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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 13.08.1999
Aktenzeichen: 19 U 200/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 325 Abs. 1
ZPO § 50 Abs. 1
ZPO § 91 I
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 711
GmbHG § 2
GmbHG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
19 U 200/98

Anlage zum Protokoll vom 13.8.1999

Verkündet am 13.8.1999

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.6.1999 durch den Richter am Oberlandesgericht Pütz, den Richter am Oberlandesgericht Gedig und die Richterin am Amtsgericht Wester

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.10.1998 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 314/98 - teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.800 DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Beide Parteien können die Sicherheit durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Tatbestand

Die Geschäftsführer der Klägerin schlossen namens der Firma "H. Fachmärkte für Heimausstattung G. und K. GmbH i.G." Ende 1996 mit den Beklagten einen Mietvertrag über die Anmietung des Hausgrundstücks V. Strasse in K. zum Betrieb eines Heimtex-Fachmarktes. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin noch nicht gegründet.

In § 9 des Vertrages vereinbarten die Parteien:

"Alle behördlichen Auflagen sind vom Vermieter zu erfüllen, die aus den allgemeinen behördlichen Vorschriften für die Errichtung und Betreibung von Verbrauchermärkten etc. entstehen."

In § 24 Abs 2 heißt es:

"Der links vom Eingang zur Hauptstraße hin gelegene Baubereich ist vom Vermieter auf eigene Kosten abzureißen und in Parkplätze umzuwandeln."

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf den Vertragstext Blatt 3 bis 8 R des Beiheftes ergänzend Bezug genommen.

In der Folgezeit wurde die Genehmigung zur Nutzungsänderung von der Stadt K. nicht erteilt. Die Geschäftsführer der Klägerin erklärten die Kündigung des Mietvertrages noch vor der vereinbarten Gebrauchsüberlassung mit Schreiben vom 19.11.1997.

Mit notariellem Vertrag vom 28.5.1999 (UR Nr 1050 für 1999 des Notars Dr. T. W.) gründeten die Geschäftsführer der Klägerin gemeinsam mit der Firma "H." Fachmärkte für Heimausstattung GmbH als weiterem Gesellschafter die Klägerin. Der Firmenname lautet wie im Rubrum angegeben.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Schadenersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 115.488,28 DM wegen vergeblich aufgewandter Maklerkosten, Anzeigenkosten, Aufwendungen für eineWerbeanlage und ein Werbeschild sowie Feststellung, dass die Beklagten zur Erstattung auch weiterer Schäden wegen der Nichteinhaltung des Mietvertrages verpflichtet ist. Hinsichtlich der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf Blatt 10 bis 13 der Akten ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beatragt,

1) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 115.488,28 DM nebst 10 % Zinsen aus 103.597,28 DM seit dem 26. Mai 1998 und aus weiteren 11.891,22 DM seit Zustellung der Klage zu zahlen.

2) festzustellen, dass die Beklagten ihr für sämtliche materiellen Schäden Schadensersatz zu leisten haben, die ihr noch in Zukunft wegen Nichteinhaltung des Mietvertrages betreffend das Objekt V. Straße in K. entstehen sollten.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruches stattgegeben. . Es hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 325 Abs I BGB bejaht, da die Beklagten den in § 24 Ziff. 2 des Mietvertrages zugesicherten Zustand der Mietsache aufgrund einer fehlenden Nutzungsänderungsgenehmigung der Stadt nicht hätten herstellen können

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit welcher sie erstmals Parteifähigkeit und Aktivlegitimation der Klägerin rügen und behaupten, diese sei noch nicht gegründet. Sie vertreten die Ansicht, die Klägerin könne daher aus dem Mietvertrag vom 13.12.1996 keine Rechte herleiten. Sie bestreiten, dass zu diesem Zeitpunkt eine Vorgründungsgesellschaft bestanden habe.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 20.1.1999 (Blatt 115 bis 133 d.A.) und vom 23.7.1999 (Blatt 226 bis229 d.A.) ergänzend Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen,

unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Enbtscheidung die Klage insgesamt abzuweisen,

hilfsweise ihnen zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbringen zu dürfen.

Sie bezieht sich zur Begründung ihrer Parteifähigkeit und Aktivlegitimation auf Errichtungsurkunde und Gesellschaftsvertrag vom 28. Mai 1999. Im übrigen verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 12.5.1999 (Blatt 173 bis 195 d.A.) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin ist zwar aktiv parteifähig, die von ihr mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche stehen ihr aber nicht zu.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Vor-GmbH deren Eintragung bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht erfogt war. Die aktive Parteifähigkeit der in Gründung befindlichen GmbH (Vor-GmbH) gemäß § 50 Abs 1 ZPO ist höchstrichterlich anerkannt und entspricht überwiegend herrschender Meinung (BGH NJW 1998, 1079,1080 m.w.Nw. = MDR 1998, 338; Demuth BB 1998, 966; Zöller /Vollkommer, ZPO 21. Auflage, § 50 Rdnr 39; Baumbach/Hueck, GmbHG 15. Auflage, § 11 RdNr 16). Sie ist eine Personenvereinigung eigener Art, die zwischen Errichtung der Gesellschaft durch Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages gem. § 2 GmbHG und der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister gem. § 11 Abs 1 GmbHG besteht (Baumbach/Hueck a.a.O. Rdnr. 3).

Der Senat hat keine Veranlassung, den Gesellschaftsvertrag vom 28.5.1999 nicht als eine Vorgesellschaft begründend anzusehen. Zwar ist anerkannt, dass das Recht der Vorgesellschaft auf die Fälle keine Anwendung findet, in denen trotz formgerechten Gesellschaftsvertrages die Gründung einer GmbH von vornherein nicht beabsichtigt ist (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 11, Rdnr 28 m.w.Nw.). Auch könnte die Errichtung der Satzung am 28.5.1999, mithin knapp drei Wochen vor der letzten mündlichen Verhandlung, ein Zeichen dafür sein, dass die Gründung ursprünglich nicht beabsichtigt war, nun aber aus prozeßtaktischen Erwägungen vorgenommen wurde. Gleichzeitig ist jedoch nicht zu verkennen, dass die Geschäftsführer der Klägerin bereits in erheblichem Umfang für die zukünftigen Geschäfte tätig waren, und die Klägerin nach ihrem Gesellschaftszweck den Gegenstand des Unternehmens weit gefaßt hat :"Handel mit Farben, Tapeten, Bodenbelägen und Heimtextilien." Die Klägerin versteht sich als Mitglied der "H. Heimtex-Fachmärkte", einer Unternehmensgruppe, die ein Einzelhandelskonzept verfolgt. Die Angabe, vor Fortsetzung der geschäflichen Tätigkeit solle der Ausgang dieses Prozesses abgewartet werden, ist glaubhaft und nachvollziehbar, zumal die Anmietung des Objektes der Beklagten einen gezielten Geschäftswillen deutlich erkennen ließ.

Mit der Entstehung der Vorgesellschaft am 28.5.1999 war die Klägerin im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch parteifähig. Da die Parteifähigkeit Sachentscheidungs- und Prozeßvoraussetzung ist, muß sie grundsätzlich zur Zeit der Klageerhebung bestehen und während des ganzen Prozesses fortdauern . Wird sie allerdings - wie hier - erst während des Prozesses erworben, so wird der Mangel geheilt, wenn der Prozeß von Anfang für die jetzt parteifähige Partei geführt wurde und diese die bisherige Prozeßführung genehmigt (BGH NJW 1972,1714; NJW 1969, 188; Münchner Kommentar/Lindacher, BGB 3. Aufl., § 50 Rdnr.57; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl., § 50 Rdnr. 40). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Vorgesellschaft vor Errichtung des Gesellschaftsvertrages nicht als solche existierte. Sie befand sich nämlich im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits in einem Vorgründungsstadium. Mit der Vorgründungsgesellschaft wird aber, da sie auf die Errichtung der GmbH zielt, diese bereits in der Anlage so konkretisiert, dass sie als latent existent angesehen werden kann (vgl. zum "latenten" Fortbestand einer gelöschten GmbH bei späterer Wiedereintragung ins Handelsregister: BGH NJW 1969,188,189). Auch dem Umstand, dass die Firma der Vorgründungsgesellschaft "H. Fachmärkte für Heimausstattung G. und K. GmbH" leicht von der letztlich durch den Gesellschaftsvertrag festgelegten Firmierung " "H." Fachmärkte für Heim-Ausstattung G. & K. GmbH" abweicht, kommt keine entscheidende Bedeutung zu, da der Unterschied unwesentlich ist

Die Klägerin ist aber nicht aktivlegitimiert, Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung des Mietvertrages geltend zu machen. Sie ist nämlich nicht Vertragspartnerin der Beklagten geworden. Der Mietvertrag ist Ende 1996 abgeschlossen worden, zu einem Zeitpunkt also, in dem die Klägerin als Vorgesellschaft noch nicht bestand. Die Geschäftsführer der Klägerin haben den Rechtsträger, für den sie gehandelt haben, falsch bezeichnet. In einem solchen Fall wird der wahre Rechtsträger aus dem betriebsbezogenen Geschäft berechtigt und verpflichtet( BGH Urt. v 9.3.1998, II ZR 366/96; BGH Z 91,148,152). Damaliger Träger des Unternehmens waren die zeichnenden Geschäftsführer in Form einer BGB-Gesellschaft. Es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass die Geschäftsführer der Klägerin sich im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen und des Abschlusses des Mietvertrages zu einer BGB- Gesellschaft zusammengeschlossen hatten, zumal deren Entstehen an keine formalen Wirksamkeitsvoraussetzungen geknüpft ist. Nur diese hätte daher Schadensersatzansprüche aus dem gescheiterten Mietverhältnis erwerben können. Nach herrschender Meinung ist die Vorgründungsgesellschaft aber nicht Rechtsvorgänger der zu gründenden GmbH und geht daher auch nicht automatisch in dieser oder der Vorgesellschaft auf ( BGH a.a.O.). Soll daher die Vorgesellschaft Inhaberin von Forderungen der Vorgründungsgesellschaft werden, ist eine gesonderte Einzelübertragung erforderlich (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 11 Rdnr. 33 m.w.Nw.; BGH a.a.O.). Eine solche Forderungsübertragung ist von der Klägerin nicht vorgetragen worden.

Die Forderung ist von der BGB-Gesellschaft auch nicht nach dem 28.5.1999 konkludent an die Klägerin abgetreten worden. Dies ergibt sich ohne weitere Anhaltspunkte nicht aus der bloßen Fortführung des Prozesses durch die Klägerin, da sich hieraus allenfalls eigene Erklärungen der Klägerin ableiten lassen. Die Klägerin ist in ihrem Gesellschafterbestand nicht identisch mit der Vorgründungs - BGB- Gesellschaft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Beschwerdewert für die Klägerin: 128.908,50 DM

Ende der Entscheidung

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