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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.02.2002
Aktenzeichen: 19 U 234/01
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO, HGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BGB § 852
BGB § 826
BGB § 249
BGB § 284 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288 Abs. 2 a.F.
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2 n.F.
BGB § 288 Abs. 1 n.F.
StGB § 274
StGB § 267
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 109 n.F.
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
HGB § 352 Abs. 1 a.F.
EGBGB § 1 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 22. Februar 2002

Verkündet am 22. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Oberlandesgericht Köln - 19. Zivilsenat - auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, durch die Richterin am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht und durch die Richterin am Landgericht Tag

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 02. August 2001 - 29 O 35/01 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Teilbetrag in Höhe von 51.129,19 € (100.000,00 DM) nebst 9,37 % Zinsen für die Zeit vom 16. Juli 1996 bis 10. Januar 2000 und 5 % Zinsen seit dem 11. Januar 2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung kommenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage, hilfsweise in vollem Umfang, auf Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung in Anspruch, weil diese als Geschäftsführerin der Firma N. C. GmbH Debitorenlisten nebst Rechnungskopien von sicherungshalber abgetretenen Forderungen trotz entsprechender Aufforderungen der Klägerin dieser nicht vorlegte und die Klägerin daher die von der Firma N. C. GmbH eingezogenen Forderungen nicht verwerten konnte.

Zur Sicherung für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die Firmen Ch. GmbH und N. C. GmbH, deren (Mit)Geschäftsführer seinerzeit der Ehemann der Beklagten, der Zeuge E. B. war, schloß letztere, durch diesen vertreten, am 03. Februar 1992 mit der Klägerin einen Globalzessionsvertrag, hinsichtlich dessen Inhalt im einzelnen auf Bl. 11-13 d.A. (Anlage K 2) Bezug genommen wird. Der Zeuge E. B. schied als Geschäftsführer der Firma N. C. GmbH am 23. Dezember 1993 aus, hiernach war die Beklagte deren alleinige Geschäftsführerin. Die Klägerin kündigte am 14. April 1996 die der Firma Ch. GmbH gewährten Kredite wegen der Nichteinhaltung von Rückzahlungsvereinbarungen fristlos. Nachdem die Firma Ch. GmbH Antrag auf Konkurseröffnung gestellt hatte, forderte die Klägerin die Firma N. C. GmbH erstmalig mit Schreiben vom 20. März 1997 im Hinblick auf die Globalzession vom 03. Februar 1992 auf, eine aktuelle Debitorenliste einschließlich Adressen und Rechnungsdaten vorzulegen. Die Klägerin fiel mit ihren Forderungen in dem am 10. Juni 1997 eröffneten Konkurs über das Vermögen der Firma Ch. GmbH entsprechend der Feststellung zur Konkurstabelle vom 27. August 1997 aus. Die Firma N. C. GmbH ließ auch weitere Aufforderungen der Klägerin zuletzt am 07. Oktober 1997 unbeachtet, so daß die Klägerin die Firma N. C. GmbH klageweise auf Auskunft und Vorlage von Unterlagen vor dem Landgericht Köln zum Aktenzeichen 21 O 27/98 und letztinstanzlich vor dem Oberlandesgericht Köln zum Aktenzeichen 19 U 153/99 in Anspruch nahm. Die Firma N. C. GmbH wurde mit Urteil vom 06. August 1999 durch das Landgericht und mit Urteil vom 30. Juni 2000 durch das Oberlandesgericht zur Auskunftserteilung verurteilt. Letzteres verpflichtete die Firma N. C. GmbH, die einen Jahresumsatz von ca. 400.000,00 DM machte, zur Auskunft durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses aller Forderungen unter Vorlage von Rechnungskopien. Am 20. September 2000 wurde der Beschluß, die Firma N. C. GmbH aufzulösen, und die Bestellung der Beklagten als deren Liquidatorin im Handelsregister eingetragen. Die Firma N. C. GmbH, die seit dem 22. März 1997 bis zu ihrer Auflösung Forderungen in Höhe von 2.193,931,68 DM selbst vereinnahmt und trotz Mahnung unter Fristsetzung bis zum 08. Januar 2001 keine Gelder an die Klägerin abgeführt hat, ist nunmehr vermögenslos.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der Firma N. C. GmbH ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, § 274 StGB verletzt, indem sie entgegen der vertraglichen Verpflichtungen trotz entsprechender Aufforderungen weder Debitorenliste noch Rechnungskopien der Klägerin überlassen und damit ihr nicht allein zustehende Urkunden zum Nachteil der Klägerin unterdrückt habe. Sie hat behauptet, der Beklagten seien sowohl die Forderungen der Klägerin gegen die Firma Ch. GmbH bekannt gewesen als auch der Umstand, daß die Klägerin ohne die zu erteilende Auskunft ihre Ansprüche nicht werde realisieren können. Aus den von der Firma N. C. GmbH vereinnahmten, der Klägerin zustehenden Forderungen hätte die Klägerin ihre nach unbeanstandeten Rechnungsabschlüssen gegen die Firma Ch. GmbH zustehenden Forderungen von 309.489,43 DM nebst 9,37 % Zinsen seit dem 01. Juli 1997 begleichen können, sofern die Beklagte ihr Debitorenliste und Rechnungskopien zur Verfügung gestellt hätte. Die Verjährungsfrist des § 852 BGB habe frühestens zum 02. November 2000 zu laufen begonnen, da die Klägerin erst ab diesem Zeitpunkt durch die Mitteilung des Wirtschaftsprüfer G. Kenntnis von den jeweiligen Drittschuldnern und deren Zahlungen an die Firma N. C. GmbH erlangt habe. Erst zu diesem Zeitpunkt sei ihr ein Schaden bekannt gewesen und habe nicht nur vermutet werden müssen. Im Falle der Forderungseinziehung würde sie diese im eigenen Interesse ohne Offenlegung gegenüber Dritten und entsprechend den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Firma N. C. GmbH vorgenommen haben. Der begehrte Teilbetrag von 100.000,00 DM setze sich zusammen aus Teilbeträgen von je 25.000,00 DM aus den in der Zeit von 1997 bis 2000 eingezogenen Forderungen der Firmen ERN-V. GmbH & Co. KG, S., F.Bö. GmbH & Co. KG, K., DS D. Service GmbH, R., und M. PVT. LTD, Br., Australien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Teilbetrag in Höhe von 100.000,00 DM nebst 9,37 % Zinsen hierauf seit dem 14. Mai 1996 bis zum 10. Januar 2000 und 5 % über dem Basiszins hierauf seit dem 11. Januar 2001 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 309.489,43 DM nebst 9,37 % Zinsen hierauf seit dem 14. Mai 1996 bis zum 10. Januar 2000 und 5 % über dem Basiszins hierauf seit dem 11. Januar 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Unzulässigkeit der Klage geltend gemacht, da nicht feststehe, welche einzelnen Forderungspositionen der Klageforderung unterlegt würden. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, die Klägerin kenne bereits seit spätestens 07. Oktober 1997 Tat und Täter, so daß Verjährung spätestens mit dem 08. Oktober 2000 und damit vor Klageerhebung am 20. Januar 2001 eingetreten sei. Die Kenntnis des konkreten Schadensausmaßes sei für den Beginn der Verjährung nicht erforderlich. § 274 StGB sei durch ihr Handeln nicht verletzt worden, da bei Nichterstellung der Debitorenliste eine zu unterdrückende Urkunde nicht vorgelegen habe und Rechnungskopien nicht Urkunden im Sinne des § 267 StGB seien. Eine Nachteilszufügungsabsicht der Beklagten habe nicht bestanden. Das Verhalten der Beklagten sei auch für einen angeblichen Schaden der Klägerin nicht kausal geworden, da die Einziehung der geltend gemachten Forderungen die Firma N. C. GmbH ihrerseits in die Insolvenz getrieben hätte. Die Beklagte würde auch den Betrieb kurzfristig eingestellt haben, wenn sie allein für die Klägerin gearbeitet hätte.

Das Landgericht Köln hat die Klage durch Urteil vom 02. August 2001 mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe nicht vorsätzlich gehandelt, da sie bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts am 30. Juni 2000 auf die Position ihres seinerzeitigen Prozeßbevollmächtigten habe vertrauen dürfen, die die Wirksamkeit der Globalzession mit erheblichen Bedenken in Frage gestellt hätten. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet.

Die Klägerin nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Darüber hinaus behauptet sie, die Beklagte habe unstreitig in der Zeit zwischen der Beweisaufnahme vor dem Oberlandesgericht Köln im Verfahren 19 U 153/99 und dem Erlaß des Urteils am 30. Juni 2000 Forderungen in Höhe von 39.251,61 DM und in der Zeit zwischen dem Erlaß des Urteils am 30. Juni 2000 und der Liquidation weitere 66.780,82 DM eingezogen, worauf sie ihr Klagebegehren hilfsweise stütze. Bereits in der Beweisaufnahme am 16. Juni 2000, spätestens mit Urteilsverkündung habe die Beklagte nicht mehr darauf vertrauen dürfen, daß die Globalzession zugunsten der Klägerin nicht bestehe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen Schlußanträgen mit der Maßgabe zu erkennen, daß sie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz ab dem 11. Januar 2000 verlangt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Sie behauptet darüber hinaus, sie sei zu jedem Zeitpunkt berechtigt und sogar verpflichtet gewesen, die Forderungen einzuziehen. Von dem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 30. Juni 2000 habe die Firma N. C. GmbH unstreitig erst mit Schreiben vom 14. Juli 2000 Kenntnis erlangt. Bis dahin hätten durchgreifenden Bedenken an der Wirksamkeit der Globalzession bestanden, diese Zweifel habe sie bis heute unverändert. Die Klägerin habe bei ihrer Schadensberechnung außer Acht gelassen, daß sie eingezogene Beträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer und der Körperschaftssteuer hätte unterwerfen müssen, dies für die begehrten Schadensersatzleistungen aber nicht gelte.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten Unterlagen.

II.

Die zulässige Berufung ist in der Hauptsache in vollem Umfang und hinsichtlich der Zinsen teilweise begründet.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Teilklage bestehen nicht. Die Klageforderung ist hinreichend bestimmt. Die Klägerin hat zwar nicht die einzelnen Forderungen konkret bezeichnet, die von der Firma N. C. GmbH eingezogen und nicht an die Klägerin weitergeleitet worden sind. Dies ist aber unschädlich, da die Beklagte den Vortrag der Klägerin, der Klageforderung entsprechende Forderungen der Firma N. C. GmbH gegen Dritte seien vorhanden gewesen und von der Firma N. C. GmbH eingezogen worden, nicht hinreichend bestritten hat, so daß von seiner Richtigkeit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO auszugehen ist. Darüber hinaus können die Maßstäbe, die für eine Klage der Klägerin gegen die Firma N. C. GmbH auf Auskehr von vereinnahmten Erlösen gelten würden, nicht ohne weiteres auf die hier gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung übertragen werden.

Berufung und Klage sind hinsichtlich der Hauptsache begründet, weil die Beklagte der Klägerin gemäß §§ 826, 249 BGB wegen sittenwidriger Schädigung in Höhe der Teilforderung von 51.129,19 € (100.000,00 DM) zur Leistung verpflichtet ist. Sie hat es als Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der Firma N. C. GmbH entgegen den Verpflichtungen der Firma N. C. GmbH unterlassen, hinsichtlich der mit Globalzession vom 03. Februar 1992 zugunsten der Klägerin abgetretenen Forderungen Debitorenliste und Rechnungskopien zu erstellen und der Klägerin vorzulegen, um deren Kenntnis über Identität und Umfang der abgetretenen Forderungen zu vereiteln, und nach entsprechender rechtskräftiger Verurteilung der Firma N. C. GmbH den Geschäftsbetrieb eingestellt, um die Auskehr der eingezogenen Erlöse von der nunmehr zahlungsunfähigen Firma N. C. GmbH sowie die Entstehung weiterer Forderungen zu verhindern.

Die Beklagte war als alleinige Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der Firma N. C. GmbH und damit als deren einziges Vertretungsorgan verpflichtet, die gegenüber der Klägerin vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu entfalten, also Debitorenliste nebst Rechnungskopien vorzulegen und entsprechend der Globalzession eingezogene Forderungsbeträge auf Verlangen der Klägerin an diese auszukehren. Die Beklagte ist dieser Verpflichtung trotz mehrfacher Aufforderungen der Klägerin nicht nachgekommen. Umstände, die eine Unkenntnis von der Globalzession vom 03. Februar 1992 hinreichend zugunsten der Firma N. C. GmbH bzw. der Beklagten belegen, sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Darüber hinaus wurde der Firma N. C. GmbH und damit auch der Beklagten mit dem Schreiben vom 20. März 1997, mit dem erstmals die Vorlage der Debitorenaufstellung gefordert wurde, der Abtretungsvertrag vom 03. Februar 1992 übersandt. Ausweislich der gegen die Firma N. C. GmbH ergangenen Entscheidungen bestand eine Verpflichtung der Firma N. C. GmbH zur Vorlage von Debitorenliste und Rechnungskopien, so daß das Verhalten der Beklagten für die von ihr vertretene Firma vertragswidrig war. Zwar ist vertragswidriges Verhalten nicht ohne weiteres auch sittenwidrig, vielmehr müssen besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten als sittlich verwerflich erscheinen lassen (vgl. Palandt-Thomas 61. Auflage 2002, § 826 BGB Rdnr. 55). Solche besonderen Umstände liegen hinsichtlich des Handels der Beklagten jedoch vor. Sittenwidrigkeit ist dann anzunehmen, wenn gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen wird. Ein solcher Verstoß kann sich insbesondere auch aus dem Inhalt oder den Absichten und Motiven der Parteien bzw. der handelnden Partei ergeben (vgl. Palandt-Heinrichs 61. Auflage 2002, § 138 BGB, Rdnr. 8). Reicht auch der Umstand, daß die Beklagte die von der Firma N. C. GmbH der Klägerin vorzulegenden Unterlagen dieser nicht zur Verfügung gestellt hat, für die Annahme einer Sittenwidrigkeit alleine nicht aus, so folgt die Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten jedoch daraus, daß dieser daran gelegen war, auf jeden Fall und auf jedem Wege zu verhindern, daß die Klägerin Rechte aus der Globalzession verwirklichte und Zugriff auf Forderungen der Firma N. C. GmbH bzw. die diesbezüglich vereinnahmten Beträge nahm. Eine derartige verwerfliche Gesinnung ergibt sich bereits aufgrund des Sachvortrages der Beklagten. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich wiederholt ausgeführt und dies allgemein auch in der Berufungsinstanz wiederholt, daß sie gewillt und in der Lage gewesen sei, den Betrieb der Firma N. C. GmbH innerhalb von höchstens einem Monat zu beenden, sofern die Klägerin Forderungen der Firma N. C. GmbH einziehen würde. Diese Erklärung belegt zum einen die Absicht der Beklagten, jedenfalls dann nicht mehr tätig zu sein, wenn die Firma N. C. GmbH de facto "nur noch für die Klägerin" arbeiten würde, zum anderen aber auch die weitergehende Absicht, auch nur die Einziehung einzelner Forderungen zu verhindern. Diese Absicht hat die Beklagte dadurch bekräftigt, daß sie als Vertretungsorgan der Firma N. C. GmbH auch nach Erlaß bzw. Zustellung des Urteils des Senats vom 30. Juni 2000 im Verfahren 19 U 153/99 weder die geschuldete Auskunft erteilt noch auch weiterhin eingezogene Forderungsbeträge an die Klägerin abgeführt hat und schließlich am 20. September 2000 die Auflösung der nunmehr überschuldeten Gesellschaft im Handelsregister hat eintragen lassen. Hätte sich die Beklagte allein durch Zweifel an der Wirksamkeit der Globalzession an einer früheren Auskunft gehindert gesehen, hätte kein Anlaß bestanden, auch nach rechtskräftiger Entscheidung weiterhin den vertraglichen Verpflichtungen zuwider zu handeln und nach wenigen Monaten die nach ihren eigenen Angaben im Schreiben vom 21. Dezember 2000 (K 26, Bl. 97 d.A.) gewinnbringende Firma N. C. GmbH aufzulösen. Dafür, daß sich die Beklagte bei ihrem Handeln nicht von der Ansicht hat leiten lassen, daß die Globalzession unwirksam sei, spricht vielmehr der Umstand, daß sich die Beklagte im Rahmen ihres erstinstanzlichen Vorbringens selbst nicht hierauf berufen hatte. Diesen Gedanken des Landgerichts hat sie vielmehr lediglich im Berufungsverfahren aufgegriffen und geltend gemacht, daß sie hinsichtlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen entschuldigt einem Irrtum unterlegen sei und dies einem maßgeblichen Vorsatz entgegen stehe. Unabhängig davon, daß ein derartiger Irrtum über die Wirksamkeit der Globalzession nicht hinreichend konkret vorgetragen wurde, ist die Annahme unzutreffend, daß es an einem Vorsatz hinsichtlich der sittenwidrigen Schädigung fehlt. Der Vorsatz muß im Rahmen des § 826 BGB allein die Nachteilszufügung betreffen, sich aber nicht auch auf deren Sittenwidrigkeit oder Rechtswidrigkeit beziehen (vgl. Münchener Kommentar/Mertens, 3. Auflage § 826 BGB, Rdnr. 59). Vorsätzlich handelt also bereits derjenige, der die Art und die Richtung der Schadensfolgen seines Handelns vorhergesehen und gewollt, jedenfalls aber billigend in Kauf genommen hat. Hiervon ist für die Beklagte auszugehen. Der Umstand, daß es der Klägerin ohne die von der Beklagten verweigerten Auskünfte nicht möglich sein werde, ihre Rechte aus der Globalzession vom 03. Februar 1992 gegenüber der Firma N. C. GmbH oder deren Kunden und Schuldnern geltend zu machen, und hierdurch ein Schaden bei dieser jedenfalls für den Fall entstehen kann, daß die Firma N. C. GmbH vermögenslos wird, ist ohne weiteres ersichtlich und von der Beklagten nicht hinreichend in Abrede gestellt, ebensowenig wie der Umstand, daß nach dem Verhalten der Beklagten insbesondere auch nach der gegen die Firma N. C. GmbH ergangenen rechtskräftigen Entscheidung vom 30. Juni 2000, derartige Schäden von der Beklagten zumindest billigend in Kauf genommen worden sind. Auf die Frage, ob die Beklagte davon ausging und davon ausgehen konnte, zur Verweigerung der Auskünfte berechtigt zu sein, kommt es in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich an. Eine Vorstellung der Beklagten, gegenüber der Klägerin nicht zur Leistung verpflichtet zu sein, kann allenfalls im Rahmen der Frage relevant werden, ob auch bei einer derartigen Vorstellung der Beklagten deren Verhalten als sittenwidrig anzusehen ist. Grundsätzlich ist für eine Haftung nach § 826 BGB nicht erforderlich, daß der Täter sich der aus objektiver Sicht ergebenden Sittenwidrigkeit seines Tuns bewußt ist (vgl. Münchener Kommentar/Mertens, § 826 BGB, Rdnr. 42). Andererseits kann eine redliche, nicht auf Leichtfertigkeit oder gar Gewissenlosigkeit beruhende Überzeugung des Täters, in Einklang mit Recht und Sitte zu handeln, seinem Verhalten die Sittenwidrigkeit nehmen (vgl. Münchener Kommentar/Mertens, § 826 BGB, Rdnr. 44). Hieraus folgt, daß der Täter, der einen anderen vorsätzlich schädigt, und zwar durch ein Verhalten, das seinem äußeren Erscheinungsbild nach als sittenwidrig erscheint, der moralischen Mißbilligung nicht schon mit der Behauptung mangelnder Einsicht in das Sittenwidrige seines Tuns entgehen kann, wohl aber möglicherweise - nämlich dann, wenn die definitive Entscheidung über die Sittenwidrigkeit seines Verhaltens von seiner subjektiven Einstellung abhängt - mit dem Hinweis darauf, er sei positiv der redlichen Überzeugung gewesen, in voller Übereinstimmung mit der Rechtsordnung zu handeln (vgl. Münchener Kommentar/Mertens, a.a.O.). Für das Vorliegen einer derartigen Überzeugung ist der Handelnde darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Münchener Kommentar/Mertens, § 826 BGB, Rdnr. 104); der Vortrag der Beklagten ist insoweit jedoch unzureichend und nicht hinreichend zu Beweis gestellt. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, positiv von der Unwirksamkeit der Globalzession ausgegangen zu sein, sondern allenfalls von Zweifeln an der Wirksamkeit gesprochen. Diese Zweifel reichen jedoch nicht aus, eine redliche und positive Überzeugung zu belegen, in voller Übereinstimmung mit der Rechtsordnung zu handeln. Jedenfalls nach der erstinstanzlichen Entscheidung vom 06. August 1999 könnte darüber hinaus eine derartige Überzeugung bei der Beklagten nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, da hiernach die Firma N. C. GmbH bereits in vollem Umfang verurteilt worden war. Der Vortrag der Beklagten läßt auch nicht hinreichend erkennen, welche Gründe sie seinerzeit veranlaßt haben, sich in Vertretung für die Firma N. C. GmbH in den Verfahren 21 O 27/98 Landgericht Köln und 19 U 153/99 Oberlandesgericht Köln darauf zu berufen, daß der Zeuge E. B. im Innenverhältnis auch nach Kenntnis der Klägerin nicht befugt gewesen sei, die Firma N. C. GmbH in dem Umfang der Globalzession zu verpflichten, und daß die Klägerin das von dem Zeugen blanko unterzeichnete Formular abredewidrig ausgefüllt habe. Es kann insoweit nicht davon ausgegangen werden, daß diese Umstände der Annahme der Sittenwidrigkeit entgegen stehen.

Aufgrund des hieraus folgenden sittenwidrigen schädigenden Verhaltens der Beklagten ist diese der Klägerin zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der jedenfalls in Höhe der Klageforderung in der Fassung des Hauptantrages und entsprechend der Hauptbegründung besteht. Ausgehend von dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien hat die Firma N. C. GmbH jedenfalls 100.000,00 DM von ihren Schuldnern eingezogen, die aufgrund der Globalzession der Klägerin zustanden. Diese wurde durch das Verhalten der Beklagten daran gehindert, ihre an den Forderungen und/oder dem Erlös bestehenden Rechte rechtzeitig vor der Zahlungsunfähigkeit der Firma N. C. GmbH zu verfolgen, so daß ihr durch die nicht zu realisierende Einziehung der Forderungen bzw. Auskehr der tatsächlichen eingezogenen Erlöse ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist. Die Höhe der der Klägerin gegenüber der Firma Ch. GmbH zustehenden Forderung(en), deren Sicherung die Globalzession diente, ergibt sich aus dem Saldoanerkenntnis der Firma Ch. GmbH gegenüber der Klägerin. Dieses stellt im Rahmen eines Kontokorrentvertrages ein selbständiges Anerkenntnis mit schuldumschaffender Wirkung dar, welches die bisherigen Einzelforderungen untergehen läßt. Da die Firma N. C. GmbH ihre Forderungen zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin auch gegen die Firma Ch. abgetreten hat, ist die Klägerin grundsätzlich auch berechtigt, den von der Firma Ch. GmbH anerkannten Saldo als Forderung gegenüber der Firma N. C. GmbH geltend zu machen. Da die Beklagte für die hinsichtlich dieser Forderung erlittenen Schäden der Klägerin aufzukommen hat, ist auch ihr gegenüber das Saldoanerkenntnis maßgeblich. Dies gilt auch hinsichtlich in die Forderung eingeflossener Verzugszinsen.

Eine unterlassene Verwertung anderer der Klägerin durch die Firma Ch. GmbH zur Verfügung gestellter Sicherheiten durch diese hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe es versäumt, zunächst die Firma N. C. GmbH in Anspruch zu nehmen, ist bereits deshalb unerheblich, weil diese unstreitig zahlungsunfähig ist. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, daß nach dem Beklagtenvorbringen eine Einziehung der Forderungen in der gesamten Höhe der Verpflichtungen der Firma Ch. GmbH nicht möglich gewesen sei, weil die Firma N. C. GmbH in diesem Fall ihrerseits insolvent geworden wäre. Angesichts des lebensnahen Vortrages der Klägerin, daß sie die Forderungen nicht auf einmal und in voller Höhe eingezogen haben würde, ist der Vortrag der Beklagten, von der Firma N. C. GmbH seien Forderungen in entsprechender Höhe nicht einzuziehen gewesen, nicht hinreichend. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Umstand, daß die Firma N. C. GmbH in den letzten Jahren das 6,8fache des Betrages der Schulden der Firma Ch. GmbH eingezogen hat. Insoweit hätte es der Beklagten oblegen, konkret eine vorzeitig eintretende Insolvenz der Firma N. C. GmbH vorzutragen, woran es fehlt. Die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens könnte daher alleine der unzulässigen Ausforschung dienen. Der Umstand, daß die Beklagte nach ihrem Vortrag gegebenenfalls den Betrieb eingestellt hätte, hat im Rahmen der Schadensfeststellung außer Betracht zu bleiben, da die Firma N. C. GmbH tatsächlich ihren Betrieb nicht eingestellt hat.

Zu Unrecht hat die Beklagte auch den Einwand erhoben, bei der Höhe eines eventuellen Schadensersatzes sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin von eingezogenen Forderungsbeträgen Steuern hätte abführen müssen. Unabhängig davon, ob dies tatsächlich zutrifft, kommt es hierauf für die Bemessung des Schadensersatzanspruches nicht an. Die Klägerin war nach der Globalzession berechtigt, Forderungen in der Höhe ihrer Forderungen gegenüber der Firma Ch. GmbH einzuziehen. Diese Einziehung und damit die Befriedigung entsprechend hoher Forderungen gegenüber der Firma Ch. GmbH hat die Beklagte sittenwidrig vereitelt, so daß sie in der entsprechenden Höhe ersatzpflichtig ist. Daß die Klägerin möglicherweise hinsichtlich dieser Einnahmen steuerpflichtig gewesen wäre, kann der Beklagten nicht zugute kommen und bleibt auch für den durch die Handlung der Beklagten verursachten Schaden ohne Bedeutung.

Der Anspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 852 BGB verjährt. Hierfür entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem die Klägerin von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Sie muß zumindest dem Grunde nach Kenntnis vom Eintritt eines Schadens, der eigenen Schadensbetroffenheit und von der Person des Ersatzpflichtigen haben, insbesondere aber muß ein Schadensersatzanspruch überhaupt bereits entstanden sein (vgl. BGH NJW 1993, 648 (650)). Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Schaden erst zukünftig ist, mag wegen ihm auch möglicherweise bereits die rechtliche Möglichkeit bestehen, auf Feststellung einer Pflicht zur Leistung eines zukünftigen Schadensersatzes zu klagen (BGH a.a.O.). Reicht es für die Feststellungsklage bereits aus, wenn der Schaden dem Grunde nach bereits entstanden ist, wenn auch seine Höhe noch nicht beziffert werden kann, wird die Verjährungsfrist jedoch dann noch nicht in Lauf gesetzt, wenn noch offen ist, ob ein pflichtwidriges, ein Risiko begründendes Verhalten zu einem Schaden führt, ein Ersatzanspruch also noch nicht entstanden ist. Im vorliegenden Fall kann eine Schadensentstehung dann angenommen werden, wenn feststeht, daß durch die fehlende Vorlage von Debitorenliste und Rechnungskopien die Klägerin mit berechtigten Forderungen ausfällt und dies bei rechtzeitiger Vorlage nicht geschehen wäre. Diese Kenntnis kann für die Klägerin jedenfalls nicht vor der Mitteilung des Wirtschaftsprüfers am 31. Oktober 2000, die Firma N. C. GmbH sei nicht zahlungsfähig, angenommen werden. Mag auch die Klägerin davon ausgehen können, daß die Firma N. C. GmbH über Kunden verfügt und von diesen Forderungen vereinnahmt, führt dieser Rückschluß aus dem allgemeinen Ablauf wirtschaftlichen Lebens aber nur dazu, daß die Klägerin die Gefahr von Schäden allgemein kennen konnte oder mußte. Dies reicht für die Annahme einer positiven Kenntnis ebensowenig aus, wie bloße Vermutungen und Befürchtungen oder ein Verdacht (vgl. BGH NJW 1993, 648 (653)), da sich die Klägerin diesbezügliche Kenntnisse gerade auch nicht mühelos und ohne besonderen Kostenaufwand hätte verschaffen können.

Zinsen stehen der Klägerin ab 16. Juli 1996 zu. Sie kündigte den Girokontovertrag mit der Firma Ch. GmbH mit Schreiben vom 14. Mai 1996 fristlos wegen der Nichteinhaltung einer Rückzahlungsvereinbarung. Entgegen ihrem Vorbringen ist hiermit der Verzug der Firma Ch. GmbH, der der Beklagten entgegen gehalten werden könnte, nicht begründet worden. Verzugsbegründend war erst das Schreiben der Klägerin vom 04. Juli 1996, welches eine letzte Zahlungsfrist auf den 15. Juli 1996 bestimmte (K 17, Bl. 49 d.A.). Da die Beklagte den von der Klägerin beanspruchten Zinssatz von 9,37 % nicht substantiiert angegriffen hat, ist die Klagesumme ab dem 16. Juli 1996 gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 2 BGB a.F. mit diesem Zinssatz zu verzinsen. Ab dem 11. Januar 2000 ist der Klagebetrag jedoch lediglich mit 5 % entsprechend § 352 Abs. 1 HGB a.F. zu verzinsen. Eine Verzinsung in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz entsprechend § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. kommt nicht in Betracht, da gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB diese Vorschrift auf vor dem 01. Mai 2000 fällig gewordene Forderungen keine Anwendung findet. Einen höheren Verzugsschaden, der auch nach § 288 Abs. 2 BGB a.F. gefordert werden könnte, hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan. Der bis zum 11. Januar 2000 zugrunde gelegte Zinssatz von 9,37 % ist als ausgewiesener "Verzugsschaden als gewogenes arithmetisches Mittel", der ausweislich der Anlage K 22 (Bl. 56 d.A.) per 01. Mai 1996 ermittelt wurde, nicht ohne weiteres auch auf die Zeit nach dem 11. Januar 2000 anwendbar, was bereits darin seinen Ausdruck findet, daß auch die Klägerin insoweit den Zinssatz nach § 288 Abs. 1 BGB n.F. (zwischen 7,68 % und 8,62 %) geltend macht, der den Zinssatz von 9,37 % nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 109 ZPO n.F.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO n.F.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 51.129,19 €

Ende der Entscheidung

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