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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 220/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 220/05

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Jennissen, Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

am 09.02.2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11.10.2005 - 29 T 263/03 - aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 03.09.2003 - 90 II WEG 95/02 - wird zurückgewiesen.

Es bleibt bei der Ungültigkeitserklärung der Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 26.11.2002 zu TOP 2 (Jahresabrechnung 2001) und TOP 3 (Fahrradabstellmöglichkeiten).

Die Gerichtskosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.

Gründe:

I.

Die Beteiligten, sämtlich Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage sowie der Verwalter, streiten anlässlich zweier Beschlussanfechtungen aus einer Eigentümerversammlung vom 26.11.2002 über die Auslegung der in der Teilungserklärung vom 23.12.1984 unter V. § 9 vorgesehenen Regelung, wonach § 23 WEG dahin ergänzt wird, dass "zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung außer den in diesem Paragraphen genannten Bedingungen die Eintragung des Beschlusses im Protokollbuch erforderlich ist". Der Antragsteller hält die angefochtenen Beschlüsse schon deshalb für ungültig, da diese nicht in ein Buch im Sinne des § 9 der Teilungserkärung eingetragen worden sind. Die Entscheidung des Amtsgerichts, die die Meinung des Antragstellers bestätigt hat, ist von den Antragsgegnern angefochten worden. Das Landgericht hat die von dem Verwalter geführte Dokumentation der Beschlüsse als "Buch" im Sinne der Teilungserklärung erachtet und die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben. Dagegen richtet sich das Rechtsmittel des Antragstellers.

II.

Die formell nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts, wonach die Eigentümerbeschlüsse vom 26.11.2002 zu TOP 2 und 3 nicht gegen die formalen Anforderungen aus § 9 der Teilungserklärung verstoßen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zur Gültigkeit eines Beschlusses, der einer Anfechtung nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG standhalten soll, bedarf es seiner Eintragung in einem gebundenen oder broschierten Buch, in dem die gefassten Beschlüsse nach Datum und Inhalt fortlaufend erfasst werden.

Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die von dem Verwalter praktizierte Aufbewahrung der Beschlüsse den Anforderungen der Teilungserklärung vom 23.12.1984 genügt. Hierbei ist es von folgenden, nicht angegriffenen Feststellungen ausgegangen: Der Verwalter hat bis 2003 die Protokolle der Eigentümerversammlungen in einem Heftordner verwahrt. Die Protokolle wurden dazu in sich geheftet und genietet sowie die Seiten durchnumeriert; die einzelnen mit Seitenzahlen versehenen Protokolle wurden in diesem Heftordner gesammelt, indem sie dort in zeitlicher Reihenfolge eingeordnet wurden. Ihnen vorgeheftet ist eine nach Nummern geordnete Auflistung dieser eingehefteten Protokolle. Inzwischen praktiziert der Verwalter eine andere Art der Niederlegung der gefassten Beschlüsse.

Diese Form der Dokumentierung der Eigentümerbeschlüsse genügt nicht der von der Teilungserklärung verlangten Anforderung der Eintragung des Beschlusses in ein Protokollbuch. Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht die als Teil der Teilungserklärung ins Grundbuch eingetragene Bestimmung (vgl. dazu VI. der Teilungserklärung) selbständig auslegen. Die Auslegung einer Grundbucheintragung hat nach objektiven Umständen zu erfolgen, wobei auf Wortlaut und der Sinn, wie sie sich aus Sicht eines unbefangenen Beobachters ergeben, abzustellen ist (vgl. dazu Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rdz. 87 mwN.).

Die hier vom Verwalter bis zum Jahr 2003 angelegte Sammlung der Beschlüsse in einem Ordner entspricht schon vom Wortlaut her nicht der "Eintragung" in einem "Buch", wie es § 9 der Teilungserklärung ausdrücklich vorsieht. Wenn auch - worauf die Antragsgegner hinweisen - es keine gesetzliche oder in der Rechtsprechung anerkannte Definition des Begriffs "Protokollbuch" gibt, so ist jedenfalls davon auszugehen, dass mit dieser Formulierung ein Buch im eigentlichen Sinne dieses Begriffes gemeint ist. Denn die gesetzliche Regelung in § 24 Abs. 6 S. 1 WEG sieht bereits eine schriftliche Erfassung vor, indem sie vorschreibt, dass über die gefassten Beschlüsse eine Niederschrift zu fertigen ist, die auch aufzubewahren ist (vgl. § 24 Abs. 6 S. 3 WEG). Zur Art der Verwahrung fehlt eine gesetzliche Bestimmung. Wenn über diese gesetzlich vorgesehene Niederschrift die Eigentümer in der Teilungserklärung als zusätzliches Erfordernis die Eintragung in ein Buch vorsehen, so lässt dies angesichts der gesetzlichen Regelung erkennen, dass damit eine ganz bestimmte, nämlich die benannte Form der schriftlichen Dokumentation - Buch - gewollt ist. Die Regelung der Aufbewahrung durch eine Niederschrift in einem Buch wurde offensichtlich bewusst in Abgrenzung zu anderen Möglichkeiten wie der - hier nahe liegenden - Sammlung in Ordnern, Heftern oder anderen Loseblattsammlungen gewählt. Damit verbietet sich die vom Landgericht gewählte weite, über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des Begriffs "Protokollbuch", die solche Aufbewahrungsmöglichkeiten wie Aktenordner o. ä. darunter fassen will.

Dieses enge, auf den Wortlaut bezogene Verständnis des in § 9 Teilungserklärung aufgestellten Erfordernisses steht schließlich auch in Einklang mit Sinn und Zweck dieser Regelung. Mit der gewünschten Regelung soll eine lückenlose und inhaltlich korrekte Dokumentation sämtlicher Eigentümerbeschlüsse gewährleistet sein. Das jederzeitige Einsichtsrecht der Eigentümer gemäß § 24 Abs. 6 S. 3 WEG, wozu diese auch mögliche Kaufinteressenten ermächtigen können, wird damit gesichert. Durch das Erfordernis der Bucheintragung soll jede Möglichkeit der nachträglichen Veränderung der Beschlussdokumentation ausgeschlossen werden, wobei es offen bleiben kann, ob die Eigentümer bei der Abfassung der Teilungserklärung bewusste Manipulationen oder lediglich durch Nachlässigkeit begründete Änderungen im Auge hatten. Bei Eintragungen in einem mit durchgehenden Seitenzahlen versehenen Buch würde jede nachträgliche Entfernung und/oder Ersetzung einer Seite sofort auffallen. Hingegen bietet die von dem Verwalter bisher geübte Praxis der fortlaufenden Sammlung der Protokolle nicht eine umfassende Kontrolle der Vollständigkeit und Richtigkeit. Vielmehr ist bei der bisherigen Handhabung sowohl ein Gesamtaustausch eines Protokolls wie auch ein Austausch des vorgehefteten Inhaltsverzeichnisses möglich, ohne dass dies nach außen sogleich auffällt.

Diese anhand objektiver Kriterien gewonnene Auslegung erfolgt unabhängig von der Person des jeweiligen Verwalters und unabhängig von der Frage, ob einige Wohnungseigentümer diesem misstrauisch gegenüber stehen. Auf die von den Antragsgegnern angesprochene Problematik, ob der derzeitige Verwalter Anlass zu einem solchen Misstrauen gegeben hat, kommt deshalb nicht an.

Der mit dieser Handhabung verbundene Mehraufwand, den das Landgericht befürchtet, ist gering, da lediglich der Inhalt der Beschlussfassung sowie das Abstimmungsergebnis einzutragen sind, nicht hingegen das gesamte Protokoll der jeweiligen Sitzung. Insofern ist der gewählte Begriff "Protokollbuch" nicht ganz passend, da § 9 der Teilungserklärung sich lediglich auf den Beschluss bezieht und dessen Eintragung fordert. Im Übrigen wäre die Frage eines eventuell anfallenden Mehraufwandes Gegenstand des jeweiligen Verwaltervertrages.

Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, wonach dem Antragsteller eine Berufung auf das Formerfordernis des § 9 Teilungserklärung wegen langjähriger, von ihm geduldeter gegenteiliger Übung verwehrt sein könnte, haben sich nicht ergeben.

Folge der Nichtbeachtung der Form des § 9 Teilungserklärung ist nicht die Nichtigkeit des Beschlusses, sondern dessen Ungültigkeitserklärung nach wirksamer Anfechtung. Der Senat folgt dieser von der Rechtsprechung vertretenen Meinung (BGH, NJW 1997,2956; OLG Düsseldorf, NZM 2005,24 m. w.N.). Mithin verbleibt es bei der Ungültigkeitserklärung der angefochtenen Beschlüsse in der Entscheidung des Amtsgerichts Brühl vom 30.09.2004.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Der Geschäftswert wird in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen auf 5.000,- € festgesetzt, § 48 WEG.

Ende der Entscheidung

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