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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.10.1999
Aktenzeichen: 19 U 138/98
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 542
BGB § 123 Abs. 2
BGB § 142 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 284
BGB § 286
HGB § 352
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
19 U 138/98 20 O 124/98 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 22.10.1999

Verkündet am 22.10.1999

Kutz, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, Richterin am Oberlandesgericht Caliebe und Richterin am Amtsgericht Wester

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 29.07.1998 - 20 O 124/98 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abwiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 18.406,23 DM nebst 5 % Zinsen aus 18.203,33 DM seit dem 16.04.1997 und aus weiteren 202,90 DM seit dem 15.05.1998 zu zahlen. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 1,8 % dem Beklagten und zu 98,2 % der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 47.000,-- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die jeweils zu erbringenden Sicherheiten durch Beibringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu leisten.

Tatbestand:

Die Klägerin, die damals unter dem Namen C. Leasing GmbH firmierte, vermietete an den Beklagten für dessen Bustouristikunternehmen mit Mietkaufvertrag vom 29./30. November 1995 einen gebrauchten I. Reisebus MAN, Typ Century. Diesen Bus hatte der Beklagte zuvor bei der Firma I. Omnibusvertriebs GmbH in S. für 277.000,00 DM bestellt, und zwar zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fa. I. GmbH. In diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unter Ziffer VII bestimmt, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft wird, wobei der Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei Fehlen zugesicherter Eigenschaften unberührt bleiben sollte.

Der Kaufpreis von 277.000,00 DM wurde in dem Mietkaufvertrag der Parteien zur Mietkaufberechnungsgrundlage gemacht. Als Mietbeginn wurde der 1. Januar 1996 vereinbart. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 61 Monaten. Es wurden folgende Mietkaufraten vereinbart, die jeweils am 1. jeden Monats fällig waren:

Januar 1996|23.000,00 DM|Februar und März 1996 jeweils|3.000,00 DM|sodann für die Folgezeit:| |in den Monaten| |April bis Dezember jeweils|5.050,00 DM|in den Monaten| |Januar bis März jeweils|3.000,00 DM|Januar 2001(Schlusszahlung)|51.000,00 DM

Der Bus wurde am 6. Dezember 1995 von dem Beklagten übernommen und auf ihn zugelassen. Er wies zu diesem Zeitpunkt eine Gesamtlaufleistung von rund 340.000,00 km auf; die Erstzulassung des Busses war am 1. September 1992 erfolgt.

Im Januar 1996 machte der Beklagte mehrere Mängel des Busses gegenüber der Klägerin geltend. Wegen dieser Mängel einigte er sich sodann mit dem Lieferanten durch Vermittlung der Klägerin auf einen von diesem zu zahlenden Abstandsbetrag in Höhe von 4.000,00 DM.

Mit Schreiben vom 6. März 1997 machte der Beklagte erneut mehrere Mängel des Fahrzeugs gegenüber der Klägerin geltend und forderte diese auf, die Mängel bis zum 10. April 1997 zu beseitigen. Nach Einholung eines Gutachtens der Fa. DEKRA AG vom 13. März 1997, in dem festgestellt wurde, dass es Beweise und Indizien dafür gibt, dass der Bus nicht unfallfrei ist, erklärte der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 19. März 1997 gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Mietkaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Der Beklagte stellte sodann die Mietzahlungen ein und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 9. April 1997 unter Hinweis darauf, dass der Bus zum 15. April 1997 abholbereit zur Verfügung steht, auf, die geleistete 1. Rate (= Sonderzahlung) in Höhe von 23.000,00 DM abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 4.791,67 DM, insgesamt also 18.208,33 DM an ihn bis zum 15. April 1997 zurückzuzahlen. Eine Zahlung seitens der Klägerin erfolgte nicht.

Nachdem der Beklagte auch die Rate für den Monat Mai 1997 nicht an die Klägerin gezahlt hatte, kündigte diese den Mietkaufvertrag mit Schreiben vom 26. Mai 1997 fristlos und forderte den Beklagten zur unverzüglichen Herausgabe des Busses auf. Nach Rückgabe des Busses veranlasste die Klägerin eine Wertschätzung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen, der einen Händlereinkaufswert in Höhe von 80.000,00 DM ermittelte. Anschließend veranlasste sie eine Instandsetzung des Busses. Insgesamt wandte die Klägerin für die Abholung des Fahrzeugs, die Einholung des Sachverständigengutachtens und die Instandsetzung des Busses 16.044,21 DM auf. Nach Instandsetzung verleaste die Klägerin den Bus an die Fa. S. auf der Basis einer Leasingberechnungsgrundlage von 185.000,00 DM.

Die Klägerin hat mit der Klage von dem Beklagten die Zahlung der bis zur Kündigung ausstehenden Mietkaufraten, sowie als Schadensersatz die abgezinsten künftigen Mietkaufraten zuzüglich einer Vorfälligkeitsentschädigung verlangt, die sie in Höhe von 9.211,90 DM an die refinanzierende Bank gezahlt habe will. Insgesamt hat die Klägerin folgenden Anspruch gegen den Beklagten errechnet, den sie mit der Klage geltend gemacht hat:

ausstehende Mietkaufraten:| | |8/96, 4/97 + 5/97 = 3 x 5.050,00 DM|15.150,00 DM| |1/97 + 2/97 = 2 x 3.000,00 DM|6.000,00 DM| | |21.150,00 DM|21.150,00 DM|abgezinste Mietkaufraten|220.055,02 DM| |./. Nettoverwertungserlös|168.955,79 DM| | |51.099,23 DM|51.099,23 DM|Vorfälligkeitsentschädigung| |9.211,90 DM| | |81.461,13 DM|./. Mehrwertsteuergutschrift| |37.455,00 DM| | |44.006,13 DM

Sie hat die Ansicht vertreten, der Beklagte könne im Hinblick auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss keine Gewährleistungsansprüche gegen sie geltend machen. Er habe deshalb den Mietkaufvertrag auch nicht wegen der behaupteten Mängel kündigen können.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zur verurteilen, an sie 44.006,13 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank auf jeweils 3.000,00 DM seit dem 01.01. und 01.02.1997 und auf jeweils 5.050,00 DM seit dem 01.08.1996, 01.04. und 01.05.1997, sowie auf 22.856,13 DM seit dem 13.12.1997 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat widerklagend beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an ihn 19.532,21 DM nebst 10 % Zinsen aus 18.203,33 DM seit dem 16.04.1997 und aus weiteren 1.328,88 DM seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Der Beklagte hat behauptet, die Fa. I. GmbH sei ihm als Lieferant von der Klägerin vermittelt worden. Seit dem 29. Dezember 1995 habe er den Bus bis März 1997 insgesamt 15mal in Reparatur geben müssen. Gleichwohl hätten im März 1997 noch erhebliche nicht behobene Defekte vorgelegen, durch die der Bus insbesondere für Fernreisen untauglich gewesen sei. Bei dem Bus habe es sich um einen Finanzierungsrückläufer gehandelt, der von der Klägerin bereits an einen Vorbesitzer vermietet gewesen sei, von diesem aber zurückgegeben worden sei. Der Klägerin sei die Reparaturanfälligkeit des Busses aufgrund der Angaben des Vormieters, des Zeugen B., bekannt gewesen. Der Bus habe außerdem einen gravierenden Unfallvorschaden gehabt, welcher der Klägerin ebenfalls bekannt gewesen sei. Er sei deshalb zur Anfechtung des Vertrages berechtigt gewesen. Jedenfalls stehe ihm ein Kündigungsrecht zu, da der Gewährleistungsausschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin unwirksam sei.

Mit seiner Widerklage hat der Beklagte von der Klägerin die Rückzahlung der von ihm bei Vertragsbeginn geleisteten Sonderzahlung in Höhe von 23.000,00 DM abzüglich einer Nutzungsentschädigung für 13 Monate à 319,44 DM = 4.152,72 DM und zuzüglich der von ihm für das DEKRA-Gutachten und für eine Achsvermessung aufgewandten Beträge von 361,23 DM und 323,70 DM verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Durch Urteil vom 29.07.1998, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Kündigung des Mietkaufvertrages durch die Klägerin für wirksam gehalten, da der Beklagte weder durch seine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung noch durch die fristlose Kündigung den Vertrag zuvor wirksam beendigt habe.

Gegen dieses ihm am 04.08.1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 02.09.1998 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.11.1998 mit einem am selben Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

In der Berufungsinstanz wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er vertritt zusätzlich die Ansicht, dass der Mietkaufvertrag sowohl wegen Wuchers als auch wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Landgerichtsurteils nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen,

hilfsweise,

dem Beklagten nachzulassen, etwaige Sicherheit durch die Beibringung einer Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse erbringen zu können.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen; im Falle der Anordnung einer Sicherheitsleistung der Klägerin nachzulassen, diese auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu leisten.

Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie tritt den Ausführungen des Beklagten zum Wucher und zur Sittenwidrigkeit des Vertrages entgegen. Darüber hinaus vertritt sie insbesondere die Ansicht, dass das Kündigungsrecht gem. § 542 BGB durch Ziff. 2.8 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen sei.

Der Senat hat gem. Beweisbeschluss vom 23.04.1999 (Bl. 213, 213R d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B., Sch. und Schw. sowie des sachverständigen Zeugen N.. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 231 ff. d. A. verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst eingereichter Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keine Ansprüche aus der von ihr erklärten Kündigung des Mietkaufvertrags zu, da der Beklagte den Vertrag bereits zuvor wirksam angefochten hatte. Hingegen stehen dem Beklagten gegen die Klägerin Ansprüche in Höhe von 17.721,30 DM gem. 812 Abs. 1 BGB und in Höhe von 684,93 DM aus Verschulden bei Vertragsschluss zu.

I.

Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin den Beklagten bei Abschluss des Mietkaufvertrages arglistig getäuscht hat, indem der Zeuge S., dessen Handeln sich die Klägerin zurechnen lassen muss, dem Beklagten - jedenfalls - die Reparaturanfälligkeit des Busses sowie die bestehenden Probleme mit den Vorderreifen verschwiegen hat. Allein dieser Umstand berechtigte den Beklagten zur Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, ohne dass es noch darauf ankommt, ob der Bus einen - nicht ordnungsgemäß reparierten - Unfallschaden aufweist, wofür allerdings nach Ansicht des Senats alles spricht.

Dass es sich bei dem Bus um ein sehr reparaturanfälliges Fahrzeug handelte, der insbesondere ein - in den Ursachen damals nicht abschließend geklärtes - Problem im Bereich der Vorderachse hatte, und dass dem Zeugen S. dies im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietkaufvertrages bekannt war, steht nicht nur aufgrund der Aussage des Zeugen B., sondern auch aufgrund der Aussage des Zeugen S. fest.

Der Zeuge B. hat glaubhaft bekundet, dass die hohe Reparaturanfälligkeit (Kupplung, Getriebe, Reifen etc.) und der damit verbundene häufige Ausfall des Busses ihn wirtschaftlich derartig belastet haben, dass er die Raten für den Bus nicht mehr zahlen konnte, zumal im Zeitpunkt der Rückgabe des Busses an den Zeugen S. schon wieder Reparaturen in Höhe eines Betrages von 20.000,00 DM angestanden hätten. Er hatte während seiner nur ca. 2jährigen Besitzzeit bereits Reparaturkosten von rund 70.000,00 DM aufgewandt. Darüber hinaus hat nach seinen Angaben an dem Bus ein ungeklärtes Problem an der Vorderachse bestanden. Die Vorderreifen seien jeweils nach ungewöhnlich kurzer Laufzeit beide innen abgefahren gewesen. Er habe deshalb während seiner Besitzzeit 3 Reifensätze verschiedener (Marken-) Firmen montiert und bei allen den schnellen Verschleiß gehabt. Im Zeitpunkt der Rückgabe des Busses seien die Vorderreifen bereits wiederum - wie beschrieben - abgefahren gewesen. Letzteres wird bestätigt durch das aus Anlass der Rückgabe des Busses durch den Zeugen B. von der Klägerin eingeholte DAT-Schätzgutachten vom 16.11.1995 (Bl. 247 ff. d. A.), demzufolge die Vorderreifen Marke Dunlop innen abgefahren waren (Bl. 248, 251 d. A.). Zudem hat der Zeuge B. bekundet, dass er dem Zeugen S. bei Rückgabe eine Mängelliste übergeben habe, aus der sich unter anderem ergeben habe, dass die Bremsen des Busses nicht mehr hielten, obwohl noch der halbe Bremsbelag vorhanden war. Auch dies wird durch das bereits genannte DAT-Gutachten bestätigt, demzufolge die Bremswerte nicht in Ordnung waren (Bl. 251 d. A.).

Der Zeuge S. hat diese Aussage des Zeugen B. weitgehend bestätigt. Ihm war nach seinen Angaben bekannt, dass der Zeuge Probleme mit den Schaltzügen zum Getriebe, dem Getriebe und der Kupplung sowie insbesondere mit den Vorderreifen hatte. Er hat alledem lediglich kein Gewicht bei beigemessen, was daraus folgt, dass er den Verschleiß der Vorderreifen auf die - nach Aussage des Zeugen B. und dem DAT-Gutachten nicht vorhandene - schlechte Qualität der von dem Zeugen B. aufgezogenen Reifen geschoben hat. Nach seinen eigenen Worten hat er sich um dieses Problem überhaupt nicht gekümmert.

Der Zeuge S. hat es unterlassen, dem Beklagten diese ihm bekannten Informationen über den Bus mitzuteilen, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Denn sowohl die hohe Reparaturanfälligkeit des Busses als auch insbesondere das - in seiner Ursache damals ungeklärte - Problem des schnellen Abfahrens der Vorderreifen waren offenbarungspflichtige Tatsachen. Derartige Umstände sind ersichtlich für den Kauf-/Mietkaufentschluss eines Busunternehmers, der darauf angewiesen ist, dass er den Bus ständig einsetzen kann, von ausschlaggebender Bedeutung. Sie müssen daher ungefragt offenbart werden. Dies war dem Zeugen S., der in dieser Branche seit Jahren tätig ist, auch bewusst. Er war daher zur Offenbarung dieser Umstände verpflichtet, selbst wenn er möglicherweise aufgrund der ihm ebenfalls bekannten Vermessungsergebnisse bei der Fa. M. davon überzeugt war, dass diese einen "harmlosen" Hintergrund hatten. Jedenfalls wusste er aufgrund des DAT-Gutachtens, das nach seinen Bekundungen für ihn stets Grundlage der dann bei ihm durch die Klägerin in Auftrag gegebenen Reparatur des Busses war, dass z. B. das Vorderreifenproblem weiterhin bestand. Indem er dem Beklagten all dies verschwiegen hat, obwohl er um die Bedeutung dieser Umstände für den Kaufentschluss des Beklagten wissen musste, hat er diesen arglistig getäuscht. Diese bei Abschluss des Kaufvertrages mit dem Zeugen S. erfolgte arglistige Täuschung hat fortgewirkt auf den nahezu zeitgleich von dem Beklagten abgeschlossenen Mietkaufvertrag mit der Klägerin.

Die Klägerin muss sich die arglistige Täuschung durch den Zeugen S. anrechnen lassen, da er nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist. Dritter ist nur ein am Geschäft Unbeteiligter. Kein Dritter ist, wer auf Seiten des Erklärungsgegners (hier der Klägerin) steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Aufgrund der Aussage des Zeugen S. steht fest, dass sich die Klägerin dessen Täuschungshandlung zurechnen lassen muss. Denn zwischen der Klägerin und dem Zeugen S. bestand bezüglich dieses Busses eine ständige Geschäftsbeziehung. So war es schon der Zeuge S., der für den Zeugen B. während dessen Vertragslaufzeit mit der Klägerin Ansprechpartner für alles war, was den Bus anbetraf. Sodann hat der Zeuge B. den Bus auf Weisung der Klägerin dem Zeugen S. zurückgegeben. Dort ist er im Auftrag der Klägerin -jedenfalls behauptet der Zeuge S., dass dies immer so geschehen sei- repariert worden und sodann vom Zeugen S. von der Klägerin zurückgekauft wurde. Ganz entscheidend ist aber, dass der Beklagte durch den Mitarbeiter der Klägerin, den Zeugen H., an den Zeugen S. verwiesen worden ist, als der Beklagte einen Bus suchte, den er über die Klägerin finanzieren wollte. Dies hat der Zeuge S. entgegen der Darstellung der Klägerin ausdrücklich und vor allem ungefragt bei seiner Vernehmung erklärt.

Aufgrund der nach alledem wirksamen Anfechtung des Mietkaufvertrages durch den Beklagten ist dieser gem. § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen mit der Folge, dass dem Beklagten gegen die Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der Sonderzahlung aus § 812 Abs. 1 BGB zusteht. Im Rahmen der Saldotheorie muss sich der Beklagte allerdings die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Dem hat der Beklagte Rechnung getragen, indem er ein auf die Laufzeit des Mietkaufvertrages bezogenes monatliches Nutzungsentgelt errechnet und dieses mit der Zahl der Monate, während der er den Bus benutzt hat, multipliziert hat. Hierbei ist ihm allerdings insoweit ein Fehler unterlaufen, als er von einer Vertragslaufzeit von 72 Monaten ausgegangen ist. Tatsächlich sollte diese jedoch nur 61 Monate betragen (Bl. 1 AH). Dementsprechend ergibt sich folgende Berechnung:

23.000,00 DM : 61 = 377,05 DM

377,05 DM x 14 Monate (01/96 - 02/97)

= 5.278,70 DM Nutzungsentgelt.

Abgezogen von 23.000,00 DM ergibt sich damit eine Rückzahlungsforderung des Klägers in Höhe von 17.721,30 DM.

Die Klägerin, die für ein höheres anzurechnendes Nutzungsentgelt darlegungs- und beweispflichtig ist, hat nur gerügt, dass der von dem Beklagten vorgenommene Abzug zu gering sei. Dies reicht erkennbar nicht aus und trifft zudem deshalb nicht zu, weil der Beklagte während der Laufzeit des Mietkaufvertrages ohnehin schon über 35.000,00 DM Miete, mithin Nutzungsentgelt, gezahlt hat.

II.

Der Anspruch des Beklagten auf Ersatz der Gutachter- und Vermessungskosten in Höhe von 684,93 DM folgt aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.). Hätte der Zeuge S., dessen Verhalten, wie ausgeführt, die Klägerin sich zurechnen lassen muss, den Beklagten über die Reparaturanfälligkeit und insbesondere den nicht geklärten Fehler im Bereich der Vorderreifen aufgeklärt, hätte der Beklagte den Bus nicht gekauft. Er ist daher so zu stellen, wie er ohne den Vertragsschluss stehen würde. Dann hätte er die Untersuchungskosten nicht aufwenden müssen. Sie stellen daher einen ersatzfähigen Schaden dar.

III.

Zinsen stehen dem Beklagten als Kaufmann lediglich in Höhe von 5 % gem. §§ 284, 286 BGB, § 352 HGB zu. Die Klägerin hat die von dem Beklagten geltend gemachten Zinsen in Höhe von 10 % bestritten; der Beklagte hat für einen weitergehenden Zinsschaden nichts dargelegt und auch keinen Beweis angetreten.

IV.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,92, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 63.538,34 DM.

Wert der Beschwer für die Klägerin: 62.412,36 DM.

Wert der Beschwer für den Beklagten: 1.125,98 DM.

Ende der Entscheidung

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