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend zu machen.

Die Antragsgegnerin hat zwar durch den eigenmächtigen Abschluss des Hausmeistervertrags mit einer fünfjährigen Laufzeit gegen ihre gesetzlichen Verpflichtungen aus § 27 I WEG in Verbindung mit § 4 und die Verpflichtungen aus dem Verwaltervertrag verstoßen. Denn sie hat den Hausmeistervertrag im Innenverhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertreterin ohne Vertretungsmacht abgeschlossen. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Verwalter ohne einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 27 I Nr. 2 und 3 WEG nur berechtigt ist, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen sowie in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen. Der Abschluss des Hausmeistervertrags mit einer fünfjährigen Laufzeit ging über diese Berechtigung hinaus. Für den Abschluss eines langfristigen Wartungsvertrags bedarf der Verwalter einer speziellen Vollmacht der Wohnungseigentümer in Form eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft (OLG Koblenz, ZMR 1999, 583; OLG Zweibrücken NJW-RR 1991, 1301; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Auflage, § 27 Rdnr. 71; Weitnauer-Lüke, WEG, 9. Auflage 2005, § 27 Rdnr. 6). Dasselbe muss wegen der gleichgelagerten Interessenlage auch beim Abschluss eines langfristigen Hausmeistervertrags gelten. Denn diese Einschränkung der Verwalterbefugnisse ist erforderlich, um der Wohnungseigentümergemeinschaft die Kontrolle darüber zu erhalten, ob der Verwalter sich bei der Auswahl des Hausmeisterunternehmens von wirtschaftlichen Gesichtspunkten hat leiten lassen, ob er insbesondere Vergleichsangebote mehrerer Unternehmen eingeholt hat.

Der Abschluss des Hausmeistervertrages ist der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber jedoch wirksam geworden, weil diese durch die in der Eigentümerversammlung vom 11.07.1997 zu TOP 4 beschlossene Entlastung der Antragsgegnerin den Vertrag genehmigt hatte. Die Wohnungseigentümer verzichteten mit der Entlastung auf sämtliche, mit dem Abschluss des Hausmeistervertrags zusammenhängende Ersatzansprüche gegen die Verwalterin.

Die Entlastung des Verwalters einer Wohnungseigentumsanlage hat die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses. Hierdurch stellt die Wohnungseigentümergemeinschaft verbindlich fest, dass gegen den Verwalter keine Rückforderungs- oder Schadensansprüche seitens der Eigentümergemeinschaft hinsichtlich der zur Entlastung gestellten Verwaltungstätigkeiten bestehen, soweit diese bei sorgfältiger Prüfung aller vorgelegter Unterlagen erkennbar sind (BGH, Beschluss vom 17.07.2003, NJW 2003, 3124, 3126 m. w. N.). Die Entlastung bezieht sich nicht nur auf die konkrete Jahresabrechnung selbst, sondern auch auf das den einzelnen Zahlungsvorgängen zugrunde liegende Verwaltungshandeln (Senatsbeschluss vom 27.06.2001 - 16 Wx 87/01 - OLGR Köln 2002, 4; OLG Düsseldorf NZM 2001, 537). Mit der Entlastung billigt die Wohnungseigentümergemeinschaft damit auch die Geschäftsführung des Verwalters für das entsprechende Abrechnungsjahr (Weitnauer-Gottschalg, WEG, 9. Auflage 2005, § 28 Rdnr. 31; BGH, Beschluss vom 17.07.2003, NJW 2003, 3124, 3126).

Das Landgericht hat mit der durch die Beschlussfassung erfolgten Entlastung der Antragsgegnerin eine nachträgliche Genehmigung des Abschlusses des Hausmeistervertrags gesehen. Diese Auslegung des Beschlusses ist nicht zu beanstanden. Hierbei ist das Beschwerdegericht rechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft dadurch Kenntnis von dem abgeschlossenen Hausmeistervertrag erlangte, dass die Hausmeisterkosten in der Jahresabrechnung für 1996 enthalten waren. Für eine etwaige Kenntnis oder das Kennenmüssen von Vorgängen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage kommt es grundsätzlich auf den Kenntnisstand aller Wohnungseigentümer an (Senatsbeschluss vom 27.06.2001 - 16 Wx 87/01 - OLGR Köln 2002, 4; BayObLG NZM 2001, 388). Die Wohnungseigentümer waren mit der Vorlegung der Jahresabrechnung 1996 und des vorläufigen Wirtschaftsplans 1997 über die dort eingestellten Kostenpositionen in Kenntnis gesetzt worden. Ausdrücklich waren in der Jahresabrechnung 1996 auch die Hausmeisterkosten aufgeführt, die die Antragsgegnerin auf der Grundlage des Hausmeistervertrags vom 15.08.1996 für die Monate September bis Dezember 1996 gezahlt hatte. Bei sorgfältiger Prüfung dieser Unterlagen hätten die Wohnungseigentümer erkennen können, dass die Antragsgegnerin einen neuen Hausmeistervertrag abgeschlossen hatte. Denn, da der vormalige Hausmeister verstorben war, konnten die in die Abrechnung eingestellten Hausmeisterkosten nur aus einem neuen Vertrag entstammen. War den Wohnungseigentümern dies nicht bereits in der Eigentümerversammlung bewusst, hätten sie jedoch aufgrund der in dem Beschluss vorbehaltenen Belegprüfung nachträglich Einwendungen erheben und notfalls den Entlastungsbeschluss gerichtlich anfechten können.

Die Wohnungseigentümer mussten auch Kenntnis von dem langfristigen Abschluss des Hausmeistervertrags haben. Bei den in der Jahresabrechnung 1996 eingestellten Hausmeisterkosten konnte es sich bei sorgfältiger Prüfung nicht nur um Kosten für kurzfristige Aufträge für dringende Arbeiten (z. B. Hausreinigung) gehandelt haben. Denn die Hausmeisterkosten waren auch in dem vorläufigen Wirtschaftsplan für den Zeitraum 01.08.1997 bis 31.07.1998 enthalten, der ebenfalls in der Versammlung vom 11.07.1997 vorgelegt und beschlossen worden war. Die Wohnungseigentümer hätten hierdurch erkennen können, dass den Hausmeistertätigkeiten ein mehrjähriger Vertrag zugrunde gelegen haben muss.

Der Beschluss vom 11.07.1997 über die Entlastung der Antragsgegnerin ist bestandskräftig. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, mit dem sie dem Verwalter für das vorhergehende Geschäftsjahr Entlastung erteilen, ist jedenfalls aus diesem Grund nicht nichtig (BGH, Beschluss vom 17.07.2003; NJW 2003, 3124; Weitnauer-Gottschalg a.a.O. § 28 Rdnr. 31). Offen bleiben kann die Frage, ob dieser Beschluss im vorliegenden Fall den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Denn der Beschluss ist nicht angefochten worden.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.07.1997 zu TOP 4 ist auch nicht deswegen nichtig, da eine wirksame Mehrheit bei der Beschlussfassung deswegen nicht vorgelegen habe, weil die Verwalterin bei der Abstimmung Vollmachten eingesetzt und sich dabei in einem Interessenwiderspruch befunden habe. Denn dies berührt nicht die Bestandskraft des Beschlusses und kann nur im Anfechtungsverfahren geltend gemacht werden, wenn - wie hier - das Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses durch den Versammlungsleiter festgestellt worden ist (BGH, Beschluss vom 23.08.2001 - V ZB 10/01 - NJW 2001, 3339). Aus der protokollierten Formulierung "... wird hierdurch Entlastung erteilt" ergibt sich der Wille der Wohnungseigentümer, dass mit der einstimmigen Beschlussfassung über die Jahresabrechnung gleichzeitig auch die Antragsgegnerin entlastet werden sollte. Der Entlastungswille der Wohnungseigentümer ergibt sich hier nicht nur konkludent aus der Genehmigung der Jahresabrechnung, sondern ausdrücklich aus der gewählten Formulierung, so wie sie die Antragsgegnerin als Versammlungsleiterin in das Protokoll aufgenommen hatte.

Die Rechtsansicht der Antragstellerin, eine Anfechtung des Beschlusses vom 11.07.1997 wäre sinnlos gewesen, weil die Hausmeisterkosten zulässigerweise in die Jahresabrechnung für 1996 eingestellt worden seien, da sie tatsächlich angefallen und gezahlt worden seien, trifft nicht zu. Denn im Rahmen des Anfechtungsverfahrens wäre der Beschluss insgesamt, also auch die Entlastungsentscheidung gerichtlich überprüft worden. Damit wäre geprüft worden, ob die Geschäftsführung der Antragsgegnerin im Jahre 1996 ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte. In diesem Zusammenhang wäre sodann auch überprüft worden, ob der Abschluss des Hausmeistervertrags, insbesondere die vereinbarte Vergütung, gemäß den Grundsätzen des § 21 WEG erfolgte.

Da mit der Entlastung der Antragsgegnerin eine nachträgliche Genehmigung des Hausmeistervertrages erfolgte, ist unerheblich, dass Beschlüsse der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnungen folgender Jahre (aus anderen Gründen) für ungültig erklärt wurden bzw. die Wohnungseigentümer für die folgenden Jahre der Verwalterin keine Entlastung mehr erteilten. Denn die Zahlungen an das Hausmeisterunternehmen erfolgten stets in gleicher Höhe auf der Grundlage der genehmigten Vertragsbedingungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, der unterlegenen Antragstellerin die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Im übrigen besteht keine Veranlassung, von dem in § 47 WEG bestimmten Kostengrundsatz abzuweichen, wonach die Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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