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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 29.09.2006
Aktenzeichen: 19 U 193/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 241 Abs. 2
BGB § 249 Abs. 2
BGB § 253 Abs. 2
BGB § 278
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 842
BGB § 843 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 07.10.2005 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 46/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.454,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 19.177,87 € seit dem 01.12.2004, aus weiteren 3.015,00 € seit dem 01.01.2006 und aus weiteren 2.261,25 € seit dem 20.06.2006 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden aus dem Unfallgeschehen vom 14.02.2004 in den Räumlichkeiten der Spielhalle N, Q-Straße 32-34 in B zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der jetzt 79 Jahre alte Kläger (geboren am 10.12.1926) begehrt von der Beklagten Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung künftiger Ersatzverpflichtung wegen einer behaupteten Verletzung von Verkehrssicherungspflichten innerhalb einer Spielhalle.

Die Beklagte betreibt in B eine Spielhalle. Der Kläger hatte sich dort am 14.02.2004 vormittags zum Spielen aufgehalten. Nach Verlassen einer Spielkabine ist er über ein auf dunklem Teppichboden liegendes schwarzes Staubsaugerkabel gestürzt. Dabei hat der Kläger, dessen rechter Arm durch eine im Krieg erlittene Verletzung versteift ist, sich u. a. einen Bruch der linken Schulter zugezogen. Der Kläger hat sich bis zum 05.03.2004 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden und ist anschließend von mehreren Ärzten ambulant weiterbehandelt worden. Der verletzte linke Arm wird voraussichtlich unfallbedingt ebenfalls bewegungsbeeinträchtigt bleiben; wegen der Einzelheiten wird auf die ärztlichen Berichte Blatt 36, 38 d.A. Bezug genommen.

Die Beklagte hat in erster Instanz eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten in Abrede gestellt und hat einzelne der vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen bestritten. Streitig waren zum Hergang des Unfalls im Wesentlichen die Beleuchtungsverhältnisse zum Unfallzeitpunkt. Darüber hinaus hat die Beklagte eingewandt, der Kläger habe die am Vormittag durchgeführten Reinigungsarbeiten innerhalb der Spielhalle wahrgenommen; er sei von der damals dort tätigen Reinigungskraft, der Zeugin N, ausdrücklich auf den Staubsauger und das Staubsaugerkabel aufmerksam gemacht worden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 07.10.2005 verwiesen (Blatt 57 ff., 58, 59 GA).

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 07.10.2005, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Dabei hat es zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass nach dem eigenen Vorbringen des Klägers die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch Mitarbeiter der Beklagten nicht anzunehmen sei. Das am Boden liegende Kabel habe keine derartige Gefahrenquelle dargestellt, dass besondere Hinweise oder Maßnahmen erforderlich gewesen wären.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit er seinen erstinstanzlichen Schadensersatzantrag erweitert und nunmehr auch Feststellung künftiger Ersatzverpflichtung zu Lasten der Beklagten begehrt. Er beanstandet, dass das Landgericht die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht zu gering angesetzt habe, da das Staubsaugerkabel bei den innerhalb der Spielhalle herrschenden Lichtverhältnissen und mit Rücksicht auf die dunkle Bodenfarbe, den schwarz eingesprenkelten Teppichboden, kaum zu erkennen gewesen wäre und ein tückisches Hindernis dargestellt habe. Auch sei es nicht richtig, dass er von einer Mitarbeiterin der Beklagten vor dem Kabel gewarnt worden sei; vielmehr seien die Reinigungsarbeiten beim Verlassen der Kabine bereits beendet gewesen.

Der Kläger hat als materiellen Schaden zunächst einen Betrag von 18.526,69 € begehrt; er hat insbesondere wegen seiner besonderen Pflegebedürftigkeit nach Entlassung aus dem Krankenhaus Kosten für ergänzende häusliche Pflege unter Berücksichtigung der von der Pflegekasse B nach der Pflegestufe I gewährten Unterstützungsleistungen geltend gemacht. Er hat den Betrag der materiellen Schäden im Verlaufe des Berufungsverfahrens mehrfach erweitert. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Inhalt der Klageschrift sowie der Berufungsbegründung vom 06.01.2006 (Blatt 83 ff. d. A.) sowie die Schriftsätze vom 21.03.2006 (Blatt 115 ff. d.A.), vom 13.06.2006 (Blatt 172 f. d.A.) und vom 06.09.2006 (Blatt 219 ff. d.A.) Bezug genommen. Als Schmerzensgeld hält der Kläger einen Betrag von zumindest 15.000,00 € für angemessen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

1.

die Beklagte zu verurteilen,

a)

an ihn € 18.526,69 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2004 zu zahlen,

b)

an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2004,

c)

an den Kläger weitere € 2.205,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen,

d)

an den Kläger weitere € 2.325,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen und

e)

an den Kläger weitere € 1.260,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.06.2006 zu zahlen;

2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden aus dem Unfallgeschehen vom 14.02.2004 in den Räumlichkeiten der Spielhalle N, Q-Straße 32-34, B zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages, insbesondere stellt sie nach wie vor die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Abrede. Hierzu behauptet sie, es habe eine Gefahrenstelle nicht bestanden, weil der Gang der Spielothek zum Zeitpunkt des Vorfalls durch zwei Leuchten und durch das durch zwei Fenster dringende Tageslicht hell ausgeleuchtet gewesen sei, sich das auf dem Boden liegende Staubsaugerkabel von einem mittelblauen Teppichboden gut abgehoben habe und der Kläger durch die mit dem Staubsauger arbeitende Zeugin N mündlich ausdrücklich vor dem Staubsauger und dem Kabel gewarnt worden sei. Der Kläger habe die Warnung unbeachtet gelassen, ihm falle daher jedenfalls nach Auffassung der Beklagten ein erhebliches Mitverschulden zur Last.

Hinsichtlich der Schadenshöhe werden insbesondere die vom Kläger geltend gemachten weitere Hilfestellungskosten mit Nichtwissen bestritten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 28.02.2006 (Blatt 112 ff. d.A.) und den Schriftsatz nebst Anlagen vom 23.08.2006 (Blatt 210 ff. d.A.) Bezug genommen.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 24.03.2006 durch Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten und Vernehmung von Zeugen ( Blatt 124 f. d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 20.06.2006 (Blatt 177 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die förmlich unbedenkliche Berufung des Klägers hat in der Sache weitgehend Erfolg.

Die Klage auf Zahlung von Schadensersatz ist überwiegend begründet, das Feststellungsbegehren ist insgesamt gerechtfertigt. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger materiellen Schadensersatz in Höhe von 9.454,12 € zu leisten, sie schuldet ihm ferner Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € und ist auch zum Ersatz allen weiteren materiellen Zukunftsschadens aus dem Unfallgeschehen verpflichtet. Der Anspruch des Klägers hat seine rechtliche Grundlage in §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 278 BGB in Verbindung mit §§ 249 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB sowie in §§ 823 Abs. 1, 842, 843 Abs. 1 BGB aus dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens.

Hierzu im Einzelnen:

1.

Die Beklagte hat im Rahmen des mit dem Kläger durch Betreten der Spielothek und der Nutzung ihrer Einrichtung zu Stande gekommenen typengemischten Schuldverhältnisses eine Schutzpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB verletzt. Als Betreiber einer Spielothek trifft die Beklagte die Pflicht, Gäste in ihren Räumlichkeiten vor Rechts- und Rechtsgutsverletzungen zu bewahren und ihnen die Nutzung ihrer Räumlichkeiten zu gewähren, ohne dass es dabei zu Beeinträchtigungen ihrer körperlichen Integrität oder anderer rechtlich geschützter Interessen kommt. Die Verkehrssicherungspflicht ist innerhalb eines Vertragsverhältnisses zugleich eine Vertragspflicht. Danach trifft die Beklagte als Betreiberin der Spielothek eine zivilrechtliche Pflicht, Besucher vor Körper- und Gesundheitsschäden zu schützen, die aus dem Betrieb der Spielothek resultieren, mit denen aber beim Besuch der Örtlichkeit nicht gerechnet werden muss. Das Landgericht geht insoweit von dem zutreffenden rechtlichen Ansatz aus, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch (vgl. BGH MDR 2006, 569). Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. BGH VersR 1978, 1163; 2003, 1319; MDR 2006, a. a. O.). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger dieser Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. BGH VersR 1963, 532; VersR 1967, 801; MDR 2006, 569 m. w. N.).

Entgegen der Ansicht der Beklagten haben ihre Bediensteten, also ihre Erfüllungsgehilfen, deren Verschulden sich die Beklagte zurechnen lassen muss, eine der Beklagten obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie ist für die in ihren Räumlichkeiten geschaffene Sturzgefahr verantwortlich. Das steht nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 14.07.2006 zur Beweiswürdigung ausgeführt hat, steht bezogen auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten und Vernehmung der Zeugen fest, dass der Kläger in der dem Publikumsverkehr frei zugänglichen Spielhalle, ohne dass der Kläger von den Reinigungsarbeiten wusste oder damit hätte rechnen müssen, bei unzureichender Beleuchtung auf dunklem Bodenbelag über ein Staubsaugerkabel gestolpert und zu Fall gekommen ist, das verschlungen in einer nicht ausgeleuchteten Ecke liegend eine erhebliche Gefahrenquelle darstellte. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten war die Örtlichkeit, wie die Besichtigung durch den Senat ergeben hat, weder gut ausgeleuchtet, noch ist der Kläger auf die Reinigungsarbeiten hingewiesen oder gar gewarnt worden. Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen ist der Bodenbelag an der Unfallstelle dunkel, es handelt sich um einen dunklen blaumelierten Teppichboden, der sich farblich zwischen dunkelblau und mittelblau bewegt. Auch der Wandbereich ist mit dunkelbraunem Teppichboden bespannt. Im Bereich der Unfallstelle, also des abknickenden Ganges, befindet sich weder ein Fenster noch eine funktionierende Deckenbeleuchtung oder sonstige Lichtquelle. Das auf dem Boden liegende schwarze Staubsaugerkabel war daher für den Kläger nicht erkennbar. Ferner hat die Zeugin N selbst bestätigt, dass sie das Elektrokabel des Staubsaugers im Bereich der Unfallstelle in die Steckdose eingeführt hatte, das Kabel zum Zeitpunkt des Sturzes noch dort eingesteckt war und das Kabel in dem Winkelbereich des Ganges verschlungen gelegen hat. Es ist auch nicht bewiesen, dass die Zeugin N den Kläger tatsächlich auf die Gefahrenstelle hingewiesen hat. Vielmehr steht für den Senat fest, dass wegen der beschränkten Wahrnehmungsfähigkeit innerhalb der Spielothek ein möglicher Warnruf der Zeugin vom Kläger gar nicht gehört werden konnte. Innerhalb der Räumlichkeiten läuft vernehmlich eine Klimaanlage, innerhalb der Spielboxen dringt Musik aus Lautsprechern, die Spielautomaten selbst strahlen ebenfalls Spieltöne aus. Neben diesen akustischen Umfeldgeräuschen war der Ort, an dem sich der Kläger befunden hat, als die Zeugin angeblich ihren Warnausruf ausgestoßen haben will, rund fünf Meter von dieser Stelle entfernt. Schließlich kommt noch hinzu, dass nach den eigenen Feststellungen des Senates die Zeugin der deutschen Sprache zwar hinreichend mächtig ist, sie aber erkennbar Schwierigkeiten hatte, sich in der deutschen Sprache fließend auszudrücken. Bei einer Würdigung aller Gesamtumstände vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Zeugin einen warnenden Ausruf tatsächlich gemacht hat. Das achtlos liegengelassene und verschlungen auf dem Boden liegende schwarze Staubsaugerkabel auf dunklem Untergrund an einer nicht hinreichend ausgeleuchteten Stelle stellte eine erhebliche Gefahrenquelle dar. Die vom Landgericht zitierten Entscheidungen zu kabeln betreffen andere und schon im Ansatz nicht vergleichbare Sachverhalte.

2.

Hinsichtlich der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs geht der Senat, wie er ebenfalls im Beschluss vom 14.07.2006 im Einzelnen ausgeführt hat, von folgenden Beträgen aus:

a)

Aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 2 BGB) ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger einen Betrag in Höhe von 656,26 € zu ersetzen.

Im Einzelnen:

- Fahrtkosten für die Besuche naher Angehöriger im Krankenhaus sind zu ersetzen, soweit sie sich in einem angemessenen Rahmen halten und nach ärztlicher Auffassung für die Heilung zweckmäßig sind, wie von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wird. Die Höhe dieser Kosten hat der Senat gemäß § 287 ZPO geschätzt und er geht im Rahmen seines Schätzungsermessens von einem durchschnittlichen Betrag von 0,15 Cent je Kilometer aus. Das ergibt bei 21 Tagen und 1,70 € je Tag 35,70 €.

- Hinsichtlich der eigenen Aufwendungen für Fahrten des Klägers zu behandelnden Ärzten ergeben sich nach der vorstehend dargestellten Berechnungsweise insgesamt weitere Kosten in Höhe von 5,40 €. Nicht zu beanstanden und damit auch ersatzfähig sind die Zuzahlungen für den Physiotherapeuten in Höhe von nunmehr 366,52 €; im Anschluss an den Ortstermin hat der Kläger durch die Vorlage dreier weiterer Rechnungen in Höhe von jeweils 34,20 € einen Mehraufwand in Höhe von 102,60 € gegenüber dem im Beschluss des Senats vom 14.07.2006 zu Grunde gelegten Betrag nachgewiesen. Ersatzfähig sind ferner Rezeptkosten in Höhe von 20,00 €, sonstige Kosten für einen Krankentransport in Höhe von 10,00 € sowie Kosten für eine Schultergelenksbandage in Höhe von 9,00 € und schließlich Zuzahlungen zum Krankenhausaufenthalt in Höhe von 210,00 €.

b)

Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Aufwendungen zu ersetzen, die dessen Ehefrau für Hilfestellungen im Krankenhaus und Pflegeleistungen im häuslichen Bereich erbringt. Diese belaufen sich derzeit auf 8.797,50 € für die Zeit bis 30.09.2006. Diese Schadensposition ist zunächst dem Grunde nach als unfallbedingte, ständig wiederkehrende Leistung aus dem Gesichtspunkt der vermehrten Bedürfnisse gemäß § 843 Abs. 1 BGB grundsätzlich erstattungsfähig. Dabei sind die Pflegekosten zu ersetzen, die konkret erforderlich geworden und angefallen sind. Erfolgt die Pflege durch Familienmitglieder kostenlos, wird der Schädiger dadurch nicht entlastet. Die zusätzliche Mühewaltung des Familienangehörigen ist vielmehr angemessen auszugleichen. Der Bundesgerichtshof tendiert in seiner neueren Rechtsprechung dazu, bei Pflegeleistungen, die ohne weiteres von einer fremden Hilfskraft übernommen werden können, auf den Nettolohn einer entgeltlich eingesetzten Hilfskraft abzustellen (vgl. BGH VersR 1999, 252; 1156). Das ist auch bei den von der Ehefrau des Klägers erbrachten Leistungen grundsätzlich der Fall. Dabei erscheint der vom Kläger angesetzte Stundensatz von 15,00 €, der auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, nach dem Schätzungsermessen des Senates angemessen und ausreichend. Abzuziehen ist indes der - vom Kläger der Höhe nach belegte - von der Pflegekasse ab dem 05.03.2004 nach der Pflegestufe I monatlich geleistete Betrag in Höhe von 205,00 €.

Hinsichtlich des Zeitaufwandes hat die Beklagte zwar den jeweils pro Tag anzusetzenden zeitlichen Aufwand von anfangs 3 1/4 Stunden und zur Zeit 1 3/4 Stunden täglich in Zweifel gezogen. Dieser Zeitaufwand erscheint dem Senat jedoch im Hinblick auf den vom Kläger belegten Zeitaufwand im Rahmen seiner Pflegebedürftigkeit von durchschnittlich 166 Minuten pro Tag nicht fernliegend. Legt man für die Hilfeleistungen im Krankenhaus den in der Klageschrift geltend gemachten Betrag zu Grunde, was nach Einschätzung des Senates sachgerecht ist, ergibt sich zunächst ein Ersatzbetrag in Höhe von 472,50 €. Ebenso ist es sachgerecht, für die ersten drei Wochen nach dem Krankenhausaufenthalt jeweils 2 1/2 Stunden Pflegeaufwand täglich anzusetzen. Daraus errechnet sich ein weiterer Betrag von 787,50 €. Beginnend mit dem Monat April 2004 geht der Senat wegen der zu Grunde zu legenden Stabilisierung der Pflegesituation von einem täglichen Pflegeaufwand von 1 Stunde aus. Daraus ergeben sich jährliche Zuzahlungen in Höhe von insgesamt 5.475,00 € (365 x 15,00 €), wovon 2.460,00 € Zuzahlung der Pflegekasse abzuziehen sind (12 x 205,00 €). Der Kläger verlangt deshalb mit Recht die Erstattung von Pflegekosten in Gestalt einer "Zuzahlung" von jährlich 3.015,00 €, d. h. von monatlich 251,25 €.

Nach Maßgabe dieses Berechnungsmodells sind bislang angefallen:

Anteilig für 2004 (9 Monate) 2.261,25 €

für das Jahr 2005 3.015,00 €

anteilig für das Jahr 2006 (9 Monate) 2.261,25 €.

Aus den vorstehend genannten Zahlen errechnet sich die Gesamtsumme der Aufwendungen für Pflegeleistungen in Höhe von 8.797,50 €.

3.

Das Unfallereignis rechtfertigt ferner die Zubilligung eines Schmerzensgeldes nach § 253 Abs. 2 BGB. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat sich der Senat vom Umfang der erlittenen Verletzung und vom Ausmaß der Lebensbeeinträchtigung des Klägers wesentlich leiten lassen. Darüber hinaus hat der Senat auch den Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion berücksichtigt. Unmittelbare Folgen des Sturzes waren schmerzhafte Bewegungsbeeinträchtigungen, ein dreiwöchiger Krankenhausaufenthalt und anschließend weitere drei Wochen intensiver Pflegeleistungen zu Hause. Seit dem Unfallereignis ist der Kläger nicht mehr in der Lage, ohne Hilfestellung Dritter seine täglichen Verrichtungen auszuführen. Nach den zu den Akten gereichten ärztlichen Berichten liegt eine dauerhafte Bewegungsbeeinträchtigung des linken Armes vor. Dies stellt in Verbindung mit den kriegsbedingten Vorschäden des rechten Armes eine ganz wesentliche Lebensbeeinträchtigung dar. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass eine dauerhafte Bewegungsbeeinträchtigung des durch den Unfall verletzten Armes vorliegt. Im Termin vom 24.03.2006 hat der Senat den Kläger persönlich zu den Unfallfolgen angehört. Dabei hat der Kläger für den Senat eindringlich und zweifelsfrei beschrieben und geschildert, dass er den durch den Unfall verletzten linken Arm nicht mehr über Schulterhöhe anheben kann und nicht mehr in der Lage ist, Dinge zu heben und zu tragen. Vor dem Hintergrund dieser dauerhaften Bewegungsbeeinträchtigungen, des stationären Krankenhausaufenthaltes sowie der erlittenen Schmerzen einerseits und der fortdauernden Pflegebedürftigkeit andererseits erschien dem Senat, wie er auch in der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2006 deutlich gemacht hat, zunächst ein Schmerzensgeld von 12.000,00 € angemessen. Angesichts des fortgeschrittenen Alters des Klägers und des erkennbar zögerlichen Regulierungsverhaltens der Beklagten auch und gerade im Lichte der eindeutigen Feststellungen im Rahmen des Ortstermins ist bei einer Gesamtbewertung aller Umstände auch aus dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion eine maßvolle Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages (vgl. bereits Urteil des Senats vom 11.04.2003 - 19 U 102/02 - OLGR 2003, 214 f.) auf den vom Kläger von Beginn an begehrten Betrag von 15.000,00 € sachgerecht und angemessen.

4.

Der Feststellungsantrag ist zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO) und hinsichtlich der materiellen Zukunftsschäden auch begründet. Auf Grund der nach wie vor bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers und seiner fortdauernden Pflegebedürftigkeit durch Unterstützungsleistungen seiner Ehefrau besteht die Möglichkeit, dass künftig weitere, bisher noch nicht erkennbare und voraussehbare Schäden eintreten können.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 286, 288, 291 BGB ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Geltendmachung der Beträge.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Bedeutung sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Streitwert der Berufungsinstanz: 56.317,54 € (Zahlungsantrag: 39.317,54 € + Feststellungsantrag 17.000,00 €).

Beschwer des Klägers: 14.863,42 €

Beschwer der Beklagten: 41.454,12 € (Zahlungsantrag: 24.454,12 + Feststellungsantrag: 17.000,00 €).

Ende der Entscheidung

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