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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.05.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 185/03
Rechtsgebiete: VwGO, FGG, ZPO, WEG


Vorschriften:

VwGO § 188
FGG § 14
FGG § 22 Abs. 1
FGG § 22 Abs. 2
ZPO § 121 Abs. 2
ZPO § 121 Abs. 2, 1. Alt.
ZPO § 121 Abs. 2, 2. Alt.
ZPO § 270 Abs. 3 a. F.
ZPO § 295
WEG § 22 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 43
WEG § 48 Abs. 1 S. 3
WEG § 48 Abs. 3
WEG § 48 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 185/03

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 26.05.2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen, soweit das Landgericht ihre Erstbeschwerde gegen die Zurückweisung des Anfechtungsantrags zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 23.03.1999 als unzulässig verworfen hat.

Im Übrigen werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Kerpen vom 23.02.2001 - 15 II 19/99 - und des Landgerichts Köln vom 15.08.2002 - 29 T 76/01- aufgehoben.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Erst- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Erst- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Wertfestsetzung des Landgerichts auf 12.750,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit einem am 23.04.1999 eingegangenen Antrag beantragten die anwaltlich vertretenen Antragsteller die Beschlüsse zu TOP 3, 4, 5 und 8 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.03.1999 für ungültig zu erklären und die Verwalterin zum Austausch von Außenbeleuchtungsanlagen zu verpflichten. Zugleich beantragten sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung und führten weiter aus, sie "werden beantragen, ihnen für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen." Auf eine entsprechende Anfrage des Amtsgerichts in einer am 12.06.1999 zugestellten Verfügung vom 07.05.1999 erklärten die Antragsteller, dass der Antrag unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stehen solle. Mit einer am 26.10.1999 zugestellten Verfügung wies das Amtsgericht die Antragsteller darauf hin, dass eine einstweilige Anordnung nicht ergehen könne, weil noch kein Hauptsache-, sondern nur ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig sei und dass noch keine Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragsteller eingereicht seien. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, erteilte das Amtsgericht den Antragstellern mit einer am 30.11.1999 zugestellten weiteren Verfügung vom 08.11.1999 die Auflage, binnen 3 Wochen die Prozesskostenhilfeunterlagen einzureichen oder den Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen. Daraufhin haben die Antragsteller nach ihrer Darstellung mit einem am 22.12.1999 versandten Fax mitgeteilt, dass möglicherweise eine Rechtsschutzversicherung eingreife und die Unterlagen nach deren Stellungnahme eingereicht würden. Ein derartiges Fax ist allerdings nicht zu den Akten gelangt, und das Amtsgericht wies mit einem am 02.02.2000 zugestellten Beschluss das Prozesskostenhilfegesuch mit der Begründung zurück, die Rechtsverfolgung der Antragsteller habe wegen einer Verwirkung des Anfechtungsrechts keine Aussicht auf Erfolg.

Hiergegen legten die Antragsteller am 17.02.2000 Beschwerde ein. Ferner teilte sie im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens mit, dass ihre Rechtsschutzversicherung wegen des Anfechtungsantrags zu TOP 8 Deckungsschutz gewähre. Mit Beschluss vom 15.12.2000 half das Amtsgericht der Beschwerde ab und bewilligte den Antragstellern Prozesskostenhilfe. Nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung die Beteiligten wegen des Anfechtungsantrags zu TOP 4 die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wies das Amtsgericht mit einem am 05.03.2001 zugestellten Beschluss vom 23.02.2001 die übrigen Anfechtungsanträge mit der Begründung zurück, die Antragsteller hätten ihr Anfechtungsrecht verwirkt.

Mit einem am 19.03.2001 eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller unter Einreichung von Unterlagen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein Prozesskostenhilfegesuch für eine noch einzulegende sofortige Beschwere gegen den Beschluss vom 23.02.2001 gestellt. Dieses Gesuch haben sie mit einem am 19.04.2001 eingegangenen Schriftsatz mit der Begründung zurückgenommen, ein Miteigentümer habe sich bereit erklärt, die Kosten, soweit sie nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen würden, zu tragen. Zugleich haben sie sofortige Beschwerde eingelegt und wegen der Versäumung der Beschwerdefrist um Wiedereinsetzung nachgesucht. Dieses Rechtsmittel hat das Landgericht unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 26.08.2002 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller vom 09.09.2002, die den Eingangsstempel vom 10.09.2002 trägt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig innerhalb der bis zum 09.09.2002 laufenden zweiwöchigen Frist des § 22 Abs. 1 FGG eingelegt worden. Die Beschwerdeschrift trägt zwar den Eingangsstempel des Landgerichts vom 10.09.2002. Es ist indes davon auszugehen, dass dieser unrichtig ist. Die Antragsteller haben nämlich durch eidesstattliche Versicherungen des Antragstellers zu 1. a) und der Frau C, die erhärtet werden, durch die Erklärungen des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller und den von ihm vorgelegten Urkunden glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdeschrift noch am Abend vorher gegen 23.30 Uhr in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden Luxemburger Straße eingeworfen worden ist, und zwar zusammen mit einem ebenfalls fristwahrenden Schriftsatz in einer OWi-Sache, der den Eingangsstempel vom 09.09.2002 erhalten hat. Nach der vom Senat eingeholten Äußerung des Präsidenten des Landgerichts Köln vom 05.11.2002 und der Stellungnahme des mit der Leerung beauftragten Justizbediensteten war der Nachtbriefkasten zwar funktionsbereit. Indes können beide nicht ausschließen, dass die Beschwerdeschrift mit einem falschen Eingangsstempel versehen worden ist.

II.

In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde zum Teil (Anfechtungsantrag zu TOP 8) nicht begründet. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung der Beschlüsse des Amts- und Landgericht und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1.

Die Erstbeschwerde ist nicht zulässig, soweit sich die Antragsteller gegen die Zurückweisung des Anfechtungsantrags zu TOP 8 wenden, da insoweit die Beschwerdefrist des § 22 Abs. 1 WEG nicht gewahrt ist. Im Übrigen ist das Rechtsmittel zwar ebenfalls verfristet. Indes ist den Antragstellern insoweit gem. § 22 Abs. 2 FGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Das Landgericht hat in seiner Hauptbegründung ausgeführt, die Antragsteller seien nicht ohne Verschulden an der Einlegung der sofortigen Beschwerde gehindert gewesen, weil für das Verfahren kein Anwaltszwang und keine Pflicht zur Einzahlung eines Kostenvorschusses bestehe. Auch sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes und der Fähigkeiten des Antragstellers zu 1. a) nicht notwendig.

Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Die Antragsteller waren nicht gehalten, innerhalb der Frist des § 22 Abs. 1 FGG persönlich sofortige Beschwerde einzulegen. Die entsprechende Auffassung wird zwar in der Kommentarliteratur vertreten. Die insoweit bei Zöller/Philippi, ZPO 23. Auflage, § 119 Rdn. 58 angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sind indes alle in Verfahren ergangen, bei denen Kostenfreiheit nach § 188 VwGO bestand (VGH Kassel MDR 1994, VGH Baden-Württemberg FamRZ 1997, 681, ferner SchlH VG SchlHA 2001, 271). Das OLG Schleswig hat zwar ebenfalls eine entsprechende Auffassung vertreten (SchlHA 1993, 172), allerdings in einem Verfahren, in dem sich die potentielle Belastung der Antragsteller mit Gerichtskosten selbst bei Zurückweisung der Beschwerde in der Größenordnung um 40,00 DM bewegt hat. Vorliegend hätte aber auf der Grundlage des von dem Landgericht angenommenen Geschäftswertes von mehr als 23.000,00 € selbst im Falle einer Rücknahme der sofortigen Beschwerde nach Verweigerung von Prozesskostenhilfe bei der dann gemäß § 48 Abs. 1 S. 3, Abs. 4 WEG anfallenden halben Gebühr die Kostenlast für die Antragsteller etwa das Doppelte, nämlich 42,00 € betragen. Im Falle einer Zurückweisung der sofortigen Beschwerde wären sogar 3 Gebühren zu 84,00 €, also insgesamt 252,00 € entstanden. Der Senat hält es für sehr zweifelhaft, ob es in einer derartigen Situation mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Prinzip der Rechtsschutzgleichheit zu vereinbaren ist, einen wirtschaftlich bedürftigen Beteiligten auf einen Weg zu verweisen, bei dem er mit diesen Kosten belastet wird. Diese Frage kann jedoch letztlich offen bleiben. Das Landgericht war nämlich bereits aus Gründen des Vertrauensschutzes gehindert, von den Antragstellern zu verlangen, dass sie eine unbedingte sofortige Beschwerde einlegten. Es hat - wie die Antragsteller im Einzelnen dargelegt haben - in verschiedenen Verfahren auf von den Antragstellern selbst eingereichten Anträgen Prozesskostenhilfe bewilligt und die sodann eingelegten sofortigen Beschwerden in der Sache beschieden, zuletzt mit Beschluss vom 08.06.2000 - 29 T 172/99 -. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz gebot es daher, dass das Landgericht den Antragstellern vor der Verwerfung des Rechtsmittels auf die beabsichtigte Änderung seiner Rechtsprechung hinwies und ihnen Gelegenheit gab, innerhalb der durch den Hinweis in Gang gesetzten Wiedereinsetzungsfrist das Rechtsmittel einzulegen (vgl. BVerfG NJW 1988, 2787 u. BGH NJW 1999, 60 zu dem ähnlichen Problem einer jahrelang unbeanstandet gebliebenen Unterschrift unter einem bestimmenden Schriftsatz).

Auch lag entgegen der Meinung des Landgerichts ein Fall vor, bei dem die Antragsteller gem. § 14 FGG i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO einen Anspruch auf Beiordnung eines Anwaltes hatten. Die Tatsache alleine, dass es sich um ein Verfahren handelt, bei dem der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, rechtfertigt wegen des Prinzips der Rechtsschutzgleichheit und der fehlenden Deckungsgleichheit der Amtsermittlungspflichten des Richters einerseits sowie der darüber hinausgehenden Aufklärungs- und Beratungspflichten des Anwalts andererseits noch nicht die Verneinung des Tatbestandsmerkmals der "Erforderlichkeit" i. S. d. § 121 Abs. 2, 1. Alt. ZPO (BVerfG FamRZ 2002, 531 = RPfleger 2002, 212). Ob vorliegend wegen der in der Tat aktenkundigen und bei den für ihn zuständigen WEG-Gerichten auch aus anderen Verfahren bekannten juristischen Kenntnisse des Antragstellers zu 1. a) eine andere Beurteilung möglich ist, kann offen blieben; denn es hätte nach § 121 Abs. 2, 2. Alt. ZPO ein Anspruch auf Beiordnung eines Anwalts bestanden. Jedenfalls in solchen FGG-Verfahren, in denen sich - wie im WEG Verfahren - Beteiligte mit gegenläufigen Interessen gegenüber stehen, erfordert es das Prinzip der "Waffengleichheit", dass im Falle einer anwaltlichen Vertretung des Gegners auch der Bedürftige Anspruch auf Beiordnung eines Anwalts hat (vgl. OLG Köln - 14. ZS - OLGReport Köln 1997, 268; KG KGReport 1999, 105; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Auflage, § 14 Rdn. 23). Dies gilt auch dann, wenn sich - wie hier - im Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs für die Beschwerdeinstanz für den Gegner noch kein Anwalt bestellt hatte, aber dieser in der Vorinstanz anwaltlich vertreten war und zu erwarten ist, dass erneut eine anwaltliche Bestellung erfolgt (OLG Frankfurt OLGReport 1997, 234).

Es hat daher bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass einer mittellosen Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist, auch noch am letzten Tag (vgl. BGH NJW 1998, 1230) einen vollständigen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens stellt und nach Fortfall der fehlenden Möglichkeit die Verfahrenskosten aufzubringen, sei es durch Bekanntgabe des Bewilligungsbeschlusses, sei es aus sonstigen Gründen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist von 2 Wochen des § 22 Abs. 2 FGG das Rechtsmittel einlegt.

Dies gilt allerdings nicht, wegen des Anfechtungsantrags zu TOP 8, dessen Kosten von der Finanzierungsvereinbarung mit dem Miteigentümer ausgenommen sind. Insoweit konnten die Antragsteller sich - worauf sie mit Recht hinweisen - zwar ebenfalls solange, wie noch keine Deckungszusage für das Beschwerdeverfahren vorlag, ebenfalls mit der Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs innerhalb der Rechtsmittelfrist begnügen (BGH NJW 1991, 109 u. NJW 1998, 1230). Indes scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus, weil sie nicht dargelegt haben, wann sie die Deckungszusage erhalten haben, so dass sich nicht feststellen lässt, ob die Wiedereinsetzungsfrist des § 22 Abs. 2 FGG gewahrt ist.

2.

In verfahrensmäßiger Hinsicht ist schließlich anzumerken, dass die Antragsgegner ordnungsgemäß vertreten sind. Ihre Verfahrensbevollmächtigten, die ihre Vollmacht von der Beteiligten zu 3., der Verwalterin, ableiten, haben mit Schriftsatz vom 02.09.2002 nachgewiesen, dass die Verwalterin in der Eigentümerversammlung vom 24.03.2000 ermächtigt worden ist, die Gemeinschaft in Verfahren nach § 43 WEG gegen die Antragsteller zu vertreten und eine Anwaltskanzlei zu mandatieren.

III.

In der Sache ist nach Erledigung des Anfechtungsantrages zu TOP 4 und wegen der Unzulässigkeit der Erstbeschwerde zu TOP 8 nur noch über die Anfechtungsanträge zu TOP 3 (Jahresabrechnung 1998 pp.) und TOP 5 (Entlastung des Verwaltungsbeirats) sowie über den vom Amtsgericht bisher nicht beschiedenen Verpflichtungsantrag zu entscheiden. Insoweit ist der Ausgang des Verfahrens noch offen.

Die verfahrensmäßigen Erwägungen, mit denen das Amtsgericht und das Landgericht in seiner Hilfsbegründung die Anfechtungsanträge als unzulässig angesehen haben, tragen die Entscheidungen nicht. Die Frist des § 23 Abs. 4 WEG ist gewahrt.

1.

Das Landgericht hat in seiner Hilfsbegründung ausgeführt, dem rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist eingegangene Anfechtungsantrag sei nicht eindeutig zu entnehmen gewesen, ob dieser unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestanden habe. Nachdem die Antragsteller dies auf gerichtliche Nachfrage mit Schriftsatz vom 23.07.1999 klarstellend bejaht hätten, sei dieser eindeutige Schriftsatz nur dahin auszulegen, dass der Anfechtungsantrag entweder so verstanden werden solle, dass er von vornherein nur bedingt gestellt gewesen sei oder aber, soweit er unbedingt erfolgte, nunmehr nur noch als bedingt gelten sollte; ein etwaiger unbedingt gestellter Antrag sei daher nunmehr als zurückgenommen zu betrachten. Ein mit dem bedingt gestellten Antrag konkludent verbundenes Wiedereinsetzungsgesuch sei nicht begründet, weil die Antragsteller die Prozesskostenhilfeunterlagen weder innerhalb der Anfechtungsfrist, noch innerhalb der vom Amtsgericht gesetzten Frist, noch nach weitgehender Verweigerung von Deckungsschutz durch die Rechtsschutzversicherung eingereicht hätten. Wegen des Anfechtungsantrags zu TOP 8 sei ohnehin das Hindernis des wirtschaftlichen Unvermögens mit Zugang des Schreibens der Rechtsschutzversicherung vom 22.02.2000 entfallen.

Dem vermag der Senat nicht beizutreten.

Zunächst zeigt bereits die Tatsache, dass das Landgericht sich zu einer alternativen Auslegung des Schriftsatzes der Antragsteller vom 23.07.1999 veranlasst sieht, dass dieser keineswegs eindeutig ist. Auch geht es nicht an, einem nicht eindeutigen Begehren eines Beteiligten eine Auslegung beizumessen, die dazu führt, dass ihm eine bei sachdienlicher Auslegung - siehe dazu unten - durchaus mögliche Sachentscheidung abgeschnitten wird (vgl. BVerfG NJW 1993, 1380). Dies wäre aber vorliegend der Fall bei der Annahme einer Rücknahme eines etwaigen früheren unbedingten Anfechtungsantrags. In dieser Auslegungsalternative hätte ein etwaiges Begehren, den Antrag nunmehr nur noch als bedingten zu behandeln, die Folge, dass dieses erst ab der Erklärung Wirkung entfalten konnte, also erst ab Eingang des Schriftsatzes lange nach Ablauf der Anfechtungsfrist.

Unabhängig hiervon ist bereits der Ansatzpunkt des Landgerichts nicht zutreffend.

Bei gleichzeitiger Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs und einer Klage bzw. eines Antrags in der Hauptsache wird neben dem Prozesskostenhilfeverfahren auch das Hauptsacheverfahren anhängig, es sei denn der Antragsteller stellt eindeutig klar, dass er den Antrag nur unter der Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen will, etwa indem er dies im Text unmissverständlich kundtut oder die Antragsschrift nur als Anlage zum Prozesskostenhilfegesuch einreicht, als Entwurf bezeichnet oder nicht unterschreibt (BGH FamRZ 1996, 1142; Zöller/Philippi a. a. O. § 117 Rdn. 7 mit weiteren Nachweisen). Gemessen hieran bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass lediglich ein bedingter Anfechtungsantrag gewollt war. Vielmehr ergibt die Auslegung der Antragsschrift, die der Senat auch als Rechtsbeschwerdegericht selbst vornehmen kann, da es um die Wahrung von Verfahrensvoraussetzungen geht, dass zweifelsohne eine unbedingte Anfechtung gewollt war. Der Schriftsatz vom 22.04.1999 ist überschrieben mit "Antrag nach § 43 WEG und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung". Im Text heißt es dass der Verfahrensbevollmächtigte sich für die Antragsteller bestelle und "beantrage ...folgende in der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.03.1999 ... gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären:

1) ....

....

4). "

Er "beantrage ferner .... die Verwalterin zu verpflichten, ..." und er "beantrage schließlich ... der Verwalterin wegen der Dringlichkeit der Sache ohne mündliche Verhandlung durch einstweilige Anordnung zu untersagen, ..."

All dies ist unbedingt und erfährt auch vor dem Hintergrund, dass eine einstweilige Anordnung gewollt war und diese die Anhängigkeit eines Verfahrens in der Hauptsache voraussetzt, durch die Erklärung, "die Antragsteller werden beantragen, ihnen für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen ..." keine Einschränkung. Zweifelhaft konnte es demzufolge wegen der Tatsache, dass für das Prozesskostenhilfegesuch anders als bei den anderen Anträgen die Futurform gewählt wurde und von den in WEG-Sachen gerichtserfahrenen Antragstellern weder Prozesskostenhilfeunterlagen beigebracht worden waren, noch in der Antragsschrift auf die zu einem anderen Verfahren eingereichten Unterlagen Bezug genommen wurde, ob überhaupt schon ein Prozesskostenhilfegesuch gestellt war oder dessen Einreichung nur angekündigt werden sollte. Der Antrag in der Hauptsache war jedenfalls unbedingt gestellt und konnte daher nicht durch eine nachträgliche Erklärung zum bedingten werden.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass mit dem Schriftsatz vom 23.07.1999 eine mit einem neuen bedingten Antrag verknüpfte Rücknahme dieses unbedingten Antrags ersichtlich nicht gewollt war, können die in diesem Schriftsatz enthaltenen Erklärungen daher nur dahin verstanden werden, dass eine Bescheidung des Prozesskostenhilfegesuchs vor der Entscheidung in der Hauptsache gewollt war, um ggfls. nach abschlägiger Bescheidung eine Entschließung darüber zu treffen, ob der Antrag in der Hauptsache aufrechterhalten blieb.

2.

Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, das insoweit an seiner in der Entscheidung WuM 1996, 446 veröffentlichten Meinung zur Unzulässigkeit eines Anfechtungsantrags nach Nichtzahlung eines angeforderten Kostenvorschusses festhält und diese auch auf den Fall einer fehlenden Beibringung von Prozesskostenhilfeunterlagen nach Ablauf einer Frist erstreckt, steht im Gegensatz nicht nur zu früherer Rechtsprechung des Senats (OLGReport 1997, 278), sondern auch anderer Oberlandesgerichte (z. B. OLG Düsseldorf OLGReport 1997, 345 u. 425; KG KGReport 1997, 147), wonach in derartigen Fällen eine Zurückweisung des Antrags grundsätzlich nicht möglich ist, sondern allenfalls eine Verwirkung des Anfechtungsrechts in Betracht kommt. Zudem darf in Beschlussanfechtungsverfahren die Zustellung des Antrags nicht von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden, wie inzwischen nicht nur das BayObLG in der vom Amtsgericht zitierten Entscheidung (NZM 2001, 143 = ZMR 2001, 294), sondern auch das OLG Zweibrücken (NZM 2002, 960) und der Senat (OLGReport 2001, 395 = NZM 2002, 299 = ZMR 2001, 661) entschieden haben.

Das Amtsgericht war daher gehalten, den - siehe oben - unbedingten Antrag nach Einreichung den Antragsgegnern zuzustellen. Der Umstand, dass dies unterlassen worden ist, liegt im Einflussbereich des Gerichts mit der Folge, dass die Zustellung gem. dem entsprechend anwendbaren § 270 Abs. 3 a. F. ZPO (jetzt § 167 ZPO) als bewirkt angesehen werden muss (vgl. Senat und OLG Zweibrücken a. a. O.). Soweit sich eine förmliche Zustellung der Antragsschrift auch nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe anhand der Akten nicht feststellen lässt, ist der Mangel durch die rügelose Verhandlung der Antragsgegner im Termin des Amtsgerichts entsprechend § 295 ZPO geheilt worden. Die zustellungsbevollmächtigte Verwalterin hatte die Antragsschrift vom 22.04.1999 bereits am 24.04.1999 in Händen, wie der Umstand zeigt, dass sie hierauf mit Schriftsatz vom gleichen Tag namens der Antragsgegner erwidert hat.

3.

Nach alledem hätte es einer sachlichen Bescheidung der noch offenen Anfechtungsanträge zu TOP 3 und TOP 5 bedurft. Dies ist nunmehr nachzuholen, und zwar sinnvollerweise durch das Amtsgericht, da dort ohnehin der noch nicht beschiedene Verpflichtungsantrag anhängig ist.

IV.

Die Kostenentscheidung war wegen des noch offenen Verfahrensausgangs ebenfalls dem Amtsgericht vorzubehalten.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt auf der Grundlage der Wertfestsetzung des Amtsgerichts aus § 48 Abs. 3 WEG (10.000,00 € für die Anfechtung zu TOP 3, 2.500,00 € für TOP 5, 250,00 € für TOP 8) Der Anfechtungsantrag zu TOP 4 war bereits in erster Instanz erledigt und konnte daher auch für das Erstbeschwerdeverfahren nicht angesetzt werden.

Ende der Entscheidung

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