Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 192/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, WEG


Vorschriften:

ZPO § 550
FGG § 12
FGG § 32
FGG § 27 I
WEG § 24
WEG § 48
WEG § 21 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 192/01

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr.Ahn-Roth

am 24.10.2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 2. 8. 2001 wird der Beschluß der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.7.2001 - 29 T 35/01 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Landgericht Köln zurückverwiesen.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 25.000,- DM

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, die mit den Beteiligten zu 2) eine Wohnungseigentümergemeinschaft bildet, begehrt die Ungültigkeitserklärung zweier in der Eigentümerversammlung vom 7.12.1999 gefaßten Beschlüsse ( TOP 2 und TOP 3), die die Wirtschaftspläne 1999 und 2000 betreffen. Zur Begründung beruft sie sich auf verschiedene Einberufungsmängel. Amtsgericht und Landgericht haben ihr Verlangen als nicht berechtigt angesehen und den Antrag zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde wird der ursprünglichen Antrag weiterverfolgt.

II.

Das zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache insoweit Erfolg, als die Entscheidung des Erstbeschwerdegerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen ist, §§ 27 I FGG, 550 ZPO. Die landgerichtliche Entscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat nämlich die Darstellung, die Wohnungseigentümerin U. sei zu der Versammlung vom 7.12.1999 nicht geladen worden, rechtlich nicht zutreffend gewürdigt und dementsprechend den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, § 12 FGG.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die übrigen Einwände der Antragstellerin zur Frage der ordnungsgemäßen Einberufung bzw. zum Ablauf der Versammlung als im Ergebnis nicht durchgreifend angesehen.

Dass die am 10.5.1999 erfolgte Bestellung der Verwalterin nach Einberufung und Durchführung der Versammlung vom 7.12.1999 durch amtsgerichtlichen Beschluss vom 14.4.2000 für ungültig erklärt wurde, ist, wie die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt haben, ohne Einfluß auf die Ordnungsgemäßheit der Einberufung der Versammlung v. 7.12.1999. Der Senat folgt der überwiegenden Meinung, wonach, obwohl der Verwalter zum Zeitpunkt des Einberufungsschreibens in solchen Fällen nicht wirksam bestellt war, gleichwohl die von dem Verwalter vorgenommenen Einberufungen wirksam bleiben ( vgl. OLG Hamm, WE 92, 314; BayObLG, NJW-RR 91, 531; ebenso Bärmann/ Merle, WEG, 8. Aufl., § 24, Rz. 26 m.w.N. ). Diese Ansicht stützt sich zu Recht auf eine entsprechende Anwendung des § 32 FGG. Im Übrigen wird diese Auffassung dem Bedürfnis der Wohnungs-eigentümergemeinschaft gerecht, einen für die Gemeinschaft unerträglichen Schwebezustand für den Zeitraum zwischen unwirksamer Verwalterbestellung und rechtskräftigem Abschluss des Anfechtungsverfahrens zu vermeiden. In dieser Zeit wäre die Wohnungseigentümergemeinschaft andernfalls praktisch handlungsunfähig.

Soweit ferner der ordnungsgemäße Ablauf der Versammlung in Frage gestellt wird, da diese durch eine laufende Fernsehübertragung gestört worden sein soll, verweist der Senat hierzu auf die Gründe des landgerichtlichen Beschlusses, die er sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen macht. Das neue Tatsachenvorbringen in der Rechtsbeschwerdeinstanz bleibt in dieser Instanz unbeachtlich. Es würde - seine Richtigkeit unterstellt - im Ergebnis nicht zu einer anderen Beurteilung führen, zumal der Sachvortrag der Antragstellerin damit noch widersprüchlicher wird.

Ebenso ist das Landgericht zu Recht nicht mehr der Frage nachgegangen, ob die Eigentümerin T. nur kurzzeitig oder insgesamt an der Versammlung teilgenommen hat und wie ihre Unterschrift in der Teilnehmerliste zu werten ist, da das Amtsgericht hierzu mit Recht auf das Abstimmungsergebnis verwiesen hat, wonach die Stimme dieser jedenfalls zeitweilig anwesenden Eigentümerin im Ergebnis weder Einfluß auf die Beschlussfähigkeit, noch auf das Abstimmungsergebnis hatte.

Hingegen vermag der Senat der Meinung des Landgerichts insoweit nicht zu folgen, dass es auf die Frage, ob die Miteigentümerin U. zur Versammlung eingeladen wurde, nicht ankommen soll. Entgegen der Meinung der Erstbeschwerdeinstanz kann sich auch die Antragstellerin auf diesen formellen Mangel berufen und damit ihre Anfechtung stützen. In einem Beschlussanfechtungsverfahren hat das Gericht nämlich die Wirksamkeit des Beschlusses formell und materiell in vollem Umfang zu überprüfen ( vgl. Bärmann/Merle, aaO., § 43, Rz. 59 m.w.N. ). Zwar ist ein möglicher Beschlussanfechtungsantrag der Eigentümerin U. verfristet. Durch die - insoweit rechtskräftige - Entscheidung des Landgerichts ist sie auch nicht als Nebenintervenientin zugelassen worden und deshalb lediglich - einfache - Beteiligte auf Seiten der Antragsgegner. Dies hindert die Antragstellerin jedoch nicht, sich auch auf dieses Vorbringen zu berufen. Denn grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer das Recht auf ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung einer Eigentümerversammlung. An einer ordnungsgemäßen Einberufung nach § 24 WEG fehlt es indes, wenn eine Wohnungseigentümerin, wie hier geltend gemacht wird, nicht eingeladen worden wäre (Bärmann/Merle, aaO., § 24, Rz. 37 ).

Die Ursächlichkeit eines solchen formellen Mangels für die Entschließungen der Gemeinschaft kann - entgegen der Meinung des Landgerichts - nur dann verneint werden, wenn bei Anlegung eines strengen Maßstabes nach tatrichterlicher Würdigung ausgeschlossen werden kann, dass der nicht eingeladene Miteigentümer auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung Einfluss genommen hätte. Der Ausschluss eines Eigentümers von der Stimmberechtigung berührt nämlich seiner Natur nach den Ablauf einer Eigentümerversammlung so wesentlich, dass im Normalfall von einer Auswirkung auf die Beschlussfassung auszugehen ist. Der Mangel wirkt sich nicht nur auf den Abstimmungsvorgang als solchen aus, sondern kann bereits Einfluss auf die vorangegangene Willensbildung der Wohnungseigentümer haben ( vgl. Rspr. des Senats, Beschluss v. 16.8.00, 16 Wx 87/00,NJW-RR 01,88= NZM 00,1017; Senat OLGR Köln 98,311; ebenso BayObLG, BayObLGR 99, 75). Eine Beschlussanfechtung aus diesem Grunde bleibt demnach nur dann erfolglos, wenn feststeht, dass der Beschluss auch ohne den Einberufungsmangel zustande gekommen wäre.

Das Landgericht ist - nach seiner Ansicht konsequent - dem zugrundeliegenden Vorbringen nicht hinreichend nachgegangen. Die Antragsgegner haben zwar dieses Vorbringen der Antragstellerin bzw. der Beteiligten U. bisher nicht bestritten. Dabei ist indes zu sehen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) nicht anwaltlich vertreten sind und ihnen deshalb die Rechtsfolgen einer nicht ordnungsgemäßen Einberufung nicht bekannt sein mögen. Deshalb hätte zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 12 FGG dieser Punkt mit den Beteiligten erörtert werden müssen; ggfs. hätten sie ausdrücklich dazu befragt werden müssen, ob die Wohnungseigentümerin U. zur Versammlung eingeladen wurde. Dies lag hier insbesondere deshalb nahe, weil die zum Termin geladene Verwalterin zu verschiedenen anderen Umständen der Versammlung vom 7.12.1999 befragt worden ist. Dies wird das Landgericht bei der erneuten Befassung mit der Sache nachzuholen haben.

Schließlich ist die Zivilkammer darauf hinzuweisen, dass der geltend gemachte Einberufungsmangel, sollte er tatsächlich vorliegen, sich u.U. im Ergebnis deshalb nicht auswirkt, wenn die zu TOP 2 und TOP 3 gefassten Beschlüsse in der Sache nicht zu beanstanden sind, weil sie ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, § 21 Abs. 4 WEG. Bisher ist nicht erkennbar, ob und aus welchen sachlichen Gründen die Antragstellerin die angefochtenen Beschlüsse angreifen will.

Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 48 WEG und entspricht der nicht beanstandeten Festsetzung in erster Instanz.

Ende der Entscheidung

Zurück