Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 192/06
Rechtsgebiete: BGB, SGB XII


Vorschriften:

BGB § 1836 c
BGB § 1836 c Nr. 2
BGB § 1836 d Nr. 1
SGB XII § 88 Abs. 3 S. 2
SGB XII § 90
SGB XII § 90 Abs. 2
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9
SGB XII § 90 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Betroffenen wird wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Ihre sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 02.06.2006 - 1 T 225/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die von der Beteiligten zu 2. für die Betroffene eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist, nachdem sie vom Landgericht ausdrücklich zugelassen worden ist, statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da der Betroffenen wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war (§ 22 Abs. 2 FGG). Sie war ohne Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert, da dem angefochtenen Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war.

Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Die Vorinstanzen haben ohne Rechtsfehler ausgeführt, dass die Betroffene nicht als mittellos im Sinne von § 1836 d Nr. 1 BGB anzusehen ist, weil sie Vermögen hat, das für die Vergütung der Beteiligten zu 2. einzusetzen ist, und dass deshalb ein Rückgriffsanspruch der Staatskasse in der festgesetzten Höhe besteht (§§ 1836 e Abs.1 S.1, 1908 i Abs.1 BGB).

Der Senat schließt sich der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung an, wonach gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB zur Ermittlung des für die Betreuervergütung einzusetzenden Vermögens nur auf § 90 SGB XII ( früher § 88 BSHG) und die zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (früher § 88 Abs.2 Nr.8 BSHG) ergangene Durchführungsverordnung abzustellen ist und die nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vorgesehenen höheren Vermögensschonbeträge nicht herangezogen werden können (vgl. OLG Hamm FamRZ 2004, 1324; OLG Frankfurt FGPrax 2004, Zweibrücken FGPrax 2000, 231 f). In § 1836 c Nr. 2 BGB wird ausdrücklich auf § 90 SGB XII verwiesen. Dabei ist auch bei der Inanspruchnahme des Vermögens auf den bei Hilfe in besonderen Lebenslagen geltenden Freibetrag - auf den in § 1836 c Nr. 1 BGB ausdrücklich Bezug genommen wird - zurückzugreifen, da eine sachliche Rechtfertigung dafür fehlt, Einkommen und Vermögen des Betreuten unterschiedlich zu behandeln (vgl. BGH FamRZ 2002, 157 ff., 158). Die in § 1836 c Nr. 1 BGB normierte Regelung gibt zu erkennen, dass der Gesetzgeber Betreute im Grundsatz den Personen gleichstellen wollte, die auf Hilfe in besonderen Lebenslagen angewiesen sind. Diese Intention des Gesetzgebers ist deshalb auch für die Frage maßgebend, welche sozialhilferechtlich vorgesehenen Schongrenzen bei der Heranziehung des Kleinvermögens zu beachten sind (vgl. BGH a. a. O.). Im Hinblick auf Wortlaut und Zielsetzung des § 1836 c BGB sind in anderen gesetzlichen Vorschriften anderweitig festgesetzte Schongrenzen deshalb ohne Belang.

Die Schongrenze von demnach 2.600,00 € (gemäß § 1 Ziff. 1 der zu § 90 Abs.2 Nr.9 SGB XII ergangenen Verordnung) ist angemessen zu erhöhen, wenn im Einzelfall eine "besondere Notlage" des Betreuten besteht (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 2. Halbsatz SGB XII, § 2 Abs. 1 S. 1 der genannten Verordnung) oder soweit ein Freibetrag von lediglich 2.600,00 € für den Betroffenen eine "Härte" bedeuten würde, § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII.

Eine "besondere Notlage" ist in der Regel insbesondere dann gegeben, wenn der Betreute besonderen Belastungen ausgesetzt ist (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 der genannten Verordnung), die es als unzumutbar erscheinen lassen, das Schonvermögen auf 2.600,00 € zu beschränken. Von Bedeutung ist insoweit u. a. die Art der Entstehung der Notlage, ihre (voraussichtliche) Dauer und das Ausmaß der zu ihrer Behebung oder Minderung notwendigen Aufwendungen (vgl. BayObLG FGPrax 2002, 73 f).

Die Begrenzung des Schonvermögens auf 2.600,00 € bedeutet für den Betreuten in der Regel eine "Härte", soweit dies zu einem den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII nicht entsprechenden Ergebnis führen, hierdurch insbesondere eine angemessene Lebensführung des Betreuten oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde, § 88 Abs. 3 S. 2 SGB XII (vgl. BayObLG a. a. O.).

Allein der Umstand, dass die Betroffene Leistungen nach dem BVG bezieht, reicht für die Annahme einer "Härte" iSd genannten Vorschriften nicht aus (vgl. BayObLG aaO; OLG Frankfurt aaO). Soweit in der Rechtsbeschwerde erstmals vorgetragen wird, dass die Betroffene mit ihrer Tochter eine neue Unterkunft suchen müsste und für den Fall des Umzuges mit Kosten zu rechnen sei, die den Freibetrag von 2.600,00 € übersteigen würden, vermag dies schon deshalb nicht die Annahme einer "besonderen Notlage" oder die Annahme einer "Härte" zu rechtfertigen, weil ein Umzug nicht unmittelbar bevorsteht und demzufolge konkreter Sachvortrag hierzu nicht möglich ist.

Ende der Entscheidung

Zurück