Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.04.2007
Aktenzeichen: 19 U 11/07
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, BGB


Vorschriften:

HGB § 89 b
HGB § 377
HGB § 378
ZPO § 139 Abs. 5
ZPO § 156
ZPO § 287
ZPO § 288 Abs. 2
ZPO § 291
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 1
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 140
BGB § 252
BGB § 252 Satz 2
BGB § 254 Abs. 2 Satz 1
BGB § 280 Abs. 1 Satz 2
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 281
BGB § 281 Abs. 2
BGB § 985

Entscheidung wurde am 30.11.2007 korrigiert: das Verkündungsdatum wurde geändert
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1.9.2006 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln (16 O 726/05) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.754,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.3.2006 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Klägerin zu 60 % und der Beklagten zu 40 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn der Gegner nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns und mangelhafter Warenlieferungen sowie die Herausgabe von Werkzeugen und macht einen Vertragshändlerausgleichsanspruch geltend.

Die Klägerin mit Sitz in X betreibt einen Handel mit Büroorganisationssystemen. Die Beklagte mit Sitz in der Tschechischen Republik stellt Archivierungsprodukte mit der Bezeichnung "Archiv-Solid-Board" her. Im Besitz der Beklagten befinden sich 14 Ausstanzwerkzeuge der Klägerin.

Die Parteien schlossen am 7./11.8.1997 einen als Liefervertrag bezeichneten Vertrag über die Herstellung von Archiv-Solid-Board-Produkten für Deutschland, Schweiz, Österreich und Benelux durch die Beklagte im Auftrag der Klägerin. In diesem Vertrag, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 167 ff. GA Bezug genommen wird, wurde als Erfüllungsort und Gerichtsstand Prag vereinbart.

Am 20.12.1999 schlossen die Parteien einen Jahresrahmenliefervertrag über die Lieferung von Archiv-Solid-Board-Produkten der Beklagten an die Klägerin. In diesem Vertrag, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf Bl. 9/10 GA verwiesen wird, räumte die Beklagte der Klägerin die ausschließlichen Verkaufsrechte in Deutschland für diese Produkte ein, deren Lieferung nach ISO 9706 in einwandfreier Qualität, in geforderter Menge, zu konkurrenzfähigen Preisen und in der vereinbarten festgelegten Zeit erfolgen sollte. Als vertraglicher Standardumsatzwert wurde für das Jahr 2000 ein Mindestbetrag von 150.000,00 DM, für das Jahr 2001 von 200.000,00 DM und für das Jahr 2002 von 230.000,00 DM festgelegt. Als Zahlungsfrist wurde ein Zeitraum von 14 Tagen mit 2 % Skonto bzw. 30 Tagen nach Erhalt der Rechnung ohne Skonto vereinbart. Der Vertrag sah eine Befristung bis zum 31.12.2000 und eine Verlängerung um jeweils ein Jahr vor, sofern er nicht drei Monate zuvor schriftlich gekündigt wurde. Außerdem war ein sofortiges Kündigungsrecht "aus ernsten Gründen" vereinbart, zu denen u.a. eine Nichteinhaltung der Vereinbarung über die Bezahlung der Ware gehörte. Die sog. Präambel des Vertrags enthielt folgende Regelung: "Im Falle eines Streites bemühen sich beide Vertragsseiten eine Einigung zu erzielen. Wird diese nicht erreicht, hat jede Vertragsseite das Recht sich an das regionale Handelsgericht in Prag zu wenden." Nachdem die Klägerin sich geweigert hatte, einen von der Beklagten vorgeschlagenen Nachfolgevertrag abzuschließen, der u.a. eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung vorsah ("Die Rechtsbeziehungen gemäß diesem Vertrag richten sich nach der Rechtsordnung der Tschechischen Republik, zuständig für Lösung eventueller Streitigkeiten wäre das Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik, bei der Entscheidung durch einen Schiedsrichter.") und wegen dessen weiterer Einzelheiten auf Bl. 154 ff. GA verwiesen wird, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2002 (Bl. 18/19 GA) die fristlose Kündigung des Vertrags vom 20.12.1999 zum 31.12.2002, welche sie mit "systematischen Verletzungen von vereinbarten Zahlungsbedingungen" begründete. Im Januar 2003 fand ein Gespräch zwischen den Parteien statt, bei dem kein Einvernehmen über eine Fortsetzung der Zusammenarbeit erzielt werden konnte und dessen weiterer Inhalt streitig ist.

Die Klägerin hat mit der am 30.11.2005 beim Landgericht Köln eingegangenen Klage von der Beklagten die Zahlung von insgesamt 69.443,51 € nebst Zinsen sowie die Herausgabe von 14 Ausstanzwerkzeugen verlangt. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der oben zitierten Regelung in dem Vertrag vom 20.12.1999 nicht um eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 23 EuGVVO handele, sondern sich die Zuständigkeit des Landgerichts Köln aus Art. 5 EuGVVO ergebe. Ferner hat die Klägerin behauptet, dass ihr aufgrund der ihres Erachtens unberechtigten fristlosen Kündigung seitens der Beklagten im Jahre 2003 ein Gewinn in Höhe von 29.754,00 € entgangen sei. Bei einer Umsatzerwartung von 115.000,00 €, wie sie sich aus dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 12.12.2002 ergebe, und einer Gewinnspanne von 30 % resultiere eine Gewinnerwartung von 34.500,00 € abzüglich eines Kostenanteils von 10 %, von der jedoch nur 1.444,00 € erzielt worden seien. Hinsichtlich der Gewinnspanne hat die Klägerin auf eine Gegenüberstellung von Ein- und Verkaufspreisen (Bl. 87 GA) verwiesen. Neben dem sich nach der Berechnung der Klägerin, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 7 GA verwiesen wird, ergebenden entgangenen Gewinn in Höhe von 29.754,00 € hat die Klägerin Schadensersatz wegen mangelhafter Lieferungen in Höhe von 4.862,58 € verlangt. Hierzu hat die Klägerin behauptet, dass von der Beklagten bezogene und an einen ihrer Kunden, die Firma G & Q GmbH, gelieferte Ware ausweislich einer Materialprüfung durch das Prüfinstitut Papiertechnische Stiftung (PTS) I nicht den vereinbarten DIN-Vorgaben entsprochen habe, da sie nicht die für die Alterungsbeständigkeit maßgebliche sog. Kappazahl von weniger als 5 aufgewiesen habe. Hierüber sei die Beklagte unmittelbar nach Kenntniserlangung mit Schreiben der Klägerin vom 30.1.2003 informiert worden. Wegen dieses Mangels, den der Generaldirektor der Beklagten schriftlich bestätigt habe, habe die Klägerin ihrem Kunden den Kaufpreis in Höhe von 3.998,38 € erstatten und Untersuchungskosten in Höhe von insgesamt 864,20 € aufwenden müssen. Weiterhin hat die Klägerin einen Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB in Höhe von 34.826,93 € geltend gemacht und behauptet, dass die Beklagte im Dezember 2002 von der Klägerin die Herausgabe von Kundenadressen verlangt und diese im Januar 2003 erhalten habe. Die Klägerin sei in die Absatzorganisation der Beklagten eingebunden gewesen und habe ihren Ausgleichsanspruch bei dem Gespräch im Januar 2003 geltend gemacht. Die Klägerin habe neue Geschäftsverbindungen zu sechs Kunden geschaffen, die nunmehr unmittelbar von der Beklagten beliefert würden. Zur Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs hat die Klägerin behauptet, dass sie in den Jahren 2001 bis 2003 mindestens die in dem Schreiben der Beklagten vom 12.12.2002 genannten Umsätze erzielt habe bzw. hätte, so dass sich ein Rohertrag von 30 %, mithin der geltend gemachte Betrag ergebe.

Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und in erster Linie die Unzuständigkeit des Landgerichts Köln wegen der Vereinbarung eines ihres Erachtens ausschließlichen Gerichtsstands in dem Vertrag vom 20.12.1999 gerügt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass ihre fristlose Kündigung berechtigt gewesen sei, weil sich die Klägerin wiederholt in Zahlungsverzug befunden habe. Hinsichtlich der Höhe des klägerseits geltend gemachten entgangenen Gewinns hat die Beklagte eine Gewinnspanne von 30 % als zu hoch und eigene Kosten der Klägerin von 10 % als zu niedrig bestritten. Die Beklagte hat weiter behauptet, dass die von ihr gelieferten Kartonagen nicht den Anforderungen der ISO 9706 unterliegen würden. Zudem habe die Klägerin angebliche Mängel nicht rechtzeitig gerügt. Ferner hat die Beklagte bestritten, dass der Klägerin der geltend gemachte Schaden entstanden sei. Den von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruch hat die Beklagte dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Hinsichtlich des Herausgabeantrags hat sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen ausstehender Zahlungen in Höhe von 7.551,52 € berufen und angekündigt, vor dem zuständigen Gericht im Wege der Widerklage eine Verurteilung der Klägerin zu entsprechender Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe der Werkzeuge zu beantragen.

Durch Urteil vom 1.9.2006 wurde die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass das Landgericht Köln örtlich nicht zuständig sei, da die Präambel des Jahresrahmenliefervertrags vom 20.12.1999 eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 23 EuGVVO beinhalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 116 ff. GA) Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin der Auffassung ist, dass es sich bei der Präambel des Vertrags vom 20.12.1999 nicht um eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung handele. Nach Meinung der Klägerin habe das Landgericht es zudem in unzulässiger Weise versäumt, den Parteiwillen zu erforschen, der gegen die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes spreche.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen,

hilfsweise das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 29.754,00 €, weitere 4.862,58 € und weitere 34.826,93 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen sowie Ausstanzwerkzeuge mit den Artikelnummern 37225 xx, 37276 xx, 37280 xx, 37276-xx-2, 37320 xx, 37323 xx, 37324 xx, Model 908, 3167, 3168, 37319 xx, 33011, 37174 xx und 37309 xx herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, dass die Berufung mangels Sachantrags bereits unzulässig sei. Mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 29.3.2007 (Bl. 210 ff. GA), vom 10.4.2007 (Bl. 225 ff. GA) und vom 11.4.2007 (Bl. 238 ff. GA) hat die Beklagte ergänzend Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch teilweise begründet.

A. Die Berufung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig, auch wenn in der Berufungsbegründung vom 31.10.2006 lediglich ein Antrag auf Urteilsaufhebung und Zurückverweisung angekündigt und erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 16.3.2007 hilfsweise ein Sachantrag gestellt wurde.

Die Berufungsanträge müssen zwar bestimmt genug sein, um dem Gericht unter Berücksichtigung der Berufungsgründe eine Entscheidung in der Sache zu ermöglichen (vgl. Gummer/Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Auflage 2007, § 520 ZPO Rn 28 m.w.N.). Allerdings ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Antrag auf Urteilsaufhebung und Zurückverweisung als Rechtsmittelziel die Weiterverfolgung des erstinstanzlich gestellten Sachantrags enthält und auch hinreichend erkennen lässt (vgl. Gummer/Heßler, a.a.O., m.w.N.). Unzulässig ist eine Berufung deshalb nur dann, wenn sie die Aufhebung und Zurückverweisung letztlich um ihrer selbst willen zum Ziel hat, was indes nur in den seltenen Fällen anzunehmen ist, in denen der Berufungsführer zu erkennen gibt, dass er die Entscheidung im Ergebnis für richtig hält (vgl. BGH, Urteil vom 31.5.1995 - XII ZR 196/94, in: NJW-RR 1995, 1154). Das Begehren einer abweichenden Sachentscheidung kann sich auch ohne einen entsprechenden ausdrücklichen Antrag aus dem Berufungsvorbringen ergeben (BGH, a.a.O.).

Dies ist bei der Berufungsbegründung der Klägerin der Fall, die sich zwar in erster Linie mit der vom Landgericht verneinten Zuständigkeit befasst, zugleich jedoch deutlich macht, dass die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt, indem ausdrücklich hinsichtlich der Begründetheit auf die erstinstanzlichen Ausführungen Bezug genommen und für den Fall, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht zur näheren Sachaufklärung nicht notwendig sei und weitere Ausführungen erforderlich seien, um einen entsprechenden Hinweis gebeten wurde (Bl. 153 GA). Daraus ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Klägerin von vornherein ihre erstinstanzlichen Schlussanträge zumindest hilfsweise weiterverfolgen wollte.

B. Die danach zulässige Berufung ist hinsichtlich der vom Landgericht verneinten Zuständigkeit überwiegend, in der Sache jedoch nur teilweise begründet.

1. Das Landgericht Köln ist für die Klageanträge zu 1. bis 3. international, sachlich und örtlich zuständig. Hinsichtlich des Klageantrags zu 4. besteht indes keine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts.

Die Frage der Zuständigkeit für die am 30.11.2005 erhobene Klage richtet sich gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates der Europäischen Union über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO), auch wenn die insofern zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung in dem Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 enthalten ist und damit vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung am 1.3.2002 sowie dem Beitritt von Tschechien zur Europäischen Union zum 1.5.2004 getroffen wurde.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Köln ergibt sich für die Klageanträge zu 1. bis 3. aus Art. 5 EuGVVO. Die Parteien haben in der Präambel des Vertrags vom 20.12.1999 nicht die ausschließliche Zuständigkeit des regionalen Handelsgerichts in Prag gemäß Art. 23 EuGVVO vereinbart.

a. Die Vereinbarung, wonach jede Vertragsseite das Recht hat, sich an das regionale Handelsgericht in Prag zu wenden, ist zwar nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO grundsätzlich zulässig, gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. a) EuGVVO auch formwirksam getroffen worden und hinreichend bestimmt (vgl. zu den - geringen - Bestimmtheitsanforderungen: OLG Hamm, Urteil vom 20.9.2005 - 19 U 40/05, in: OLGR 2006, 23 ff.; OLG Celle, Urteil vom 26.11.2003 - 7 U 104/03, in: NJOZ 2004, 2925, 2926 m.w.N.) und wäre selbst in einem Handelsvertretervertrag und demzufolge erst recht in einem Vertragshändlervertrag wirksam (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 14.4.2004 - 13 U 76/03, in: NJW 2004, 3126, 3127/3128).

Inhaltlich ist die Vereinbarung jedoch nicht dahin zu verstehen, dass es sich um eine ausschließliche Zuständigkeitsregelung handelt. Eine von der nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO vermuteten Ausschließlichkeit des geregelten Gerichtsstands abweichende Parteivereinbarung, für die die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin obliegt (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 14.4.2004 - 13 U 76/03, in: NJW 2004, 3126, 3127), muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent getroffen werden (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 23 EuGVVO Rn 1).

Eine solche abweichende Vereinbarung der Parteien dahingehend, dass lediglich ein zusätzlicher Gerichtsstand geschaffen werden sollte, aufgrund dessen die Beklagte die ansonsten nicht bestehende Möglichkeit gehabt hätte, die Klägerin in Prag, d.h. in der Nähe ihres eigenen Geschäftssitzes, zu verklagen, ergibt sich aus dem Wortlaut und dem Zusammenhang der getroffenen Regelungen:

Gegen die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands spricht zunächst die gewählte Formulierung, dass jede Partei das Recht - und nicht etwa die Pflicht - hat, sich an das Prager Gericht zu wenden. Unter Berücksichtigung der vorherigen Vereinbarung vom 7./11.8.1997 und dem von der Beklagten erstellten Entwurf eines Nachfolgevertrags vom 12.12.2002 ist darin eine von der Regelung eines ausschließlichen Gerichtsstands abweichende Parteivereinbarung im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO zu sehen. In dem Vertrag vom 7./11.8.1997 wurde knapp und präzise bestimmt: "Erfüllungsort und Gerichtsstand ist PRAG". Wenn die Parteien in dem für die Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche maßgeblichen Vertrag vom 20.12.1999 eine entsprechende Vereinbarung hätten treffen wollen, hätte es nahegelegen, diese Regelung zu übernehmen. Tatsächlich wurde jedoch in dem Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999, der die Rechtsbeziehungen der Parteien auch im übrigen grundlegend neu gestaltete, indem statt der Herstellung von Produkten durch die Beklagte im Auftrag der Klägerin eine Lieferung fertiger Produkte von der Beklagten an die Klägerin vereinbart wurde, eine abweichende Formulierung gewählt, was dafür spricht, dass auch ein anderer Regelungsinhalt beabsichtigt war. Auch in dem von der Beklagten erstellten Entwurf einer Nachfolgevereinbarung vom 12.12.2002, wonach "zuständig für die Lösung eventueller Streitigkeiten das Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik sowie der Agrarkammer der Tschechischen Republik wäre", war unmissverständlich eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung formuliert. Unter anderem diese Regelung, mit der die Beklagte ersichtlich eine Verbesserung ihrer Rechtsposition gegenüber der vorherigen Vereinbarung erreichen wollte, hat die Klägerin nicht akzeptiert, was auch dafür spricht, dass die Regelung in dem Vertrag vom 20.12.1999 anders zu verstehen ist als die Vereinbarungen in den Vor- und Nachfolgeverträgen. Für die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes spricht schließlich auch nicht der mit Schriftsatz der Beklagten vom 29.3.2007 vorgelegte Entwurf einer Nachfolgevereinbarung vom 30.11.2002, der von der Klägerin stammen soll und eine Gerichtsstandsregelung beinhaltet, die im wesentlichen mit der des Jahresrahmenliefervertrags vom 20.12.1999 übereinstimmt. Dass und ggf. inwiefern sich hieraus die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands ergeben soll, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie das vage und unspezifische Vorbringen der Beklagten, die ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichts in Prag sei zwischen ihrem kaufmännischen Direktor und dem Geschäftsführer der Klägerin besprochen und vereinbart worden, zumal gleichzeitig mitgeteilt wurde, dass der kaufmännische Direktor der Beklagten der deutschen Sprache nicht mächtig sei.

Die Berufung auf einen abweichenden Parteiwillen i.S.d. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO seitens der Klägerin unter Hinweis auf den Kontext der getroffenen Vereinbarungen ist nicht verspätet. Hierbei handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der i.S.d. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in erster Instanz weder von den Parteien noch vom Gericht beachtet wurde. Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, ging das Landgericht davon aus, dass eine abweichende Parteivereinbarung ausdrücklich und schriftlich im Zusammenhang mit der Gerichtsstandsvereinbarung getroffen werden muss. Nach dem oben Gesagten reicht jedoch eine konkludente Regelung aus, deren Vorliegen der Senat aus den dargelegten Gründen bejaht.

b. Mangels Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands ergibt sich für die Klageanträge zu 1. bis 3. sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln aus Art. 5 Nr. 1 EuGVVO unabhängig davon, ob auf die aufgrund der Vereinbarung vom 20.12.1999 erfolgten einzelnen Warenlieferungen oder auf die gesamte Rechtsbeziehung der Parteien abgestellt wird.

Im ersten Fall greift Art. 5 Nr. 1 lit. b) 1. Alt. EuGVVO (Vertrag über den Verkauf von beweglichen Sachen) ein. Erfüllungsort ist mangels gegenteiliger Parteivereinbarungen der Ort, an den die Ware geliefert worden ist oder hätte geliefert werden müssen. Dabei kommt es nicht auf ggf. abweichende Regelungen des Erfüllungsortes nach dem aufgrund internationalen Privatrechts anwendbaren nationalen Recht an (Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 5 EuGVVO Rn 3). Als Ort der Lieferung ist für sämtliche Warenlieferungen einheitlich der Sitz der Klägerin und nicht etwa der ihrer jeweiligen Käufer anzusehen, wohin die Beklagte im Einzelfall auf Weisung der Klägerin die Waren unmittelbar ausgeliefert hat. Zum einen diente die unmittelbare Belieferung von Kunden der Klägerin durch die Beklagte ersichtlich der Zeit- und Kostenersparnis ohne den "Umweg" über das Lager der Klägerin. Außerdem erfolgte entsprechend den vereinbarten Liefer- und Zahlungsbedingungen nicht immer eine solche Direktbelieferung, sondern aus dem Vorbringen der Parteien ergibt sich, dass auch Waren ins Lager der Klägerin geliefert wurden. Zum anderen begründet Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO einen einheitlichen Erfüllungsort und Gerichtsstand für alle wechselseitigen Verpflichtungen aus dem betreffenden Vertrag (vgl. Senat, Urteil vom 1.9.2006 - 19 U 65/06). Bei Warenlieferungen aufgrund eines Rahmenvertrags ist dies der Sitz des Käufers. Dieses Ergebnis entspricht auch dem wohlverstandenen Interesse der Parteien und dient der Prozessökonomie, da anderenfalls an einer Vielzahl von Gerichtsorten jeweils über gleich oder zumindest ähnlich gelagerte Sachverhalte aus verschiedenen Einzellieferungen gestritten werden müsste.

Bei der gebotenen weiten Betrachtungsweise ergibt sich die Zuständigkeit des Landgerichts Köln aber auch bei Annahme eines Vertragshändlervertrags aus Art. 5 Nr. 1 lit. b) letzte Alt. EuGVVO (Erbringung von Dienstleistungen), da einheitlicher Erfüllungsort und Gerichtsstand für die Verpflichtungen aus Handelsvertreterverträgen und dementsprechend auch aus Vertragshändlerverträgen der Geschäftssitz des Handelsvertreters bzw. des Vertragshändlers ist (vgl. auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 27.10.2006 - 1 U 138/06 - abrufbar bei juris - zur Tätigkeit eines Handelsmaklers als "Dienstleistung" i.S.d. Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO).

Diese Zuständigkeitsregelung gilt für sämtliche mit der Klage geltend gemachten Ansprüche, die aus dem Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 und/oder dessen Beendigung resultieren, einschließlich eines eventuellen Vertragshändlerausgleichsanspruchs.

c. Hinsichtlich des mit dem Antrag zu 4. geltend gemachten Herausgabeanspruchs greift Art. 5 EuGVVO hingegen nicht ein.

Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass sich ein solcher Anspruch aus dem Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 ergeben kann (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Anspruchsdarlegung als Voraussetzung für die frühere Zuständigkeit nach dem EuGVÜ: BGH, Urteil vom 30.10.2003 - I ZR 59/00, in: NJW-RR 2004, 935 m.w.N.).

Selbst nach dem klägerischen Vorbringen resultiert ein Anspruch auf Herausgabe der Werkzeuge nicht - auch nicht als eventuelle Nebenpflicht - aus dem Vertrag vom 20.12.1999. Darin wurden die Ausstanzwerkzeuge der Klägerin nicht erwähnt. Hierbei handelt es sich anscheinend um ein Relikt aus dem vorangegangenen Liefervertrag vom 7./11.8.1997. Die Überlassung von Werkzeugen entsprach auch allein der Rechtsnatur einer solchen Vertragsbeziehung, aufgrund derer die Beklagte im Auftrag der Klägerin Kartonagen hergestellt und geliefert hatte, während die Klägerin sich darauf beruft, durch den Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 den Status eines Vertragshändlers erlangt zu haben. Ein Vertragshändler stellt dem Hersteller in der Regel nicht die notwendigen Werkzeuge zur Verfügung.

In dem vorangegangenen Vertrag vom 7./11.8.1997 war ausdrücklich Prag als Erfüllungsort und (ausschließlicher) Gerichtsstand vereinbart worden, ohne dass insoweit Wirksamkeitsbedenken erhoben wurden oder sonst ersichtlich sind. Auch für einen eventuellen Anspruch aus § 985 BGB (bzw. einer entsprechenden Vorschrift tschechischen Rechts) würde Art. 5 EuGVVO nicht eingreifen.

2. Die danach hinsichtlich der Klageanträge zu 1. bis 3. zulässige Klage ist nur bezüglich des Antrags zu 1. (entgangener Gewinn) in Höhe von 29.754,00 € begründet. Ein Schadensersatzanspruch wegen mangelhafter Warenlieferungen in Höhe von 4.862,58 € (Antrag zu 2.) und ein Handelsvertreterausgleichsanspruch in Höhe von 34.826,93 € (Antrag zu 3.) bestehen hingegen nicht.

Ergänzendes Vorbringen der Parteien oder entsprechende Hinweise hält der Senat nicht für erforderlich, so dass anstatt einer nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO in Betracht kommenden Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 1 ZPO eine abschließende Sachentscheidung ergehen kann.

a. Die Berechtigung der mit den Anträgen zu 1. bis 3. geltend gemachten Forderungen richtet sich nach deutschem Recht.

Die Parteien haben in dem Vertrag vom 20.12.1999 keine (abweichende) Rechtswahl i.S.d. Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen. Die Vereinbarung des anwendbaren Rechts muss nicht ausdrücklich, sondern kann gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auch konkludent erklärt werden, sofern sich ein entsprechender realer Wille der Parteien mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrags oder den Umständen des Falles ergibt (vgl. Palandt/Heldrich, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage 2007, Art. 27 EGBGB Rn 3 m.w.N.). Indizien für die Rechtswahl stellen u.a. die Vertragssprache und der Ort des Vertragsschlusses dar (vgl. Palandt/Heldrich, a.a.O., Rn 4 mit weiteren Beispielen). Danach sprechen einerseits der Vertragstext in deutscher Sprache und dessen Unterzeichnung in X für die Anwendbarkeit deutschen Rechts. Bestätigt wird dies durch den Entwurf einer Nachfolgevereinbarung, der im Unterschied zu der Vereinbarung vom 20.12.1999 ausdrücklich eine Anwendbarkeit tschechischen Rechts vorsah. Andererseits haben die Parteien jedoch eine - nach dem oben Gesagten zwar nicht ausschließliche, aber gleichwohl rechtswirksame - Zuständigkeit tschechischer Gerichte vereinbart, was gegen eine Vereinbarung der Anwendbarkeit deutschen Rechts spricht. Jedenfalls reichen diese nicht eindeutigen Umstände aber auch nicht aus, um von der Vereinbarung der Anwendbarkeit tschechischen Rechts auszugehen.

Auch ohne (konkludente) Rechtswahl ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedoch aus Art. 28 EGBGB. Die Rechtsbeziehung der Parteien aufgrund des Jahresrahmenliefervertrags vom 20.12.1999 weist i.S.d. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die engsten Verbindungen zu Deutschland auf, weil hier die für den Vertrag charakteristische Leistung i.S.d. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB zu erbringen war. Bei einem Vertragshändlervertrag wird die charakteristische Leistung am Ort der Niederlassung des Vertragshändlers erbracht, sofern sich nicht aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist (vgl. Palandt/Heldrich, a.a.O., Art. 28 EGBGB Rn 16 m.w.N.). Die Vereinbarung vom 20.12.1999 stellt einen Vertragshändlervertrag im weiteren Sinne dar, da die Parteien einen Dauervertrag über den Ankauf von Waren der Beklagten und deren Weiterverkauf durch die Klägerin im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geschlossen haben (vgl. zur Definition des Vertragshändlervertrags: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. Auflage 2003, § 84 HGB Rn 10). Diese weite Begriffsbestimmung ist jedenfalls für das Internationale Privatrecht maßgeblich, während es auf die zusätzlichen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB erst im Rahmen der materiellen Berechtigung ankommt. Durch die vereinbarte Verpflichtung der Klägerin zu Absatzbemühungen und entsprechende Zielvorgaben geht die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung auch über die bloße Regelung von Rahmenbedingungen für künftige Erwerbsgeschäfte hinaus. Insofern ist es gerechtfertigt, deutsches Recht auch auf eventuelle Ansprüche, die aus den einzelnen Kaufverträgen resultieren, anzuwenden, für die anderenfalls tschechisches Recht als Recht am Sitz des Verkäufers gelten würde (vgl. Palandt/Heldrich, a.a.O., Art. 28 EGBGB Rn 9). Die Besonderheiten des grenzüberschreitenden Warenverkehrs können durch die Regelungen über den internationalen Warenkauf (CISG) berücksichtigt werden (vgl. Palandt/Heldrich, a.a.O., Art. 28 EGBGB Rn 8).

(1) Der Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 29.754,00 € aus §§ 280 Abs. 3, 281 BGB i.V.m. § 252 BGB wegen Nichterfüllung des Jahresrahmenliefervertrags vom 20.12.1999.

Dieser Vertrag bestand während des Jahres 2003 fort. Die mit Schreiben der Beklagten vom 12.12.2002 erklärte Kündigung zum 31.12.2002 war unwirksam. Die Beklagte war nicht zur außerordentlichen Kündigung wegen Nichteinhaltung der vereinbarten Zahlungsbedingungen berechtigt. Die insofern darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat das Vorliegen eines Grundes zur fristlosen Kündigung nicht hinreichend vorgetragen:

Nachdem sich die Beklagte in der Klageerwiderung vom 20.4.2006 darauf berufen hatte, dass die Klägerin sich im Zeitpunkt der Kündigungserklärung mit der Bezahlung von fünf Rechnungen in Verzug befunden habe (Bl. 56 GA), hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 6.6.2006 im einzelnen erwidert, dass und weshalb insoweit die vereinbarten Zahlungstermine jedenfalls im Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht überschritten gewesen seien (Bl. 74 GA), ohne dass die Beklagte hierzu erstinstanzlich nochmals Stellung genommen hätte.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen in dem Schriftsatz der Beklagten vom 10.4.2007, die auch keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO veranlassen, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 16.3.2007 von der Möglichkeit, nach § 139 Abs. 5 ZPO einen Schriftsatznachlass zu beantragen, keinen Gebrauch gemacht hat. Soweit mit Schriftsatz vom 10.4.2007 erstmals die Forderungsaufstellung zu dem Schreiben vom 12.12.2002 (Anlage BB 2 = Bl. 233 GA) vorgelegt und auf andere Rechnungen als in dem Schriftsatz vom 20.4.2006 verwiesen wird, ist dieses neue Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet, da die Beklagte nicht erst aufgrund der vom Senat in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweise, sondern bereits erstinstanzlich hinreichend Gelegenheit und Veranlassung zur Erwiderung auf das Vorbringen der Klägerin hatte, weshalb die (angeblich) verspätete Bezahlung der zunächst genannten Rechnungen die fristlose Kündigung nicht rechtfertigen konnte. Dass die Beklagte auch im Berufungsverfahren mit der Möglichkeit einer von dem angefochtenen Urteil abweichenden Sachentscheidung rechnete, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sie sowohl in der Berufungserwiderung vom 13.12.2006 (Bl. 157 ff. GA) als auch mit Schriftsatz vom 6.3.2007 (Bl. 194 ff. GA) nicht nur zur Frage der Zulässigkeit der Klage, sondern auch zur materiellen Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche Stellung genommen hat. Insofern waren die in der mündlichen Verhandlung vom 16.3.2007 erteilten Hinweise anders als in den in dem Schriftsatz vom 11.4.2007 zitierten Entscheidungen für die Beklagte nicht überraschend, so dass für die Gewährung einer Schriftsatzfrist von Amts wegen bzw. die Anregung eines entsprechenden Antrags aus Sicht des Senats keine Veranlassung bestand.

Mangels schlüssiger Darlegung eines Grundes zur außerordentlichen Kündigung des Jahresrahmenliefervertrags vom 20.12.1999 kommt es nicht darauf an, ob unbeschadet der vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten eine fristlose Vertragsbeendigung wegen Zahlungsverzugs ggf. auch nach Art. 25 CISG möglich gewesen wäre.

Da die danach unwirksame fristlose Kündigung der Beklagten gemäß § 140 BGB in eine wirksame ordentliche Kündigung umzudeuten ist, bestand die Vertragsbeziehung zwischen den Parteien entsprechend der vereinbarten Kündigungsfrist bis zum 31.12.2003 fort. Die Beklagte hat ihre aus dem Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 resultierende Lieferverpflichtung im Jahre 2003 nicht erfüllt.

Einer Fristsetzung der Klägerin bedurfte es wegen einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung der Beklagten i.S.d. § 281 Abs. 2 BGB nicht, die ihre Kündigung zum 31.12.2002 für wirksam hielt und die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung von der Unterzeichnung ihres Entwurfs eines Nachfolgevertrags mit im Vergleich zur vorherigen Vereinbarung nachteiligen Konditionen für die Klägerin abhängig gemacht hatte. Die Klägerin war wegen des Fortbestands des Vertrags bis zum 31.12.2003 jedoch nicht verpflichtet, sich auf diese neuen Lieferbedingungen einzulassen. Dass die Beklagte sich bereit erklärt hätte, auch nach der Kündigungserklärung vom 12.12.2002 die Klägerin zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen zu beliefern, folgt auch nicht aus dem neuen Vorbringen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 10.4.2007. Aus dem Umstand, dass im Jahre 2003 ausweislich der Anlage BB 3 (Bl. 234 GA) noch eine Lieferung der Beklagten an einen Kunden der Klägerin erfolgte und ausweislich der Anlage BB 4 (Bl. 235 GA) eine Bestellung der Klägerin vom 19.12.2002 storniert wurde, ergibt sich nicht, dass die Beklagte für die Klägerin erkennbar bereit gewesen wäre, auch weitere nach dem von ihr angegebenen Kündigungstermin (31.12.2002) eingegangene Bestellungen zu den ursprünglichen Bedingungen abzuwickeln.

Die Vermutung für ein Verschulden der Beklagten hinsichtlich dieser Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB hat sie nicht widerlegt.

Der Klägerin ist durch die unberechtigte fristlose Kündigung der Beklagten ein Schaden entstanden, indem sie im Jahre 2003 keine weiteren Warenlieferungen der Beklagten mehr erhalten hat und durch deren Weiterverkauf keinen Gewinn erzielen konnte.

Die Klägerin hat entgegen den Ausführungen in dem Schriftsatz der Beklagten vom 10.4.2007 auch nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB oder Art. 77 CISG verstoßen:

Die Klägerin war nicht gehalten, einer Lieferung zu den neuen Konditionen - ggf. unter Vorbehalt - zuzustimmen. Die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung und diesbezügliche Fehlvorstellungen der Beklagten fielen allein in deren Risiko- und Verantwortungsbereich, so dass die Beklagte bis zur Klärung der Berechtigung der Kündigung vom 12.12.2002 der Klägerin eine Belieferung zu den alten Bedingungen hätte anbieten müssen, was selbst nach dem Vorbringen der Beklagten zu keinem Zeitpunkt geschehen ist.

Soweit sich die Beklagte in dem Schriftsatz vom 10.4.2007 erstmals darauf beruft, die Klägerin hätte Deckungsgeschäfte vornehmen müssen, um ihre Kunden beliefern zu können, ist dieses Vorbringen sowohl gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet als auch unsubstantiiert. Zum einen ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, ob und ggf. welche anderen Lieferanten vergleichbare Ware wie die von der Beklagten markenrechtlich geschützten Archivierungsprodukte anbieten. Zum anderen ist nicht dargelegt worden, inwiefern die Klägerin überhaupt noch Geschäfte mit ihren (früheren) Kunden hätte abschließen können, nachdem die Beklagte nach dem jedenfalls erstinstanzlich unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ab dem Jahre 2003 deren unmittelbare Belieferung übernommen hatte.

Die Höhe des danach erstattungsfähigen Schadens der Klägerin kann aufgrund der nach § 252 Satz 2 BGB erleichterten Schadensberechnung anhand der Angaben der Klägerin gemäß § 287 ZPO als Mindestschaden in Höhe von 29.754,00 € geschätzt werden. Die Klägerin hat auch unter Berücksichtigung der in dem Schriftsatz der Beklagten vom 10.4.2007 zitierten Rechtsprechung des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 4.3.1993 - 12 U 138/92, in: VRS 85, 262 ff.) zur prozessualen Substantiierungspflicht bei der Geltendmachung entgangenen Gewinns hinreichende Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung vorgetragen, ohne dass die Beklagte dem substantiiert entgegen getreten wäre:

Die Klägerin hat bei ihrer Berechnung des entgangenen Gewinns die in dem Schreiben der Beklagten vom 12.12.2002 enthaltene Umsatzerwartung von 115.000,00 € sowie eine Gewinnspanne von 30 % bei einer Kostenersparnis von 10 % und einen tatsächlich erzielten Umsatz von 1.444,00 € zugrunde gelegt.

Entgegen den Ausführungen in dem Schriftsatz der Beklagten vom 10.4.2007 kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um die Angabe des Bruttoumsatzwerts gehandelt habe, sondern die Klägerin hat in der Klageschrift ausdrücklich auf den Nettoumsatz Bezug genommen, ohne dass die Beklagte dem widersprochen hätte. Da die von der Klägerin mitgeteilte Umsatzerwartung für 2003 von der Beklagten zumindest vorprozessual nicht in Frage gestellt wurde und sowohl einer Fortschreibung der vertraglichen Standardumsatzwerte entspricht als auch im Rahmen der bisherigen Umsatzentwicklung liegt, hätte die Beklagte darlegen müssen, dass und ggf. weshalb die Zahlenangabe von vornherein unzutreffend gewesen sei oder sich im Nachhinein (z.B. aufgrund von Umsatzeinbrüchen) als zu hoch herausgestellt habe. Zu entsprechenden Angaben hätte die Beklagte auch in der Lage sein müssen, da sie aufgrund der bis zum Jahre 2002 bei ihr eingegangenen Bestellungen der Klägerin deren Umsatzentwicklung nachvollziehen konnte und nach dem jedenfalls erstinstanzlich unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ab dem Jahre 2003 deren frühere Kunden unmittelbar beliefert hat. Entsprechend konkretes Bestreiten lässt sich indes weder dem erst- noch dem zweitinstanzlichen Vorbringen der Beklagten entnehmen.

Die Beklagte kann auch die von der Klägerin vorgetragene und durch Vorlage einer Gegenüberstellung von Ein- und Verkaufspreisen (Bl. 87 GA) belegte Gewinnspanne von mindestens 30 % nicht mit bloßem Nichtwissen unter Hinweis darauf bestreiten, dass die Klägerin bei Vertragsverhandlungen eine geringere Marge angegeben habe. Zum einen hat die Beklagte nicht konkret vorgetragen, welche Gewinnspanne seinerzeit angegeben worden sein soll. Zum anderen sind Untertreibungen bei derartigen Gesprächen nicht ungewöhnlich, so dass den Angaben auch seitens der Beklagten kein uneingeschränkter Glaube geschenkt worden sein dürfte, zumal sie gerade nicht zu einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen bereit war.

Entsprechendes gilt für das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der nach Angaben der Klägerin durch die unterbliebenen Umsätze ersparten Kosten. Auch insofern hätte die Beklagte im Hinblick auf ihre eigene geschäftliche Erfahrung konkrete Angaben zu der ihres Erachtens erzielten Einsparung machen können und müssen.

Danach kann der entgangene Gewinn anhand der Angaben der Klägerin wie folgt geschätzt werden:

Umsatzerwartung 115.000,00 € erzielter Umsatz ./. 1.444,00 € Differenz 113.556,00 €

Gewinnerwartung (30 %) 34.066,80 € Kostenersparnis (10 %) ./. 3.406,68 € entgangener Gewinn 30.660,12 €

Insofern ist jedenfalls der von der Klägerin verlangte Betrag von 29.754,00 € gerechtfertigt (§ 308 Abs. 1 ZPO).

Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszins kann die Klägerin gemäß §§ 288 Abs. 2, 291 ZPO ab dem 15.3.2006 verlangen, da die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft unter diesem Datum verfasst wurde und eine frühere Zustellung an die Beklagte nicht nachweisbar ist.

(2) Die Klägerin hat hingegen keinen Schadensersatzanspruch wegen Mangelhaftigkeit der an ihren Kunden G & Q GmbH weitergeleiteten Lieferung der Beklagten aus Art. 45 Abs. 1 lit. b), 74 CISG oder einem anderen Rechtsgrund.

Ob die von der Beklagten gelieferten Kartonagen vertragswidrig i.S.d. Art. 36 CISG waren, weil sie aufgrund einer Kappazahl von mehr als 5 nicht den Vorgaben der DIN/ISO 9706 entsprochen haben, kann dahin stehen. Die insofern entsprechend der Regelung in §§ 377, 378 HGB darlegungs- und beweispflichtige Klägerin (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., § 377 HGB Rn 55) hat jedenfalls nicht vorgetragen, dass sie ihre Untersuchungs- und Anzeigepflicht erfüllt hat, und kann sich deshalb gemäß Art. 38, 39 CISG nicht auf eine etwaige Vertragswidrigkeit der Ware berufen.

Der Käufer muss gemäß Art. 38 Abs. 1 CISG die Ware innerhalb einer so kurzen Frist untersuchen (lassen), wie es die Umstände erlauben. Die Bezugnahme auf die "Umstände" betrifft nicht nur den Zeitraum der Untersuchung, sondern auch deren Art und Umfang; diese richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls, wobei Kosten und Aufwand der Untersuchung in einem vernünftigen Verhältnis zu dem zu erwartenden Ertrag der Untersuchung stehen müssen (vgl. Gruber, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Auflage 2004, Art. 38 CISG Rn 25). Danach ist eine äußerliche Untersuchung der Ware stets zu veranlassen (vgl. Gruber, a.a.O., Rn 28 m.w.N.). Untersuchungen, die zur Beschädigung und/oder Unverkäuflichkeit der Ware führen, müssen hingegen nur stichprobenartig durchgeführt werden (vgl. Gruber, a.a.O., Rn 29 m.w.N.).

Diese Anforderungen hat die Klägerin selbst nach ihrem eigenen Vorbringen nicht erfüllt. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie nach Erhalt des ersten Untersuchungsberichts der PTA I vom 23.1.2003 (Bl. 20/21 GA) die Nichteinhaltung der Normvorgaben mit Schreiben vom 30.1.2003 (Bl. 23/24 GA) gegenüber der Beklagten beanstandet hat, was diese mit Schreiben vom 5.3.2003 (Bl. 82/83 GA) auch eingeräumt habe. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Klägerin ihre Untersuchungs- und Anzeigepflicht hinsichtlich der Lieferungen an die Firma G & Q, wegen derer sie nunmehr Schadensersatz verlangt, erfüllt hat. Die Klägerin musste zwar nicht jede einzelne Warenlieferung der Beklagten im Hinblick auf die Einhaltung der (angeblich) vereinbarten Normvorgaben in einem aufwändigen Untersuchungsverfahren überprüfen lassen. Allerdings musste die Klägerin nach dem oben Gesagten in einem angemessenen Zeitraum nach der Lieferung zumindest stichprobenartige Überprüfungen veranlassen. Aus dem Vorbringen der Klägerin, die Untersuchungen jeweils wohl erst in Auftrag gegeben hat, nachdem es zu Beanstandungen ihrer Abnehmer gekommen war, ergibt sich weder, dass grundsätzlich Stichproben gemacht wurden, noch dass hinsichtlich der an die Firma G & Q gelieferten Produkte eine rechtzeitige Überprüfung stattgefunden hat. Diese Lieferung erfolgte nach dem Vorbringen der Klägerin bereits im Jahre 2002; ausweislich der Gutschrift vom 26.1.2005 (Bl. 88 GA) stammt die Rechnung der Klägerin vom 29.8.2002. Der diesbezügliche Untersuchungsauftrag an die PTS I datiert jedoch erst vom 24.11.2004 (Bl. 89 GA). Ob die vorherigen Materialuntersuchungen der PTS I gemäß Aufträgen von 27.12.2002 (Bl. 20/21 GA) und vom 7.7.2003 (Bl. 28 GA) sich auf die gleiche Ware beziehen, wie sie an die Firma G & Q geliefert wurde, ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht. Abgesehen davon wäre aber selbst dann jedenfalls keine rechtzeitige Untersuchung hinsichtlich der die Rechnung der Klägerin vom 29.8.2002 betreffenden Ware erfolgt.

(3) Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB.

Der Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 ist aus den oben genannten Gründen zwar als Vertragshändlervertrag im weiten Sinne anzusehen, so dass grundsätzlich eine entsprechende Anwendung von § 89 b HGB in Betracht käme. Die zusätzlichen Voraussetzungen einer solchen Analogie liegen jedoch nicht vor.

Im Falle der Beendigung eines Vertragshändlervertrags findet § 89 b HGB entsprechende Anwendung, wenn zwischen dem Vertragshändler und dem Hersteller ein Rechtsverhältnis besteht, das sich nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern den Vertragshändler aufgrund vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation des Herstellers eingliedert, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat (ständige Rechtsprechung: vgl. etwa BGH, Urteil vom 10.2.1993 - VIII ZR 47/92, in: NJW-RR 1993, 678, 679). Eine der Stellung eines Handelsvertreters vergleichbare Eingliederung in die Absatzorganisation des Herstellers ist dann gegeben, wenn der Vertragshändler sich für den Vertrieb der Erzeugnisse des Herstellers wie ein Handelsvertreter einzusetzen hat und auch sonst Bindungen und Verpflichtungen unterliegt, wie sie für einen Handelsvertreter typisch sind (BGH, a.a.O.). Ferner ist erforderlich, dass der Vertragshändler verpflichtet ist, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Hersteller den Kundenstamm zu überlassen, so dass sich der Hersteller die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Verpflichtung erst bei Vertragsbeendigung oder schon während der Vertragslaufzeit durch laufende Übermittlung der Kundendaten an den Hersteller zu erfüllen ist. Entscheidend ist, dass der Hersteller dadurch tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich den Kundenstamm auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiter nutzbar zu machen (ständige Rechtsprechung: vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.1.2000 - VIII ZR 19/99, in: NJW 2000, 1413 ff.; Senat, Urteil vom 14.6.1996 - 19 U 4/96, in: OLGR 1996, 177, 178 m.w.N.). Hingegen begründet die bloße Weitergabe von Kundendaten ohne entsprechende Vertragspflicht keinen Ausgleichsanspruch entsprechend § 89 b HGB (vgl. BGH, Urteil vom 25.3.1998 - VIII ZR 337/96, in: WM 1998, 1256).

Nach diesen Maßstäben war aufgrund des Jahresrahmenliefervertrags vom 20.12.1999 die Klägerin selbst nach ihrem eigenen Vorbringen weder in der Rechtsposition eines Handelsvertreters vergleichbarer Weise in die Absatzorganisation der Beklagten eingebunden noch bestand eine rechtliche Verpflichtung zur Weitergabe von Kundendaten:

Zum einen ergibt sich weder aus dem Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 selbst noch aus dessen Abwicklung eine Einbindung der Klägerin in die Absatzorganisation der Beklagten, die einem Handelsvertreterverhältnis vergleichbar gewesen wäre. Außer der Einräumung ausschließlicher Verkaufsrechte der Klägerin für Produkte der Beklagten in Deutschland sowie der Festlegung von Standardumsatzwerten und der Verpflichtung der Klägerin, den Markt in Deutschland intensiv zu bearbeiten, enthält der Vertrag keine Regelungen, wie die Klägerin bei dem Absatz der Produkte der Beklagten im einzelnen vorzugehen hatte. Die Vereinbarung von Absatzzielen und/oder die Verpflichtung zur intensiven Bearbeitung des deutschen Marktes, welche auch ohne gesonderte Vereinbarung im eigenen Interessen der Klägerin lagen, reichen ohne nähere Einzelheiten zu der dabei einzuhaltenden Vorgehensweise und/oder damit verbundene Kontroll- oder Weisungsbefugnisse der Beklagten nicht aus, um eine Einbindung in die Absatzorganisation der Beklagten anzunehmen, die der Rechtsstellung eines Handelsvertreters entsprochen hätte. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass der Vertrag abweichend von den schriftlichen Vereinbarungen gehandhabt worden wäre.

Zum anderen bestand auch keine rechtliche Verpflichtung der Klägerin zur Weitergabe von Kundendaten an die Beklagte. Der Jahresrahmenliefervertrag vom 20.12.1999 enthält keine entsprechende Regelung. Eine anderweitige Vereinbarung einer solchen Vertragspflicht ist weder von der Klägerin dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere reicht es nicht aus, dass die Kundendaten der Beklagten aufgrund der Mitteilung entsprechender Lieferadressen bekannt geworden sind. Die Vereinbarung einer Direktbelieferung der Kunden der Klägerin durch die Beklagte diente ersichtlich in erster Linie dem Interesse der Klägerin an einer damit verbundenen Kosten- und Zeitersparnis. Die dadurch erlangten Informationen genügten der Beklagten offenbar auch nicht, da sie nach dem Vorbringen der Klägerin Ende 2002/Anfang 2003 die Weitergabe von Kundendaten verlangt haben soll. Dass die Klägerin nach ihrem Vortrag dieser Aufforderung nachgekommen ist, reicht ebenfalls nicht aus, um von einer vorherigen Einigung der Parteien über eine entsprechende Verpflichtung ausgehen zu können, zumal die Klägerin nichts dazu vorgetragen hat, auf welche Weise zuvor eine solche Vertragsänderung zustande gekommen sein soll. Auch in der Weitergabe der Kundendaten selbst ist keine (konkludente) Änderung des Vertrags vom 20.12.1999 zu sehen, da jedenfalls nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin sich in diesem Verhandlungsstadium auf eine nachträgliche Erweiterung ihrer Verpflichtungen aus dem von der Beklagten gekündigten Vertrag eingelassen hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Gegenstand des Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen des konkreten Einzelfalls. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Beschwer der Klägerin: 40.246,00 €

Beschwer der Beklagten: 29,754,00 €

Berufungsstreitwert: 70.000,00 €



Ende der Entscheidung

Zurück