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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 02.03.2001
Aktenzeichen: 19 U 120/00
Rechtsgebiete: HGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 89 b
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 120/00

Anlage zum Protokoll vom 02.03.2001

Verkündet am 02.03.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, Richterin am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht und Richterin am Oberlandesgericht Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.02.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 86 O 92/98 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 120.076,23 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 01.03.1998 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden zu 46 % dem Kläger und zu 54 % der Beklagten auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte über die im landgerichtlichen Urteil zugesprochenen 71.023,02 DM hinaus ein Anspruch gemäß § 89 b HGB auf Zahlung weiterer 49.053,21 DM zu. Zwar hat der Kläger ausweislich seines Antrags GA 113 nur die Zahlung weiterer 43.053,21 DM verlangt. Hierbei handelte es sich jedoch, wie die Berechnung, die zu diesem Antrag geführt hat, zeigt (GA 121 f.), um ein offensichtliches Schreibversehen, so dass der Antrag, wie geschehen, dahingehend auszulegen war, dass die Zahlung weiterer 49.053,21 DM verlangt wird.

In der Berufungsinstanz streiten die Parteien nur noch um die Einbeziehung von zwei weiteren Mehrfachkunden (F. und V.), die Einbeziehung der dem Kläger gewährten Prämien und Boni in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach der Rohertragsmethode und die Berücksichtigung einer Sogwirkung im Rahmen der Billigkeitsprüfung von lediglich 10 % statt der vom Landgericht angenommenen 25 %.

I. Mehrfachkunden

1) Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei dem Kunden F. nicht um einen berücksichtigungsfähigen Mehrfachkunden. Zwar hat dieser entgegen der Ansicht des Landgerichts am 03.11.1997 trotz der Laufleistung von 1.600 km einen Neuwagen gekauft, was schon daraus folgt, dass die Beklagte dem Kläger für diesen Verkaufsfall einen Neuwagenzulassungsbonus gewährt hat und seitens des Klägers unwidersprochen vorgetragen worden ist, dass die Beklagte dem Kunden F. bei dem Kauf die Dreijahresgarantie für eine Neuzulassung zugebilligt hat (GA 64).

Der Kunde F. ist jedoch bei der Ermittlung des Mehrfachkundenumsatzes des letzten Vertragsjahres deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sein Vorkauf bereits im Juni 1992 erfolgte, mithin außerhalb des bei Autokäufen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, zugrunde zu legenden 5-Jahres-Intervalls (BGH WM 1987, 1462; NJW 1997, 1503 m.w.N.). Der Senat sieht keine Veranlassung, wegen etwaiger von dem Kläger behaupteter Besonderheiten der von ihr vertriebenen Fahrzeuge von diesem 5-Jahres-Intervall abzuweichen.

2) Anders verhält es sich bei dem Kunden V., der ausweislich der vorgelegten Unterlagen im letzten Verkaufsjahr 2 Neufahrzeuge erworben hat und damit mit beiden Umsätzen als Mehrfachkunde zu berücksichtigen ist. Entgegen der Ansicht des Landgerichts beeinflusst die Tatsache, dass der Kläger das im Dezember 1997 an den Kunden V. verkaufte Fahrzeug bei einem anderen Vertragshändler der Beklagten erworben hat, nicht die Berücksichtigungsfähigkeit als Neuwagengeschäft der Klägerin (BGH NJW 1996, 2298). Soweit die Beklagte einwendet, der Verkauf im Dezember 1997 sei ein Ersatzkauf gewesen, vermag der Senat dies anhand der vorgelegten Unterlagen nicht nachzuvollziehen. Zudem verhält sich die Beklagte insoweit widersprüchlich, da sie für beide Verkaufsfälle im Jahre 1997 dem Kläger einen Neuwagenzulassungsbonus gezahlt hat und zwar ausgehend jeweils vom Händler-Einkaufspreis.

II. Prämien und Boni

Nach Ansicht des Senats sind Neuzulassungsboni im Rahmen der Rohertragsmethode bei der Ermittlung des individuellen Rohertrags zu berücksichtigen. Ist Ausgangspunkt der Ermittlung des individuellen Rohertrages die Differenz zwischen Händler-Verkaufs- und Händler-Einkaufspreisen, so wird das daraus gewonnene Ergebnis nur dann nicht verfälscht, wenn man die Zulassungsboni berücksichtigt. Denn diese hat der Händler bei der Kalkulation seiner Verkaufspreise bereits berücksichtigt. Auch die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass die Einnahmen aus den Bonuszahlungen zur festen Kalkulation der Händler gehören.

Es handelt sich bei diesen Boni zudem nicht um händlertypische Rabattanteile und auch nicht um Vergütungen, die dem Händler für verwaltende Tätigkeiten gewährt werden und deshalb nicht berücksichtigungsfähig wären. Diese Boni stellen vielmehr gerade eine Vergütung für die dem Handelsvertreter vergleichbare werbende Tätigkeit des Händlers dar. Sie dienen dem Zweck, den Absatz im Allgemeinen (Zulassungen) oder im Besonderen (Sonderaktionen) zu fördern. Derartige Zusatzprovisionen werden nach den Erkenntnissen des Senats auch Handelsvertretern aus derselben Motivationslage heraus seitens der Unternehmer gewährt.

Auf die mangelnde vertragliche Festlegung, auf die die Beklagte abstellt, kommt es hierbei nicht an. Denn derartige Bonuszahlungen sind nicht nur bei der Beklagten, sondern bei vielen anderen Kfz-Herstellern üblich. Diese jahrelange Übung hat zu mehr oder minder gesicherten - weil ja der prämierte Erfolg seitens des Händlers erst errungen werden muss - Einkünften geführt, die für den Händler mit Beendigung des Vertrages entfallen. Aufgrund der jahrelangen Übung lässt sich auch mit der für die Prognoseentscheidung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Kläger Boni in annähernd gleichem Umfang auch in den folgenden 5 Jahren verdient hätte.

III. Sogwirkung

Der vom Landgericht aus Billigkeitsgründen vorgenommene Abzug von 25 % ist im Ergebnis zutreffend ermittelt. In diesem Zusammenhang ist nicht nur die Sogwirkung der Marke, sondern zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem in der Berufungsinstanz unwidersprochenen Vortrag der Beklagten nunmehr als freier Händler u.a. importierte C.-Fahrzeuge verkauft und weiterhin die Wartung dieser Fahrzeuge durchführt. Letzterem Umstand kommt im Rahmen der Billigkeit eine durchaus erhebliche Bedeutung zu. Noch mehr als bei dem anschließenden Vertrieb eines Konkurrenzprodukts besteht bei der hier vorliegenden Situation die Gefahr, dass der Kläger frühere Käufer der Marke C. an sich bindet und demzufolge die Beklagte ausgleichspflichtige Vorteile zu Lasten des Klägers nun in vermindertem Umfang aus von den von dem Kläger hergestellten Geschäftsverbindungen ziehen kann.

Beide Gesichtspunkte zusammengenommen rechtfertigen im Rahmen der Billigkeit einen Abzug von 25 %.

IV.

Anders als das Landgericht legt der Senat in ständiger Rechtsprechung die vom BGH (NJW 1996, 2302) gebilligte individuelle Rohertragsmethode ausgerichtet am Neuwagengeschäft des letzten Vertragsjahres zugrunde. Danach ergibt sich die im Termin schon ausführlich erörterte folgende Berechnung:

1. UPE-Umsatz netto 1.792.273,46 DM 2. VK-Umsatz netto 1.636.048,47 DM 3. EK-Umsatz netto 1.462.972,17 DM 4. Boni letztes Vertragsjahr 33.961,03 DM 5. Rohertrag % 11,55 6. Mehrfachkunden UPE 356.908,71 DM 7. Bereinigte Provision % 9,05 8. Provisionen mit Mehrfachkunden 32.306,16 DM 9. Provisionsverluste (Pos. 8 x 5) 161.530,80 DM 10. ./. Sogwirkung 25 % 121.148,10 DM 11. Abzinsung nach Gillardon 106.995,37 DM 12. 15 % MWSt 16.049,30 DM Ausgleichsanspruch 123.044,67 DM

Hieraus folgt, dass die Berufung jedenfalls in dem beantragten Umfang gerechtfertigt ist.

V.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer für die Beklagte: 49.053,21 DM

Ende der Entscheidung

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