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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.10.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 196/03
Rechtsgebiete: WEG, FGG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 3 letzter Halbsatz
WEG § 22 Abs. 1 Satz 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 45 Abs.1
FGG § 12
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1 S. 2
FGG § 29
ZPO § 141
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 196/03

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Jennissen, Appel-Hamm und Sturhahn

am 24.10.2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 8.9.2003 - 8 T 229/02 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25000 € festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 43 Abs.1 Nr.4, 45 Abs.1 WEG, 27 Abs.1, 29 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Köln lässt keinen Rechtsfehler erkennen und hält der Kontrolle im Rechtsbeschwerdeverfahren im vollen Umfang statt, §§ 27 Abs.1 S.2 FGG, 546 ZPO.

1. Zutreffend sind Amts- und Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem in dem angefochtenen Beschluss vom 30.10.2001 zu TOP 7 in Aussicht genommenen Bau von drei Balkonen an der Hof- bzw. Gartenseite des Objektes D.str. 64 um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG handelt, zu der alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilen müssen. Eine solche Zustimmung ist allgemein nicht an eine bestimmte Form gebunden. Sie muss insbesondere nicht als Beschluss auf einer förmlich einberufenen Wohnungseigentümerversammlung gefasst werden (vgl. Schuschke, ZWE 2000, 146, 148 zu 4. c). Ob eine Zustimmung, möglicherweise auch in konkludenter Form erteilt worden ist, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Würdigung, die vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß den §§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO nur beschränkt auf Rechtsfehler nachgeprüft werden kann. Das Gericht der weiteren Beschwerde darf daher nur überprüfen, ob die Tatsacheninstanzen den Sachverhalt ausreichend erforscht haben, § 12 FGG, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, und schließlich, ob die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt worden sind ( st. Rspr., vgl. BayObLG vom 21.5.1999, NZM 1999, 809 f. mit weit. Nachw.).

2. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Entscheidung des Landgerichts als frei von Rechtsfehlern :

a) Eine Zustimmung der Antragstellerinnen lag gar in Beschlussform seit dem 24.6.1993 (vgl. GA 59 f.) ausdrücklich vor. Sie stand nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Auslegung und Beweiswürdigung des Landgerichts lediglich unter der Bedingung, dass die Antragstellerinnen nicht mit Kosten belastet werden, was im übrigen auch der Bestimmung des § 16 Abs. 3 letzter Halbsatz WEG entspricht. Nur in diesem Sinne kann auch die erstmals in der, den Antragstellerinnen zuzurechnenden, Erklärung vom 19.7.2000 (GA 55) geäußerte Einschränkung "so wie früher" verstanden werden, zumal in dem der Erklärung unmittelbar nachfolgenden Zusatz wiederum ausdrücklich auf die Kostenfrage Bezug genommen wird (vgl. zu TOP 4.3. vom 19.7.2000, GA 55 : "Bei dem Bau eines Außenbalkons dürfen der Partei im Erdgeschoss keine Kosten entstehen."). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die insgesamt zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

b) Die hiergegen gerichteten Rügen in der Begründung der weiteren Beschwerde vom 22.10.2003 gehen fehl. Die Beweiswürdigungen der Ausgangsgerichte halten der rechtlichen Kontrolle unter Zugrundelegung der oben genannten Maßstäbe im vollen Umfang statt. Dem Beschwerdevorbringen ist einzuräumen, dass die Angabe der Zeugin L.-L., die vorgesehene Balkonkonstruktion habe ursprünglich die gesamte Hausbreite einnehmen sollen und der Zeuge S. habe sich [auch] damit einverstanden erklärt, überzogen erscheint. Es besteht allerdings nicht der gerügte Widerspruch zu den Angaben des Ehemannes, des Zeugen Lo.. Denn zu welchem Zeitpunkt die Planung konkret geworden ist, hat die Zeugin L.-L. gar nicht bekundet. Nach beiden Zeugen stand jedoch "von Anfang an" nur eine Konstruktion mittels im Hof- bzw. Gartenbereich verankerter Stützen in Rede, zumal die Zeugen den Zustand der Balkone vor dem Krieg nicht kannten. Dass diese letztere Aussage "nachweislich falsch" sein soll, wie gerügt wird, ist nicht nachvollziehbar. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergab sich aus dem im vorliegenden Zusammenhang äußerst inhaltsarmen Expose mitnichten ein Hinweis auf den früheren Zustand. Derlei Hinweise sind auch nach dem gesamten Akteninhalt nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Miteigentümer K., der sein Wohnungseigentum im Jahre 1999 erworben hat, erst zu diesem Zeitpunkt, also zu einem Zeitpunkt, als die Zustimmung seitens der Antragstellerinnen bereits vorlag, Feststellungen zum Zustand vor dem Kriege getroffen. Vor diesem Hintergrund war das Landgericht keinesfalls verpflichtet, die Zeugen erneut zu vernehmen.

c) Die den Antragstellerinnen zuzurechnende Zustimmung des Herrn S. hat auch im materiellen Sinne einen hinreichend konkreten Bezugspunkt und ist damit auch nach diesem Maßstab wirksam. Eine Zustimmung zu einer baulichen Veränderung in "Blankettform" liegt nicht vor (vgl. dazu jüngst Senat vom 17.9.2003, 16 Wx 175/03 unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf vom 17.9.2001, ZWE 2002, 88-90). Haben nämlich die Wohnungseigentümer einer baulichen Maßnahme im Grundsatz zugestimmt, so kann im Einzelfall zweifelhaft sein, ob damit auch die konkrete Bauausführung gebilligt worden ist ( vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9.Aufl. 2003, § 22 Rz. 114 a.E.). Zu verlangen ist in diesem Rahmen allerdings nicht, dass die konkrete Baumaßnahme zwischen den Wohnungseigentümern bis in das Detail abgestimmt worden ist. Die wesentlichen Elemente der in Aussicht genommenen Baumaßnahme müssen aber von der Zustimmung erfasst sein. Davon kann nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts vorliegend ausgegangen werden. Wesentlich - namentlich für die Antragstellerinnen, wie ihre Beschwerderügen belegen - war die Baukonstruktion in Form von zwei auf der Sondernutzungsfläche der Antragstellerinnen verankerten Stützen. Dem hat Herr S. als Vertreter der Antragstellerinnen in einem Zusammentreffen vor Ort mit dem Miteigentümer K. Anfang des Jahres 2001 zugestimmt. Diese Feststellung hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern getroffen. Namentlich ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht in seine umfassende Würdigung die Angaben des nicht als Zeugen in Betracht kommenden Miteigentümers K. einbezogen hat. Hierzu war es sogar verpflichtet, wollte es seiner Verpflichtung zur Erforschung des Sachverhaltes im Sinne von § 12 FGG nachkommen. Eine solche Verfahrensweise ist im Zivilprozess im Hinblick auf die informatorische Anhörung einer Partei nach § 141 ZPO anerkannt (vgl. BGH NJW 1999, 363 unter II. 2. b bb : "Nach ständiger Rechtsprechung ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen zu geben."). Sie ist auch im Wohnungseigentumsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sachdienlich und bei bestimmter Sachlage nach § 12 FGG sogar zwingend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, den auch im Rechtsbeschwerdeverfahren unterlegenen Antragstellerinnen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Im übrigen bestand keine Veranlassung, von dem Grundsatz, dass außergerichtliche Kosten im WEG-Verfahren nicht erstattet werden, abzurücken.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für die Rechtsbeschwerde beruht auf § 48 Abs.3 WEG und folgt der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch die Ausgangsinstanzen.

Ende der Entscheidung

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