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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 17 W 37/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, RpflG


Vorschriften:

BGB § 247
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 220 Abs. 1
RpflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 16. November 2005 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 2. November 2005 - 86 O 82/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai 2005 sind von dem Beklagten an Kosten 3.414,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 18. Mai 2005 an die Klägerin zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1.440,00 €.

Gründe:

I.

Der Beklagte legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein. Zugleich beantragte er Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz, ohne die Durchführung des Rechtsmittels von einer entsprechenden Bewilligung abhängig zu machen. Mit Beschluss vom 2. Mai 2005 wies das OLG Köln das PKH-Gesuch zurück. Dieser wurde den beiden Prozessbevollmächtigten per Fax einen Tag später übersandt. Am 11. Mai 2005, einen Tag vor dem auf 9.30 Uhr anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung, kam es auf Initiative des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu einem Telefonat mit demjenigen des Beklagten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wollte wissen, ob der Termin stattfinden oder ob die Berufung angesichts des Beschlusses des OLG zurückgenommen werde. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärte, sein Mandant habe sich auf die Übersendung des Beschlusses hin noch nicht bei ihm gemeldet, so dass er die Frage nicht beantworten könne.

Bei Aufruf der Sache am 12. Mai 2005 wurde festgestellt, dass für den Beklagten niemand erschienen war. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers informierte den Senat sodann, dass ihm der gegnerische Kollege telefonisch mitgeteilt habe, die Berufung sei zwischenzeitlich zurückgenommen worden. Wann dieses Telefonat erfolgte, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen. Wegen dieser Erklärung wurde die Sitzung unterbrochen und nach der Feststellung, dass ein die Berufungsrücknahme enthaltenes Fax seit 09.25 Uhr vorliegt, fortgesetzt. Es erging sodann Kostenbeschluss zu Lasten des Beklagten. Das Fax selbst wurde ausweislich der Kopfzeile am 12. Mai 2005 um 08.26 Uhr versandt. Es trägt den Hinweis: "Eilig! Bitte sofort vorlegen! Termin 12.05.2005!"

Der Rechtspfleger hat die Festsetzung der beantragten Terminsgebühr für die Klägerin abgelehnt. Hiergegen richtet sie sich mit ihrem Rechtsmittel.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache vollen Erfolg.

1.

Allerdings waren die beiden Telefonate zwischen den Prozessbevollmächtigten nicht geeignet, eine Terminsgebühr zum Entstehen zu bringen. Zwar reicht es grundsätzlich hiefür gemäß Vorb. 3 Abs. 3, 3. Alt. VV RVG aus, dass die anwaltlichen Vertreter der Parteien ohne Beteiligung des Gerichts an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung, die auch telefonisch erfolgen kann, teilnehmen. Auf die Erledigung des Verfahrens ist eine Besprechung schon dann gerichtet, wenn sie nur dazu dient, das Verfahren abzukürzen, etwa wenn die Prozessbevollmächtigten eine Unterredung führen, um einen Punkt unstreitig zu stellen, über den das Gericht ansonsten hätte Beweis erheben müssen. Gespräche, die allein Nachfragen nach dem Sachstand zum Gegenstand haben, sind dagegen nicht geeignet, eine Terminsgebühr auszulösen (Senat, Beschluss vom 14. November 2005 - 17 W 233/05 = AGS 2006, 226 mit zust. Anm. Schons = OLGR 2006, 290 = RVGreport 2006, 63;

Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. Nr. 3104 VV RVG Rdn. 12; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Vorb. 3 VV RVG Rdn. 95 m. w. N.).

So liegt der Fall hier. Das Telefonat am 11.05.2006 diente alleine dem Zweck, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin angesichts des Prozesskostenhilfe verweigernden Beschlusses des Senates in Erfahrung bringen wollte, ob die Berufung zurückgenommen werde und er sich die Anreise zum Verhandlungstermin nach Köln am folgenden Tage würde ersparen können. Auch das zweite Telefonat diente augenscheinlich allein der entsprechenden Informationsbeschaffung.

2.

a)

Eine Terminsgebühr ist jedoch nach Vorb. 3 Abs. 3, 1. Alt. VV RVG dadurch entstanden, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese in einem Verhandlungstermin vertreten hat. Ein Gerichtstermin beginnt gemäß § 220 Abs. 1 ZPO mit dem Aufruf der Sache durch das Gericht, wobei dies konkludent oder ausdrücklich geschehen kann. Erforderlich ist des Weiteren, dass der Rechtsanwalt verhandlungsbereit im Sitzungsraum anwesend ist (Hartmann, Nr. 3104 VV RVG Rdn. 4; Müller-Rabe, a. a. O., Rdn. 49).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auf telefonische Anfrage hin am 11. Mai 2005 erklärt hatte, über die Frage der Berufungsrücknahme sei noch nicht entschieden, wurde die Sache, wie sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 12. Mai 2005 ergibt, aufgerufen und festgestellt, dass für den Beklagten niemand erschienen war. Damit war die Terminsgebühr entstanden.

b)

Dem steht nicht entgegen, dass das die Berufungsrücknahme enthaltene Fax eine gute Stunde vor dem auf 9.30 Uhr anberaumten Verhandlungstermin um 8.26 Uhr bei Gericht und wohl 5 Minuten zuvor bei der Geschäftsstelle des Senats eingegangen war. Wenn auch die Rücknahme des Rechtsmittels mit Eingang der entsprechenden Erklärung bei Gericht wirksam geworden war, so konnte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten angesichts der bei den beteiligten Kreisen als bekannt vorauszusetzenden Verfahrensabläufe innerhalb einer derart großen Behörde wie das Oberlandesgericht Köln nicht davon ausgehen, dass das Fax dem Vorsitzenden noch vor dem Aufruf der Sache sicher würde vorgelegt werden, auch wenn dieses einen deutlich erkennbaren Dringlichkeitszusatz enthielt. Das Versäumnis, seinen Rechtsanwalt nicht früher mit der Rücknahme des Rechtsmittels beauftragt zu haben, muss sich der Beklagte zurechnen lassen und kann der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen (s. a. : OLG Koblenz MDR 2007, 55). Eine rechtzeitige Information des Vorsitzenden, eines Beisitzers oder der Geschäftsstelle wäre nur auf telefonischem Wege möglich gewesen. Im Übrigen war ausweislich der Gerichtsakte der Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss bereits am 3. Mai 2005 den beiden Prozessbevollmächtigten per Fax übersandt worden, so dass ausreichend Zeit bestand, über das weitere prozessuale Vorgehen zu entscheiden.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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