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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 274/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 22
FGG § 27
FGG § 67
FGG § 29 Abs. 2
FGG § 56 g Abs. 5
FGG § 56 g Abs. 4 S. 1
FGG § 56 g Abs. 5 S. 2
FGG § 67 Abs. 1 S. 2
BGB § 1903
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 274/2001

In der Betreuungssache

(hier: Betreuervergütung )

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund

am 16.1.2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 16.11.2001 - 4 T 623 und 674/01- wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

Für den Betroffenen war am 10.5.94 Betreuung angeordnet worden mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge (einschließlich Postkontrolle). Die Betreuung wurde im Jahre 1997 um den Einwilligungsvorbehalt für die Wirkungskreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung erweitert. Mit Beschluss vom 27.11.98 wurde der bisherige Betreuer entlassen und die Beteiligte zu 3) zur neuen Betreuerin des Betroffenen bestellt. Am 27.9.99 verlängerte das Amtsgericht die Betreuung, nunmehr aber mit einer alle Aufgabenkreise umfassender Postkontrolle aber ohne jeden Einwilligungsvorbehalt. Die auf ihren Antrag für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 17.11.98 bis zum 29.6.2000 ergangenen Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse vom 30.3.2000 und 16.8.2000 (Bl. 735 + 736 GA) über insgesamt ca. 36.000,- DM sind dem Betroffenen persönlich am 3.9.2000 bzw. 22.8.2000 zugestellt worden. Durch Beschluss vom 16.8.2001 ist die Beteiligte zu 3) aus dem Betreueramt entlassen und die Beteiligte zu 2) auf Vorschlag des Betroffenen zur neuen Betreuerin bestellt worden. Diese legte im Oktober 2001 gegen die vorgenannten beiden Vergütungsbeschlüsse im Namen des Betroffenen sofortige Beschwerde ein.

Das Landgericht hat die sofortigen Beschwerden nach einem entsprechenden vorherigen Hinweis wegen Verfristung als unzulässig verworfen und zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die zweiwöchige Beschwerdefrist sei mit der persönlichen Zustellung der Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse an den Betroffenen in Lauf gesetzt worden, mit der diese dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden sind (§ 16 Abs. 2 S. 1 FGG). Auf die Frage, ob der Betroffene zum Zeitpunkt der Zustellungen geschäftsfähig war, komme es in diesem Zusammenhang nicht an, da Zustellungen auch an geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen erfolgen müssen, wenn diese ihre Rechte als Beteiligte im Verfahren selbst wahrnehmen können. Nur wenn der Betroffene die Bedeutung einer Verfahrenshandlung nicht erkennen kann, könne und müsse dem mit der Bestellung eines Verfahrenspflegers begegnet werden. Anhaltspunkte dafür, der Betroffene vorliegend außer Stande war, die Bedeutung der Rechtsmittelbelehrung sowie die Folgen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels zu erkennen, seien nicht gegeben. Der Betroffene leide an einer Psychose, wobei zum Zeitpunkt der Begutachtung im Jahre 1997 die paranoiden Symptome, insbesondere ein Gefühl der Verfolgung und Beeinflussung durch den Vater und Übertragung der Ängste durch die Mutter, im Vordergrund standen. Der Betroffene sei indes nach den Feststellungen der Sachverständigen bewusstseinsklar, allseits orientiert und denkgeordnet - seine Intelligenz liege im oberen Normbereich bzw. im Durchschnittsbereich.

Die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gemäß §§ 56 g Abs. 5, 22, 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft. Das Landgericht hat das Rechtsmittel gemäß §§ 56 g Abs. 5 S. 2 FGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.

Die Rechtsbeschwerde hat indes keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Amtsgericht nicht verpflichtet war, dem Betroffenen für die Zustellung der Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse einen Verfahrenspfleger (§ 67 FGG) zu bestellen.

Die zu entscheidende Frage war allerdings, ob schon früher, d.h. bereits im Rahmen seiner Anhörung zu den Vergütungsfestsetzungsanträgen der Beteiligten zu 3) dem Betroffenen ein Verfahrenspfleger zu bestellen war. Gemäß § 56 g Abs. 4 S. 1 FGG ist nämlich der Betreute im Fall der gerichtlichen Festsetzung gegen ihn gerichteter und aus seinem Vermögen zu erfüllender Vergütungsansprüche des Betreuers zu hören. Für diese Anhörung kann insbesondere zur Wahrung des rechtlichen Gehörs die Bestellung eines Verfahrenspflegers unter der Voraussetzung des § 67 FGG geboten sein (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler FGG § 56g Rdnr. 11), d.h. soweit "dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist". Die in § 67 Abs. 1 S. 2 FGG genannten Fälle, in denen die Bestellung zwingend vorgeschrieben ist, lagen indes ersichtlich nicht vor. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers war aber auch sonst nicht erforderlich. Nichts ist dafür ersichtlich oder dargetan, dass der Betroffene hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes (hier Vergütung und Auslagenersatz) auf Grund seiner vom Landgericht zutreffend dargelegten Erkrankung nicht in der Lage gewesen war, seine Rechte im Verfahren wahrzunehmen, und insbesondere etwaige Einwendungen gegen den geltend gemachten Vergütungsanspruch des Betreuers differenziert und verständlich vorzubringen. Der Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs, der bei der Schaffung des § 67 FGG im Vordergrund gestanden hatte (vgl. näher hierzu BayObLG FamRZ 93, 348; OLG Oldenburg FamRZ 96, 758), gebot daher nicht die Beiordnung eines Verfahrenspflegers.

Daran ändert entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nichts der Umstand, dass für den Betroffenen zu der Zeit u.a. mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge einschließlich Postkontrolle Betreuung angeordnet war. Zum einen umfasste der Aufgabenkreis gerade keinen Einwilligungsvorbehalt, der nach § 1903 BGB angeordnet wird, wenn der Betreute auf Grund seiner psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Zum anderen ist nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass dem Betroffenen die Vergütungsanträge nicht zur Überprüfung vorgelegen hatten. Jedenfalls hatte der Betroffene den Vergütungsantrag der Beteiligten zu 3) vom 16.3.2000 auch ausdrücklich gebilligt, was aus seinem handschriftlichen Schreiben vom selben Tag hervorgeht, in der er sich " nach Vorlage der Rechnung und der Tätigkeitsnachweise für die Zeit vom 17.11.1998 bis zum 7.2.2000" ...... mit der "geltendgemachten Vergütung in Höhe von ca. 31.000 DM möglich MwSt. ausdrücklich einverstanden" erklärt (Bl. 805 GA).

Da damit entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ebenso wenig etwas dafür spricht, dass der Betreute die Bedeutung der Rechtsmittelbelehrung sowie die Folgen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels nicht hätte erkennen können, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht für die Bekanntmachung der Vergütungsbeschlüsse keine Notwendigkeit zur Bestellung eines Verfahrenspflegers gesehen und die Beschwerden wegen Verfristung als unzulässig verworfen hat.

Ende der Entscheidung

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