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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.11.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 211/06
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 18
FGG § 67 Abs. 2
FGG § 69f Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 30.08.2006 - 4 T 374/06 u. 4 T 379/06 - wird als unzulässig verworfen, soweit das Landgericht die Erstbeschwerde betreffend den Beschluss des Amtsgerichts Königswinter vom 04.04.2006 über die Erweiterung der Betreuung auf die Aufgabenkreise "Gesundheit und Aufenthalt" im Wege einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hat.

Soweit das Landgericht mit dem vorgenannten Beschluss die Erstbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königswinter vom 17.08.2005 betreffend die Verlängerung der Betreuung bezüglich der Aufgabenkreise "finanzielle und behördliche Angelegenheiten" als nicht begründet zurückgewiesen hat, wird die weitere Beschwerde des Betroffenen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.

Gründe:

Die weitere Beschwerde des Betroffenen ist in formeller Hinsicht unbedenklich. Das Rechtsmittel ist gleichwohl teilweise nicht zulässig; im Übrigen ist es nicht begründet.

1.

Die weitere Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung die Erweiterung der Betreuung auf die Aufgabenkreise "Gesundheit und Aufenthalt" ist unzulässig.

Da einstweilige Anordnung ist am 04.04.2006 zur Geschäftsstelle gelangt und damit wirksam geworden (§ 69f Abs. 4 FGG). Mangels hierin enthaltener kürzerer Frist ist sie mit Ablauf der gesetzlichen Höchstfrist von sechs Monaten des § 69f Abs. 2 FGG, also mit Ablauf des 04.04.2006 außer Kraft getreten, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedurft hätte (vgl. Jürgens/Mertens, Betreuungsrecht, 3. Auflage, § 69f FGG Rdn. 8). Damit hat sich die seit diesem Zeitpunkt die Hauptsache erledigt und der Betroffene hat kein rechtlich geschütztes Interesse mehr an einer gerichtlichen Entscheidung.

Zwar kann ausnahmsweise ein Rechtsschutzinteresse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung bestehen, nämlich dann, wenn es um einen tief greifenden Grundrechtseingriff geht und der Zeitraum der Anordnung so kurz bemessen ist, dass typischerweise eine letztinstanzliche Entscheidung im Rechtsmittelsystem des FGG-Verfahrens nicht erwartet werden kann, etwa bei der Genehmigung einer Unterbringung bis zu 6 Wochen (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Auflage, § 19 Rdn. 86). Ein derartiger Ausnahmefall liegt indes ersichtlich nicht vor.

2.

Die weitere Beschwerde bezüglich der Verlängerung der Betreuung bezüglich der Aufgabenkreise "finanzielle und behördliche Angelegenheiten" ist zwar zulässig, indes nicht begründet.

Eine Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 17.08.2005 ist schon deshalb nicht möglich, weil die Erstbeschwerde unzulässig war. Das Rechtsmittel ist eingelegt worden von dem derzeitigen Verfahrensbevollmächtigten und damaligen Verfahrenspfleger des Betroffenen, und zwar kraft seiner eigenen Beschwerdebefugnis aus § 67 Abs. 2 FGG, wie zum einen die Wortwahl "lege ich gegen ..." wie auch der Umstand deutlich machen, dass die nunmehr vorgelegte Vollmacht des Betroffenen erst vom 02.10.2006 stammen.

Die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt L zum Verfahrenspfleger am 10.02.2006 "in dem Betreuungsverfahren" konnte sich naturgemäß nicht auf bereits abgeschlossene Sachverhalte, sondern nur auf die Vorgänge beziehen, zu denen Regelungsbedarf und damit die Notwendigkeit bestand, die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen sicherzustellen. Dies waren ersichtlich nur die am gleichen Tag verfügte Genehmigung der geschlossenen Unterbringung des Betroffenen in den Rheinischen Kliniken, nachdem er am 08.02.2006 orientierungslos und unterkühlt im Wald bei C aufgefunden worden war, sowie die hiermit zusammenhängende Erweiterung der Aufgabenkreise der Betreuerin auf die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Nur für eine Prüfung dieser beiden Aufgabenkreise, gegen die der Betroffene sich ursprünglich bei der Bestellung eines Betreuers im Jahr 2002 mit Erfolg gewandt hatte, bestand nach dem Auffinden im hilflosen Zustand erneut Prüfungsbedarf. Hinzu kommt, dass die Verlängerung der Betreuung im August 2005 mit Zustimmung des Betroffenen erfolgt war, also insoweit kein Anlass bestand, im Zusammenhang hiermit einen Pfleger zu bestellen.

Da sich somit die Bestellung nicht auf die abgeschlossene Betreuungsverlängerung bezog, war der Verfahrenspfleger auch nicht befugt, hiergegen ein Rechtsmittel einzulegen.

Auch dann, wenn die Erstbeschwerde als eine zugleich im Namen des Betroffenen eingelegte behandeln sollte, wäre das Rechtsmittel nicht zulässig; denn der Betroffene hatte sein Beschwerderecht verwirkt. Verwirkung des Rechts zur Einlegung eines Rechtsmittels kann ausnahmsweise dann eintreten, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung ein längerer Zeitraum verstrichen ist und sich aufgrund besonderer Umstände das Verhalten des Rechtsmittelführers als rechtsmissbräuchlich darstellt. Vorliegend war seit Erlass der angefochtenen Entscheidung mehr als 1 Jahr vergangen. Da zudem die Verlängerung mit Zustimmung des Betroffenen erfolgt war, und der Betroffene jederzeit die Möglichkeit hatte und hat, gegenüber dem Vormundschaftsgericht gem. § 18 FGG eine Änderung der Bestellung anzuregen, brauchte Mitte August 2006 nicht mehr damit gerechnet zu werden, dass der Betroffene plötzlich anderen Sinnes geworden war, und sich nunmehr mit einem Rechtsmittel gegen die - auch von ihm in der Vergangenheit als hilfreich angesehene - Betreuerbestellung bezüglich der finanziellen und behördlichen Angelegenheiten wenden würde, zumal sich auch die Rechtsmittelschrift nur mit der gesundheitlichen Problematik befasst und die finanzielle Seite mit keinem Wort erwähnt wird.

3.

Darüber, ob es zu einer Betreuungserweiterung auf die Aufgabenkreise "Gesundheit und Aufenthalt" kommen wird, wird das Amtsgericht in dem in die Wege geleiteten Hauptverfahren zu entscheiden haben. In diesem Zusammenhang hat bereits das Landgericht mit Recht auf die Problematik des § 1896 Abs. 1 a) im Zusammenhang mit dem Gutachten der Sachverständigen Dr. N hingewiesen. Sowohl hierzu wie auch zur Feststellung einer Erkrankung erscheinen die Ausführungen in dem Gutachten der Sachverständigen als wenig hilfreich, da nach einer Befunderhebung mit Wendungen wie "scheint", "eher" und "eventuell" lediglich mögliche, aber nicht gesicherte Folgerungen gezogen werden und schließlich thesenartige Ergebnisse folgen, die erforderliche nachvollziehbare Herleitung der Ergebnisse aus den Befunden aber fehlt.

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