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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 17.05.2001
Aktenzeichen: 18 U 17/01
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB, ZPO


Vorschriften:

GmbHG § 57 Abs. 2
BGB §§ 362 ff.
ZPO § 91
ZPO § 713
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 17/01 15 O 148/00 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 17.5.2001

Verkündet am 17.5.2001

Brüggen, JAng als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.3.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Reppel, den Richter am Oberlandesgericht Bodens sowie den Richter am Landgericht Schmitz-Justen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.10.2000 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln (15 O 148/00) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der V. F.-S.-L. GmbH von der Beklagten die Zahlung einer Stammeinlage.

Am 30.1.197 beschloss der damalige alleinige Gesellschafter der Gemeinschuldnerin formlos, das Stammkapital durch Ausgabe zweier neuer Stammeinlagen über jeweils 50.000 DM auf 150.000 DM zu erhöhen. Eine dieser Stammeinlagen sollte die Beklagte übernehmen. Sie zahlte am 27.3.1997 auf ein neu eröffnetes Konto der Gemeinschuldnerin bei der Stadtsparkasse K. 50.000 DM ein. Am 15.4.1997 wurde die Kapitalerhöhung in notariell beurkundeter Form beschlossen. Der Beschluss enthält den Hinweis, dass die neuen Stammeinlagen bereits gezahlt seien. Die Kapitalerhöhung wurde am 18.6.1997 in das Handelsregister eingetragen, nachdem sich das Registergericht durch ein Schreiben der Stadtsparkasse K. vom 11.6.1997 hatte bestätigen lassen, dass der Geldbetrag eingezahlt sei und dem Geschäftsführer uneingeschränkt zur Verfügung stehe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.000 DM nebst 4% Zinsen seit dem 13.11.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Stammeinlage nicht wirksam erbracht, weil die Zahlung vom 27.3.1997 vor dem Beschluss über die Kapitalerhöhung erfolgt sei und der Einzahlungsbeleg keine Zweckbestimmung enthalte.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass sich die Zweckbestimmung ihrer Zahlung aus den Umständen ergebe und der Geldbetrag im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses und später noch vorhanden gewesen sei.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die auf Zahlung der Stammeinlage gerichtete Klage ist unbegründet, denn die Beklagte hat ihre mit Kapitalerhöhungsbeschluss vom 15.4.1997 vereinbarte Stammeinlage in Höhe von 50.000 DM durch ihre Zahlung am 27.3.1997 schuldbefreiend erbracht.

Die Beklagte hat an diesem Tag unstreitig 50.000 DM auf das neu eröffnete Konto der Gemeinschuldnerin Nr. ... bei der Stadtsparkasse K. gezahlt.

Der Umstand, dass die Zahlung bereits vor der notariell beurkundeten Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung am 15.4.1997 erfolgte, hindert nicht, dass die Beklagte mit befreiender Wirkung ihre Bareinlage geleistet hat.

Es kann dahinstehen, ob die Voreinzahlung auf künftige Einlagepflichten, wie der Bundesgerichtshof annimmt, grundsätzlich nicht als Bareinzahlung anzusehen ist und allenfalls unter bestimmten Voraussetzungen im Falle der Sanierung der Gesellschaft in Betracht kommt (BGH NJW 1992, 2222; 1995, 460; 2001, 67).

Hierauf kommt es nicht an, weil die Zahlung der Beklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch unverbraucht zur Verfügung stand und damit einer erst zu diesem Zeitpunkt erfolgten Zahlung entspricht (vgl. BGH NJW 1969, 840; 2001, 67). Der von der Beklagten eingezahlte Geldbetrag war sogar - unstreitig - noch im Zeitpunkt der Eintragung und sogar der Konkurseröffnung vorhanden. Soweit der Kläger mutmaßt, die Stadtsparkasse habe das entsprechende Konto als Deckung für einen Kontokorrentkredit "betrachtet" und "im Geiste" bereits verrechnet, fehlen konkrete Hinweise, dass der Geldbetrag zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung in irgendeiner Weise gebunden war oder zu einem späteren Zeitpunkt auch wertmäßig nicht mehr vorhanden war. Dass nach den AGB der Stadtsparkasse ein Zugriff theoretisch möglich war, ändert nichts daran, dass das Geld zum damaligen Zeitpunkt dem Geschäftsführer, wie die Stadtsparkasse ausdrücklich gegenüber dem Registergericht mit Erklärung vom 11.6.1997 versichert hat, zur freien Verfügung stand.

Es ist nach Auffassung des Senats auch nicht zweifelhaft, dass sich die Zahlung am 27.3.1997 auf die Einlageverpflichtung der Beklagten bezog. Da die Zahlung bereits etwa 2 1/2 Wochen vor der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung erfolgte, konnte sie zwar naturgemäß zu diesem Zeitpunkt keine Tilgung bewirken, weil bis zu der Beschlussfassung noch keine entsprechende Einlageverpflichtung bestand. Dies ist jedoch unschädlich, da die Zahlung von den Beteiligten als Vorauszahlung begriffen und dementsprechend in dem beurkundeten Kapitalerhöhungsbeschluss festgehalten wurde, dass die Beklagte auf die von ihr übernommene Stammeinlage den vollen Betrag bereits geleistet hatte.

Dass auf dem Überweisungsträger, mit dem die Zahlung der 50.000 DM bewirkt wurde, keine Zweckbestimmung vermerkt ist, steht der Annahme einer Leistung auf die Stammeinlage nicht entgegen.

Da zwischen dem damaligen Alleingesellschafter und zugleich Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und der Beklagten kein anderes Schuldverhältnis in Bezug auf die Gemeinschuldnerin und die Beklagte begründet oder in Aussicht genommen worden war, die Zahlung in Höhe von exakt 50.000 DM sich somit allein auf die von der Beklagten zu übernehmende Stammeinlage beziehen konnte, ist die Zweckbestimmung ohne weiteren Hinweis eindeutig. Es fehlt auch jeglicher Anhaltspunkt, aus welchem anderen Grund die Beklagte, die noch nicht Mitgesellschafterin war, 50.000 DM an die Gesellschaft hätte zahlen wollen. Hinzu kommt, dass in dem Erhöhungsbeschluss bestätigt wurde, dass die Beklagte ihre Stammeinlage eingezahlt hatte, und sich dies nur auf diese einzige Zahlung beziehen konnte.

Auch aufgrund des Umstands, dass die Beklagte "vorzeitig" noch vor dem Beschluss über die Kapitalerhöhung gezahlt hat, lässt sich hinsichtlich der Zweckbestimmung nichts anderes annehmen. Es dürfte in der Vergangenheit und zum fraglichen Zeitpunkt in der Praxis der Notare nicht unüblich gewesen sein, mit der Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses zeitgleich die Anmeldung des Geschäftsführers zum Handelsregister zu fertigen und zu beglaubigen, welche im Hinblick auf eine wahrheitsgemäße Versicherung gemäß § 57 Abs. 2 GmbHG voraussetzt, dass die Einzahlung bereits erfolgt ist. Die Vorauszahlung der Beklagten, die lediglich 2 1/2 Wochen vor dem Notartermin vom 15.4.1997 erfolgte, der sowohl der Beurkundung des Beschlusses als auch der Fertigung der Anmeldung diente, entsprach damit dieser, von dem Registergericht auch nicht beanstandeten Praxis.

Ob eine Zahlung auf eine Einlageschuld erfolgt ist, bestimmt sich allein nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 362 ff. BGB. Danach ist lediglich erforderlich, dass eine Leistung sich einem bestimmten Schuldverhältnis zuordnen lässt. Zwar muss eine Tilgungsbestimmung nach außen zum Ausdruck gebracht werden. Es kommt aber allein auf die Sicht des Leistungsempfängers an, hier also der Gemeinschuldnerin bzw. ihres Geschäftsführers, und nicht auf die der Gesellschaftsgläubiger (BGH WM 1992, 1432).

Auch für die Zweckbestimmung einer Vorauszahlung, welche die geschuldete Zahlung lediglich vorwegnimmt, sind zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger keine weiter gehenden Anforderungen zu stellen.

Soweit in der Rechtsprechung und Literatur teilweise gefordert wird, bereits im Zeitpunkt der Vorauszahlung müsse die eindeutige Zweckbestimmung für Dritte erkennbar sein (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 56a, 6a und dortigen Nachweis), kann dem jedenfalls nicht gefolgt werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Geldbetrag noch vorhanden und zu diesem Zeitpunkt die Zuordnung eindeutig ist. Was die für die Gesellschaftsgläubiger bedeutsame Werthaltigkeit der Einlage betrifft, so ist der maßgebliche Zeitpunkt derjenige der Anmeldung (§ 57 Abs.2 GmbHG). Bezogen auf diesen Zeitpunkt spielt es keine Rolle, ob die Einzahlung vor oder nach dem Erhöhungsbeschluss erfolgt ist, sofern sie eben wertmäßig noch vorhanden ist. Die Gefahr, dass zwischen Einzahlung und Anmeldung die Einlage sich wertmäßig vermindert, ist in beiden Fällen nicht unterschiedlich. Da die Anmeldung der entscheidende Zeitpunkt ist, kann sich die Frage nach der Eindeutigkeit der Zahlungsbestimmung nur auf diesen Zeitpunkt beziehen. Der "Dritte", für den das objektiv erkennbar sein muss, ist konkret und nach dem Gesetz vorgesehen der Registerrichter, dem die Einzahlung auf Anforderung nachzuweisen ist. Vorliegend hat der Registerrichter sich die Einzahlung und die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Geschäftsführers über den Betrag durch die entsprechende Bestätigung der Stadtsparkasse vom 11.6.1997 nachweisen lassen. Das von dem Landgericht vorgebrachte Argument, der Verwendungszweck müsse für die Gesellschaftsgläubiger erkennbar sein, verkennt, dass diese in den Vorgang der Kapitalerhöhung und deren Eintragung in das Handelsregister nicht einbezogen sind. Die Gläubiger erfahren allein aus der Registereintragung bzw. der Veröffentlichung von der Kapitalerhöhung und haben auch kein Einsichtrecht in die Registerakten, aus denen sich irgendwelche Zahlungsnachweise ergeben könnten (Einsicht können sie nur in den Sonderband nehmen).

Nach alledem war der Berufung stattzugeben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, der Anregung des Klägers zu folgen und die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen gemäß § 546 Abs.1 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auch weicht das Urteil nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer für den Kläger: 50.000 DM

Ende der Entscheidung

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