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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 10.01.2007
Aktenzeichen: 16 Wx 237/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1365
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 237/06

In dem Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung nach § 1365 Abs. 2 BGB

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Jennissen, Dr. Ahn-Roth und Wurm am 10.01.2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.10.2006 - 6 T 199/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahren zu tragen und die der Antragstellerin in der 3. Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000, -- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind seit dem 01.08.2004 getrennt lebende Ehegatten, zwischen denen ein Scheidungsverfahren anhängig ist. Sie haben drei gemeinsame Kinder, die in den Jahren 1992 bis 1996 geboren worden sind. Die Eheleute sind zu gleichen Teilen Miteigentümer des Hausgrundstücks N-Straße 52 in C. Eine Regelung des Zugewinns ist bislang nicht erfolgt. Nach dem Auszug der Antragstellerin und der drei Kinder wird das Haus seit dem 01.08.2004 von dem Antragsgegner allein bewohnt. Das Grundstück ist mit Grundpfandrechten belastet, über deren Höhe Uneinigkeit besteht. Ebenso streiten die Beteiligten über die Höhe eines zu erzielenden Kaufpreises, wobei nach Darstellung beider Seiten mindestens 550.000,- € realistisch seien. Die monatlichen Belastungen für das voll fremdfinanzierte Grundstück nebst Wohnhaus, die derzeit der Antragsgegner allein trägt, betragen mindestens 3.860,- €; auch hierzu ist der genaue Betrag streitig. Die Antragstellerin ist nicht berufstätig; sie bezieht für sich und die bei ihr lebenden Kinder Unterhalt vom Antragsgegner, der als Chefarzt in einer Klinik tätig ist.

Die Antragstellerin beabsichtigt, hinsichtlich des Grundbesitzes ein Teilungsversteigerungsverfahren einzuleiten und hat deshalb beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Zustimmung des Antragsgegners zu der Versteigerung zu ersetzen. Dieser Antrag wird im wesentlichen darauf gestützt, dass der Verkauf des Hauses, um den sich der Antragsgegner bisher nicht ausreichend bemüht habe, ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Ein weiterer Verbleib des Antragsgegners in dem Haus benachteilige sie schon deshalb, weil der derzeit für ihn zu berücksichtigende Wohnwert weit unter dem Mietwert und den monatlichen Belastungen liege und damit ihren Unterhaltsanspruch mindere. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss dem Ersetzungsantrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Antragsgegners. II.

1.

Die weitere Beschwerde, die als sofortige Beschwerde zu behandeln ist, ist statthaft und fristgerecht eingelegt. Gemäß § 27 FGG ist die weitere Beschwerde gesetzlich vorgesehen. Soweit das Landgericht im Tenor der Entscheidung eine weitere Beschwerde nicht zugelassen hat, bezieht sich dies auf die Beschwerdeentscheidung zur Prozesskostenhilfe in erster Instanz.

Dem Antragsgegner fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für sein Rechtsmittel, da die inzwischen erfolgte Anordnung der Teilungsversteigerung hierauf keinen Einfluss hat. Das Vollstreckungsgericht wird das Verfahren im Falle einer die Zustimmung ablehnenden Entscheidung schon von Amts wegen einstellen.

2.

Die weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften beruht.

Verfahrensvorschriften sind nicht verletzt. Soweit sich der Antragsgegner auf eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs beruft, da er den Schriftsatz vom 09.10.2006 erst am 12.10.2006 erhalten habe, war dies noch rechtzeitig vor dem Wirksamwerden der Entscheidung des Landgerichts vom 16.10.2006, zumal der Antragsgegner nicht erkennen lässt, welch neuer Vortrag ihm durch die - nach seiner Darstellung - unerwartet schnelle Entscheidung abgeschnitten worden sein soll. Im Übrigen ist ein etwaiger Verstoß durch das Vorbringen mit der Rechtsbeschwerde geheilt worden.

Das Landgericht ist in der Sache zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag eines Ehegatten auf Anordnung der Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft an einem im Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstück (§§ 180 f. ZVG) nach § 1365 Abs. 1 BGB dann der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf, wenn die Eheleute - wie hier - im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben und der Grundstücksanteil der Antragstellerin im wesentlichen ihr gesamtes Vermögen darstellt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 05.04.2000 - 16 Wx 51/00 -, OLGR Köln 2000, 422, und 04.08.1971 - 16 Wx 77/71 -, NJW 1971, 2312, 2313; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 524, 525; BayObLG FamRZ 1985, 1040, 1041). Denn der Schutzzweck des § 1365 Abs. 1 BGB, der u.a. der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie dient, wäre nur unvollkommen gewahrt, wenn eine Teilungsversteigerung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten möglich wäre.

Das Landgericht hat zu Recht die Zustimmung des Antragsgegners zur Durchführung der Teilungsversteigerung (nicht - wie der Antragsgegner vorträgt - zur freihändigen Veräußerung) ersetzt, § 1365 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten zu einer Veräußerung seines wesentlichen Vermögens ersetzen, wenn das beabsichtigte Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht und der andere Ehegatte seine Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert. Ob eine Teilungsversteigerung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, richtet sich nach dem Familieninteresse, das unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Tatsache des Getrenntlebens der Eheleute abzuwägen ist (Senat vom 26.05.2004, NJW-RR 2005, 4; BayObLG NJW-RR 2006,556; FamRZ 1996, 1013 ff.; FamRZ 1985, 1040, 1041). Die Würdigung des Tatrichters, dass die angestrebte Teilungsversteigerung den Familieninteressen und damit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.

Die hier getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts entsprechen diesen Anforderungen und sind in rechtlicher einwandfreier Weise zustande gekommen. Die angegriffene Entscheidung hat die oben dargelegten Grundsätze beachtet und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt.

Das Vorbringen des Antragsgegners im Rechtsbeschwerdeverfahren gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung. Zu Recht hat das Landgericht offen gelassen, zu welchem Preis das Grundstück letztlich veräußert werden wird und diese Frage dem im Versteigerungsverfahren zu bestellenden Sachverständigen überlassen. In Hinblick auf die Regelungen in §§ 44 ff ZVG ist davon auszugehen, dass ein Zuschlag nur dann erfolgt, wenn der gebotene Preis den Anforderungen des geringsten Gebots genügt, mithin die grundbuchrechtlich gesicherten Forderungen mit dem gebotenen Betrag befriedigt werden können. Die vom Antragsgegner als mögliche Folge der Zwangsversteigerung beschriebene Situation, dass nach Veräußerung des Grundstücks noch Verpflichtungen für die Beteiligten aus dem Grunderwerbsgeschäft zurück bleiben, ist schon aufgrund der gesetzlichen Regelungen zur Zwangsversteigerung nicht möglich. Die Beurteilung des Landgerichts, dass wegen der dauernden Trennung und der zu erwartenden Scheidung der Eheleute die Veräußerung des Hauses vernünftigen wirtschaftlichen Erwägungen entspricht, wird neben den vom Beschwerdegericht aufgeführten Gründen ferner dadurch bestätigt, dass derzeit die laufenden Belastungen, die unstreitig über 3.800,- € im Monat ausmachen, erheblich höher liegen als der Mietwert, der von den Beteiligten mit Werten zwischen 1.600,- € (so Antragsgegner im Schreiben vom 29.11.2005) und 2.450- € (so Antragstellerin im Schreiben vom 8.12.2005) angegeben wird. Auch eine Vermietung des Hauses an Dritte würde bei weitem nicht die laufenden Belastungen decken, so dass ein weiteres Festhalten an diesem Grundstück nicht den vernünftigen wirtschaftlichen Interessen der Eheleute dient. Da auch die gemeinsamen Kinder nicht mehr im Haus wohnen, sind keine familiären Anforderungen erkennbar, die ein Festhalten an dem früheren Familienwohnsitz rechtfertigen könnten. Einer Veräußerung des Grundstücks steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner bisher die Darlehensbelastungen ausschließlich getragen hat. Denn das Landgericht weist zutreffend darauf hin, dass diese Zahlungen bis jetzt freiwillig geschehen sind und der Antragsgegner die verlangte verbindliche Übernahmeerklärung hierzu nicht abgegeben hat.

Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg auf möglicherweise anfallende Vorfälligkeitszinsen berufen. Hierzu fehlt, worauf das Landgericht hinweist, eine genaue Darlegung sowie die Vorlage entsprechender Belege, die in Hinblick auf die verschiedenen Darlehen, die unterschiedlich ausgestaltet sind, erforderlich ist.

Mit Recht ist das Landgericht nach seiner Gesamtabwägung deshalb zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Antragsgegner kein ausreichender Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 1365 Abs. 2 BGB zur Seite steht.

3.

Die von der Antragstellerin nachgesuchte Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist abzulehnen, da die Antragstellerin nicht bedürftig im Sinne der §§ 14 FGG, 114 f ZPO ist. Sie verfügt insoweit über Vermögen, als ihr gegen den Antragsgegner ein Prozesskostenvorschussanspruch gem. §§ 1360 a Abs. 4, 1361 Abs. 4 BGB zusteht. Es handelt sich vorliegend - wie auch in dem laufenden Familienverfahren bei der Forderung nach Trennungsunterhalt - um eine "persönliche Angelegenheit" im Sinne dieser Vorschriften. Das Zustimmungsverlangen betrifft einen Anspruch, der sich auf durch die Eheschließung begründetes Miteigentum bezieht und ist vergleichbar mit sonstigen Ansprüchen in Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Eheleute einschließlich der Zugewinnausgleichsansprüche (vgl. Palandt-Brudermüller, 66. Aufl., § 1360a Rdnr. 14). Eines ausdrücklichen Hinweises hierzu bedurfte es wegen des parallel anhängigen Familienrechtsstreits (47 F 126/06 AG Freiburg) nicht mehr, in dem gerade diese Fragen entscheidungserheblich sind. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt aus § 31 KostO. Der Geschäftswert für die Ersetzung der Zustimmung eines Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 BGB ist regelmäßig nach dem um die Schulden verminderten Wert des betroffenen und nach den Regeln des Zugewinnausgleichs zu halbierenden Vermögens zu bemessen (vgl. Senatsbeschluss vom 26.05.2004 - 16 Wx 80/04 -, m.w.N.). In Hinblick auf die von den Beteiligten vorgebrachten unterschiedlichen Verkehrswerte des Grundstücks legt der Senat dieselben Beträge wie das Landgericht zugrunde. Zu einer Abänderung/Erhöhung des Geschäftswertes von Amts wegen besteht auch unter Berücksichtigung der mit der - noch nicht vom Landgericht verbeschiedenen - Geschäftswertbeschwerde der Antragsgegnerin vom 23.10.2006 vorgebrachten Gesichtspunkte keine Veranlassung.

Da der hier angesetzte Wert nicht wesentlich von dem in § 30 Abs. 2 KostO vorgesehenen Regelwert abweicht, ist nicht näher auf die von der Senatsrechtsprechung abweichende Meinung einzugehen, dass für die Zustimmungsersetzung regelmäßig der Wert des § 30 Abs. 2 KostO (3.000,- €) anzusetzen ist, der nur in Ausnahmefällen einer Korrektur zugänglich ist (so OLG Koblenz vom 3.9.2001, FamRZ 02, 763 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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