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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 17.12.2004
Aktenzeichen: 19 U 153/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 771
BGB § 1191
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 153/03

Anlage zum Protokoll vom 17.12.2004

Verkündet am 17.12.2004

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Eickmann-Pohl und den Richter am Oberlandesgericht Conzen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 29. Juli 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen (41 0 33/03) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des nach diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Wege der Vollstreckungsgegenklage Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde des Notars E in T vom 5. Oktober 1981. Hilfsweise begehrt er im Wege der Stufenklage die Verurteilung der Beklagten zur Auskunfts- und Rechnungslegung. Mit einem sich nach der Erteilung der Auskunft eventuell zu seinen Gunsten ergebenden Zahlungsanspruch hat er bereits die Aufrechnung gegen die der Vollstreckung aus der Grundschuld zugrundeliegende Forderung der Beklagten erklärt.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger betreibt in S nahe der Grenze zu Belgien und den Niederlanden eine "F"-Tankstelle. Die Eltern des Klägers haben der Rechtsvorgängerin der Beklagten aufgrund des Tankstellenverwaltervertrages vom 23. September/5. Oktober 1981 für deren Forderungen aus dem Vertragsverhältnis die o.g. Buchgrundschuld über 100.000 DM nebst 10 v.H. Jahreszinsen an ihrem Hausgrundstück gestellt und zugleich den jeweiligen Eigentümer gemäß § 800 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterworfen. Gleichzeitig haben sie für die Zahlung des Grundschuldkapitals einschließlich der Nebenleistungen die selbstschuldnerische Haftung übernommen. Das belastete Hausgrundstück befindet sich nunmehr im Miteigentum des Klägers und seiner Ehefrau. Die vollstreckbare Urkunde ist dem Kläger zugestellt worden.

Die finanzielle Abwicklung der Vertriebstätigkeit des Klägers erfolgt über ein Sonderkonto, auf das die Einnahmen aus dem Kraftstoffagenturgeschäft sowie aus den vom Kläger getätigten Shopgeschäften eingezahlt werden und von dem die Beklagte zu ihren Gunsten jeweils tageweise Lastschriften zieht. Grundlage hierfür ist eine Vereinbarung zwischen den Parteien aus dem Jahre 1996.

Die wirtschaftliche Situation bezüglich der Tankstelle verschlechterte sich für den Kläger ab 1999/2000. Er führt diese Entwicklung auf die zu den unmittelbaren Nachbarländern Belgien und Holland bestehenden Preisdifferenzen beim Kraftstoff sowie auf einen ihm angeblich oktroyierten Umbau des Tankstellengebäudes Anfang 2000 zurück, bei dem die Verkaufsfläche von 31 qm auf 61 qm vergrößert worden ist. Der Kläger betreibt seitdem zusätzlich einen "Backshop". Nach Durchführung der Erweiterungsmaßnahme ist die Pacht von damals 7.000 DM mtl. zunächst auf 9.000 DM angehoben, später einvernehmlich wieder auf 7.000 DM reduziert worden. Nach zwischenzeitlich erfolgten weiteren Reduzierungen beträgt die Pacht derzeit 1.500 €. Trotz gemeinsamer Bemühungen der Parteien ab August 2000, bei der die Beklagte dem Kläger finanziell entgegengekommen ist, verbesserte sich die Einnahmensituation bis Sommer 2002 nicht. Einen Besprechungstermin bei der Beklagten zur Klärung des weiteren Vorgehens nahm der Kläger gleichwohl nicht wahr. Die Beklagte errechnete daraufhin mit Schreiben vom 14. Juni 2002 eine ausstehende Forderung aus Kraftstoffagenturverkäufen in Höhe von seinerzeit 108.964,27 € und kündigte an, von der Grundschuld Gebrauch zu machen. Im Anschluss daran geführte Vergleichsbemühungen zwischen den Parteien scheiterten. Der Kläger wirft der Beklagten eine verfehlte Einnahmenkalkulation bei der Planung der Tankstellerweiterung und fehlende Rücksichtnahme vor. Er hält die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldurkunde für unzulässig, denn die Inanspruchnahme der Sicherheit sei angesichts seiner - nach seiner Auffassung unverschuldeten - finanziellen Situation rechtsmissbräuchlich. Er berühmt sich zudem eines eigenen Zahlungsanspruchs gegen die Beklagte, welchen er aus der Praxis der Abrechnung der Agenturumsätze mit Kreditkunden (dabei soll es sich um einen Anteil von 80% der Kundschaft handeln) herleitet. Die aus diesen Geschäften erzielten Einnahmen habe er nämlich jeweils sofort an die Beklagte in Form der tageweise erfolgenden Lastschriftabbuchungen abführen müssen, die Beträge seien ihm aber erst viel später gutgeschrieben worden. Darin sieht der Kläger einen Verstoß der Beklagten gegen ihre Vertragspflichten aus dem Tankstellenverwaltervertrag und leitet daraus gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Form eines Zinsschadens her. Der Kläger berechnet (und schätzt) diesen bezogen auf die letzten 20 Vertragsjahre mit insgesamt 21.600,-- €. Er hat mit diesem Anspruch gegenüber der Forderung der Beklagten aus der laufenden Geschäftsverbindung die Aufrechnung erklärt.

Mit der hilfsweise erhobenen Stufenklage begehrt der Kläger Auskunft hinsichtlich eines Zahlungsanspruchs im Zusammenhang mit den Warenverkäufen im Tankstellenshop. Der Kläger, der Waren teils über die Beklagte zu von dieser vorgegebenen Preisen eingekauft hat, ist der Ansicht, die Beklagte schulde ihm im Rahmen des von ihr durchgeführten Zentraleinkaufs, welcher ihr überdurchschnittliche Gewinnmargen eingebracht habe, Auskunft hinsichtlich der bei ihren Lieferanten erzielten Rabatte, Boni und Werbekostenzuschüsse. Diese Vorteile stünden der Beklagten als Einkaufskommissionärin nicht zu, vielmehr habe der Kläger diese zu beanspruchen.

Der Kläger hat in erster Instanz folgende Anträge gestellt:

1.

die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars I E in T vom 5. Oktober 1981 - UrkNr. ####/81 - betreffend die Bestellung einer Grundschuld in Höhe von 100.000 DM zu Lasten des im Grundbuch von C, Blatt 1471 (Wohnungsgrundbuch), zu 124/322 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur 13, Flurstück 166, Hof- und Gebäudefläche, X-Straße 14, eingetragenen Grundbesitzes gegen die jeweiligen Eigentümer für unzulässig zu erklären;

2.

hilfsweise im Wege der Stufenklage

2.1. in der ersten Stufe

die Beklagte zu verurteilen, Auskunft und Rechenschaft zu erteilen über die ihr selbst oder mit ihr verbundenen Unternehmen oder Gesellschaften des SGF-Konzerns oder dessen Rechtsvorgängern von Zulieferern im Zusammenhang mit dem Einkauf im Shopbereich der Tankstelle des Klägers im Zeitraum 1. November 1981 bis 31. Mai 2002 gewährten Einkaufsvorteile wie Mengenrabatte, Boni, Werbekostenzuschüsse und Provisionen;

2.2. in der zweiten Stufe

die Zwangsvollstreckung aus der in Ziffer 1. genanten Grundschuldbestellungsurkunde insoweit für unzulässig zu erklären, als die mit der Grundschuld abgesicherte Forderung der Beklagten aufgrund der Hilfsaufrechnung mit der sich aus der Auskunft gemäß Ziffer 2.1. des Hilfsantrags ergebenden Forderung des Klägers gegen die Beklagte erloschen ist.

Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat den Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Sicherheit im Einzelnen begründet zurückgewiesen. Sie hat darauf hingewiesen, die schlechte wirtschaftliche Situation des Klägers sei insbesondere auf großzügige Privatentnahmen in der kritischen Zeit (etwa 2000) zurückzuführen. Aufrechenbare Gegenansprüche bestünden - ungeachtet des in § 4 des Tankstellenverwaltervertrages vereinbarten Aufrechnungsverbotes - nicht, da das System der Kreditkartenvorfinanzierung auf einer eigenen unternehmerischen Entscheidung des Klägers beruht habe. Finanzielle Nachteile des Klägers aus der Zentralkfakturierung der Shopware seien ebenfalls nicht ersichtlich und daher auch die hilfsweise erhobene Stufenklage unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und die Auffassung vertreten, dass die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde nicht unzulässig sei. Das Bestehen aufrechenbarer Gegenansprüche des Klägers hat die Kammer verneint. Auf den Inhalt der Entscheidung wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO wegen aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitsandes Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die oben dargestellten erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Er hält die Grundschuldbestellung für unwirksam, da sie u.a. wegen Übersicherung der Beklagten nichtig sei und gegen Vorschriften des AGBG verstoße. Zudem sei der von der Beklagten geltend gemachte Zahlungsanspruch, jedenfalls soweit er rückständigen Pachtzins und Zahlungsrückstände aus dem Shopgeschäft betreffe, nicht von der getroffenen Sicherungsabrede gedeckt. Ein Verzug des Klägers mit Zahlungsansprüchen habe auch nicht vorgelegen, da die Beklagte ihre Forderungen nicht ordnungsgemäß angemahnt habe. Der Kläger wiederholt und vertieft im Übrigen sein erstinstanzliches Vorbringen zur rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Grundschuld, die er insbesondere mit dem nach seiner Auffassung unrechtmäßigen Abbuchungsverhalten der Beklagten begründet. Der Kläger teilt schließlich nicht die Bedenken des Landgerichts hinsichtlich der Unzulässigkeit der hilfsweise erhobenen Stufenklage. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlage verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das landgerichtliche Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage.

A) Vollstreckungsgegenklage:

Die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der Grundschuldurkunde wegen des zurzeit bestehenden Schuldsaldos ist nicht unzulässig. Gemäß § 5 2. des Tankstellenverwaltervertrages war die Beklagte berechtigt, im Fall des Verzugs des Klägers mit den Zahlungen auf die persönliche Schuldverpflichtung nach schriftlicher Ankündigung die ihr eingeräumten Sicherheiten zu verwerten. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 4. Juni 2002 wegen eines seinerzeit unstreitig bestehenden Saldos in Höhe von 79.001,35 € die Zwangsvollstreckung angekündigt und diese Ankündigung mit Schreiben vom 14. Juni 2002 wiederholt. Die Schuld ist bisher nicht vollständig getilgt; nach der übereinstimmenden Erklärung der Parteien im Verhandlungstermin vom 12. November 2004 betrug die Forderung der Beklagten aus der Geschäftsverbindung, auf die der Kläger lediglich vorübergehend Ratenzahlungen geleistet hat, ohne Berücksichtigung der laufenden Geschäfte noch 31.545,82 €.

Die vom Kläger erhobenen Einwendungen greifen nicht.

1.

Der Kläger, der die Vollstreckungsgegenklage in erster Instanz ausschließlich mit dem Argument der rechtsmissbräuchlichen Nutzung des Titels durch die Beklagte begründet hat, macht mit der Berufung Einwendungen gegen die Grundschuldbestellung als solche sowie aus der Sicherungsabrede geltend. Beide Gesichtspunkte verhelfen dem Rechtsmittel des Klägers, wie auszuführen sein wird, nicht zum Erfolg. Damit erübrigt sich eine Prüfung, ob der teils neue Vortrag des Klägers unter dem prozessualen Gesichtspunkt des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO Berücksichtigung im Berufungsverfahren finden dürfte.

Eine Übersicherung der Beklagten durch die Grundschuld sowie durch die weiteren Sicherheiten, welche die Nichtigkeit der Bestellung der Sicherheit zur Folge hätte, besteht nicht. Soweit der Kläger die nach seiner Auffassung zu Gunsten der Beklagten bestehende Übersicherung aus dem Umstand herleiten will, dass nach seiner Auslegung der Sicherungsabrede in § 5 des Tankstellenverwaltervertrages eine Grundschuld lediglich für eine Hauptforderung in Höhe von 100.000 DM bestellt werden sollte, während die formularmäßig bestellte Grundschuld darüber hinaus Nebenleistungen in Höhe von jährlich 10 % vorsieht, greift dieser Einwand nicht. Es ist bereits fraglich, ob der Sicherungsabrede im Vertrag überhaupt der Ausschluss von Zinsen bezüglich des Grundpfandrechts entnommen werden kann. Die Stellung der Sicherheit durch den Kläger ist dort nur allgemein beschrieben und festgelegt worden. Ganz üblicherweise werden Grundschulden jedoch mit einem Nebenkostenanteil sowie Zinsen vereinbart. Der Senat neigt daher zu der Auslegung der Sicherungsabrede, dass diese die Gestellung eines Grundpfandrechts in der gängigen und üblichen Ausgestaltung, d.h. einschließlich eines Zinsanteils, beinhaltete.

Selbst wenn man dem nicht folgt, liegt in der Bestellung der Grundschuld zuzüglich 10% Jahreszinsen nicht eine unzulässige (anfängliche) Übersicherung, die zur Unwirksamkeit der Bestellung führen würde. Da Kapital und Zinsen der Grundschuld nur den Sicherungsrahmen abgeben, den der Eigentümer dem Gläubiger stellt, und sich der Gläubiger aus der bestellten Sicherheit nur nach Maßgabe des zugrundeliegenden Schuldverhältnisses befriedigen darf, ist die Vereinbarung von Zinsen nicht schon als solche bedenklich (Wolfsteiner in: Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Auflage, § 75 III b) und stellt auch im Falle formularmäßiger Vereinbarung keine unangemessene Benachteiligung des Sicherungsgebers dar. Soweit in der Literatur vereinzelt (Clemente/Lenk, ZfIR 2002, 337 ff.) die Frage der Sittenwidrigkeit der Grundschuldbestellung unter dem Gesichtspunkt der "planmäßigen Übersicherung" durch überhöhte Zinsen diskutiert wird, bietet die vorliegende Fallgestaltung keinen Anlass zu einer grundsätzlichen Klärung. Clemente/Lenk geben zu bedenken, dass in der Praxis regelmäßig und formularmäßig Grundschuldzinsen in Höhe von 14 bis 18 % vorgegeben werden. Im Hinblick darauf, könne allein durch die "tickende Zinsuhr" daher in "geeigneten Fällen" (diese werden nicht näher dargelegt) eine solche Besicherung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein. Die zwischen den Parteien vereinbarte Zinshöhe der Grundschuld liegt mit 10 % aber deutlich unterhalb der üblicherweise vereinbarten Sätze. Eine übermäßige, im Falle der Zwangsvollstreckung zu realisierende, Sicherung verschafft die Grundschuld der Beklagten daher nicht. Zu berücksichtigen ist zwar, dass das dingliche Recht die Zinsen von Beginn der Bestellung an sichert, jedoch nehmen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG nur die laufenden und rückständigen Zinsen der letzten zwei Jahre am Rang der Grundschuld teil. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sich bei der hier gegebenen Fallkonstellation ein Betrag errechnet, welcher die Grundschuldsumme im Höchstfall um 30% übersteigt, sie bei der Verwertung des Grundstücks insgesamt also bis zu 130.000 DM erzielen könnte. Der Senat hält diesen Betrag weder für eine unvorhersehbare noch für eine unzulässige Ausdehnung des Rahmens der Sicherheit. Der Inanspruchnahme für Zinsen kann vom Eigentümer im Übrigen mit der Einrede der Verjährung (§ 902 Abs. 2 Satz 2 BGB, 195, 197 Abs. 2 BGB) teilweise begegnet werden, denn Grundschuldzinsen verjähren (so die neuere Rechtsprechung des BGH, vgl. NJW 1999, 3705) innerhalb von drei Jahren. Auch die weiteren theoretischen Überlegungen des Klägers, die sämtlich der zitierten Veröffentlichung entstammen, ändern an der Verneinung der Sittenwidrigkeit der Bestellung der Sicherheit nichts. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er durch die nach seiner Auffassung unzulässige Zinsvereinbarung (etwa in Gestalt der befürchteten "faktische Beleihungssperre" seines Grundstücks) konkret benachteiligt wäre. Die gesamte Argumentation des Klägers leidet schließlich an einem grundsätzlichen Mangel, indem er den Gesichtspunkt übersieht (und übergeht), dass selbst im Falle des Vorliegens eines objektiven Missverhältnisses zwischen der Höhe der gesicherten Forderung und der gewährten Sicherheit dieser Umstand nicht automatisch zur Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages führen würde. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn nach Inhalt, Beweggrund und Zweck (insbesondere der Gesinnung des Sicherungsnehmers) Sittenwidrigkeit anzunehmen ist (BGH WM 1994, 1161; NJW 1998, 2047). Dafür hat der Kläger aber keine Tatsachen vorgetragen. Die Höhe der von ihm aus der Geschäftsverbindung mit der Beklagten geschuldeten Beträge hat die Grundschuldsumme vorübergehend deutlich überschritten. Die Beklagte hat gleichwohl von Anfang an zu erkennen gegeben, dass sie über den Bestand der Forderung von 100.000 DM hinaus die Zwangsvollstreckung nicht betreiben werde. Die Beklagte ist auch nicht durch weitere Sicherheiten so abgesichert, dass die Inanspruchnahme aus der Grundschuldbestellungsurkunde als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre. Die erst während des Rechtsstreits gestellte Bürgschaftserklärung des Kreditinstituts des Klägers über 35.000 € ist zeitlich begrenzt auf die Dauer des Prozesses. Sie dient derzeit der Abwendung weiterer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Beklagten, verschafft ihr aber keine dauerhafte Sicherheit.

Die von den Eltern des Klägers seinerzeit übernommene persönliche Haftung entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks. Daher sind die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16. November 2004 unerheblich. Die (allein dingliche) Haftung des Klägers und seiner Ehefrau in Ansehung der Grundschuld folgt demgegenüber in zulässiger Weise aus § 800 ZPO.

2.

Soweit der Kläger weiter geltend macht, das Grundpfandrecht decke den derzeit geltend gemachten Schuldsaldo nicht (vollständig) ab, da allein die Forderungen der Beklagten aus dem Agenturgeschäft hätten besichert werden sollen, führt auch dieser Einwand nicht zum Erfolg. Die Rechte und Pflichten der an einem Sicherungsvertrag Beteiligten werden, was zulässig ist, vielfach nicht in den Einzelheiten beschrieben und festgelegt. Sie ergeben sich aus dem Inhalt und Zweck des Verhältnisses, aus dem die durch die Grundschuld zu sichernden Forderungen erwachsen (BGH NJW-RR 1991, 305). Eine Einschränkung des Sicherungszwecks der Grundschuld in der vom Kläger behaupteten Weise folgt aus den vertraglichen Formulierungen aber gerade nicht. Gemäß § 5 Abs. 1 des Tankstellenverwaltervertrages hatte der Kläger das Grundpfandrecht "zur Sicherung aller Forderungen aus der Geschäftsverbindung und der Freistellung des Agenturbestandes" zu bestellen. Die Sicherung sollte insbesondere dem Zweck dienen, diejenigen Verbindlichkeiten abzudecken, welche nicht durch Eigentumsvorbehalt oder Abführung von Barerlösen (§ 3 Abs. 1 des Vertretervertrages) abgesichert waren. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck dieser Abrede unterliegt es keinem Zweifel, dass von der Grundschuld nicht nur die Forderungen der Beklagten aus dem Agenturgeschäft mit Kraftstoffen, sondern alle Verbindlichkeiten des Klägers erfasst sein sollten, mit deren Bestehen und Entstehen die Parteien rechneten bzw. rechnen mussten. In welcher Weise sich der Schuldsaldo zusammensetzt, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung unerheblich, da es sich um Forderungen aus der beiderseitigen Geschäftsverbindung handelt. Die Verpflichtung des Klägers zu Pachtzahlungen war im Übrigen Bestandteil des ursprünglichen Verwaltervertrages. Hinsichtlich der anfangs vom Kläger in Eigenregie und auf eigene Rechnung durchgeführten Verkaufsgeschäfte sah § 3 des Tankstellenverwaltervertrages auch vor Einführung der Zentralfakturierung den Bezug der Waren "vorrangig" durch die Beklagte vor. Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beklagten aus Belieferungen mit solchen Waren können aus der Sicherung daher nicht herausgenommen werden, da sie ohne weiteres vorhergesehen werden konnten.

Soweit der Kläger ferner einwendet, es sei aufgrund des Tankstellenverwaltervertrages nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass der Beklagten im Rahmen des im Jahre 1996 eingeführten Zentralfakturierungssystems eine Abbuchungsermächtigung hinsichtlich der Shop-Lieferanten eingeräumt werden würde, er habe auf diese Weise nicht mehr - wie vorher - ein Zahlungsziel gehabt, ist nicht erkennbar, inwiefern sich dieser Umstand auf die jetzt zu entscheidende Frage der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld auswirken soll. Die bis 1996 bestehende, rein faktische Möglichkeit des Klägers, Rechnungen mit einem bestimmten Zahlungsziel (welches?) zu begleichen, mindert den zurzeit zu seinen Lasten bestehenden Sollsaldo nämlich nicht.

3.

Soweit der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, die Inanspruchnahme der Grundschuld durch die Beklagte sei nach den Umständen rechtsmissbräuchlich, verhilft auch dieser Einwand der Berufung nicht zum Erfolg. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Landgerichts in den Gründen der angefochtenen Entscheidung an. Greifbare Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten sind nicht zu erkennen. Dass die Beklagte die für den Kläger ungünstige Umsatzentwicklung ab 1999/2000 zu vertreten hätte, ist vom Kläger nicht überzeugend dargetan worden. Das zwischen Tankstellen in Grenznähe auf deutschem Gebiet und belgischen Tankstellen bestehende Preisgefälle, beruht nicht auf einem Verhalten der Beklagten, sondern auf der in der Bundesrepublik Deutschland hohen Besteuerung von Mineralölprodukten. Der Ausbau des Tankstellengebäudes und die Erweiterung des Angebots des Klägers um einen "Backshop" sind in Abstimmung mit dem Kläger erfolgt. Das daraus resultierende unternehmerische Risiko muss jedenfalls in einem vertretbaren, hier nicht überschrittenen Rahmen vom Kläger getragen werden. Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte dem Kläger mehrfach, sowohl hinsichtlich der Konditionen der Pacht als auch hinsichtlich der Kreditkartenvorfinanzierung, entgegengekommen ist. Bei der gebotenen Gesamtabwägung erscheint daher die Inanspruchnahme der dinglichen Sicherung nicht unangemessen, zumal auch berücksichtigt werden muss, dass der Kläger dem Anschein nach insgesamt in gesicherten finanziellen Verhältnissen lebt. Seine Ehefrau ist als Steuerberaterin tätig und dürfte über ein nicht ganz unerhebliches Einkommen verfügen. Die im Rahmen dieses Rechtsstreits gestellte Sicherheit konnte von ihr durch Verpfändung eines Sparbuches gestellt werden.

4.

Es ist schließlich auch nicht zutreffend, dass die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien vereinbarten Lastschrifteinzugsverfahrens unberechtigterweise Beträge von dem Abrechnungskonto abgebucht hat. Die Beklagte hat sich bei den Lastschriften an die mit Schreiben vom 26. Juni 1996 angekündigte, vom Kläger anschließend über Jahre hinweg tolerierte Regelung gehalten, die ihrerseits auf der grundsätzlichen Vereinbarung der Zentralfakturierung aus dem Februar 1996 beruhte. Beide Bestimmungen gehen der Regelung in § 3 des Tankstellenverwaltervertrages vor, welcher sich über die Einzelheiten der Abrechnung überhaupt nicht verhält. Dies bedeutet nicht zwingend, dass der Kläger die praktizierte Art der Abrechnung auch für die Zukunft hinnehmen muss. Der Kläger beruft sich im Ansatz zu Recht auf das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Bei seinen Ausführungen verkennt er aber, dass dieses Rechtsinstitut für Verbindlichkeiten, welche in der Vergangenheit entstanden sind, keine Anwendung finden kann. Jedenfalls gibt sein Sachvortrag in diesem Rechtsstreit dafür keine genügende Handhabe.

War die Abbuchungspraxis der Beklagten in der Vergangenheit rechtens, scheitert auch die vom Kläger erklärte Aufrechnung gegenüber dem Schuldsaldo mit einer Schadensersatzforderung. Die zur Aufrechung gestellte Forderung in Höhe von 21.600,00 € hat der Kläger im Übrigen auch in keiner Weise genügend dargetan. Es handelt sich bei seinem Vortrag nicht um eine nachvollziehbare Berechnung, sondern allenfalls um eine grobe Schätzung eines Zinsschadens von jährlich im Durchschnitt 1.080 € hochgerechnet auf 20 Jahre. Schon der Zeitraum ist, was augenfällig ist, zu lang, da die Beklagte die angeblich "illegale Buchungsweise" erst seit 1996 praktiziert. Der Anteil der Geschäftsumsätze mit Kreditkunden im Verlauf der Jahre ist vom Kläger überhaupt nicht dargelegt worden. Keinesfalls kann von dem behaupteten Anteil von zur Zeit 80 % bezogen auf den gesamten Zeitraum ausgegangen werden.

B) Stufenklage :

Soweit der Kläger von der Beklagten hilfsweise die Erteilung von Auskünften im Rahmen der Stufenklage verlangt, ist seine Klage unzulässig. Für das Prozessrechtsverhältnis der Parteien gelten bezogen auf die Vollstreckungsabwehrklage die §§ 797 Abs. 5, 800 Abs. 3 und 802 ZPO, welche als ausschließlichen (örtlichen) Gerichtsstand das angerufene Landgericht Aachen bestimmen. Die Vorschriften gelten nicht für die vom Kläger im Wege der objektiven Klagenhäufung hilfsweise erhobene Stufenklage. Die Klagenhäufung ist gemäß § 260 ZPO nur dann zulässig, wenn für sämtliche Ansprüche des Klägers das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Für die vom Kläger erhobene Stufenklage war das angerufene Landgericht Aachen unter keinem Gesichtspunkt örtlich zuständig. Sofern die in § 14 Ziff. 6 des Tankstellenverwaltervertrages vereinbarte Gerichtsstandsklausel (Düsseldorf oder Sitz der Niederlassung der Beklagten) als unwirksam anzusehen wäre, wäre die örtliche Zuständigkeit nach § 17 ZPO zu bestimmen. Die Beklagte hat ihren allgemeinen Gerichtsstand nicht in Aachen. Die Argumentation des Klägers, es seien vorliegend die Rechtsgedanken aus §§ 24, 25 GVG entsprechend heranzuziehen, ist nicht stichhaltig. Die genanten Vorschriften regeln den dinglichen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs und gelten für Klagen des Grundschuldberechtigten (hier also der Beklagten) aus dem dinglichen Recht auch wegen der persönlichen Schuldklage. Diese Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Darüber hinaus werden aber auch die Bedenken des Landgerichts im Hinblick auf die hinreichende Bestimmtheit des Auskunftsantrags durch die Berufungsbegründung nicht beseitigt.

Mit dem Vorgesagten erübrigen sich Ausführungen zur Begründetheit der Auskunftsklage. Der Senat weist gleichwohl auf diesbezügliche erhebliche Bedenken hin. Auskunft kann nur dann verlangt werden, wenn der entsprechende Leistungsanspruch dem Grunde nach feststeht. Die Auffassung des Klägers, dass die Beklagte ihm gem. §§ 383, 384 Abs. 2 HGB verpflichtet sei, von ihr erzielte Rabatte und Boni herauszugeben, erscheint unzutreffend. Die Beklagte war nicht Einkaufskommissionärin des Klägers, sondern Zwischenhändlerin. Sie hat nicht auf Rechnung des Klägers gekauft und befand sich auch nicht (wie dies § 385 HGB vorsieht) in einem Weisungsverhältnis zu diesem.

C)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Kläger, der gegenüber der Beklagten die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung ohne Einschränkungen begehrt hat, ist mit diesem Begehren - ebenso wie mit der hilfsweise erhobenen Stufenklage - unterlegen. Er hat die Kosten des Berufungsverfahrens daher insgesamt zu tragen. Dass durch den derzeit bestehenden Schuldsaldo, dessentwegen die Zwangsvollstreckung betrieben wird, der Sicherungsrahmen der Grundschuld nicht vollständig ausgefüllt wird, führt weder zu einer entsprechenden Einschränkung in der Tenorierung, noch löst dieser Umstand eine kostenrechtliche Folge zugunsten des Klägers aus. Der Sicherungszweck der Grundschuld ist weder ausgeschöpft noch für die Zukunft erledigt. Die Beklagte ist, worauf der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, weiterhin berechtigt, im Rahmen der Grundschuld auch wegen eines eventuell höheren Schuldbetrages vorzugehen. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von der Fallgestaltung, wie sie der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1995, 3318ff.) zugrundegelegen hat.

D)

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

E)

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Streitwert und Beschwer des Klägers: bis 75.000 €.

Ende der Entscheidung

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