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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: 17 W 283/05
Rechtsgebiete: VV RVG


Vorschriften:

VV RVG Nr. 1008
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

17 W 283/05

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 06. September 2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss (II) des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 17. August 2005 - 30 O 483/03 - durch den Richter am Oberlandesgericht Schütz als Einzelrichter

am 22. Dezember 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 7.792,00 €

Gründe: I.

Im Jahre 2003 erhob die Klägerin Klage gegen die "unter der Bezeichnung P und S handelnden Rechtsanwälte... (es folgen 49 Namen)" auf Schadensersatz. Auf Seite 6 der Klageschrift heißt es u.a.: "Die Klägerin... verlangt von den Beklagten Schadensersatz... Alle Beklagten sind passivlegitimiert." Eine Seite weiter ist u.a. zu lesen: "Die Beklagten haften... als Gesamtschuldner." Im Rubrum des erstinstanzlichen Urteils sind die 49 Personen als Beklagte einzelnen aufgeführt. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2004 hat die Klägerin Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt. In der Berufungsschrift sind auf Beklagtenseite wiederum 49 Personen aufgeführt ohne jegliche, auf eine gesellschaftsrechtliche Verbindung hindeutenden Zusatz. Hinter den Namen und der Anschrift befindet sich jeweils die Parteibezeichnung: "Beklagten und Berufungsbeklagten zu 1. - 49." Entsprechendes ist im Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 09. März 2005 zu lesen, mit dem die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Der Rechtspfleger hat antragsgemäß eine 2,0 Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG festgesetzt zugunsten der Beklagten. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

Sie ist der Ansicht, es liege nur ein gemeinsamer Auftrag an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten vor. Falls es sich um Einzelaufträge handeln sollte, sei Erstattungsfähigkeit nicht gegeben, da ein einziger Auftrag durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgereicht hätte.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin bestritten, dass alle 49 Beklagten tatsächlich ihre Prozessbevollmächtigten mandatiert hätten. In der Folge haben die Beklagten einige Vollmachten vorgelegt. Dieses Vorgehen hält die Klägerin nicht für ausreichend.

Des weiteren hat sie ihren Vortrag während des Beschwerdeverfahrens geändert und behauptet nunmehr, von Anfang an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts verklagt zu haben.

Die Beklagten halten die Entscheidung des Rechtspflegers für zutreffend.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinerlei Erfolg.

1.)

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, hat der Rechtspfleger die Erhöhungsgebühr festgesetzt.

Aufgrund der Entscheidung des BGH vom 18. Februar 2002 - II ZR 331/00 - = NJW 2002, 1207, wonach die Gesellschaft bürgerlichen Rechts parteifähig ist, kann es inzwischen wohl als allgemein anerkannt bezeichnet werden, dass eine Mehrvertretungs- bzw. Erhöhungsgebühr nicht anfällt, wenn ihre Mitglieder als solche einen Aktivprozess führen (KG, Beschluss vom 07. Dezember 2004 - 1 W 427/04 -; OLG Stuttgart MDR 2002, 1457; Senat, Beschluss vom 08. Oktober 2003 - 17 W 222/03 - ; Beschluss vom 16. Februar 2005 - 17 W 27/05; Beschluss vom 24. Oktober 2005 - 17 W 217/05 -, stdg. Rspr.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., Nr. 1008 VV Rn. 41 ff.).

Anders ist es jedoch dann, wenn nur die Gesellschafter oder diese neben der Gesellschaft verklagt werden, also im Passivprozess (OLG Koblenz MDR 2002, 721; OLG Nürnberg JB 2001, 527 f.; Senat, Beschluss vom 09. Dezember 2004 - 17 W 314/04 -; Hansens RVGreport 2005, 154). Dann ist die bei Vertretung der Beklagten angefallene Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV erstattungsfähig. Geht der Kläger gegen die Gesellschafter als solche vor - oder möglicherweise zusätzlich gegen die Gesellschaft -, dann rechtfertigt sich die Gebührenerhöhung schon daraus, dass es nicht nur um das gesamthänderisch gebundene Vermögen als Einheit geht, sondern sich dem Kläger gegebenenfalls die Möglichkeit eröffnet, auf das Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter Zugriff zu nehmen. Des weiteren steigt mit der Anzahl der vertretenen Personen für den Rechtsanwalt selbst sowohl die Arbeitsbelastung als auch das Haftungsrisiko an. Aufgrund einer Gesamtbetrachtung ist dem Rechtsanwalt deshalb im Passivprozess eine Erhöhungsgebühr zuzubilligen.

2.)

Die Klägerin kann damit kein Gehör finden, dass es ausreiche, dass einer der verklagten Gesellschafter den Prozessanwalt für alle Gesellschafter mandatiere, so dass nur ein Auftrag vorliegt. Denn dabei verkennt die Klägerin, dass es allein in ihrer Hand lag, die Zahl der als Partei auftretenden Personen auf Beklagtenseite zu bestimmen. Anders als beim Aktivprozess haben die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hierauf bei einem Passivprozess keinerlei Einfluss. Ob es sich bei einer Sozietät von Rechtsanwälten um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne der Rechtsprechung handelt (s. hierzu: Gerold/Schmidt o.a., Rn. 51), die als solche verklagt werden kann, muss ein Kläger anhand der ihm zur Verfügung stehenden Tatsachen selbständig überprüfen.

3.)

Entgegen der erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens von der Klägerin vertretenen Ansicht hat sie nicht von Anfang an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Klagewege in Anspruch genommen. Unklarheiten, sollten tatsächlich solche bestehen, gingen ohnehin zu ihren Lasten. Anlässlich der Klageerhebung war es allein Sache der Klägerin klarzustellen, gegen welches Rechtssubjekt/welche Rechtssubjekte Ansprüche geltend gemacht werden sollten. Einziges Indiz dafür, dass sich die Klage eigentlich gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts richten sollte, ist der einleitende Zusatz in der Klageschrift: "...die unter der Bezeichnung P und S handelnden Rechtsanwälte". Die folgende namentliche Aufzählung in Verbindung mit den Formulierungen im Rahmen der Klagebegründung, wo es immer "die Beklagten" (Plural) heißt und an keiner Stelle von "die Beklagte" (Singular) die Rede ist, sprechen zweifelsfrei dafür, dass die Gesellschafter als solche verklagt werden sollten. Dies kommt in der Berufungsbegründungsschrift gleichfalls zum Ausdruck. Zudem hat die Klägerin sich auch nie dagegen gewandt, dass sowohl im erstinstanzlichen Urteil als auch im Beschluss des Oberlandesgerichts, mit dem die Berufung zurückgewiesen wurde, nicht die Gesellschaft als solche als Beklagte aufgeführt wurde, sondern stets alle ihre Gesellschafter.

4.)

Schließlich führt auch der Einwand der Klägerin hinsichtlich fehlender Prozessvollmachten nicht zum Erfolg. Ob die Prozessbevollmächtigten zur Führung des Prozesses bevollmächtigt gewesen sind, ist im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr zu prüfen. Ist davon auszugehen, dass eine Vollmacht für die Durchführung des Verfahrens in der Hauptsache bestand, so ist eine Fortgeltung dieser Vollmacht für das Kostenfestsetzungsverfahren anzunehmen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen des Vollmachtgebers ersichtlich sind (OLG Hamm AGS 2005, 412).

5.)

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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