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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: 17 W 227/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, RpflG, GKG, BRAGO, RVG


Vorschriften:

BGB § 247
ZPO § 278 Abs. 6
ZPO § 104 Abs. 3 S. 1
ZPO § 278 Abs. 6
ZPO § 344
RpflG § 11 Abs. 1
GKG § 6
BRAGO § 38
RVG § 15 Abs. 2 S. 1
RVG § 15 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 22. Juli 2008 - 37 O 33/07 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Vergleichs vor der 37. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Februar 2008 sind von der Klägerin 461,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 20. Mai 2008 an den Beklagten zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis 300,00 Euro.

Gründe:

I.

Da die Klägerin im Termin nicht ordnungsgemäß vertreten war, erging klageabweisendes Versäumnisurteil. In der Einspruchschrift reduzierte die Klägerin ihre Klageforderung um 1/4 auf 7.500,00 Euro. Am 17. August 2007 erschienen die Parteien bei Gericht, ohne dass zuvor ein neuer Termin zur Verkündung - auch über den Einspruch - anberaumt worden war. Unter Verzicht auf die Einhaltung jeglicher Fristen schlossen sie dort einen Vergleich auf Widerruf, der jedoch von dem Beklagten kurze Zeit später widerrufen wurde. Einige Zeit später schlossen sie jedoch außergerichtlich einen Vergleich, der vom Landgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde. Danach hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3 und die Kosten der Säumnis voll zu tragen, der Beklagte das restliche Drittel.

Zur Festsetzung angemeldet hat der Kläger u.a. eine 1,2-Terminsgebühr nach einem Streitwert von 7.500,00 Euro in Höhe von 494,40 Euro plus Mehrwertsteuer = 588,46 Euro, der Beklagte abweichend eine 0,5-Terminsgebühr nach einem Streitwert von 10.000,00 Euro (243,00 Euro + Mehrwertsteuer = 289,17 Euro) sowie ebenfalls eine 1,2-Terminsgebühr nach einem solchen von 7.500,00 Euro (588,46 Euro).

Der Rechtspfleger hat bezüglich der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten (angebliche) Mehrkosten der Säumnis berechnet und ist so zu einem Erstattungsbetrag zugunsten des Beklagten in Höhe von 658,43 Euro gelangt, den er festgesetzt hat.

In ihrer Rechtsmittelschrift rügt die Klägerin, es bestehe für die in Ansatz gebrachten Kosten der Säumnis keine Grundlage. Der Beklagte verteidigt die Kostenfestsetzung. Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst Erfolg.

Die Festsetzung durch den Rechtspfleger ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft erfolgt.

1.

Es sind aufgrund der Säumnis der Klägerin im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung keine Mehrkosten entstanden, die von § 344 ZPO erfasst würden. Ob solche tatsächlich angefallen sind, ist erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden. Der diesbezüglich in der Kostengrundentscheidung vom Gericht der Hauptsache vorzunehmende Ausspruch stellt kein Indiz für das Entstandensein von Mehrkosten dar (Zöller/Herget, ZPO, 26. Auf., § 344 Rn. 2). Entgegen dem Wortlaut der Norm sind durch die Säumnis verursachte Mehrkosten nicht die in dem Termin entstanden, in der eine Partei säumig geblieben ist, da diese auch bei deren Erscheinen entstanden wären, sondern allein solche Kosten, die entstanden sind, weil ein weiterer Termin hat stattfinden müssen (Habel NJW 1997, 2357, 2358).

Dies vorausgeschickt gilt Folgendes:

Was die außergerichtlichen Kosten angeht, so wirkt sich die Regelung des § 344 ZPO im vorliegenden Fall nicht aus.

Diese waren nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 Euro bereits durch die Einreichung der Klage gemäß § 6 GKG fällig geworden, und zwar dreifach nach Nr. 1210 KV-GKG. Weder durch die Reduzierung der Klageforderung noch durch den später nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich sind insoweit Mehrkosten entstanden.

Selbiges gilt bezüglich der außergerichtlichen Kosten.

Wenn auch - wie sogleich auszuführen sein wird - die ursprünglich aufgrund des ersten Termins angefallenen 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG nach einem Streitwert von 10.000,00 Euro zu einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG erstarkt ist, so handelt es sich, da im RVG eine dem § 38 BRAGO entsprechende Regelung fehlt, nicht um Mehrkosten (Zöller/Herget, a.a.O.). Denn die erstgenannte Gebühr geht in der letztgenannten auf (Hünnekes Rpfleger 2004, 445, 451).

Der Kostenfestsetzung ist eine 1,2-Teminsgebühr nach einem Streitwert von 10.000,00 Euro zugrunde zu legen. Kommt es zum Einspruchstermin, dann erstarkt die ursprüngliche 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG zu einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG. Da es sich um eine einzige Angelegenheit handelt, fällt keine weitere Terminsgebühr an, sondern die zunächst angefallene erhöht sich gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 RVG (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., Nr. 3105, Rn. 33; Onderka/N. Schneider, Anm. Bl. 2006, 642, 645, Beispiel 11). Sind jedoch für Teile des Gegenstandes verschiedene Gebührensätze anzuwenden, etwa weil die Klage nach dem ersten Termin teilweise zurückgenommen oder erhöht wird, dann entstehen für diese Teile gesondert zu berechnende Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr, § 15 Abs. 3 RVG (Müller-Rabe, a.a.O.; Onderka/N. Schneider, S. 646 f.).

Es ergibt sich damit folgende Berechnung:

 O,5-Terminsgebühr aus 10.000,00 Euro 243,00 Euro
1,2-Terminsgebühr aus 7.500,00 Euro 494,50 Euro
 737,40 Euro
+ 19 % Mehrwertsteuer 140,11 Euro
 877,51 Euro

Dieser Betrag ist aufgrund der Regelung des § 15 Abs. 3 RVG wie folgt zu reduzieren:

 1,2-Terminsgebühr aus 10.000,00 Euro 583,20 Euro
+ 19 % Mehrwertsteuer 110,81 Euro
 694,01 Euro

2.

Aus alledem ergibt sich, dass alleine von der Klägerin zu tragende Mehrkosten der Säumnis im vorliegenden Fall nicht entstanden sind. Es ergibt sich damit folgende Berechnung des von der Klägerin zu erstattenden Betrages:

a) Gerichtskosten

Von den 588,00 Euro trägt die Klägerin aufgrund der Kostenregelung im Vergleich 392,00 Euro selbst und kann 192,00 Euro vom Beklagten erstattet verlangen.

b) Außergerichtliche Kosten

 1,3-Verfahrensgebühr aus 10.000,00 Euro 631,80 Euro
1,3-Terminsgebühr nach 10.000,00 Euro 583,20 Euro
1,0- Einigungsgebühr nach 7.500,00 Euro 412,00 Euro
Pauschale 20,00 Euro
 1.647,00 Euro
+ 19 % Mehrwertsteuer 312,93 Euro
 1.959,93 Euro

Die ausgleichungsfähigen Kosten betragen somit:

 Klägerin 1.959,93 Euro
Beklagter 1.959,93 Euro
ausgleichungsfähige Kosten insgesamt 3.919,86 Euro
Von den ausgleichungsfähigen Kosten trägt der Beklagte 1/3 1.306,62 Euro
./. eigene Kosten des Beklagten 1.959,93 Euro
Erstattungsanspruch des Beklagten 653,31 Euro
./. Erstattungsanspruch der Klägerin wegen Gerichtskosten 192,00 Euro
 461,31 Euro

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, Nr. 1812 KV-GKG.

Ende der Entscheidung

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