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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 23.11.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 202/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, WEG


Vorschriften:

ZPO § 550
FGG § 20
FGG § 22
FGG § 29
FGG § 27
WEG § 47
WEG § 48
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 10 Abs. 1
WEG § 47 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 202/01

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth am 23. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Verfahrensbeteiligten zu 8) gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17.6.2001 - 29 T 7/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Beteiligten zu 8) zur Last; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 18.700,- DM

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 8), der mit den übrigen Beteiligten zu 1) bis 15) Wohnungseigentümer an der aufgeführten Wohnungseigentümergemeinschaft ist, wendet sich dagegen, dass die Vorinstanzen den am 22.8.1996 unter TOP 6 gefassten Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft für unwirksam erklärt haben. Dieser Beschluss sieht vor, dass die Eigentümer berechtigt sind, Warm- und Kaltwasseruhren in ihren Wohnungen auf eigene Kosten zu installieren und dass abweichend von der Regelung der Teilungserklärung zukünftig bei der Abrechnung die abgelesenen Verbrauchsergebnisse zugrunde zu legen sind. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17.9.1997 dem Antrag des Beteiligten zu 1) auf Unwirksamkeitserklärung stattgegeben. Nachdem die dies bestätigende Entscheidung des Landgerichts vom Senat aufgehoben und mit Beschluss vom 24.4.1998 die Sache ans Landgericht zurückverwiesen wurde, hat das Landgericht - nachdem zunächst noch Streit über eine mögliche Erledigung bestand - nunmehr nach Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmungen und Sachverständigengutachten die Beschwerde wiederum zurückgewiesen. Am 4.6.1998 fasste die Eigentümergemeinschaft mit Mehrheit den Beschluss, vom Einbau von Kalt- und Warmwasserzählern abzusehen und den Beschluss vom 22.8.1996 ausdrücklich zu widerrufen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig gem. §§ 45 Abs. 1 WEG, 20, 22, 29 FGG. Insbesondere fehlt dem Beschwerdeführer nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Durch die gegenteilige Beschlussfassung der Gemeinschaft vom 4.6.1998 hat sich die Sache nicht erledigt, wozu auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 21.12.1998 Bezug genommen wird.

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Entscheidung ist ohne Rechtsfehler ergangen, §§ 27 FGG, 550 ZPO.

Zutreffend haben Amts- und Landgericht den Mehrheitsbeschluss vom 22.8.1996 unter TOP 6 für ungültig erklärt, was der Senat vom Grundsatz her bereits in seiner Entscheidung vom 24.4.1998 bestätigt hat. Es handelt sich nämlich um eine Änderung des durch die Teilungserklärung vorgesehenen Abrechnungsmodus, die nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - durch eine Vereinbarung zustande gekommen ist, § 10 Abs. 1 WEG.

Zutreffend hat das Landgericht nunmehr auch einen Anspruch des Beteiligten zu 8 ) auf Änderung des Verteilungsschlüssels wegen grober Unbilligkeit verneint. An die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch hat das Landgericht zu Recht strenge Maßstäbe angelegt. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich ein Verlangen eines Wohnungseigentümers nach Änderung der Teilungserklärung nur dann gerechtfertigt, wenn die Versagung der Zustimmung wegen außergewöhnlicher Umstände grob unbillig wäre und damit ein Festhalten an der Vereinbarung gegen Treu und Glauben verstieße. Ein derartiger Anspruch ist auf besonders gelagerte Ausnahmefälle zu beschränken, weil jeder Wohnungseigentümer bei Erwerb in der Lage war, sich beispielsweise über den geltenden Kostenverteilungsschlüssel zu informieren und sich hierauf einstellen konnte. Umgekehrt sollen die durch den Schlüssel möglicherweise begünstigten Eigentümer sich - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - darauf verlassen können, dass das einmal Vereinbarte gilt und nicht ständig unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Änderung aus Billigkeitsgesichtspunkten steht ( vgl. z. B. BGHZ 95, 137 = ZMR 1986, 19; BGHZ 130, 304 = NJW 1995, 2791 = MDR 1995, 1112; BayObLG NZM 2001, 290 = ZMR 2001, 473; BayObLG NZM 2000, 301; BayObLGR 1997, 10; OLG Frankfurt, NZM 2001,140; KG NZM 1999, 257; OLG Düsseldorf, NZM 98, 867; Senatsbeschlüsse vom 5.7.2001 , 16 Wx 27/01; WE 1995, 155 = OLGR 1995, 194 u. NZM 1998, 484 = ZMR 1998, 799 ). Die Frage, ob eine in der Teilungserklärung enthaltene Regelung "wegen außergewöhnlicher Umstände grob unbillig" ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, liegt also primär auf tatrichterlichem Gebiet, so dass dem Tatrichter bei der Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ein nur einer Rechtskontrolle unterliegender Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.

Einer derartigen Rechtskontrolle hält der angefochtene Beschluss stand. Das Landgericht hat die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für einen ausnahmsweisen Anspruch auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht verkannt, sondern zutreffend angewandt. Die für die Beurteilung entscheidenden Kriterien sind verfahrensfehlerfrei festgestellt worden und in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt worden. So steht es in Einklang mit der einstimmigen Beschlussfassung vom 2.6.1992 / TOP 2 b, dass die drei zur Eigentümergemeinschaft gehörenden Häuser getrennt abgerechnet werden. Dementsprechend ist das Landgericht bei seiner Berechnung in der Tabelle auf S. 11 vorgegangen. Letztlich kommt es indes nicht darauf an, ob Berechnungsgrundlage lediglich das Haus B.-E.-Str. 57a oder das gesamte Doppelhaus B.-E.-Str. 57 und 57a ist, denn selbst die vom Beschwerdeführer in seiner Rechtsbeschwerde dargelegten Zahlen führen zu Ergebnissen, die noch im zu tolerierenden Bereich liegen. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass durchschnittliche Zuvielzahlungen - bezogen auf einen Zeitraum von 5 Jahren - in Höhe von ca. 10 % oder sogar darunter keinesfalls eine grob unbillige Belastung für diesen Wohnungseigentümer bedeutet. Nach der erwähnten Rechtsprechung wird eine solche "grob unbillige" Regelung selbst dann nicht angenommen, wenn die Mehrbelastung bei ca. 21% liegt (so OLG Düsseldorf, NZM 98,868) oder sogar 50 % oder mehr erreicht ( so BayObLG NZM 01, 290; OLG Frankfurt NZM 02, 140 ). Solche Zahlenwerte werden hier auch bei Zugrundelegen der Tabellen des Beschwerdeführers bei weitem nicht erreicht: nach Tabelle 2 beträgt die durchschnittliche jährliche Mehrbelastung 6,7 %, und nach Tabelle 3 ca. 6 % . Hierbei hat der Senat - wie das Landgericht - erst das Zahlenwerk ab 1994 berücksichtigt, da für die vorangegangenen Jahre mangels Wasseruhr keine verlässlichen Zahlen über den tatsächlichen Verbrauch der Familie des Beschwerdeführers vorliegen. Nicht nachvollziehbar und damit für die Entscheidung nicht zu berücksichtigen ist die mit der Rechtsbeschwerde vorgelegte Tabelle 3, die offensichtlich eine andere Gesamtabrechnung als die von der Verwaltung praktizierte heranziehen will, ohne jedoch offen zu legen, warum bei dieser theoretischen Berechnung die vermeintlichen Zuvielzahlungen deutlich höher liegen sollen als in der Tabelle 3, die - zutreffend - auf die tatsächlichen Zahlungen einerseits und die fiktiven Beträge für eine Abrechnung mit Wasserzählern andererseits abstellt. Im Übrigen läge selbst nach dieser - für den Senat nicht verwertbaren - Darstellung die Mehrbelastung für die Jahre 1994 -1998 bei ca. 35 %, damit nach der oben zitierten Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, noch in einem Bereich, der nicht zu einem grob unbilligen Ergebnis führt.

Schließlich hat das Landgericht ebenfalls zutreffend eine Notwendigkeit zur Anpassung hinsichtlich der Warmwasserkosten aufgrund der HeizkostenV in Hinblick auf den zehnjährigen Kostenvergleich abgelehnt. Ob und unter welchen Voraussetzungen i. e. nach der HeizkostenV eine solche Anpassung auch bereits durch Mehrheitsbeschluss erfolgen könnte - wie bereits im Senatsbeschluss vom 24.4.1998 angesprochen - , kann dahin gestellt bleiben. Denn jedenfalls ergibt ein Vergleich der jeweiligen Kosten für den 10-Jahres-Zeitraum, auf den in diesem Zusammenhang abzustellen ist ( vgl. BayObLG NJW-RR 94, 145; KG NJW-RR 93, 468 ), dass die Einsparungskosten deutlich unter den Investitionskosten liegen. Hierzu wird auf die nicht zu beanstandenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen ( S. 13, 14 des angegriffenen Beschlusses ), denen sich der Senat anschließt.

Selbst wenn, wie mit der Rechtsbeschwerde geltend gemacht wird, eine zukünftige Einsparung von 20 % anzunehmen wäre, die allerdings weder in Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung steht ( s. Senatsbeschluss vom 24.4.1998 ), noch aus tatsächlichen Gründen indiziert ist - der Sachverständige geht von Einsparungen bis zu 20 % aus - , lägen die möglichen Einsparungen immer noch unter den Errichtungs- und Betriebskosten von 11.421,37 DM. Sie lägen auf der Basis der vom Beschwerdeführer angegebenen Verbrauchszahlen nämlich bei 7.612,- DM, d.h. deutlich unter den Kosten für Einbau und Betrieb der Wassermessgeräte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es bestand keine Veranlassung, abweichend von der Regelung des § 47 S. 2 WEG eine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 48 WEG und entspricht der nicht angegriffenen Festsetzung bereits mit Beschluss vom 24.4.1998

Ende der Entscheidung

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