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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.06.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 73/01
Rechtsgebiete: FEVG, AsylVfG, FGG


Vorschriften:

FEVG § 16 Abs. 1
AsylVfG § 55 Abs. 1
AsylVfG § 13 Abs. 1
AsylVfG § 55 I S. 3
AsylVfg § 19 Abs. 3
FGG § 13a Abs. 1
FGG § 13a Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 73/01

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth am 11.Juni 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Das Verfahren 16 Wx 90/01, das die Rechtsbeschwerde vom 30.4.2001 betrifft, wird zu dem Verfahren 16 Wx 73/01 hinzuverbunden; letzteres führt.

2. Die dem Betroffenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten werden dem Beteiligten zu 2) zur Hälfte auferlegt.

3. Dem Betroffenen wird im Rechtsbeschwerdeverfahren, soweit er sich gegen den Beschluss des Landgerichts vom 3.4.2001 wendet, Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. aus K. bewilligt.

Die gerichtlichen Kosten der Rechtsbeschwerde fallen dem Betroffenen zur Hälfte zur Last.

Gründe:

zu 2)

Die zunächst zulässige ( §§ 7 FEVG, 103 Abs. 2 AuslG, 27,29 FGG ) sofortige weitere Beschwerde ist, nachdem der Betroffene aus der Abschiebungshaft entlassen wurde, zulässigerweise auf die Kosten beschränkt worden. In der Sache ist das Rechtsmittel teilweise erfolgreich, da ein begründeter Anlaß zur Stellung des Antrags auf Abschiebungshaft bei deren Anordnung am 14.2.2001 nicht bestanden hat. Insoweit fallen die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen dem Antragsteller zur Last, § 16 Abs. 1 FEVG.

Der Betroffene war zum Zeitpunkt der Verhängung der Abschiebungshaft nicht ausreisepflichtig, weil er bereits zuvor anläßlich seiner Anhörung vor dem Amtsgericht sowie bei seiner polizeilichen Vernehmung um Asyl nachgesucht hatte und ihm deshalb der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet war.

Ausweislich der mündlichen Anhörung am 14.2.01 hat der Betroffene erklärt, dass er in Deutschland Asyl beantragen wolle. Ob auf dieses Begehren seitens des Gerichts weiter eingegangen wurde, läßt sich dem Anhörungsprotokoll nicht entnehmen. Es hätte deshalb von Amts wegen Veranlassung bestanden, den Willen des Betroffenen näher zu erforschen, zumal er bereits am Tag zuvor gegenüber der Polizei geäußert hatte, er wolle in Deutschland um Asyl bitten. In Hinblick auf diese unvollständige Anhörung des Betroffenen vor dem Amtsgericht hätte das Landgericht ihn erneut anhören müssen. Denn eine mündliche Anhörung kann in der Beschwerdeinstanz ausnahmsweise nur dann unterbleiben, wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass eine weitere Anhörung keine neuen Erkenntnisse bringen wird (vgl. KG KGR 1999, 110; OLG Hamm FGPrax 1997, 77; OLG Frankfurt NVwZ-Beil. 1998, 24; OLG Düsseldorf NVwZ-Beil. 1996, 31; OLG Celle Nds.Rpfl. 1995, 214; BayObLG, NVwZ-Beil. 1996, 40). Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor.

Da sich nach der Haftentlassung wegen der Erledigung der Hauptsache eine weitere Sachaufklärung verbietet, ist zu Gunsten des Betroffenen im Rahmen einer ausnahmsweise zulässigen ex-ante-Betrachtung davon auszugehen, dass er mit seiner Äußerung vor dem Amtsrichter, die durch die Erklärung vor der Polizei am 13.2.2001 bestärkt wird, bereits definitiv um Asyl nachsuchen wollte ( vgl. Beschluss des Senats vom 28.3.2001 -16 Wx 49/01 ). Diese Auslegung wird hier im Übrigen bekräftigt durch den Verfahrensfortgang, wonach das Bundesamt bereits über den Asylantrag entschieden hat.

Entgegen der Meinung des Landgerichts ist es ausreichend, wenn der Betroffene seinen Willen um Asyl nachzusuchen, bei seiner Vernehmung bzw. richterlichen Anhörung deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Dann liegt bereits ein Asylantrag iSd. § 13 Abs. 1 AsylVfG mit der Folge des § 55 Abs. 1 AsylVfG (Aufenthaltsgestattung) vor. Hierzu bedarf es nicht - wie das Landgericht meint - eines förmlichen Antrag zum Bundesamt, § 14 I iVm. § 55 I S.3 AsylVfG. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine auf § 19 Abs. 3 AsylVfg bezogene Folgeänderung für Asylsuchende aus sicheren Drittstaaten. Diese können entweder trotz Asylgesuchs zurückgeschoben oder im Bundesgebiet an eine Aufnahmeeinrichtung weitergeleitet werden; hingegen sieht das Gesetz eine Inhaftierung des asylsuchenden Ausländers nicht vor. Somit steht ein zeitlich vor der richterlichen Anordnung gestelltes Asylgesuch einer richterlichen Anordnung von Sicherungshaft entgegen (ständ. Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 9.3.2001, 16 Wx 3/01; v. 28.3.2001, 16 Wx 49701; ebenso Olg Köln, 9.Zivilsenat v. 23.1.2001 - 9 Wx 4/01; OLG Frankfurt NVwZ 1998,Beil. Nr. 11, 125 f; KG, KGR 2001,48).

Mithin bestand für den Antragsteller nach Anhörung des Betroffenen kein begründeter Anlaß mehr, Sicherungshaft zu beantragen, § 16 Abs.1 FEVG.

Allerdings sind die notwendigen Auslagen des Betroffenen dem Antragsteller nur hälftig aufzuerlegen, da die weitere Beschwerde vom 4.4.2001, die sich gegen die Ablehnung einer schriftlichen Übersetzung der Antragstellung und des Beschlusses vom 14.2.2001 richtet, erfolglos geblieben wäre.

Der Betroffene hat keinen Anspruch auf Aushändigung der Anträge bzw. Entscheidungen dieses Verfahrens in P. ( so schon Senatsbeschluß vom 28.5.2001 - 16 Wx 105/01-; OLG Hamm, Beschl. vom 5.9.2000 - 19 W 110/00- ; v. 1.3.2001 - 19 W 37/01-; BayObLG, NJW 76,483 ). Ausweislich des Protokolls des Amtsgerichts Köln wurden der Abschiebungshaftantrag und der amtsgerichtliche Beschluss v. 14.2.2001 dem Betroffenen durch eine anwesende Dolmetscherin mündlich in P. übersetzt und durch den Richter mit Hilfe dieser Dolmetscherin erläutert. Die Dolmetscherin hat an der gesamten Verhandlung teilgenommen. Der Betroffene hatte somit die Möglichkeit, der Verhandlung zu folgen und sich Gehör zu verschaffen. Er hat sich im Übrigen, wie das Protokoll ausweist, zur Sache geäußert. Da die Rechtsmittelbelehrung bereits Teil des Abschiebehaftbefehls ist und dieser dem Betroffenen übersetzt wurde, kann er sich nicht auf fehlende Rechtsmittelbelehrung berufen. Tatsächlich hat er auch Rechtsmittel eingelegt. Damit konnte der Betroffene, wie auch der tatsächliche Verfahrensgang zeigt, aktiv am Verfahren teilnehmen und war nicht zu "einem bloßen Objekt degradiert", wie er in der Rechtsbeschwerdebegründung vortragen läßt.

Zu 3)

Aus den dargelegten Gründen folgt, dass die Rechtsverteidigung gegen die Anordnung der Abschiebungshaft hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, so dass dem Betroffenen für sein Rechtsmittel vom 30.4.2001 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1, S. 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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