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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.02.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 244/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 25
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 244/03 16 Wx 17/04 16 Wx 18/04

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 02.02.2004

beschlossen:

Tenor:

1.

Die Verfahren 16 Wx 244/03, 16 Wx 17/04 und 16 Wx 18/04 werden miteinander zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2.

Auf die Beschwerde der Antragsgegner und Beschwerdeführer werden die Beschlüsse der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23.10.2003 - 29 T 112/03 - und vom 06.11.2003 - 29 T 123/03 - abgeändert sowie der Beschluss vom 06.11.2003 - 29 T 121/03 - teilweise abgeändert und die Anträge der Antragsteller und Rechtsbeschwerdegegner gegen die Antragsgegner und Rechtsbeschwerdeführer abgewiesen. Die Gerichtskosten der ersten beiden Instanzen der Verfahren 16 Wx 244/ 03 und 16 Wx 17/ 04 werden den im obigen Rubrum als solchen bezeichneten Antragstellern als Gesamtschuldnern, die Gerichtskosten der ersten beiden Instanzen des Verfahrens 16 Wx 18/ 04 werden den im obigen Rubrum als solchen bezeichneten Antragstellern zu 2/3 und dem Antragsgegner K X zu 1/3 auferlegt. Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die im obigen Rubrum als solche bezeichneten Antragsteller 19/ 20 und der Antragsgegner K X 1/ 20 zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Gründe:

Der Antragsteller zu 3., Herr I D, teilte die Liegenschaft O-Straße 316 in xxx1 L gemäß Teilungserklärung vom 19.05.2000 in Wohnungseigentum auf und veräußerte anschließend die überwiegende Anzahl der Einheiten an die übrigen Antragsteller und an die Antragsgegner. Der Antragssteller zu 5. ist seit dem 14.08.2001 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, die Antragsteller zu 6. und 7. seit dem 04.12.2001, der Antragsteller zu 1. seit dem 21.01.2002, die Antragsteller zu 2. , 8. und 9 seit dem 18.06.2002; für die übrigen Antragsteller und die Antragsgegner sind Auflassungsvormerkungen zur Sicherung des Erwerbs des Eigentums eingetragen. Als Eigentümer insoweit eingetragen sind die Antragsteller zu 3. bzw. zu 4. Am 03.06.2002 fand eine außerordentliche Wohnungseigentümerversammlung statt. Im Protokoll dieser Versammlung (Bl. 4 d. A. 16 Wx 244/03) heißt es unter TOP 01 (2): "Am Tage der außerordentlichen GTV waren eingetragene Eigentümer und somit stimmberechtigt: H und N C, I D, L D, G E, C D1." Unter TOP 02 dieser Versammlung wurde der Einzel- und Gesamt- Wirtschaftsplan 2002 beschlossen. Ferner wurde eine Sonderumlage i. H. v. 2 zusätzlichen monatlichen Wohngeldzahlungen beschlossen (TOP 02 (2)). In einer weiteren außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 04.09.2002 wurde unter TOP 02 eine weitere Sonderumlage beschlossen. Darüber hinaus wurde in dieser Versammlung beschlossen: "Die Versammlung wird angewiesen, gegen säumige Zahler (eingetragene Eigentümer und faktische Eigentümer) unverzüglich juristische Maßnahmen einzuleiten."

Im vorliegenden Verfahren machen die Antragsteller gegen die Antragsgegner rückständige Bewirtschaftungskosten nebst Verzugszinsen für die Monate Mai bis Oktober 2002 sowie die Anteile an den beiden o. g. Sonderumlagen geltend.

Die Antragsteller haben gegen den Antragsgegner T beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragsteller als Wohnungsmiteigentümer der Eigentumswohnanlage O-Straße 316, xxx1 L, diese vertreten durch die Dipl.-Kfm. V H Hausverwaltungen GmbH, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer Dipl.-Kfm. V H und Betriebswirt S Y, Q-Straße 44, xxx2 L, 4.502,92 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2002 aus 427,82 €, seit dem 05.06.2002 aus 427,82 €, seit dem 04.07.2002 aus 427,82 €, seit dem 29.07.2002 aus 855,65 €, seit dem 05.08.2002 aus 427,82 €, seit dem 05.09.2002 aus 427,82 €, seit dem 14.09.2002 aus 1.080,36 € und seit dem 04.10.2002 aus 427,82 € zu zahlen. Gegen die Antragsgegnerin T2 haben sie beantragt,

sie zu verpflichten, an die Antragsteller als Wohnungsmiteigentümer der Eigentumswohnanlage O-Straße 316, xxx1 L, diese vertreten durch die Dipl.-Kfm. V H Hausverwaltungen GmbH, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer Dipl.-Kfm. V H und Betriebswirt S Y, Q-Straße 44, xxx2 L, 2.118,56 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2002 aus 202,06 €, seit dem 05.06.2002 aus 202,06 €, seit dem 04.07.2002 aus 202,06 €, seit dem 29.07.2002 aus 404,12 €, seit dem 05.08.2002 aus 202,06 €, seit dem 05.09.2002 aus 202,06 €, seit dem 14.09.2002 aus 502,08 € und seit dem 04.10.2002 aus 202,06 € zu zahlen.

Gegen den Antragsgegner K X haben sie beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragsteller als Wohnungsmiteigentümer der Eigentumswohnanlage O-Straße 316, xxx1, diese vertreten durch die Dipl.-Kfm. V H Hausverwaltungen GmbH, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer Dipl.-Kfm. V H und Betriebswirt S Y, Q-Straße 44, xxx2 L, 998,46 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2002 aus 98,40 €, seit dem 05.06.2002 aus 98,04 €, seit dem 04.07.2002 aus 98,40 €, seit dem 29.07.2002 aus 196,80 €. seit dem 05.08.2002 aus 98,40 €, seit dem 05.09.2002 aus 98,40 €, seit dem 14.09.2002 aus 211,26 € und seit dem 04.10.2002 aus 98,40 € zu zahlen.

Die Antragsgegner haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen,

der Antragsgegner X hat zusätzlich beantragt,

die Antragsteller zu verpflichten, an den Antragsgegner 475,65 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2001 zu zahlen.

Die Antragsteller haben beantragt,

den Gegenantrag des Antragsgegners X zurückzuweisen.

Der Gegenantrag des Antragstellers X beruht darauf, dass er an die Antragsteller als Hausgeld am 07.03.2001 558,18 DM, am 17.04.2001 186,02 DM und am 21.05.2001 186,06 DM gezahlt habe, insgesamt also 475,65 €. Er hat die Ansicht vertreten, diese Zahlungen seien ohne Rechtsgrund erfolgt.

Das Amtsgericht hat den Anträgen der Antragsteller stattgegeben und den Gegenantrag des Antragsgegners X zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit den angefochtenen Entscheidungen die Beschwerde der Antragsgegner gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts zurückgewiesen.

Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Antragsgegner.

Die Verfahren 16 Wx 244/03 (T), 16 Wx 17/04 (T2) und 16 Wx 18/04 (X) waren miteinander zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden, da sie die nämlichen Rechtsfragen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft O-Straße 316 betreffen und ihnen, soweit entscheidungserheblich, auch der nämliche Sachverhalt zugrunde liegt.

Die weiteren sofortigen Beschwerden gegen die Entscheidungen des Landgerichts der Antragsgegner T und T2 sind in vollem Umfange begründet, die weitere sofortige Beschwerde des Antragsgegners X nur insoweit, als er auf den Antrag der Antragsteller hin zur Zahlung verurteilt wurde. Sie ist dagegen nicht begründet, soweit sein eigener Gegenantrag auf Zahlung zurückgewiesen wurde.

Der Antragsgegner X kann von den Antragsstellern nicht die bis zum 21.5.2001 gezahlten Wohngeldbeiträge zurückverlangen. Er hat diese Beträge mit Rechtsgrund an die damalige faktische Wohnungseigentümergemeinschaft geleistet.

Zwischen dem teilenden ursprünglichen Grundstückseigentümer und den Erwerbern von Wohnungseigentum nach der Teilung entsteht eine sogenannte "faktische" oder "werdende" Wohnungseigentümergemeinschaft, sobald für die Erwerber eine Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Eigentumserwerbs in das Grundbuch eingetragen ist und Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren auf die Erwerber übergegangen ist. Insoweit folgt der Senat trotz einiger kritischer Stimmen in jüngster Zeit gegen die Figur der "werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft" (vgl. OLG Saarbrücken, NZM 2002, 610, 611; Köhler/Bassenge, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, 2004, Teil 7 Rz. 227) der immer noch ganz herrschenden Meinung (BayObLG, Z 1990, 101, 105; Z 1991, 151; OLG Hamm, FGPRax 2003, 111; Bamberger/Roth/Kögel, § 16 WEG Rdz. 17; Bärmann/Pick/Merle, vor § 43 WEG Rdz. 4 - 7; Heismann, ZMR 2004, 10 ff; Staudinger/Bub, § 25 BEG Rdz. 114). Innerhalb der bestehenden "werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft" ergibt sich die Pflicht zur Lastentragung in entsprechender Anwendung des § 16 WEG. Vorliegend bestand eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls seit Oktober 2000. Der Antragsgegner X gehörte ihr seit dem 24.10.2000 an (Bl. 63 d. A. 16 WX 244/03). Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestand jedenfalls bis zum Vollzug der realen Wohnungseigentümergemeinschaft; diese aber entstand erst mit der Eintragung des ersten erwerbenden Wohnungseigentümers neben dem teilenden ursprünglichen Grundstückseigentümer, dem Antragsteller zu 3., also mit dem 14.08.2001 (Bl. 70 d. A. 16 Wx 244/03). Soweit in der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft Hausabgaben beschlossen wurden, schulden die Antragsgegner diese. Die für die werdenden Wohnungseigentümer einmal begründeten Verbindlichkeiten erlöschen nicht rückwirkend mit dem Entstehen der realen Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Zahlungen auf Wohngeldverpflichtungen aus der ersten Hälfte des Jahre 2001 sind vom Antragsgegner deshalb mit Rechtsgrund geleistet worden, können von ihm also nicht zurückgefordert werden.

Dagegen können die Antragssteller von den Antragsgegnern nicht die Zahlung der in den Wohnungseigentümerversammlungen vom 3. 6. und 4. 9. 2002 beschlossenen Wohngeldbeiträge ab Mai 2002 und Sonderumlagen verlangen. Die in diesen Wohnungseigentümerversammlungen gefassten Beschlüsse binden die Antragsgegner nicht, solange sie noch nicht Mitglieder der tatsächlichen ( - im Gegensatz zur faktischen - ) Wohnungseigentümergemeinschaft sind.

Ob mit dem Entstehen der realen Wohnungseigentümergemeinschaft die faktische Wohnungseigentümergemeinschaft daneben fortbesteht, oder ob nunmehr nur noch die reale Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, kann für den vorliegenden Fall offen bleiben. Ebenso kann offen bleiben, ob die faktische Wohnungseigentümergemeinschaft nach der Invollzugsetzung der tatsächlichen Wohnungseigentümergemeinschaft noch Beschlüsse fassen kann, die alle Mitglieder der früheren faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft, also auch die Mitglieder der jetzt bestehenden tatsächlichen Wohnungseigentümergemeinschaft binden und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen dies ggfls. möglich ist (siehe hierzu Köhler/ Bassenge, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 7 Rz. 228). Denn im vorliegenden Falle hat die in Vollzug gesetzte Wohnungseigentümergemeinschaft der tatsächlich auch eingetragenen Eigentümer in der außerordentlichen Eigentümerversammlung als solche, wie das Protokoll zu TOP 01 (2) ausweist, den Wirtschaftsplan für das Jahr 2002 und die erste Sonderumlage, die im vorliegenden Fall streitig ist, beschlossen. Soweit diese Wohnungseigentümerversammlung der tatsächlich invollzuggesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft die noch "werdenden" Wohnungseigentümer, die ihr nicht angehören, mit ihrem Beschluss binden wollte, war dies als Beschluss zu Lasten nicht stimmberechtigter Dritter nicht möglich. Auch die außerordentliche Eigentümerversammlung vom 04.09.2002 ist nicht als Versammlung der faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft einberufen worden, sondern als Eigentümerversammlung. Auch sie war deshalb nicht in der Lage, zu Lasten Dritter Beschlüsse zu fassen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller und der Vorinstanzen lag insoweit vorliegend durchaus ein der Entscheidung des Senats in NJW-RR 1999, 959 vergleichbarer Fall vor. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem, der der Entscheidung des BayObLG, ZMR 1998, 101 zugrunde lag. Dort war nicht, wie im vorliegenden Falle, ausdrücklich die Eigentümergemeinschaft der bereits invollzuggesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft tätig, sondern die als weiterbestehend angesehene Wohnungseigentümerversammlung der bisherigen faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft. Dass auch der Antragsteller zu 3. als eingetragener Eigentümer der Wohnungen, hinsichtlich derer für die Antragsgegner jeweils eine Auflassungsvormerkung betreffend den Erwerb des Eigentums eingetragen ist, sich jedenfalls vorläufig noch als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft sieht, zeigt sein Schriftsatz in dem Rechtsstreit 5 O 11433/01 LG München, vom 02.09.2002 (Bl. 23 - 25 d. A. 16 Wx 244/03), der im vorliegenden Verfahren unstreitig ist. Konnten die Mitglieder der in Vollzug gesetzten tatsächlichen Wohnungseigentümergemeinschaft keine Beschlüsse zu Lasten der nur faktischen Wohnungseigentümer, die der Wohnungseigentümerversammlung der in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft nicht angehörten, fassen, so können sie aus diesen Beschlüssen auch keine Ansprüche gegen die Antragsgegner herleiten, so lange diese noch nicht Mitglieder der in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft sind. Die Anträge, die Antragsgegner zu entsprechenden Zahlungen zu verurteilen, sind deshalb nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Die Antragsgegner T und T2 waren an den Gerichtskosten nicht zu beteiligen, da sie im Rechtsstreit voll obsiegt haben, der Anteil des Antragsgegners X an der Kostenlast entspricht dem Wert seines Unterliegens im Rechtsstreit. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten entgegen dem Regelfall des § 47 WEG anzuordnen, war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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