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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: 17 W 242/06
Rechtsgebiete: ZPO, RpflG


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
RpflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.05.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Im zugrunde liegenden Einstweiligen Verfügungsverfahren hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf Unterlassen in Anspruch genommen.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Landgericht - Rechtspfleger - unter anderem aufgrund des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2006, mit dem die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt worden sind, einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Antragsgegnerin in Höhe von 1.589,35 € festgesetzt. Dabei hat es auch die mit 299,15 € geltend gemachte Reisenkosten mit der Begründung festgesetzt, dass die Antragstellerin zwar über eine die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfüge. Da sie, wie vorgetragen, aber eine Vielzahl von wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten führe, die an unterschiedlichen Orten und Gerichten in ganz Deutschland verteilt seien, sei es nicht prozessökonomisch, jeweils einen am Prozessort ansässigen Anwalt mit der Vertretung zu beauftragen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, die meint, der Antragstellerin, die über eine eigene Rechtsabteilung verfüge und die die außergerichtliche Abmahnung der Antragsgegnerin betrieben habe, habe es unter kostenerstattungsrechtlichen Gesichtspunkten oblegen, einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung zu beauftragen. Die Reisekosten seien mithin nicht zu erstatten.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthaft und begegnet auch sonst keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. In der Sache hatte das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, denn die Reisekosten der Berliner Prozessbevollmächtigten sind, wie auch das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 15.11.2006 ausgeführt hat, in Höhe des geltend gemachten Betrages von 299,35 € nach den Grundsätzen der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zum Beispiel BGH Report 2006, 1334 ff mit zahlreichen Nachweisen) zu erstatten. Dabei kommt es auf die Frage, ob es sich, wie hier, um tatsächlich entstandene oder fiktive Reisekosten zur Begrenzung der Aufwendungen für einen Unterbevollmächtigten handelt.

Um dem Bedarf an persönlichem Kontakt und dem Vertrauensverhältnis zwischen Partei und Anwalt Rechnung zu tragen, kann eine Partei grundsätzlich die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozessgericht nicht anwaltlich zugelassen und am Gerichtsort nicht ansässig ist (BGH a.a.O. m.w.N.). Die dann gegebenenfalls zusätzlich entstehenden Kosten eines Unterbevollmächtigten sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aber nur notwendig und mithin erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen.

Ihre Rechtfertigung findet diese Auffassung darin, dass im Regelfall die Notwendigkeit eines persönlichen Mandantengesprächs besteht. Eine Ausnahme hiervon kommt unter anderem dann in Betracht, wenn die Partei über eine eigene, die Angelegenheit bearbeitende Rechtsabteilung verfügt und es ihr in einem solchen Falle zuzumuten ist, einen Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zu beauftragen und diesen schriftlich oder fernmündlich zu informieren. Eine Unterrichtung des am Ort des Prozessgerichts residierenden Rechtsanwaltes durch die eigene Rechtsabteilung ist aber jedenfalls in solchen Fällen nicht zumutbar, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach zu überblicken sind und es sich mithin nicht um ein der täglichen Routine entsprechendes Geschäft handelt (BGH JurBüro 2003, 427; Senat - 17 W 236/06 -).

Gegenstand des zugrunde liegenden Rechtsstreits war ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch, den die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin als Mitwettbewerber im Bereich von Internet-DSL-Angeboten geltend macht. Die rechtliche Beurteilung der damit im Zusammenhang stehenden Materie ist regelmäßig nicht einfach gelagerten. Dass die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer rechtlichen Interessen sich im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten ortsansässiger Rechtsanwälte ihres Vertrauens bedient, ist deshalb nicht zu beanstanden. Sie muss sich in diesem Zusammenhang auch im Kosteninteresse eines etwaigen Verfahrensgegners nicht darauf verweisen lassen, dass sie mittels ihrer Rechtsabteilung gerichtsansässige Rechtsanwälte zur Vorbereitung eines Rechtsstreits unterweisen könnte. Unstreitig ist die Rechtsabteilung der Antragstellerin nur außergerichtlich, im Rahmen der Abmahnung tätig, die, wenn es zum Rechtsstreit kommt, ohne Erfolg geblieben ist. Vielmehr entspricht es ihren auch in erstattungsrechtlicher Hinsicht gerechtfertigten Interessen, für den Fall eines Rechtsstreits mit ihrem ortsansässigen Hausanwälten ihres Vertrauens zusammen zu arbeiten, die zugleich über den gebotenen Einblick in ihrem Geschäftsbereich verfügen.

Dies gilt, worauf der Rechtspfleger zu Recht hingewiesen hat, hier um so mehr, als die Antragstellerin vor verschiedenen Gerichten eine Vielzahl von Wettbewerbsstreitigkeiten zu führen hat. Dies erforderte es, folgte man der hier vertretenen Auffassung nicht, dass die Antragstellerin gehalten wäre, eine Vielzahl gerichtsansässiger Rechtsanwälte und deren Spezialisierung zu ermitteln und diese mit den jeweiligen Gegenständen der Rechtsstreitigkeiten in technischer und rechtlicher Hinsicht vertraut zu machen und sich damit auseinander zu setzen, ob diese ihre Geschäftsidee sachgerecht zu vertreten vermögen.

Angesichts der Vielzahl der von ihr zu führenden Rechtsstreitigkeiten ist es auch nicht zu beanstanden, dass sie sich im Rahmen ihrer forensischen Aktivitäten nicht nur auf eine an ihrem Geschäftssitz ansässige Kanzlei als "Hausanwalt" beschränkt, sondern gelegentlich auch andere an ihrem Geschäftssitz ansässige Kanzleien mit ihrer rechtlichen Vertretung befasst.

Die von der Antragsgegnerin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht geboten, da sich der Senat auch mit dieser Entscheidung an der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: bis 300,00 €

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