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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.03.2008
Aktenzeichen: 18 U 98/07
Rechtsgebiete: AktG, ZPO


Vorschriften:

AktG §§ 246 ff
AktG § 246 Abs. 3 S. 1
AktG § 248 Abs. 1
AktG § 248 Abs. 1 S. 1
AktG § 249 Abs. 1 S. 1
ZPO §§ 64 ff
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 775 Nr. 1
ZPO § 1032
ZPO § 1055
ZPO § 1066
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.5.2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 121/06 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Aachen zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der erstinstanzlichen Schlussentscheidung vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheit in Höhe von 3.300 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 80.000 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006, in welcher die Einziehung und Übertragung seines Geschäftsanteils auf die Mitgesellschafter aus wichtigem Grund sowie die Jahresabschlüsse und die Entlastung der Geschäftsführerin für die Jahre 2003 und 2004 beschlossen wurden. Die Beklagte erhebt die Einrede des Schiedsvertrags unter Berufung auf eine in der Satzung der GmbH enthaltene Schiedsklausel, wonach Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten der Gesellschaft zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern oder von Gesellschaftern untereinander - soweit gesetzlich zulässig - unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Wegen der Einzelheiten wird auf § 16 der Satzung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die abgesonderte Verhandlung über die Frage der Zulässigkeit angeordnet und sodann durch das angefochtene Urteil die Klage als unzulässig abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und die in 1. Instanz gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Der Kläger hält die Klage für zulässig, da eine wirksame Schiedsvereinbarung nicht vorliege. Das Landgericht habe den Inhalt der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.3.1996 (BGHZ 132, 278) verkannt. Die Anforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung lägen nicht vor. Das Schiedsverfahrensrecht enthalte keine Regelung über eine inter-omnes-Geltung von Schiedssprüchen. Die Sonderbestimmung der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S., 1 AktG könnten nicht durch Analogie auf den Spruch eines privaten Schiedsgerichts analog übertragen werden. Dies sprenge den Rahmen richterlicher Rechtsfortbildung, vielmehr bedürfe es einer Entscheidung durch den Gesetzgeber.

Die Möglichkeit der Beiladung stelle allenfalls das rechtliche Gehör sicher, nicht aber die inter-omnes-Wirkung.

Sofern das Landgericht auf den Einzelfall und die Größe der Gesellschaft abstelle, führe dies zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit. Unabhängig davon seien die erforderlichen Garantien aber auch im vorliegenden Einzelfall nicht gewährleistet: Die Schiedsklausel gewährleiste nicht die Konzentration aller Anfechtungsklage auf ein Verfahren. Ferner stelle die Schiedsklausel nicht sicher, dass alle Gesellschafter auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts Einfluss nehmen und sich - auch nachträglich - am Verfahren beteiligen können, wie es in den §§ 64 ff ZPO sichergestellt sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Aachen vom 22.5.2007 - 41 O 121/06 - abzuändern und

1. festzustellen, dass der in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006 gefasste Beschluss zu TOP 1, wonach der Geschäftsanteil des Klägers im Nennwert von 25.000 DM aus wichtigen Gründen eingezogen wird, nichtig ist; hilfsweise den Beschluss für ungültig zu erklären;

2. festzustellen, dass der in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006 zu TOP 2 gefasste Beschluss, wonach der Geschäftsanteil des Klägers je zur Hälfte auf die Mitgesellschafter V. T. und Timo Schäfer übertragen wird, nichtig ist; hilfsweise den Beschluss für ungültig zu erklären;

3. festzustellen, dass der Beschluss der Beklagten aus der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006 über die Feststellung des Jahresabschlusses 2003 (TOP 3) nichtig ist; hilfsweise den Beschluss für ungültig zu erklären;

4. festzustellen, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006 zu TOP 4, wonach der Geschäftsführerin V. T. Entlastung für das Geschäftsjahr 2003 erteilt wird, nichtig ist; hilfsweise den Beschluss für ungültig zu erklären;

5. festzustellen, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006 über die Feststellung des Jahresabschlusses 2004 (TOP 5) nichtig ist; hilfsweise den Beschluss für ungültig zu erklären;

6. festzustellen, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 9.10.2006 zu TOP 6, wonach der Geschäftsführerin V. T. Entlastung für das Geschäftsjahr 2004 erteilt wird, nichtig ist; hilfsweise den Beschluss für ungültig zu erklären;

hilfsweise

das Urteil des Landgerichts Aachen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei noch zum alten Schiedsverfahrensrecht ergangen. Der Bundesgerichtshof vertrete auch nicht die Auffassung, dass Beschlussmängelstreitigkeiten generell nicht schiedsfähig seien. Die für die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens erforderlichen Kriterien seien im vorliegenden Fall erfüllt: § 1055 ZPO schließe die inter-omnes-Wirkung nicht aus. Die sich bei einer Einzelfallprüfung ergebende Rechtsunsicherheit habe der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Kauf genommen. Die erforderliche Konzentration auf ein Schiedsgericht sei gewährleistet, weitere Klagen über die selben Beschlüsse seien nicht denkbar, da alle anderen Gesellschafter für die Beschlüsse gestimmt hätten. Zudem sei es wegen der geringen Gesellschafterzahl und deren familiäre Bindung nahezu undenkbar, dass mehrere benachteiligte Gesellschafter unabhängig voneinander mehrere Schiedsgerichte anrufen oder einrichten wollten. Es werde sich stets nur eine der beiden Gesellschaftergruppen durch einen Beschluss benachteiligt fühlen und sich auch untereinander abstimmen. Die weiteren Gesellschafter könnten sich im übrigen am Schiedsverfahren beteiligen, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen Klausel in der Satzung bedürfe. Selbst wenn zwei Schiedsverfahren eingeleitet würden, würde das zuerst angerufene Schiedsgericht eine Beiladung aussprechen, weil der Streitgegenstand nur einheitlich bestimmt werden könnte. Gegenüber dem zweiten Schiedsgericht könnte der Einwand der Rechtshängigkeit erhoben werden.

Die Neutralität des Schiedsgerichts sei dadurch gewährleistet, dass die Schiedsrichter entweder durch die Parteien oder eine neutrale Stelle bestimmt würden. Die Satzung enthalte zudem auch eine Regelung darüber, wie zu verfahren sei, wenn auf einer Seite mehrere Personen beteiligt seien.

Zu der Frage, ob die Schiedsklausel auch Anfechtungsstreitigkeiten umfasse, sei vornehmlich auf den Parteiwillen abzustellen. Die Beklagte sei als Zwei-Personen-GmbH gegründet und konzipiert worden, der Gesellschaftsvertrag lasse allenfalls eine Erweiterung durch eine geringe Zahl von Erben zu. Die Schiedsklausel solle alle Streitigkeiten erfassen, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Solche zwingenden gesetzlichen Vorschriften stünden nicht entgegen, der Kläger müsse sich hier an seinem eigenen Willen festhalten lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Urteils.

Die Klage ist zulässig. Die Einrede des Schiedsvertrages steht der Zulässigkeit der Klage nicht nach § 1032 ZPO entgegen.

1. Die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Schiedseinrede beurteilt sich nach den Vorschriften der ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrens vom 22.12.1997 (vgl. Art. 4 § 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG). Denn der vorliegende Rechtsstreit ist nach Inkrafttreten der Neuregelung zum 1.1.1998 anhängig geworden.

2. Die Beklagte hat die Einrede nach § 1032 ZPO rechtzeitig, nämlich vor Stellung der Anträge zur Hauptsache, erhoben.

Die Schiedsklausel in der Satzung erfasst auch den vorliegenden Streit. Die Schiedsklausel in § 16 der Satzung ist umfassend. Zudem zeigt die Regelung in § 11 Nr. 9 der Satzung, dass auch Beschlussanfechtungen vom Schiedsgericht entschieden werden sollen. Dort wird an mehreren Stellen ausdrücklich auf das Schiedsverfahren Bezug genommen.

3. Die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages ist aber unbegründet.

Die früher herrschende Meinung verneinte die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten generell. Der Bundesgerichtshof hat mit einer Grundsatzentscheidung vom 29.3.1996 (BGHZ 132, 278 = NJW 1996, 1753) den meisten gegen die generelle Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten vorgebrachten Argumenten eine Absage erteilt, sieht aber dennoch auf Grundlage der bestehenden Gesetzeslage nicht auszuräumende Bedenken. Die Entscheidung ist zwar zum alten Recht ergangen, die vom Bundesgerichtshof formulierten Bedenken sind aber von der Neuregelung nicht betroffen (BGH, aaO; ebenso Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., nach § 47 Rn 35), so dass die Erwägungen des Bundesgerichtshofs nach wie vor Gültigkeit haben. Entgegen der missverständlichen Formulierung des Leitsatzes bestehen aber auch nach dieser Entscheidung keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten, das Schiedsverfahren muss nur so ausgestaltet sein, dass es den Anforderungen des Bundesgerichtshofs entspricht.

3.1. Gegen die grundsätzliche Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten bestehen keine Bedenken.

Die ausschließlich Zuständigkeit des Landgerichts am Sitz der Gesellschaft nach § 246 Abs. 3 S. 1 AktG, die auch für das GmbH-Recht entsprechend gilt, regelt nur die sachliche und örtliche Zuständigkeit unter den staatlichen Gerichte, begründet aber keine ausschließlich Zuständigkeit der staatlichen Gerichte.

Die rechtsgestaltende Wirkung des Schiedsspruchs steht der Schiedsfähigkeit ebenfalls nicht entgegen.

Auf die Vergleichsfähigkeit der Streitigkeit kommt es nach dem neuen Recht für vermögensrechtliche Streitigkeiten nicht mehr an. Das Landgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Unabhängig davon stand die Frage der Vergleichsfähigkeit aber auch nach altem Recht der Zulässigkeit einer Schiedsvereinbarung nicht entgegen (BGH aaO).

3.2. Ein Schiedsverfahren in einer Beschlussmängelstreitigkeit setzt aber voraus, dass der Schiedsspruch für und gegen die Gesellschaft, ihre Organe und alle Gesellschafter verbindlich ist, § 248 Abs. 1 AktG analog.

Der BGH hält eine analoge Anwendung der inter-omnes-Wirkung auf Schiedsverfahren nur dann für zulässig, wenn bestimmte rechtsstaatliche Anforderungen an das Schiedsverfahren erfüllt sind. Diese Anforderungen können nach seiner Ansicht nicht im Wege der Rechtsfortbildung vorgegeben werden, sondern müssen durch den Gesetzgeber im Schiedsverfahrensrecht institutionalisiert werden.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verlange, dass alle Betroffenen auf das Schiedsverfahren ausreichend Einfluss nehmen können.

Die Entscheidung über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen muss gegenüber allen Beteiligten (d.h. der Gesellschaft, ihrer Organe und der Gesellschafter) verbindlich sein. Das setzt zunächst voraus, dass alle Beteiligten der Schiedsvereinbarung unterliegen. Dies ist bei einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schiedsvereinbarung gegeben. Denn der Gesellschaftsvertrag bindet Gesellschafter, alle Organe und die Gesellschaft.

Der Bundesgerichtshof verlangt indes zu Recht, dass auch alle Betroffenen die Möglichkeit haben müssen, auf das Schiedsverfahren Einfluss zu nehmen. Das bedingt zum einen, dass alle Gesellschafter die Möglichkeit haben müssen, sich am Schiedsverfahren zu beteiligen. Der BGH verlangt darüber hinaus, dass alle von der Entscheidung Betroffenen auch bereits an der Auswahl des Schiedsgerichts zu beteiligen sind, sofern nicht in der Schiedsvereinbarung sichergestellt ist, dass ein neutrales Schiedsgericht bestimmt wird - und nicht ein Schiedsgericht, welches (nur) von den Parteien bestimmt wird, die sich am konkreten Schiedsverfahren beteiligen.

Die Ausräumung dieser Bedenken ist nach der Entscheidung des BGH in erster Linie dem Gesetzgeber vorbehalten. Dieser hat dagegen in der Begründung zum Regierungsentwurf des SchiedsVfG auf die Rechtsprechung verwiesen, die dies unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles entscheiden soll (BT-DrS 13/5274 S. 35).

Es entspricht daher der inzwischen herrschenden Meinung, dass es auf den jeweiligen Einzelfall und die im Einzelfall getroffene Schiedsvereinbarung ankommt, ob diese den Anforderungen entspricht, die der Bundesgerichtshof an die Entscheidung von Beschlussmängelstreitigen durch ein Schiedsgericht stellt (K. Schmidt, BB 2001, 1857; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., Anh § 47 Rn 36; Kompaktkommentar Gesellschaftsrecht/S.Eberl/W.Eberl, Kap. 17 Rn 78; OLG Düsseldorf GmbHR 2004, 572).

4. Im vorliegenden Fall ist das Schiedsverfahren unter Zugrundlegung der oben dargestellten Kriterien allerdings auch unter Berücksichtigung des Einzelfalles und der konkreten Schiedsvereinbarung nicht zulässig.

In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass durch die Schiedsvereinbarung folgende Mindestbedingungen sichergestellt sein müssen (Michalski/Römermann, GmbHG, Anh. §§ 47 Rn 561; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auf., Anh § 47 Rn 37):

- Sämtliche Gesellschafter und Gesellschaftsorgane müssen über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert werden und die Möglichkeit haben, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenienten beizutreten.

- Jeder Gesellschafter und sonstige von der Wirkung des Schiedsspruchs Betroffene muss an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt.

- Es müssen alle Streitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.

Diese Mindestbedingungen sind im konkreten Streitfall nicht erfüllt:

4.1. Die Schiedsklausel bindet allerdings alle von einer Entscheidung Betroffenen, nämlich die Gesellschafter, die Organe der Gesellschaft und die Gesellschaft selbst. Denn die Schiedsvereinbarung ist in der Satzung der GmbH enthalten, was nach § 1066 ZPO grundsätzlich zulässig ist. Damit bestehen auch gegen eine Rechtskrafterstreckung auf die Gesellschafter und Organe, die sich am Schiedsverfahren nicht beteiligen, keine Bedenken.

4.2. Die Schiedsklausel gewährleistet indes nicht, dass - wie der BGH es verlangt - alle Anfechtungsklagen über einen konkreten Beschluss in einem Verfahren erledigt werden. Mit diesem Erfordernis sollen einander widersprechende Entscheidungen verschiedener Schiedsgerichte vermieden werden.

In §§ 246 ff AktG ist dies dadurch sichergestellt, dass für alle Anfechtungsklagen streitwertunabhängig die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts am Sitz der Gesellschaft gegeben ist (§ 246 Abs. 3 AktG) und mehrere Nichtigkeitsprozesse zu verbinden sind und Nichtigkeits- und Anfechtungsklage verbunden werden können (§ 249 Abs. 2 AktG).

Die Satzung der Beklagten enthält hierzu weder in dem Abschnitt über das Schiedsverfahren noch in dem Abschnitt über die Anfechtung von Beschlüssen eine Regelung. Die Verbindung mehrerer Schiedsverfahren vor unterschiedlichen Schiedsgerichten mag möglich sein, ist aber nicht gewährleistet.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass im konkreten Fall die Einleitung mehrerer unabhängiger Schiedsverfahren, die den selben Beschluss betreffen, faktisch ausgeschlossen oder unwahrscheinlich ist. Die Beklagte ist zwar als Zwei-Personen-Gesellschaft gegründet und konzipiert. Sie verfügt indes durch die Erbregelung inzwischen über drei Gesellschafter, eine weitere Aufspaltung der Gesellschaftsanteile ist generell möglich. Es ist auch nicht sicher, dass stets nur zwei Gruppen vorhanden sind, die entweder nur durch eine Person vertreten werden oder deren Mitglieder sich untereinander abstimmen. Auch wenn zwischen einer Gesellschaftergruppe familiäre Bindungen bestehen, schließt dies Interessengegensätze und Konflikte nicht aus.

4.3. Dem Schiedsverfahren steht aber jedenfalls entgegen, dass nicht gewährleistet ist, dass alle von der Entscheidung des Schiedsgerichts Betroffenen auch die Möglichkeit haben, auf die Besetzung des Schiedsgerichts Einfluss zu nehmen.

Der Bundesgerichtshof verlangt zu Recht, dass entweder alle Gesellschafter gleichermaßen an der Schiedsrichterbestellung mitwirken können oder die Bestellung der Schiedsrichter durch eine neutrale Stelle erfolgt (BGH, aaO; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., Anh § 47 Rn 37). Auf dieses Erfordernis kann nicht verzichtet werden. Bei staatlichen Gerichten ist die Neutralität durch die richterliche Unabhängigkeit und den Grundsatz des gesetzlichen Richters institutionell gewährleistet. Bei Schiedsgerichten bedarf es dagegen einer besonderen Legitimation der Schiedsrichter, die sich entweder daraus ergibt, dass die Schiedsrichter von den Parteien bestimmt werden oder ihre Neutralität dadurch gesichert ist, dass sie von einem neutralen Dritten bestimmt werden.

Dies ist durch die Satzung der Beklagten nur unzureichend gewährleistet.

Die Satzung der Beklagten regelt lediglich die Mitwirkung der Parteien des Schiedsverfahrens an der Besetzung des Schiedsgerichts. Sofern auf einer Seite mehrere Beteiligte vorhanden sind - also z.B. mehrere Gesellschafter einen Beschluss gleichzeitig anfechten oder verteidigen - treffen sie die Entscheidung mit einfacher Mehrheit nach Köpfen. Es kann offen bleiben, ob diese Regelung ausreichend ist.

Denn jedenfalls haben die Gesellschafter, die das Schiedsverfahren nicht eingeleitet haben, nach der Satzung keine Möglichkeit, auf die Besetzung des Schiedsgerichts Einfluss zu nehmen, und zwar auch dann nicht, wenn sie später als Nebenintervenienten dem Verfahren beitreten oder mehrere Schiedsverfahren verbunden werden.

4.4. Schließlich kann schon aus Gründen der Rechtssicherheit die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens nicht davon abhängig gemacht werden, ob sich im konkreten Einzelfall im Nachhinein herausstellt, dass ein Beschluss nur in einem Schiedsverfahren angefochten wird, an dem sich alle Gesellschafter und Organmitglieder beteiligen.

III.

Da eine zulässige Schiedsvereinbarung nicht vorliegt, ist die Klage mithin zulässig.

Dies führt nach § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Der hierfür erforderliche Antrag ist gestellt.

Eine abschließende Entscheidung durch den Senat ist auch nicht deshalb geboten, weil der Rechtsstreit ohne weiteres zur Entscheidung reif ist.

Da das Landgericht über die Zulässigkeit abgesondert verhandelt hat, müssen die Parteien Gelegenheit erhalten, abschließend inhaltlich zu der Beschlussanfechtung Stellung zu nehmen.

Die Klage ist auch nicht offensichtlich begründet oder unbegründet. Die Klage dürfte nicht bereits deshalb unbegründet sein, weil die in der Satzung der Beklagten vorgesehene 4-Wochen-Frist für die Anfechtung eines Beschlusses nicht eingehalten ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 104, 66) ist eine Satzungsbestimmung, die für die Anfechtung des Gesellschaftserbeschlusses in einer GmbH einen Frist von weniger als einem Monat vorsieht, unwirksam. Der Einwand betrifft unabhängig davon nur den Beschluss zu TOP 1. Denn bei der weiteren Beschlussfassung war der Kläger nicht mehr anwesend, so dass die 4-Wochen-Frist nach der Satzung erst mit Zustellung des Protokolls begann. Diese Frist ist durch den Eingang der Klage gewahrt.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Senat hat die Frage nach den in der Rechtsprechung und Literatur anerkannten Grundsätzen entschieden. Die Frage, ob im konkreten Einzelfall die vom Bundesgerichtshof gestellten Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung erfüllt sind, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

IV.

Über die Kosten des Berufungsverfahrens ist im Rahmen der vom Landgericht zu treffenden Schlussentscheidung zu befinden.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt im Hinblick auf § 775 Nr. 1 ZPO und den bereits erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 538 Rn 59).

Ende der Entscheidung

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