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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: 17 W 96/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Aufhebung des Vorlagebeschlusses des Rechtspflegers vom 09. Mai 2006 - LG Köln 33 O 309/05 - wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 01. März 2006 - 33 O 309/05 - insoweit aufgehoben, als mehr als 2.206,32 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2006 festgesetzt worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - nach Maßgabe der folgenden Gründe an den Rechtspfleger zurückgegeben.

Gründe:

I.

Die in München ansässige Antragstellerin beantragte - vertreten durch Münchener Rechtsanwälte, die jedoch in einer überörtlichen Sozietät zusammengeschlossen sind - vor dem Landgericht Köln erfolgreich den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin. Zur Festsetzung angemeldet hat sie u.a. die Reisekosten ihrer Münchener Verfahrensbevollmächtigten zum Termin in Köln sowie Tages- und Abwesenheitsgeld. Der Rechtspfleger hat die Festsetzung antragsgemäß vorgenommen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Antragsgegnerin.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst vorläufigen Erfolg.

1.)

Nicht zu beanstanden ist es allerdings, dass die Antragstellerin mit Sitz in München einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vor Ort mandatiert hat. Dass die Hinzuziehung eines am Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwaltes als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzuerkennen und derartige Kosten grundsätzlich erstattungsfähig sind, entspricht der inzwischen gefestigten Rechtsansicht des Bundesgerichtshofes (zuletzt: NJW-RR 2005, 1662 "Auswärtiger Rechtsanwalt V"), wovon abzuweichen der Senat keinerlei Anlass hat. Einer der Ausnahmefälle, in denen eine Erstattung nicht in Betracht kommt, nämlich dass die Partei über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt oder es sich um eine überschaubaren Rechtsstreit mit einfach gelagertem Sachverhalt handelt (vgl. BGH NJW 2003, 898, 901), liegt augenscheinlich nicht vor.

2.)

Erstattungsfähig sind vorliegend allerdings Reisekosten bzw. Tages- und Abwesenheitsgeld nur in Höhe der fiktiven Kosten für die Anreise eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin von Düsseldorf aus zum Gerichtsort Köln, da die seitens der Antragstellerin in einer Sozietät zusammengeschlossenen mandatierten Rechtsanwälte (auch) dort niedergelassen sind.

a.)

Zu beachten ist nämlich, dass jede Partei gehalten ist, die Kosten ihrer Prozessführung, wie sie im Falle eines Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten hat, wie sich dies mit der vollen Wahrung ihrer berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt. Dies beruht letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben, so dass nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur die zur "zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen" Kosten zu erstatten sind. Hieraus folgt zugleich, dass auch für zweckentsprechende Maßnahmen überflüssige Kosten aufgewendet werden können (Schneider MDR 1965, 215) mit der Folge, dass Erstattungsfähigkeit nicht gegeben ist (von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert, Die Kostenfestsetzung, 19. Aufl., B 361; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rn. 12, jeweils m.w.N.).

b.)

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass fiktive Reisekosten sowie Tages- und Abwesenheitsgeld im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (Nr. 7003-7006 VV RVG) nur für die Anreise eines der als überörtliche Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälte von Düsseldorf aus nach Köln zur Festsetzung gebracht werden können (vgl.: OLG Bamberg JB 2004, 599; KG NJW-RR 2005, 655; OLG Hamburg OLGR 2002, 152; OLG München NJW 2002, 1435; Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - 17 W 269/05 -; Zöller/Herget, § 91 Rn. 13 "Reisekosten des Anwalts"). Denn mandatiert werden weder der einzelne Rechtsanwalt noch die örtlich ansässigen Rechtsanwälte sondern vielmehr die Sozietät als solche, und zwar damit, im Rahmen der Vollmacht alle für die Prozessführung notwendigen Tätigkeiten auszuführen. Wenn eine Sozietät auf ihrem Briefbogen einerseits hervorhebt, in zahlreichen Orten Deutschlands durch untereinander verbundene Rechtsanwälte vertreten zu sein und damit, was gerade den Hintergrund des überörtlichen Zusammenschlusses darstellt, den Eindruck vermittelt, dass die Vertretung der rechtlichen Interessen des jeweiligen Mandanten an jedem dieser Orte gewährleistet ist, dann muss der Mandant andererseits in Kauf nehmen, dass der unterlegene Prozessgegner unter kostenerstattungsrechtlichen Gesichtspunkten lediglich gehalten ist, insoweit diejenigen Kosten zu erstatten, die angefallen wären, wenn die am Gerichtsort tätigen Rechtsanwälte der Sozietät bzw. diejenigen den Termin wahrgenommen hätten, die zum Gerichtsort hin am nahesten niedergelassen sind, hier also in Düsseldorf.

c.)

Entgegen der Ansicht des Rechtspflegers wäre es auch nicht erforderlich gewesen, dass die Vertreter der Antragstellerin dann eine Informationsreise nach Düsseldorf hätten durchführen müssen. Vielmehr wäre es den in München tätigen Rechtsanwälten der überörtlichen Sozietät unter Zuhilfenahme der modernen elektronischen Medien ohne weiteres möglich gewesen, ihre in Düsseldorf residierenden Sozien nach Beratung der Vertreter der Antragstellerin in München im Hinblick auf die Terminswahrnehmung in Köln umfassend zu informieren.

3.)

Da derzeit noch nicht abzusehen ist, in welchem Unfang das Rechtsmittel Erfolg haben wird, ist dem Rechtspfleger auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu übertragen.

Ende der Entscheidung

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