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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 16 Wx 220/06
Rechtsgebiete: PolG NRW, FEVG, FGG


Vorschriften:

PolG NRW § 35
PolG NRW § 35 Abs. 1
PolG NRW § 35 Abs. 1 Nr. 2
PolG NRW § 36
FEVG § 5
FEVG § 6
FGG § 20 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 15.09.2006 - 19 T 22/06 - wird zurückgewiesen.

Gerichtsgebühren und Auslagen für das gerichtliche Verfahren werden nicht erhoben.

Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen dem Beteiligten zu 2. zur Last.

Gründe:

1.

Die rechtzeitig eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist zulässig.

Der Beteiligte zu 2. ist durch die Entscheidung, mit der dem Antrag des Betroffenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme nach § 35 Abs. 1 PolG NRW in der Nacht vom 20. auf 21. Juni 2006 stattgegeben wurde, beschwert, § 20 Abs. 1 FGG. Dementsprechend ist er auch befugt, durch Anfechtung der belastenden Entscheidung eine Beseitigung dieser Beschwer zu erstreben. Insofern tritt der Senat - abweichend von der mit Verfügung vom 13.10.2006 vertretenen Meinung - der Rechtsprechung des OLG Celle bei (OLG Celle vom 28.10.2004 16 W 140/04, NJOZ 2005, 777; ähnlich KG vom 31.12.2003 - 25 W 62/03 -), die den Behörden ein Beschwerderecht gegen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der von ihnen beantragten Maßnahme zuspricht. Zum einen wird dem Staat auf diesem Weg die Möglichkeit eröffnet, den ihn treffenden Vorwurf der Rechtswidrigkeit zu entkräften, zum anderen wird damit Sorge getragen, dass der Staat sich gegen Kostenbelastungen und u.U. nachfolgende Schadensersatzforderungen zur Wehr setzen kann.

2.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung (§§ 27 FGG, 546 ZPO) in vollem Umfang stand.

Der Verfahrensgang genügt den gesetzlichen Anforderungen der §§ 35, 36 PolG NRW, 5, 6 FEVG. Der Betroffene wurde ca. 5 1/2 Stunden nach seiner Ingewahrsamnahme dem zuständigen Richter vorgeführt und von diesem angehört, der ihm den Beschluss vom 21.06.2006 eröffnete und ihm eine Abschrift übergab. Wenngleich dieser Ablauf nicht protokolliert worden ist, hat sich der Senat durch die nachträgliche dienstliche Stellungnahme des zuständigen Richters von der Einhaltung der Verfahrensvorschriften überzeugen können.

Die Maßnahme ist nicht durch § 35 Abs. 1 Nr. 2 Pol GNRW gerechtfertigt, da die Ingewahrsamnahme des Betroffenen nicht unerlässlich im Sinne dieser Vorschrift war. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Gründe der Entscheidung des Landgerichts Bezug, die er sich in vollem Umfang zu eigen macht.

Das Vorbringen des Rechtsmittelführers veranlasst nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die Anwendung des § 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW setzt voraus, worauf schon das Landgericht zu Recht hingewiesen hat, dass im konkreten Fall mit einer unmittelbar bevorstehenden, dem Verantwortungsbereich des Betroffenen zuzurechnenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit gerechnet werden muss. Hierzu müssen Tatsachen vorliegen, die zu dem Schluss führen, dass eine solche Tat unmittelbar oder in nächster Zeit verwirklicht werden wird (vgl. BayVerfGH vom 02.08.1990 u.a. zu dem fast gleichlautenden Art. 17 bay. PAG, NVwZ 1991, 667 mw. N.; Thür. OLG v. 19.01.2004, ThürVBl. 2004, 94; OLG München, NJW-RR 1997, 279, 281 zu Art. 17 Abs. 1 PAG.). Der Antrag des Beteiligten zu 2. vom 20.06.2006 - ebenso wenig sein späteres Vorbringen - lassen solche konkreten Umstände, die in Zusammenhang mit dem Betroffenen stehen, vermissen. Zwar gab es nach den Angaben des Beteiligten zu 2. hinreichende Hinweise auf bevorstehende Straftaten noch in der Nacht des 20./21.Juni 2006 in Zusammenhang mit den Spielen der Fußballweltmeisterschaft. Es fehlten jedoch konkrete Hinweise, die die Prognose hätten begründen können, dass der Betroffene sich daran beteiligen wird. Die Tatsache, dass der Betroffene wiederholt als Hooligan aufgefallen ist, ist zwar ein Verdachtsmoment, das allein aber keine zu widerlegende Vermutung begründet, dass in der konkreten Situation Straftaten gerade von ihm zu erwarten sind. Allein die Biographie eines Betroffenen genügt noch nicht für die erforderliche sichere Annahme, dieser werde auch in Zukunft in gleicher Weise die öffentliche Sicherheit stören (vgl. Thür. OLG v. 19.01.2004, a.a.O.; ebenso Lisken/Denninger/Rachor, Handbuch des Polizeirechts, F, Rdnr. 513).

Der Beteiligte zu 2. und Antragsteller hat hier schon nicht i.e. deutlich gemacht, wie oft, wann und vor allem wann zuletzt der Betroffene als Hooligan in Erscheinung getreten ist. Darüber hinaus fehlen jegliche konkrete Hinweise auf eine Absicht oder Bereitschaft des Betroffenen, sich in der fraglichen Nacht an tätlichen Auseinandersetzungen zu beteiligen. Das bisherige Verhalten des Betroffenen während der Fußball-WM ließ ein Tätlichwerden - ohne sonstige belastende Umstände - nicht unbedingt erwarten, da er bis zu seiner Ingewahrsamnahme seinen Meldepflichten nachgekommen und anlässlich der vorangegangenen Spiele offensichtlich den Ordnungsbehörden nicht aufgefallen war.

Demnach ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG zurückzuweisen. Die Entscheidung zur Gebührenbefreiung beruht auf § 15 Abs. 2 FEVG.

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