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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 230/06
Rechtsgebiete: BGB, FGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1813 Abs. 1 Nr.
BGB § 1822 Nr. 8
BGB § 1825
BGB § 1825 Abs. 1
BGB § 1908i
BGB § 1925
FGG § 27
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.) werden der Beschluss des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 22.09.2006 - 5 XVII R 371/04- und der Beschluss des Landgerichts Köln vom 17.10.2006 - 6 T 378/06 - aufgehoben.

Dem Betreuer wird für das Konto der Betroffenen bei der KSK L Nr. xxxxx die vormundschaftliche Genehmigung gemäß § 1825 BGB zur Durchführung von Bankgeschäften bis zu einem Betrag von 3.500,- € unabhängig von der Höhe des Guthabens erteilt, mit Ausnahme von Kreditgeschäften gemäß § 1822 Nr. 8 BGB.

Gründe:

I.

Dem Beteiligten zu 1. als Betreuer u.a. für Vermögensangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Ämtern und der Postkontrolle wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Waldbröl vom 17.12.2004 die Genehmigung zum Onlinebanking bzgl. zweier Konten der Betroffenen bei der KSK L erteilt. Die Betroffene verfügt über Vermögen und erhält neben einer monatlichen Rente in regelmäßigen Abständen Zahlungen von der H in Höhe von mehreren Tausend Euro. Sie lebt in einem Seniorenzentrum, an das sie monatlich über 3.000,- € Heimkosten zahlen muss.

Mit Antrag vom 07.09.2006 bittet der Betreuer nunmehr um eine Genehmigung zur allgemeinen Ermächtigung für Bankgeschäfte bis zu 3.500,- € gemäß §§ 1908i, 1925 BGB. Zur Begründung verweist er darauf, dass er für sämtliche Banküberweisungen - gleichgültig mit welcher Summe - einer vormundschaftlichen Genehmigung bedarf, sofern der Kontostand 3.000,- € überschritten hat. Dies komme bei der finanziellen Situation der Betroffenen häufig vor. Im Übrigen müsse er monatlich die 3.000,- € übersteigenden Heimkosten vom Konto der Betreuten abbuchen lassen. Die kontoführende Bank könne im Onlinebanking-Verfahren die Freigabe eines monatlichen Festbetrages nicht berücksichtigen, sondern benötige bei Kontoständen über 3.000,- € eine allgemeine Ermächtigung.

Das Amtsgericht hat keine Notwendigkeit für eine allgemeine Ermächtigung gesehen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Betreuers.

II.

Die weitere Beschwerde ist begründet.

Die von dem Betreuer beantragte Genehmigung für Verfügungen bis zu einem Betrag von 3.500,- € unabhängig vom Kontostand des im Tenor aufgeführten Girokontos ist diesem zu erteilen, § 1825 Abs. 1 BGB.

Die Ausführungen der Vorinstanzen, die diese Genehmigung versagt haben, halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

Die erstinstanzliche Entscheidung leidet an einem Verfahrensfehler, der im Beschwerdeverfahren nicht geheilt wurde.

Das Amtsgericht hat seine Nichtabhilfeentscheidung vom 04.10.2006 auf einen Vermerk vom 22.09.2006 (Bl. 247) gestützt, der dem Beschwerdeführer nicht bekannt war. Es handelt hierbei um eine Feststellung des Gerichts zur Handhabung des Online-Banking durch die KSK in einem anderen Betreuungsfall. Der Betreuer, der dazu nicht Stellung nehmen konnte, ist mithin in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Auch in 2. Instanz ist dem Betreuer dieser Vermerk nicht mitgeteilt worden.

Da der Senat wegen der ausreichenden Sachaufklärung in der Sache entscheiden kann und diese Entscheidung zugunsten des Betreuers zu treffen ist, bedurfte es zur Heilung dieses Verfahrensmangels keines Hinweises mehr.

In der Sache ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für eine generelle Genehmigung nach § 1825 BGB vorliegen, diese allerdings entsprechend dem Antrag auf Verfügungen bis maximal 3.500.- und auf das Girokonto der Betreuten bei der KSK L (Nr. xxxxx) zu beschränken ist.

Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Beschluss des Amtsgerichts Waldbröl vom 17.12.2004 keine generelle Genehmigung im Sinne des 1825 BGB enthält. Somit kommt nur eine von jenem Beschluss unabhängige Genehmigung nach § 1825 BGB in Betracht.

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit dieser Genehmigung lassen die Entscheidungen der Vorinstanzen indes nicht mit der nötigen Deutlichkeit erkennen, welche Auslegung des § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB ihren Entscheidungen zugrunde gelegt wird, obgleich diese Vorfrage für die Erforderlichkeit einer Genehmigung bzw. deren Umfang von Bedeutung ist. Zur Auslegung des § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist streitig, ob sich der dort genannte Betrag auf die beabsichtigte Verfügung des Betreuers oder auf den Kontostand des Kontos des Betreuten (=Anspruch des Betreuten) bezieht. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 20.06.1994 (16 Wx 86/94 =Rechtspfleger 1994,503 = FamRZ 1995,187) aufgrund des Wortlauts der Vorschrift die letztere Meinung vertreten (ebenso OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 786; a.A. z.B. MünchKomm/Wagenitz, 4.Aufl., § 1813 Rdnr. 9 m.w.N.). Für den Senat besteht keine Veranlassung, nunmehr von dieser Ansicht abzuweichen.

Demzufolge bedarf der Betreuer - worauf der Rechtsmittelführer hingewiesen hat - für jede Überweisung oder Auszahlung zu lasten des Kontos schon dann einer Genehmigung nach § 1825 BGB, wenn der Guthabenstand über 3.000,- € liegt, ohne dass das geplante Bankgeschäft selbst diesen Betrag erreichen muss. Die Entscheidungen der Vorinstanzen lassen eine Auseinandersetzung mit dieser Frage vermissen. Dass im Übrigen jedes Bankgeschäft, das 3.000,- € überschreitet, der Genehmigung bedarf, und zwar unabhängig vom Kontostand, hat das Amtsgericht mit seinem Beschluss vom 06.10.2006 (Bl. 251) berücksichtigt, indem es die Bezahlung der monatlichen Heimkosten, die über 3.000,- € liegen, genehmigt hat und darüber hinaus auch die zukünftige monatliche Begleichung dieser Kosten freigibt.

Für die Prüfung der Erforderlichkeit einer Genehmigung nach § 1825 BGB ist jedoch darüber hinaus - bei Beachtung der oben genannten Prämissen - zu sehen, dass die vorliegende Vermögensverwaltung weitaus häufiger eine Genehmigung erforderlich machen wird, da das Girokonto der nicht unvermögenden Betroffenen in regelmäßigen Abständen einen Guthabensstand von über 3.000,- € ausweisen wird. Die Häufigkeit der genehmigungspflichtigen Geschäfte ist indes ein wesentliches Kriterium für die Anwendung des § 1825 BGB (vgl. MünchKomm/Wagenitz, a.a.O., § 1825 Rdnr. 3). Die vorgelegten Kontoauszüge und die Kontenbewegungen für den Zeitraum November 2004 bis Dezember 2005 belegen, dass diese Voraussetzung hier erfüllt ist. Der Betroffenen fließen u. a. ca. alle drei Monate die Zahlungen der H zwischen 4.000,- € und 5.000,- € zu, so dass sich allein wegen dieser Zuflüsse regelmäßig ein Guthabenstand von deutlich über 3.000,- € ergibt.

Die vom Amtsgericht angeordnete Lösung, die vom Beschwerdegericht bestätigt worden ist, wird diesen Gegebenheiten nicht gerecht, da die allgemeine Freigabe lediglich auf den Betrag der beabsichtigten Verfügung abstellt, jedoch nicht berücksichtigt, dass § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Kontostand als maßgeblich ansieht.

Um den Bedürfnissen der Betroffenen und des Betreuers nach einer zeitnahen und effektiven Abwicklung der Geldgeschäfte Rechnung zu tragen, ist dem Rechtsbeschwerdeführer - wie beantragt - eine allgemeine Ermächtigung nach § 1825 BGB für Geschäfte bis 3.500,- € zu erteilen, die unabhängig vom Kontostand erteilt wird (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., S. 787). Diese ist auf das Girokonto der Betroffenen bei der KSK L Nr. xxxxx zu beschränken, weil die laufenden Zahlungen zugunsten der Betreuten über dieses Konto abgewickelt werden. Eine solche Ermächtigung steht auch in Einklang mit den (technischen) Möglichkeiten der kontoführenden Bank bzw. Sparkasse.

Eine Genehmigung nach § 1822 Nr. 8 BGB (Kreditaufnahme u. a. durch Kontoüberziehung), die auch nicht beantragt wurde, ist damit nicht verbunden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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