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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 19 U 34/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, UmwG, HGB


Vorschriften:

ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 2
ZPO § 287
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 252 S. 2
BGB § 276
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 S. 2
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 281
BGB § 281 Abs. 1
BGB § 281 Abs. 2
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
UmwG § 123 Abs. 3
UmwG § 133 Abs. 1 S. 1
HGB § 89 Abs. 1
HGB § 89 Abs. 2
HGB § 89 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.02.2008 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 86 O 39/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, vormals Vertragshändlerin der Beklagten aufgrund eines am 24.02./10.03.2004 geschlossenen Vertragshändlervertrages, macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit einer Netzstrukturkündigung geltend. In dem auf unbegrenzte Dauer geschlossenen Vertrag heißt es in Artikel XVII (Anlage K 1, Bl. 25 ff., 45 GA):

"Dieser Vertrag kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von 24 Monaten zum Ende eines Kalendermonats per Einschreiben/Rückschein gekündigt werden. Eine von O ausgesprochene Kündigung muss eine ausführliche Begründung enthalten, die objektiv und transparent ist, und darf nicht auf Verhaltensweisen der Vertragswerkstatt gestützt werden, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 nicht eingeschränkt werden dürfen. Die Verordnung ist als Anlage XI diesem Vertrag angefügt. Darüber hinaus gelten, insbesondere bezüglich der Kündigung, die Regelungen des nationalen Rechts.

Abweichend hiervon ist es O gestattet, diesen Vertrag mit einer Frist von 12 Monaten zu beenden, unter der Voraussetzung, dass

a. O auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung oder einer individuellen Vereinbarung gegenüber dem Vertragshändler zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet ist oder

b. sich für O die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren."

Unter dem 07.07.2004 (Anlage K 3, Bl. 55 f. GA) erteilte die Beklagte der Klägerin eine sog. "Strukturkostenzusage", mit der sie sich anlässlich der Eröffnung des Betriebs der Klägerin in T an den entstehenden Kosten beteiligen wollte, und zwar durch Zahlung von 300,- € je Neuwagenzulassung, maximal 21.000,- € im ersten, 250,- € je Neuwagenzulassung, maximal 21.250,- € im zweiten und 150,- € je Neuwagenzulassung, maximal 15.000,- € im dritten Vertragsjahr. Im Mai 2005 erwarb die Klägerin von der Beklagten eine Außensignalisation. Die ihr hierdurch entstandenen Kosten, die erstinstanzlich streitig waren, sind nicht mehr Gegenstand des Verfahren in der Berufungsinstanz.

Mit Schreiben vom 11.01.2006 erklärte die Beklagte im Rahmen mit einer Vertragshändler- und Vertragswerkstattverträge betreffenden Netzkündigung gegenüber der Klägerin, sie kündige das Vertragsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt, was unter Berücksichtigung von Art. XVII Ziffer 1 b) des Vertrages der 31.01.2007 sei. Wegen des Inhaltes des Kündigungsschreibens im Einzelnen wird auf die Anlage K 2 (Bl. 53 f. GA), verwiesen. Die Beklagte stellte die Belieferung der Klägerin mit Neufahrzeugen zum 31.01.2007 ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte im Hinblick auf die erteilte Strukturkostenzusage Zahlungen für das dritte Vertragsjahr in Höhe von 11.850,- € erbracht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei aus formalen und materiellen Gründen unwirksam und hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie im Hinblick auf Kosten der Außensignalisation sowie die Strukturkostenzusage 10.050,61 € zuzüglich Zinsen und Kosten zu zahlen, darüber hinaus festzustellen, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Rücknahme der Außensignalisation in Annahmeverzug befinde, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorzeitige Vertragsbeendigung seit dem 31.01.2007 bis zum 31.01.2008 wegen der von der Beklagten mit Schreiben vom 11.01.2006 ausgesprochenen Kündigung des Vertragshändlervertrages entsteht, sowie im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 11.01.2006 erklärte Kündigung mit Wirkung zum 31.01.2007 unwirksam sei.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und die Wirksamkeit der Strukturkündigung geltend gemacht. Sie hat behauptet, aus einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie habe sich ergeben, dass es zu viele kleine finanzschwache Händler gegeben habe, die die Fahrzeuge nicht über moderne Autohäuser vermarkten, sowie, dass die Standards aus dem Ruder gelaufen seien. Als Hauptproblem sei erkannt worden, dass es an jeglichen Einflussmöglichkeiten auf Sekundärhändler gefehlt habe. Nachdem O zunächst - unstreitig - über ein einstufiges Vertriebssystem verfügt habe, sei mit dem Zusammenschluss mit S die Übernahme eines zweistufigen Netzes erfolgt. In der Folge sei O jedoch lediglich als eine Beistellmarke neben S angesehen worden, für die sich die Händler nicht engagiert hätten. Es sei nicht um eine einfache Änderung von Selektionskriterien gegangen, sondern um die Veränderung von Standards, die sich entsprechend dem neuen Vertriebskonzept an der geografischen Einordnung des Betriebs in verschiedene Arten von Kundeneinkaufsgebieten - Gebiete der Kategorien rural, urban, metro - orientiere. Das neue Vertriebskonzept habe 535 Standorte vorgesehen. Von 638 Standorten sollten 352 entfallen und 286, davon 63 von 213 Sekundärhändlern, erhalten bleiben und 249 neue Standorte hinzu kommen. Die Umsetzung innerhalb der Frist von einem Jahr sei erforderlich, um der erfahrungsgemäß im zweiten Kündigungsjahr abnehmenden Verkaufsleistung der gekündigten Händler entgegen zu wirken und Abwerbeversuchen der Wettbewerber einen geringeren Zeitraum zu lassen. Zudem sei die Investorengewinnung bei zweijähriger Frist schwierig. Die Mehrzahl von 190 Interessenten sei nur bei einer Umstrukturierung binnen eines Jahres zu Investitionen bereit gewesen. Zudem sei für das Jahr 2007 eine Produktoffensive mit den Modellen R, U und Y geplant gewesen. Ein Großteil der Händler sei für die Strategie ungeeignet gewesen. Kein endgültig gekündigter Händler hätte sich um Neukunden, die mit den neuen Modellen geworben werden sollten, bemüht. Der Werteffekt wäre bei einer Umstrukturierung in zwei Jahren um 38 Mio. € geschmälert und die Armortisationszeit mehr als verdoppelt worden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sei jeder Nachteil für den Hersteller erheblich, ohne dass es darauf ankomme, dass dieser besonders gravierend sei, denn Ziel der GVO sei die Wettbewerbsförderung und nicht der Händlerschutz. In keinem Fall sei sie - die Beklagte - zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, denn es fehle wegen der unklaren Rechtslage jedenfalls an einem Verschulden. Im Übrigen wird wegen des unstreitigen Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Parteien in erster Instanz gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil, Bl. 313 ff. GA, Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 07.02.2008, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, festgestellt, die gegenständliche Kündigung mit Wirkung vom 31.01.2007 sei unwirksam und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorzeitige Vertragsbeendigung für die Zeit vom 31.01.2007 bis 31.01.2008 wegen der zum 31.01.2007 ausgesprochenen Kündigung entstanden sei. Darüber hinaus hat das Landgericht die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 1.650,- € nebst Zinsen im Hinblick auf die Strukturkostenzusage zu zahlen. Zur Begründung seiner Auffassung von der Unwirksamkeit der Kündigung vom 11.01.2006 zum 31.01.2007 hat das Landgericht unter Bezugnahme auf vorangegangene Entscheidungen des Senats (Urteile vom 07.12.2007 in den Verfahren 19 U 57/07, 19 U 59/07, 19 U 60/07) im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei zwar in formeller Hinsicht hinreichend ausführlich und transparent begründet. Indes habe die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte die Voraussetzungen für eine Kündigung mit verkürzter Frist nach Artikel XVII Ziffer 1 b) des Vertragshändlervertrages nicht dargetan. Es fehle bereits am Merkmal der Umstrukturierung des gesamten Vertriebsnetzes bzw. eines wesentlichen Teils davon sowohl in finanzieller als auch in räumlicher Hinsicht. Auch sei die Notwendigkeit einer Umstrukturierung ihres Vertriebsnetzes nicht dargetan. Infolge der Nichterfüllung ihrer vertraglichen Lieferverpflichtung sei die Beklagte gegenüber der Klägerin gemäß §§ 280, 281 BGB zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie wegen unklarer Rechtslage kein Verschulden an der von ihr begangenen Vertragsverletzung treffe. Ohne die Vertragsverletzung hätte die Klägerin Gelegenheit gehabt, auch noch für die Restzeit der für drei Jahre erteilten Strukturkostenzusage 150,- € je Neuwagenzulassung zu erhalten. Gemäß § 287 ZPO sei davon auszugehen, dass die Klägerin bis zum 10.03.2007 noch weitere 11 Neufahrzeuge hätte verkaufen können, was einem Bonus in Höhe von 1.650,- € entspreche.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.

Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, das Landgericht hätte ihren Beweisangeboten nachkommen müssen. Da die Notwendigkeit einer Umstrukturierung auf plausible Weise mit Gründen der wirtschaftlichen Existenz gerechtfertigt werden könne, komme es nicht darauf an, dass Nachteile sicher feststünden. Eine konkretere Darlegung sei auch nicht möglich, da es sich immer um eine Prognoseentscheidung handele. Würden Gerichte später die Notwendigkeit der Kündigung in Frage stellen, indem sie tief in die betriebswirtschaftlichen Überlegungen eintreten, würde das Sonderkündigungsrecht faktisch leer laufen. Die Beklagte habe in erster Instanz hinreichend und unter Beweisantritt dargelegt, dass ohne eine schnelle Umsetzung der Umstrukturierung eine Beeinträchtigung der Effizienz der bestehenden Strukturen zu befürchten gewesen sei und eine Kündigungsfrist von zwei Jahren wirtschaftlich nachteilige Folgen gehabt hätte. Die EU-Kommission habe die Handlungsfähigkeit des Lieferanten im Interesse des Wettbewerbs nicht übermäßig beschneiden wollen und die Notwendigkeit zur Strukturkündigung bereits dann als gegeben angesehen, wenn das Vertriebsnetz anpassungs- und leistungsfähiger ausgestaltet werden solle. Dies dürfe nicht mit einer zweijährigen Kündigungsfrist gehemmt werden. Die Vernehmung des für die Entwicklung des Umstrukturierungskonzeptes verantwortlichen Zeugen V in einem parallelen Verfahren vor dem OLG Frankfurt - 11 U 39/07 (Kart) - habe ergeben, dass die Beklagte sich für die Umstrukturierung innerhalb einer Frist von einem Jahr auf plausible Gründe habe stützen können. Das Landgericht habe die Richtigkeit der unternehmerischen Entscheidungen in Frage gestellt und sei damit rechtsfehlerhaft über die von dem EuGH gestellten Anforderungen hinaus gegangen und habe Beweisangebote ignoriert. Soweit der Senat im Zusammenhang mit den vorangegangenen Entscheidungen vom 07.12.2007 den Werteffektverlust von 38 Mio. € als reine Mutmaßung bezeichnet und angenommen habe, es sei nicht ersichtlich, dass ein unvollständiges Händlernetz bessere Ergebnisse erwarten lasse als ein gekündigtes, aber erfahrenes Händlernetz, habe er nach eigenen Wertungsmaßstäben geurteilt. Entsprechendes gelte für die von dem Senat vertretene Auffassung, Abwerbungsversuchen könne man durch Unterbreitung eines Angebotes auf Abschluss neuer Verträge entgegen wirken. Soweit die Beklagte bis Februar 2007 lediglich 55 neue Investoren habe gewinnen können, sei dies eine Tatsache im unternehmerischen Risikobereich der Beklagten, auf die es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht ankomme. Entscheidend sei vielmehr, dass das Verlangen der Investoren mitursächlich für die Netzstrukturkündigung gewesen sei. Der Zeuge V habe in dem o.g. Verfahren vor dem OLG Frankfurt auch bestätigt, dass die Ursache des abgesunkenen Markenanteils in der Struktur des Händlernetzes zu suchen sei. Eine bedeutsame Änderung in räumlicher Hinsicht habe vorgelegen, denn hierfür sei nicht allein auf die Abschaffung des Sekundärhändlernetzes abzustellen. Hierdurch allein seien schon 215 Händlerstandorte weggefallen. Entscheidend sei, dass insgesamt 352 Händlerstandorte weggefallen seien. Die Beklagte habe unter Beweisantritt vorgebracht, dass bei einer Kündigungsfrist von 2 Jahren wegen des Absatzrückgangs bei den gekündigten Händlern und des späteren Einsatzes neuer Händler insgesamt 29.000 Fahrzeuge weniger verkauft worden wären, was allein im zweiten Jahr der Kündigungsfrist einen entgangenen Gewinn von 70 bis 80 Mio. € ausgemacht hätte. Durch ein Verpuffen der Produktoffensive zur Einführung des R und des Nachfolgemodells des Y sowie des Sportwagens xxx wäre ihr ein weiterer Gewinn von 8 bis 9 Mio. € entgangen. Zudem wären die Reibungsverluste aus der zu überwindenden zweistufigen Struktur des Händlernetzes durch eine Verlängerung der Kündigungsfrist um ein weiteres Jahr verlängert worden. Dem Oberlandesgericht Frankfurt sei darin zu folgen, dass es ausreiche, dass mögliche nachteilige Folgen dargelegt seien, dass vertretbare wirtschaftliche Erwägungen nicht durch andere Bewertungen ersetzt werden könnten und dass sich die Verkürzung der Kündigungsfrist schon wegen des Zusammenhangs zwischen Markteinbußen und Schwäche des Händlernetzes rechtfertige, unabhängig davon, ob sich die Entscheidung nachträglich als zutreffend erweise. Soweit man jedoch eine Pflichtverletzung durch die Beklagte annehme, habe sie sich in einem Rechtsirrtum befunden und müsse sie die Pflichtverletzung jedenfalls nicht vertreten. Da die Klägerin zuvor im Durchschnitt lediglich 6,5 Fahrzeuge im Monat abgesetzt habe, könnten zudem allenfalls 8, aber nicht 11 Fahrzeuge für den Zeitraum bis zum 10.03.2007 angesetzt werden. Ohnehin fehle es an einem Rechtsgrund für die Zuschussgewährung nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.02.2008 - 86 O 39/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

den Rechtsstreit an das Landgericht Köln zurückzuverweisen;

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie macht geltend, der Vortrag der Beklagten basiere auf haltlosen Vermutungen. Die Aussage des Zeugen V in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt sei inhaltlich unzutreffend und ohnehin - ebenso wie die dort von ihm vorgelegte Analyse "Shift Germany Business Case" - nicht wirksam in das vorliegende Verfahren eingeführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

A. Der Antrag der Klägerin, die Unwirksamkeit der Kündigung vom 11.01.2006 zum 31.01.2007 festzustellen, ist zulässig und begründet.

I. Die gesellschaftsrechtliche Trennung der O Center Europe GmbH von der vormaligen S O Deutschland AG, nunmehr S Deutschland AG, hat das zur Zeit der Ausgliederung bereits bestehende Rechtsverhältnis zu der Klägerin nicht beeinflusst, wie der Senat bereits in parallel gelagerten Fällen ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07, Anlage BB 1, Bl. 499 ff.). Im Passivprozess des übertragenden Rechtsträgers kommt ein ipso-jure-Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers nicht in Betracht, da eine Ausgliederung oder Spaltung nicht etwa eine Gesamtrechtsnachfolge in das Vermögen eines untergegangenen Rechtsträgers bewirkt, sondern gemäß § 123 Abs. 3 UmwG eine Übertragung einer Summe von Vermögensgegenständen (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2000, XII ZR 219/98 - juris). Nach § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner. Daher ist die O Center Europe GmbH lediglich als neue Schuldnerin hinzu gekommen, die Haftung der Beklagten aber nicht entfallen.

II. Das nach § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung im Wege der Zwischenfeststellungsklage besteht. Gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist es möglich, durch eine neben oder nach der Hauptklage erhobene Zwischenfeststellungsklage einen rechtskräftigen Ausspruch auch über alle für den Hauptanspruch vorgreiflichen Rechtsverhältnisse herbeizuführen, sofern nicht bereits das Urteil über die Hauptsache die Rechtsbeziehungen erschöpfend regelt (Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, § 256 Rn. 21, 26). Die Frage der Wirksamkeit der Kündigung bzw. der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.01.2007 ist zwar für den vorliegend ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzanspruch vorgreiflich im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO. Die Rechtsbeziehungen der Parteien würden indes durch eine Entscheidung über diesen Antrag nicht erschöpfend geregelt, da die Möglichkeit besteht, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis auch andere als Schadensersatzansprüche erwachsen.

III. Der Zwischenfeststellungsantrag ist begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 11.01.2006 hat das Vertragsverhältnis nicht zum 31.01.2007 beendet. Die Voraussetzungen für eine Kündigung gemäß Art. XVII Ziffer 1 Abs. 1 und 2 lit. b) des Vertragshändlervertrages sind nicht dargetan.

1) Gegen die Wirksamkeit der vertraglichen Regelung bestehen keine Bedenken, da wegen der inhaltlichen Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 5 lit. b) ii. der GVO Nr. 1400/2002 eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 89 Abs. 1 und 2 HGB nicht in Betracht kommt.

2) Die formellen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung sind erfüllt. Nach Art. XVII Ziffer 1 Abs. 1 S. 2 des Vertragshändlervertrages bzw. Art. 3 Abs. 4 der GVO 1400/2002 muss die schriftliche Kündigung eine ausführliche Begründung enthalten, die objektiv und transparent ist, um einen Lieferanten daran zu hindern, eine vertikale Vereinbarung mit einem Händler oder einer Werkstatt wegen Verhaltensweisen zu beenden, die nach der Verordnung nicht eingeschränkt werden dürfen. Nachdem es in Absatz 2 der vertraglichen Regelung weiter heißt, dass abweichend davon der Vertrag unter den dort genannten Voraussetzungen mit einer Frist von 12 Monaten gekündigt werden könne, und im Übrigen Abweichendes in Bezug auf die (formellen) Voraussetzungen der Kündigung nicht geregelt ist, besteht kein Anlass zu der Annahme, nach der vertraglichen Regelung sei für die Kündigung mit einjähriger Frist eine schriftliche Begründung nicht erforderlich. Letztlich kann dies aber offen bleiben. Wie der Senat bereits in vorangegangenen Entscheidungen zu parallel gelagerten Fällen ausgeführt hat, genügt das Kündigungsschreiben vom 11.01.2006 (Anlage K 2, Bl. 53 f. GA) auch hier jedenfalls den formellen Anforderungen. Die Beklagte hat darin dargelegt, aus welchen Gründen sie sich entschieden hat, das bislang bestehende zweistufige Händlernetz abzuschaffen und eine erkennbar auch den Servicebereich erfassende Umstrukturierung, die grob skizziert wird, vorzunehmen. Die Klägerin konnte sich daher ein Bild über die Gründe machen, die die Beklagte zur Kündigung veranlasst haben, und insbesondere auch prüfen, ob der Kündigung kartellrechtswidrige Motive zugrunde lagen. Die Mitteilung von Details, die die Beklagte zu ihrer Entscheidung bewogen haben, ist hierfür nicht erforderlich, denn dem Lieferanten werden in Bezug auf die förmliche Begründung der Kündigung nach den hier maßgeblichen Verordnungen keine besonderen Pflichten auferlegt (vgl. EuGH Urteil vom 07.09.2006, C-125/05, Rn. 48 - juris). Dafür, dass nach der vertraglichen Regelung eine weitergehende Begründung erforderlich gewesen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte.

3) Die Kündigung des Vertragshändlervertrages durch die Beklagte zum 31.01.2007 ist jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht unwirksam, da die in Art. XVII Ziffer 1 lit. b) des Vertrages genannten und Art. 3 Abs. 5 lit. b) ii. der GVO Nr. 1400/2002 inhaltlich entsprechenden Voraussetzungen für eine Kündigung mit verkürzter Frist nicht vorliegen.

a) Nach diesen vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen kann der Vertragshändlervertrag mit einer Frist von 12 Monaten unter der Voraussetzung beendet werden, dass sich für die Beklagte die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren. Das Recht zur Kündigung mit verkürzter Frist setzt somit eine Umstrukturierung des gesamten Vertriebsnetzes oder eines wesentlichen Teils davon sowie die Notwendigkeit der Umstrukturierung voraus. Diese Tatbestandsmerkmale hat der EuGH in zwei zu Art. 5 Abs. 3 Ziffer 1 GVO Nr. 1475/95 ergangenen Entscheidungen dahin konkretisiert, dass das Sonderkündigungsrecht eine bedeutsame Änderung der Vertriebsstrukturen des Lieferanten sowohl in finanzieller als auch in räumlicher Hinsicht erfordert, die auf plausible Weise durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt sein muss, welche sich auf interne oder externe objektive Umstände des Unternehmens des Lieferanten stützen, die ohne eine schnelle Umstrukturierung des Vertriebsnetzes in Anbetracht des Wettbewerbsumfeldes, in dem der Lieferant agiert, die Effizienz der bestehenden Strukturen des Vertriebsnetzes beeinträchtigen könnten. Dabei kann die Tatsache, dass der Lieferant auf der Grundlage einer subjektiven geschäftlichen Beurteilung seines Vertriebsnetzes dessen Umstrukturierung für notwendig erachtet, allein nicht ausreichen, um die Notwendigkeit einer solchen Umstrukturierung darzutun, da ansonsten die Händler jeden wirksamen gerichtlichen Schutz in dieser Frage verlieren würden. Mögliche wirtschaftliche Nachteile, die der Lieferant im Fall einer Kündigung mit zweijähriger Frist erleiden könnte, sind in dieser Hinsicht erheblich (EuGH, Urteil vom 30.11.2006, C-376/05, Rn. 36 f.; Urteil vom 07.09.2006, C- 125/05, Rn. 36-40). Die Beweislast für das Vorliegen des Rechtes zur Kündigung mit einjähriger Frist trägt der Lieferant (EuGH, Urteil vom 07.09.2006, C-125/05, Rn. 42 - juris). Diese Grundsätze sind auch für die Beurteilung des vorliegenden Falles maßgeblich. Der Text der GVO 1475/95 stimmt hinsichtlich des Kündigungsrechtes des Lieferanten mit einjähriger Frist im Wesentlichen mit dem Verordnungstext der GVO 1400/2002 bzw. der vertraglichen Kündigungsregel gemäß Art. XVII Ziffer 1 lit. b) überein, so dass - wie der Senat bereits im Rahmen der o.g. Entscheidungen in parallel gelagerten Fällen ausgeführt hat - keine Bedenken bestehen, die vorgenannten Entscheidungen des EuGH zur Beurteilung des vorliegenden Falles heranzuziehen (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 13.05.2008, 11 U 39/07 [Kart]).

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung vermag nicht jeder Nachteil des Unternehmers eine Verkürzung der Kündigungsfrist zu rechtfertigen. Die Erheblichkeit eines jeden Nachteils bedeutet, dass er zu berücksichtigen ist, nicht aber, dass dieser zur Rechtfertigung der Kündigung mit verkürzter Frist bereits genügt. In Anbetracht des Ausnahmecharakters und der gebotenen engen Auslegung der Kündigungsregelung mit nur einjähriger Frist (vgl. EuGH Urteil vom 07.09.2006, C-125/05, Rn. 27 - juris; ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 13.05.2008, 11 U 39/07 [Kart]) sowie im Hinblick auf den mit der Kündigungsregelung gemäß Art. 3 Abs. 5 der GVO 1400/2002 verfolgten Zweck, auch einen Investitionsschutz für die Händler zu gewährleisten, kann nicht schon jede Maßnahme zur Erzielung einer nur geringfügigen Verbesserung der Vertriebsstruktur eine Verkürzung der Kündigungsfrist rechtfertigen, sondern nur eine solche, die gerade auch unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Händler an der längeren Kündigungsfrist notwendig ist, weil eine Verbesserung der Vertriebsstruktur von einigem Belang nicht annähernd durch andere Maßnahmen unter Einhaltung der regulären Kündigungsfrist erreicht werden kann (zum Erfordernis einer Abwägung der Interessen vgl. Immenga/Mestmäcker/Veelken, Wettbewerbsrecht EG/Teil 1, Kfz-VO, Rn. 85). Das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit bezieht sich daher nicht allein auf eine Umstrukturierung als solche, sondern gerade auch auf deren Umsetzung binnen Jahresfrist, wobei eine Rechtfertigung der verkürzten Frist nur in Betracht kommen kann, wenn hierdurch Vorteile von Gewicht erzielt werden können. Maßgeblich ist dabei eine ex-ante-Betrachtung, da es um die Frage geht, ob die Notwendigkeit der schnellen Umstrukturierung bei Ausspruch der Kündigung gegeben war.

Die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Kündigung mit nur einjähriger Kündigungsfrist unterliegt Einschränkungen. Es ist zwar Aufgabe der nationalen Gerichte, unter Beurteilung aller konkreten Gegebenheiten der Streitigkeit zu beurteilen, ob die vorbezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind (EuGH, Urteil vom 30.11.2006, C-376/05 Rn. 33). Hingegen ist es nicht Sache der nationalen Gerichte, die wirtschaftlichen und geschäftlichen Überlegungen, aufgrund deren ein Lieferant die Entscheidung getroffen hat, sein Vertriebsnetz umzustrukturieren, in Frage zu stellen (EuGH, Urteil vom 07.09.2006, C-125/05 Rn. 35). Der Überprüfung durch staatliche Gerichte entzogen ist mithin die Entscheidung des Unternehmers, dass und wie er sein Vertriebssystem umgestalten möchte. Hierin ist der Unternehmer frei, solange er nicht die Möglichkeit einer Kündigung mit Verkürzung der regelmäßigen Kündigungsfrist um ein Jahr in Anspruch nehmen möchte. Will er hingegen mit verkürzter Frist kündigen, erfährt seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit dadurch Einschränkungen, dass die Kündigung insoweit auf plausible Weise durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz, die sich auf objektive Umstände und nicht nur auf die subjektive Beurteilung des Unternehmers stützen, gerechtfertigt sein muss. Die von der Beklagten herangezogene ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 17.02.2005, I-6 80/04), in der die Auffassung vertreten worden ist, dass die Überprüfung einer Strukturkündigung auf eine Willkürkontrolle beschränkt sei, ist durch die genannten Entscheidungen des EuGH, in denen die Anforderungen an eine Netzstrukturkündigung konkretisiert und präzisiert worden sind, überholt (vgl. auch Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07).

Auch in Bezug auf den Maßstab ist die Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen eingeschränkt. Plausibel versteht sich nämlich als "überzeugend" oder "einleuchtend" und setzt mithin nicht den Nachweis voraus, dass eine bestimmte Entwicklung mit Sicherheit zu erwarten gewesen wäre (vgl. auch Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07). Nicht mehr plausibel und auf objektive Umstände gestützt sind indes Erwartungen und Prognosen des Unternehmers, die nicht objektiv begründbar und nachvollziehbar sind, sondern auf willkürlichen Schätzungen basieren. Ohne eine Einbeziehung der objektiven Grundlagen auch der Prognosen des Unternehmers in die Plausibilitätskontrolle würde letztlich jede gerichtliche Überprüfung ins Leere gehen. Soweit nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 13.05.2008, 11 U 39/07 [Kart], Anlage BB 2) darauf abzustellen sein soll, ob der Hersteller im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten eine nachvollziehbare Prognose gestellt und daraus vertretbare Konsequenzen gezogen habe, wobei der Nachweis der Plausibilität durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz bereits deshalb als erbracht anzusehen sei, wenn der Hersteller darlegen könne, dass seine Vorgehensweise in einer konkreten Situation eine vertretbare Maßnahme zur Abwendung andernfalls möglicher Nachteile gewesen sei, vermag der Senat dem insoweit zu folgen, als vertretbar nur notwendige Maßnahmen in dem zuvor beschriebenen Sinne sein können.

b) Nach Maßgabe dieser Auslegungsgrundsätze fehlt es an den Voraussetzungen zur Kündigung des Vertragshändlervertrages mit verkürzter Kündigungsfrist.

aa) Eine Umstrukturierung des gesamten Vertriebsnetzes oder eines wesentlichen Teils des Vertriebsnetzes ist auch in dem vorliegenden Streitfall nicht hinreichend dargetan. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 07.12.2005 in den Verfahren 19 U 57/07, 19 U 59/07 sowie 19 U 60/07 ausgeführt, die Änderung der bestehenden Vertragskonstruktion durch die vorgesehene Abschaffung des zweistufigen Händlernetzes, die Schaffung regional unterschiedlicher Qualitätsstandards (Metro-, Urban- sowie Rural-Regionen) sowie auch die Reduzierung der Händlerstandorte unter Einsatz finanzkräftigerer Händler stellten zwar objektiv durchaus eine Umstrukturierung des Vertriebsnetzes dar, jedoch sei nicht dargelegt, dass diese Umstrukturierungsmaßnahmen das Vertriebsnetz der Beklagten insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil betreffen. Daran ist auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten auch vorliegend festzuhalten.

aaa) Eine in finanzieller Hinsicht bedeutsame Veränderung hat die Beklagte nicht hinreichend durch ihr Vorbringen zum Werteffekt der Kündigung dargelegt. Soweit die Beklagte in erster Instanz vorgetragen hat, der Werteffekt der Strukturänderung würde bei einer zweijährigen Kündigungsfrist um ca. 38 Mio. € geschmälert und sich die Amortisationszeit auf mehr als vier Jahre verdoppeln, ist dies unsubstantiiert. Es ist nicht ersichtlich, welchen Werteffekt die Umstrukturierungsmaßnahme mit einjähriger Frist nach der Kalkulation der Beklagten hätte haben sollen, von dem ein Betrag von 38 Mio. € bei Umsetzung in zwei Jahren in Abzug zu bringen sein soll. Darüber hinaus ist nicht dargetan, woraus sich der angebliche Verlust von 38 Mio. € zusammensetzen soll. Erstinstanzlich vorgetragen worden sind Verluste wegen Minderumsatzes bei der Produktoffensive von 8 bis 9 Mio. € bzw. 4.000 Fahrzeugen, wegen Mindererlöses infolge nachlassender Verkaufsleistung der gekündigten Händler von ca. 5 Mio. € bzw. 5.000 Fahrzeugen im zweiten Kündigungsjahr und wegen der Abwerbung von Händlern in Höhe von 21 Mio. €. Wie es auf der Grundlage dieser Zahlen zu dem behaupteten Werteffektverlust von 38 Mio. € gekommen sein soll, erschließt sich nicht. Hinzu kommt, dass absolute Beträge für sich genommen wenig und nicht hinreichende Aussagekraft besitzen. Es fehlt jeder Bezug zu der Höhe der mit dem Vertrieb verbundenen Gesamtkosten sowie der erzielten Umsätze und Erlöse.

Eine in finanzieller Hinsicht bedeutsame Änderung der Vertriebsstrukturen ist auch in zweiter Instanz nicht substantiiert und in einer einer Beweiserhebung zugänglichen Weise vorgetragen worden. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Sitzungsniederschrift vom 25.03.2008 in dem vor dem Oberlandesgericht Frankfurt geführten Verfahren 11 U 39/07 (Kart) vorgetragen hat, der Zeuge V habe bekundet, dass wegen einer zu erwartenden Abwerbung von Händlern der Neuwagenabsatz um 15% bzw. 15 Mio. € gesunken und allein aus dem Abwerbungseffekt ein Nettoverlust von 21 Mio. € entstanden wäre, erschließt sich aus dem Vortrag nicht, wie ein Minderabsatz von 15 Mio. € zu einem Nettoverlust von 21 Mio. € führen soll. Soweit der Zeuge ausweislich des als Anlage BB 1 vorgelegten Sitzungsprotokolls bekundet hat, zu einem Minderabsatz von 16 Mio. € - nicht 15 Mio. €, wie von der Beklagten vorgetragen - seien noch 5 Mio. € für Ausgleichszahlungen und Akquisitionskosten hinzu zu rechnen, addiert sich dies zwar auf 21 Mio. €. Nach Addition der von der Beklagten vorgetragenen und von dem Zeugen ebenfalls erwähnten Werte für den Minderabsatz der gekündigten Händler im 2. Jahr (5 Mio. €) bzw. wegen Einbußen bei im Zusammenhang mit der Produktoffensive (4 Mio. €) errechnet sich ein Werteffektverlust von 38 Mio. € jedoch auch weiterhin nicht. Soweit ausweislich des erwähnten Sitzungsprotokolls der Zeuge unter Bezugnahme auf diverse Anlagen, die nicht erkennbar im vorliegenden Rechtsstreit eingeführt worden sind und noch dazu teilweise fehlerhafte Zahlenwerte enthalten sollen, ausgeführt hat, wegen Behinderungen bei der Investorengewinnung seien Verluste von 27 Mio. € anzusetzen gewesen, ist zu dieser Position ebenso wie zu dem Inhalt des von dem Zeugen im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt vorgelegten Dokumentes mit der Überschrift "Ergänzende Analyse SHIFT Germany Business Case" von der Beklagten nichts vorgetragen worden. Es bleibt offen, wie sich unter Berücksichtigung der vorgenannten Positionen der behauptete Werteffektverlust von 38 Mio. € errechnen soll. Die Bedeutsamkeit der Umstrukturierung in finanzieller Hinsicht ist damit auch in zweiter Instanz hinsichtlich des Zahlenwerks nicht schlüssig dargetan und eine Beweiserhebung liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.

Der von dem Oberlandesgericht Frankfurt vertretenen Auffassung, wonach eine Bedeutsamkeit in finanzieller Hinsicht auch schon wegen des Umfangs von Abfindungs- und Ausgleichsansprüchen anzunehmen sei (Urteil vom 13.05.2008, 11 U 39/07 [Kart], Anlage BB 2), vermag der Senat nicht zu folgen. Die Verpflichtung zur Zahlung eines Ausgleichs analog § 89 b HGB ist eine Begleiterscheinung der Kündigung, nicht aber das mit der Kündigung verfolgte Ziel und kann deswegen nicht zur Rechtfertigung der Kündigung mit verkürzter Frist herangezogen werden.

bbb) Eine in räumlicher Hinsicht bedeutsame Veränderung hat die Beklagte ebenfalls nicht dargetan.

[1] Die Bedeutsamkeit der Veränderung in räumlicher Hinsicht lässt sich nicht schon aus der Zahl der nach dem Vorbringen der Beklagten von einem Wegfall betroffenen Standorte herleiten, da danach von 638 Standorten lediglich 352 (55%) entfallen und 286 (darunter 63 von bisher 213 Sekundärhändlern) bleiben sollten. Etwa die Hälfte der bisherigen Standorte und insbesondere mehr als die Hälfte der Primärhändler, somit ein wesentlicher Teil des bisherigen Vertriebsnetzes, blieb bestehen.

[2] War danach ein nicht unwesentlicher Teil des Vertriebsnetzes von dem Wegfall von Standorten nicht betroffen, könnte sich die Umstrukturierung zu einem wesentlichen Teil im Sinne von Art. 3 Abs. 5 b) lit ii. der GVO 1400/2002 zwar aus bedeutsamen Veränderungen ergeben, von denen die verbleibenden Händler betroffen waren. Dass sonstige Veränderungen in ihren praktischen Auswirkungen von Belang gewesen wären, hat die Beklagte indes nicht nachvollziehbar dargetan.

Soweit eine Klassifizierung von Standorten entsprechend der Gebietseinteilung "metro-urban-rural" mit jeweils unterschiedlichen Standards erfolgen soll, mag dies eine Veränderung in räumlicher Hinsicht darstellen. Eine Bedeutsamkeit der Einführung dieser Klassifizierung ist jedoch nicht ersichtlich. Es ist schon nicht vorgetragen, worin sich die drei Kategorien konkret unterscheiden und welche erhöhten Anforderungen an die Betriebe der höheren Kategorie gestellt werden sollten. Offen geblieben ist ferner, welche praktischen Auswirkungen die Einführung der drei verschiedenen Standards hat. Hierbei kann nicht darauf abgestellt werden, ob die Neueinführung von Standards für bestehende Verträge nur im Wege einer Kündigung aller Verträge hätte erreicht werden können. Entscheidend ist vielmehr, ob für die verbleibenden Händler Änderungen nicht nur nach der Papierform, sondern auch mit praktischen Auswirkungen eintreten sollten. Die Beklagte hat indes nicht dargetan, wie viele der Zukunftshändler im Hinblick auf die Einteilung in drei verschiedene Kategorien Anpassungen an einen veränderten Standard - ggf. mit welchem Aufwand - vorzunehmen hatten. Wie der Senat bereits in den Entscheidungen vom 07.12.2007 in den o.g. Parallelverfahren ausgeführt hat, kann nach aller Erfahrung davon ausgegangen werden, dass die jeweiligen Autohäuser des alten Vertriebsnetzes durchweg ihren Umgebungen angepasst waren. Den in der Anlage B 5 vorgelegten Lichtbildern lässt sich der Umfang der erforderlichen Anpassungsleistungen nicht entnehmen. Die Lichtbilder, darunter teils Detailaufnahmen, die ohnehin keinen Gesamteindruck vermitteln, lassen nicht erkennen, ob es sich bei dem jeweils abgebildeten Objekt überhaupt um einen Betrieb handeln sollte, der erhalten bleiben und ggf. seinen Standard in welchem Umfang verändern sollte. Die von der Beklagten vorgelegten neuen "Selektionskriterien für autorisierte Vertragswerkstätten" (Anlage B 7) enthalten zwar eine Präambel, in denen die Gebietsbezeichnungen "metro, urban, rural" definiert sind. Der nachfolgende Text enthält indes kaum Abweichungen für Betriebe der verschiedenen Kategorien. Rückschlüsse darauf, dass und ggf. welche bedeutsamen Änderungen mit der Einführung der drei Kategorien für die verbleibenden Händler verbunden gewesen wären, ergeben sich aus dem vorgelegten Servicevertrag nicht.

[3] Eine Bedeutsamkeit der Veränderung der Vertriebsstruktur folgt auch nicht nachvollziehbar aus der Abschaffung der Sekundärebene. Wie der Senat bereits in den Entscheidungen von 07.12.2007 (vgl. Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07) ausgeführt hat, setzt zwar die Abschaffung des Sekundärhändlernetzes die Abschaffung der Option der Einrichtung eines Sekundärhändlers voraus und somit eine Kündigung aller Verträge und nicht nur der Verträge, auf deren Grundlage von der Option Gebrauch gemacht worden war. Der Beklagten ist es nicht zuzumuten, den Versuch zu unternehmen, die Abschaffung der Sekundärhändleroption in jedem Einzelfall einvernehmlich zu regeln. Allerdings hatten - wie in den bereits früher von dem Senat entschiedenen Streitfällen unstreitig gewesen ist (vgl. Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07) - lediglich 47 Primärhändler von der Option Gebrauch gemacht. Es war daher nur ein geringer Teil der Primärhändler von der Abschaffung der Sekundärebene betroffen.

Zudem sind praktische Auswirkungen von Belang, die die Annahme tragen würden, dass durch die Abschaffung des Sekundärnetzes eine Umstrukturierung eines wesentlichen Teils des Vertriebssystems vorgenommen würde, nicht konkret vorgetragen. Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe keine Einflussmöglichkeiten auf die Sekundärhändler gehabt, trifft dies nicht zu. Gemäß Art. VIII des Vertragshändlervertrages ist die Beklagte berechtigt, dem Vertragshändler den Abschluss des beabsichtigten Sekundärnetzvertrages zu untersagen. Sie darf die Einhaltung der Selektionskriterien selbst prüfen und sie hat die Möglichkeit, über die Primärhändler auf das Sekundärhändlernetz einzuwirken. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Probleme in der Umsetzung von Vorgaben in der Vergangenheit in nennenswertem Umfang entstanden sind und in Zukunft zu erwarten und deswegen die Abschaffung des Sekundärnetzes eine Änderung von Belang gewesen wäre, sind indes nicht dargetan. Insbesondere hat die Beklagte nicht konkretisiert, welcher Art die von ihr angeführten "Reibungsverluste" waren und warum ein Sekundärhändlernetz bei der Beklagten, aber nicht etwa bei der Marke S, ein spürbares Hemmnis im Vertriebssystem sein sollte. Inwieweit in diesem Zusammenhang dem Umstand Bedeutung zukommen soll, dass es sich bei S um einen sog. Volumenhersteller handelt, erschließt sich nicht.

Die von der Beklagten genannten einzelnen räumlichen und qualitativen Aspekte der Umstrukturierung lassen nach alledem weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit erkennen, dass das gesamte Vertriebsnetz oder wenigstens ein wesentlicher Teil davon umstrukturiert worden ist.

bb) Die Beklagte hat darüber hinaus nicht dargetan, dass die Änderungen der Vertriebsstruktur plausibel durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt gewesen sind, welche sich auf interne oder externe objektive Umstände ihres Unternehmens gestützt haben, die ohne eine schnelle Umstrukturierung des Vertriebsnetzes in Anbetracht des Wettbewerbsumfeldes die Effizienz der bestehenden Strukturen des Vertriebsnetzes beeinträchtigen können.

aaa) Wie der Senat bereits zu parallel gelagerten Streitfällen ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07), ist der Einwand des erfahrungsgemäß zu erwartenden Sinkens des Fahrzeugabsatzes eines gekündigten Händlers im zweiten Jahr kein plausibler Grund für die Erforderlichkeit einer Kündigung mit nur einjähriger Frist. Der Senat hält an der bereits in den vorausgegangenen Entscheidungen geäußerten Auffassung fest, dass die Gruppe der gekündigten Händler, auf die die Beklagte ihre Erfahrung stützt, mit den hier gekündigten Händlern nicht vergleichbar ist. Bei den von der Beklagten statistisch erfassten Kündigungen (vgl. Anlage B 8) handelt es sich um individuelle Kündigungen einzelner Vertragsbeziehungen, die aus unterschiedlichen Gründen erfolgten. Da individuelle Gründe im Rahmen der Netzstrukturkündigungen keine Rolle spielen, kann aus früheren, naheliegend gerade auch mit (finanz-)schwächeren Händlern - also einer "Negativauswahl" - gewonnenen Erfahrungen nicht ohne weiteres auf ein gleichartiges Verhalten der jetzt gekündigten Händler geschlossen werden. Angesichts dessen, dass sich der Ausgleichsanspruch wesentlich nach dem zuletzt erzielten Fahrzeugabsatz richtet, kann zudem ein vermindertes Engagement der endgültig gekündigten Händlern nicht unterstellt werden. Ein solches ist bei einer Vielzahl von Händlern in der Aufstellung gemäß Anlage B 8 auch nicht ablesbar. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben zu dem Umfang des Minderabsatzes als spekulativ. Darüber hinaus wäre ein Absinken von Verkaufsleistungen der endgültig gekündigten Händler im zweiten Jahr nur dann von Nachteil, wenn diese der Gewinnung nutzbringenderer Vertriebspartner im Wege stehen würden. Wie aber noch auszuführen sein wird, ist eine bedeutsame Behinderung bei der Investorengewinnung bei Kündigung mit zweijähriger Frist ebenfalls nicht dargetan.

Des Weiteren fallen bei Betrachtung der"Ergänzenden Analyse Shift Germany Business Case", die von dem Zeugen V in dem bei dem Oberlandesgericht Frankfurt anhängigen Verfahren überreicht und von der Beklagten ohne ergänzenden Vortrag vorgelegt worden ist, Werte auf, die jedenfalls ohne eine weitere Erläuterung in sich nicht plausibel erscheinen und auf diese Weise die Angaben zu der Werteffektminderung wegen der angeblich sinkenden Absatzleistung der gekündigten Händlern für den Fall einer zweijährigen Kündigungsfrist in Frage stellen, jedenfalls das Vorbringen der Beklagten nicht stützen. Auf der ersten Seite der Analyse unter der Rubrik "Durchschnittlicher Absatz pro Händler [Fzg.]" sind für die Jahre 2005 und 2006 bezüglich der Zukunftshändler Werte von 111 bzw. 124 Fahrzeugen angegeben, die im Folgejahr auf 211 ansteigen sollen, ohne dass vorgetragen oder sonst ersichtlich wäre, wie es zu einer Steigerung der Verkaufsleistung von über 70% innerhalb eines Jahres kommen soll. Nachdem darüber hinaus die Daten dieser Aufstellung bezüglich der gekündigten Händler und der neuen Investoren nicht mit den in der Zusammenfassung auf der dritten Seite (vorletzter Absatz) genannten Zahlen übereinstimmen, vermittelt die Studie den Eindruck der Beliebigkeit des zusammengestellten Zahlenmaterials.

Diese Unstimmigkeiten, der nicht nachvollziehbare Vortrag zu den Positionen, die sich zu der behaupteten Werteffektminderung von 38 Mio. € addieren sollen, sowie der Umstand, dass die Beklagte die Diskrepanzen ihres Vortrags zu dem ihr entgehenden Gewinn in den in der Vergangenheit beim Senat anhängigen Verfahren - beziffert wurde der entgehende Gewinn mit 70 bis 80 Mio. € bzw. mit 60 bis 70 Mio. €, vgl. Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07, Anlage BB 1, Bl. 517 f. GA - nicht erläutert, sondern als unbeachtlich darstellt (vgl. Schriftsatz vom 04.06.2008, S. 26), deuten in ihrer Gesamtheit darauf hin, dass die Beklagte Zahlen ins Blaue hinein vorträgt, denen es an einem realistischen und verifizierbaren objektiven Hintergrund fehlt. Daher fehlt es an der Plausibilität der für die Kündigung mit verkürzter Frist angegebenen Gründe.

Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt u.a. darauf abgestellt hat, dass nachteilige Folgen wegen nachlassender Absatztätigkeit gekündigter Händler im Hinblick auf die Vielzahl der gekündigten Händler nicht ausschließbar seien (Urteil vom 13.05.2008, 11 U 39/07 [Kart], S. 18), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es ist Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, plausible Gründe zur Rechtfertigung einer Kündigung mit verkürzter Frist vorzutragen, also die Erwartung einer nachlassenden Verkaufsleistung der gekündigten Händler einleuchtend zu begründen, nicht aber Aufgabe der Klägerin, solches Vorbringen zu widerlegen.

bbb) Die Beklagte hat auch nicht dargetan, dass relevante Nachteile im Hinblick auf eine Behinderung bei der Investorengewinnung für den Fall einer Kündigung mit einer Frist von zwei Jahren zu erwarten gewesen wären. Das Vorbringen der Beklagten, wonach Investoren nicht bereit seien, zwei Jahre zu warten, bis sie tätig werden können, da ein Investor seine auf der Basis der vorgefundenen oder erwarteten Marktverhältnisse getroffene Entscheidung sofort umsetzen wolle, und dass bei längerer Frist zu befürchten gewesen sei, dass ein Investor seine Investitionsentscheidung eher für eine Konkurrenzmarke treffen würde, erscheint nicht nachvollziehbar. Es erschließt sich nicht, warum ein potentieller Investor, der eine langjährige vertragliche Bindung erwägt, sich von der Aussicht, entweder während des ersten Jahres mit einem "Hinterhofbetrieb" konkurrieren oder die Investition ein Jahr zurückzustellen zu müssen, von einer Investition Abstand nehmen oder gar allein wegen der Kündigungsfrist eine Entscheidung zugunsten einer Konkurrenzmarke fällen sollte. Darüber hinaus bestünde - die Annahme, dass bei einer Wartezeit von zwei Jahren keine Investoren zu gewinnen sind, als zutreffend unterstellt - keine Notwendigkeit, Investoren verfrüht anzusprechen (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 13.05.2008, 11 U 39/07 [Kart], Anlage BB 2, S. 18).

Nicht hinreichend substantiiert ist insbesondere auch das Vorbringen der Beklagten, sie habe im Vorfeld der Kündigungen Kontakt zu 190 potentiellen Investoren aufgenommen und die Mehrzahl sei nur bereit gewesen, sich für O zu engagieren, wenn die Wartezeit nicht noch ein weiteres Jahr bis 2008 hinausgeschoben würde. Es ist schon nicht vorgetragen, wann wer wem gegenüber in welchem Zusammenhang was gesagt haben soll, insbesondere nicht, dass explizit gesagt worden wäre, dass die Bereitschaft zur Investition ausschließlich von der Kündigungsfrist abhänge. Eine Beweisaufnahme liefe auf der Grundlage dieses Vortrages auf eine Ausforschung hinaus. Auch ist nicht schlüssig dargetan, dass die Investitionsbereitschaft tatsächlich ausschließlich von der Kündigungsfrist abhing. Wäre das Engagement für O bei den 190 Investoren ausschließlich von der Länge der Kündigungsfrist abhängig gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass es der Beklagten nach dem Ausspruch der Kündigung mit nur einjähriger Frist gelungen wäre, innerhalb eines Jahres rund 190 neue Investoren zu gewinnen. Tatsächlich ist es der Beklagten bis Februar 2007 jedoch nur gelungen, 55 neue Investoren zu gewinnen. Darüber hinaus ist auch nicht nachvollziehbar, dass und warum die Beklagte den neuen Investoren gegenüber überhaupt von alternativen Kündigungsfristen gesprochen haben sollte, nachdem nichts dazu vorgetragen ist, dass eine Umsetzung des Konzeptes mit einer zweijährigen Kündigungsfrist auch nur ernsthaft erwogen worden wäre.

Wirtschaftlich nachteilige Folgen einer Kündigungsfrist von zwei Jahren in Bezug auf die Investorengewinnung sind auch nicht durch Vorlage der bereits erwähnten "Ergänzenden Analyse Shift Germany Business Case" hinreichend dargetan, zu deren Inhalt ohnehin nichts konkret vorgetragen ist. Auf Seite 1 der Analyse ist unter der Rubrik "Anzahl Standorte" dargestellt, dass die Zahl zu erwartender neuer Investoren für das Jahr 2007 107, für das Jahr 2008 203 und im Jahr 2009 249 betragen solle. Es erschließt sich indes nicht, was einen Investor daran hindern sollte, noch im Jahre 2008 anstatt erst im Jahr 2009 zu investieren, wenn der Konkurrenzbetrieb bereits Ende Januar 2008 entfällt, und warum diese Zeitverzögerung in Zusammenhang mit der Länge der Kündigungsfrist stehen sollte. Vor allem aber sind auf Seite 3 hiervon abweichende Zahlen festgehalten, nämlich für 2007 50, für 2008 131, für 2009 258 und für 2010 292 neue Investoren. Diese Diskrepanzen innerhalb einer Analyse stützen die Annahme, dass es an einer fundierten Grundlage für die genannten Zahlen und die vorgenommenen Wertberechnungen fehlt. Wirtschaftliche Nachteile von Belang für die Investorengewinnung bei einer zweijährigen Kündigungsfrist ergeben sich daher aus dem Vorbringen nicht.

ccc) Der von der Beklagten vorgetragene Aspekt der Abwanderung bzw. Abwerbung von Händlern stützt die Annahme der Erforderlichkeit einer Umstrukturierung binnen Jahresfrist ebenfalls nicht. Dabei kann zwar als zutreffend unterstellt werden, dass es Bestrebungen der Konkurrenz gibt, Händler abzuwerben. Es erschließt sich jedoch nicht, warum eine Abwerbemöglichkeit, die gerade erst durch die Kündigung eröffnet wird, nennenswert erweitert würde, wenn die Kündigungsfrist nicht nur ein Jahr, sondern zwei Jahre beträgt. Auch bei einer Frist von einem Jahr hat ein Händler hinreichend Zeit, Alternativen zu dem von der Beklagten angebotenen neuen Vertrag, von dem sie selbst nicht behauptet, dass dieser für die Händler günstiger sei als der alte, zu prüfen. Zudem würde sich, wie der Senat bereits in den parallel gelagerten Fällen ausgeführt hat, eine Bindung des Zukunftshändlers auch durch das Angebot, kurzfristig einen neuen Vertrag abzuschließen, erreichen lassen (vgl. Urteil vom 07.12.2007, 19 U 60/07). Mit dieser Überlegung hat der Senat nicht, wie die Beklagte geltend macht, seine eigene unternehmerische Einschätzung zum Maßstab gemacht, sondern lediglich der gebotenen engen Auslegung der Regelung gemäß Art. 3 Abs. 5 lit. b) ii der GVO Nr. 1400/2002 Rechnung getragen. Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit einer Verkürzung der Kündigungsfrist im Hinblick auf die von der Beklagten vorgetragene Abwerbungsproblematik ist nämlich auch von Bedeutung, ob sich die mit einer zweijährigen Kündigungsfrist möglicherweise verbundenen Schwierigkeiten anderweitig unschwer vermeiden lassen. Warum die angesprochene alternative Vorgehensweise für die Beklagte nicht in Betracht gekommen wäre, hat sie nicht vorgetragen.

ddd) Die von der Beklagten angeführte sog. "Produktoffensive" vermag die Annahme der Erforderlichkeit einer Kündigung mit verkürzter Frist ebenfalls nicht zu begründen. Es versteht sich von selbst, dass sich ein Hersteller gerade auch bei der Einführung neuer Fahrzeugmodelle ein möglichst leistungsfähiges Vertriebsnetz wünscht. Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte indes weder dargetan, dass eine Umstrukturierung des gesamten Vertriebsnetzes bzw. eines wesentlichen Teils davon erfolgte, noch, dass eine schnelle Umstrukturierung erforderlich gewesen wäre. Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit durch die geplanten Veränderungen gerade auch kurzfristig im Hinblick auf die Einführung neuer Modelle Vorteile hätten erzielt werden können. Soweit die Beklagte gegen die Ausführungen des Senats in den Entscheidungen vom 07.12.2007, wonach nicht ersichtlich sei, dass ein potentiell unvollständiges und erst im Aufbau begriffenes Händlernetz bei einer Produktoffensive bessere wirtschaftliche Ergebnisse erwarten lasse, als ein gekündigtes, aber erfahrenes Händlernetz, geltend macht, hiermit seien die unternehmerischen Entscheidungen in unzulässiger Weise in Frage gestellt worden, führt dieser Einwand nicht weiter. Tragfähige, die Verkürzung der Kündigungsfrist rechtfertigende Gründe für die Entscheidung, ein Händlernetz unmittelbar vor einer geplanten Produktoffensive auszudünnen, erschließen sich nach wie vor nicht.

Hinzu kommt, dass die Angaben zu dem zu befürchtenden Minderabsatz insgesamt nicht nachvollziehbar sind. Es ist nicht dargetan, wie aus dem erwarteten Minderabsatz der gekündigten Händler (ca. 5.000 Neufahrzeuge im zweiten Kündigungsjahr) und dem zu befürchtenden Minderabsatz im Zusammenhang mit der Produktoffensive (4.000 Fahrzeuge) auch unter Berücksichtigung eines Minderabsatzes wegen des Abwerbungsproblems, zu dem keine Fahrzeugzahlen angegeben sind, ein Minderabsatz von insgesamt 29.000 Fahrzeugen entstehen soll, zumal eine schlichte Addition solcher Zahlen unzutreffend ist, da es sich hierbei um Schnittmengen handelt. Eine solide Grundlage für die Werteffektberechnung ist daher nicht erkennbar. Die Erforderlichkeit der Umsetzung binnen Jahresfrist ist somit auch hinsichtlich der "Produktoffensive" nicht plausibel dargetan.

eee) Das Vorliegen von plausiblen Gründen der wirtschaftlichen Existenz, die eine Kündigung mit verkürzter Frist rechtfertigen, ergibt sich auch nicht aufgrund sonstiger Umstände. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, der geplanten Strukturänderung habe eine - hier nicht vorgelegte - Studie eines externen Beraters zugrunde gelegen, die zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Händlernetz für den Absatzrückgang ursächlich und eine schnelle Umstrukturierung erforderlich sei, vermag dies für sich genommen die Kündigung mit verkürzter Frist nicht plausibel zu begründen bzw. die Darlegung plausibler objektivierbarer Gründe, die eine schnelle Umstrukturierung rechtfertigen, nicht zu ersetzen. Es ist Sache des Unternehmers, solche Studien einer eigenen kritischen Überprüfung zu unterziehen, wenn er die Inanspruchnahme des Sonderkündigungsrechtes erwägt. Eine andere Sichtweise hätte zur Folge, dass Netzstrukturkündigungen immer schon dann unangreifbar würden, wenn der Lieferant hierzu ein Gutachten eines Dritten - gleich welcher Qualität - eingeholt hat.

Zuletzt kann auch nicht etwa der Erfolg der Veränderung des Vertriebssystems als Indiz für das Vorliegen plausibler Gründe im vorgenannten Sinne angeführt werden. Wie der Prozessbevollmächtigte jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2008 vor dem Senat klargestellt hat, haben die vorgenommenen Änderungen nicht den erhofften Erfolg gebracht.

Nach alledem hat die Beklagte weder eine Umstrukturierung eines wesentlichen Teils des Vertriebsnetzes noch die Notwendigkeit einer schnellen Umsetzung der Veränderungen hinreichend darzulegen vermocht. Zu etwaigen wirtschaftlichen Auswirkungen einer um ein Jahr verlängerten Kündigungsfrist für den Servicebereich ist nichts vorgetragen worden und insoweit erst recht die Notwendigkeit einer schnellen Umstrukturierung nicht plausibel dargetan. Die Kündigung ist daher nicht zum 31.01.2007 wirksam geworden. Der Zwischenfeststellungsantrag ist folglich begründet.

B. Der Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorzeitige Vertragsbeendigung für die Zeit nach dem 31.01.2007 bis zum 31.01.2008 wegen der von der Beklagten zum 31.01.2007 ausgesprochenen Kündigung entstanden ist, ist ebenfalls zulässig und begründet.

I. Die Klägerin hat nach wie vor ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz. Zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 26.11.2007 war die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen, so dass die Klägerin in erster Instanz nicht in der Lage war, einen ihr wegen der Kündigung in der Zeit bis zum 31.10.2008 entstandenen Schaden zu beziffern. Ihr Interesse an der Feststellung ist nicht deswegen entfallen, weil sie nunmehr, neun Monate nach Ablauf auch der ordentlichen Kündigungsfrist, eine Bezifferung vornehmen könnte. Jedenfalls im Berufungsverfahren ist der Partei der mit einem Instanzverlust verbundene Übergang zur Leistungsklage nicht zuzumuten (BGH, Urteil vom 15.11.1977, VI ZR 101/76 - juris).

II. Der Feststellungsantrag ist gemäß § 280 Abs. 1, 281 BGB begründet.

1) Die Beklagte hat die ihr der Klägerin gegenüber gemäß Art. IV des Vertragshändlervertrages obliegenden vertraglichen Pflichten verletzt, indem sie die Belieferung mit Neufahrzeugen nach dem 31.01.2007 eingestellt hat, obwohl die Lieferverpflichtung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.01.2008 fortbestand. Die Frage, ob die Beklagte darüber hinaus vertragliche Pflichten im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB verletzt hat, indem sie der Klägerin durch Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 11.01.2006 ernsthaft angekündigt hat, den ihr gegenüber der Klägerin obliegenden vertraglichen Leistungsverpflichtungen nach dem 31.01.2007 nicht mehr nachzukommen (zur Begründung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der Leistungstreuepflicht vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1984, VIII ZR 284/82 - juris), bedarf keiner abschließenden Erörterung. Ein hierdurch entstandener Schaden wird von der Klägerin nicht geltend gemacht, sondern lediglich der Schaden, der nach dem 31.01.2007, mithin durch die Nichterfüllung der Hauptleistungspflicht, entstanden sein soll.

2) Die Beklagte hat die Verweigerung der Belieferung im Sinne von § 276 BGB zu vertreten. Es ist ihr nicht gelungen, sich gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu entlasten. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, sie habe sich in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden, da zur Zeit des Ausspruchs der Kündigung noch kein deutsches Gericht über die allgemeinen Voraussetzungen der Notwendigkeit einer Strukturkündigung entschieden und auch nach den Entscheidungen des EuGH vom 07.09. sowie 30.11.2006 für sie - die Beklagte - kein Anlass bestanden habe, von ihrem Standpunkt abzuweichen.

a) Es ist zwar allgemein anerkannt, dass ein unverschuldeter Rechtsirrtum den Schuldner von den Folgen der §§ 280 bzw. 286 BGB freistellen kann. An die Sorgfaltspflichten des Schuldners sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Es genügt nicht, dass der Schuldner die Rechtslage sorgfältig geprüft und sich nach sachgemäßer Beratung eine eigene Rechtsauffassung gebildet hat. Unverschuldet ist der Irrtum nur dann, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urteil vom 27.09.1989, IV a ZR 156/88 - juris; OLG Hamm, Urteil vom 30.01.2006, 22 U 146/05 - juris; OLG Köln, NJW-RR 1998, 1017, 1018). Dies kann der Fall sein, wenn die Leistungspflicht von der Beantwortung äußerst schwieriger und umstrittener Rechtsfragen abhängt, die in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet werden, und die Erfüllung der Leistungspflicht angesichts der Unklarheit unzumutbar ist. Keinesfalls aber kann es dem Schuldner gestattet sein, das Risiko einer zweifelhaften Sach- und Rechtslage dem Gläubiger zuzuschieben (BGH, Urteil vom 27.09.1989, IV a ZR 156/88 - juris). Bei einer zweifelhaften Rechtslage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH Urteil vom 25.10.2006, VIII ZR 102/06 - juris; OLG Braunschweig, Urteil vom 19.03.2001, 7 U 97/00 - juris). Erst recht kann das normale Risiko einer nicht ganz klaren Sachlage dem Schuldner nicht abgenommen werden (BGH, Urteil vom 27.09.1989, IV a ZR 156/88 - juris).

Aus der von der Beklagten auszugsweise zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Schriftsatz vom 03.08.2007, S. 65) ergibt sich nichts anderes. Auch darin heißt es, dass ein Verschulden zu verneinen sei, wenn die Rechtslage unklar und die sofortige Leistung nicht zuzumuten sei. Soweit sich die Beklagte darüber hinaus auf Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts beruft, in denen ausgeführt wird, dass es dem Schuldner gestattet sein könne, bei schwieriger und zweifelhafter Rechtslage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die ihm günstigere Rechtslage zu vertrauen (vgl. BAG, Urteil vom 11.06.1997, 10 AZR 613/96 - juris; Urteil vom 13.06.2002, 2 AZR 391/01 - juris), treffen diese den vorliegenden Fall nicht. In dem von dem Bundesarbeitsgericht am 11.06.1997 entschiedenen Fall ist ein Verschulden verneint worden im Hinblick darauf, dass bezüglich des maßgeblichen Fragenkomplexes wegen eines weitgehenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraums tatsächlich gleich gelagerte Fälle zu ungleichen revisionsgerichtlichen Entscheidungen führen können. Dass der Entscheidung vom 13.6.2006 andere Erwägungen zugrunde liegen würden, ist nicht erkennbar. Entscheidungen, auf die sich die Beklagte zur Begründung ihrer Ansicht hätte stützen können, lagen hingegen hier nicht vor. Die Frage, ob die oben dargestellten Grundsätze im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch außerhalb des Arbeitsrechts Einschränkungen erfahren, bedarf daher keiner abschließenden Erörterung.

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte ihren Rechtsirrtum zu vertreten. Soweit es um die Verletzung vertraglicher Pflichten wegen Nichtbelieferung geht, ist nicht, wie die Beklagte meint, auf ihren Kenntnisstand bei Ausspruch der unwirksamen Kündigung abzustellen, sondern auf den Kenntnisstand zur Zeit der Begehung der Pflichtverletzung, mithin auf die Zeit nach dem 31.01.2007. Selbst wenn man annähme, die Beklagte habe zur Zeit des Ausspruchs der Kündigung im Hinblick auf die Stellungnahme der EU-Kommission vom 07.07.2005 zu dem Verfahren C-127/05 (Anlage B 12), in der in erster Linie auf einen Kausalzusammenhang zwischen Reorganisation und Kündigung abgestellt wird, oder wegen des Fehlens höchstrichterlicher Entscheidungen zu diesem Fragenkreis darauf vertrauen dürfen, dass ihre Strukturkündigung wirksam sei, weil es ausreiche, dass sie aufgrund ihrer freien unternehmerischen Einschätzung eine Strukturkündigung für erforderlich gehalten habe, hat die Beklagte jedenfalls nach den Entscheidungen des EuGH vom 07.09.2006 (C-125/05) sowie 30.11.2006 (C-376/05) ein berechtigtes Vertrauen in die Wirksamkeit ihrer Kündigung verloren. Seit der Entscheidung vom 07.09.2006 musste der Beklagten bewusst sein, dass ihre Rechtsauffassung, die Berechtigung zu einer Strukturkündigung mit verkürzter Frist hinge allein von dem freien unternehmerischen Ermessen ab, nicht zutraf, und dass ihre Kündigung nur Bestand haben konnte, wenn es ihr, die als die darlegungs- und beweisbelastete Partei das übliche Risiko einer unklaren Sachlage traf, gelingen würde, plausibel auf objektive Umstände gestützte Gründe zur Rechtfertigung der Kündigung mit verkürzter Frist darzutun und ggfs. zu beweisen. Aus dem Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshof vom 26.07.2005 (KZR 14/04), der den Fall einer zum 30.09.2003 ausgesprochenen Strukturkündigung betraf und in dem die Tendenz zur Bejahung der Wirksamkeit der Strukturkündigung ablesbar war, konnte die Beklagte entgegen der von ihr vertretenen Auffassung nichts für sich herleiten. Dort ging es nämlich um den Fall einer durch eine Veränderung der Gesetzeslage veranlassten Strukturkündigung, so dass die Veränderung von Rahmenbedingungen offensichtlich und schon von daher die Ausgangslage in einem wesentlichen Punkt nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar war.

Die Beklagte, die auch für ein Verschulden ihrer Rechtsberater einzustehen hat (BGH, Urteil vom 25.10.2006, VIII ZR 102/06 - juris), musste seit dem 07.09.2006 und mithin lange Zeit vor Umsetzung der Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen, dass die von ihr ausgesprochene Strukturkündigung unwirksam war. Gleichwohl hat sie auf den erkennbar ungesicherten Rechtsstandpunkt beharrt und daher das Risiko zu tragen, dass sich dieser Rechtsstandpunkt letztlich als unzutreffend erweist. Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt in dem Verfahren 11 U 39/07 (Kart) der von der Beklagten vertretenen Auffassung gefolgt ist, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Das Risiko eines Irrtums über die Rechtslage trägt auch im Fall einer Billigung eines Verhaltens durch ein Kollegialgericht der Verpflichtete selbst, dies insbesondere, wenn der Verpflichtete - wie hier - das Risiko eines Rechtsirrtums bewusst eingegangen ist (BGH, Urteil vom 01.12.1981, VI ZR 200/80 - juris). Abgesehen davon, dass nicht bekannt ist, welches Parteivorbringen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt zugrunde gelegen hatte, kommt hinzu, dass die erst im Mai 2008 ergangene Entscheidung ohnehin keinen Einfluss auf die Entscheidung der Beklagten zur Umsetzung der Kündigung gehabt haben und nicht ursächlich für den damaligen Rechtsirrtum geworden sein konnte.

Es war für die Beklagte nicht unzumutbar, angesichts der Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung von deren Umsetzung abzusehen. Es ist, wie bereits ausgeführt, schon nicht hinreichend dargetan, dass die Verkürzung der Kündigungsfrist zur Umsetzung einer bedeutsamen Strukturänderung überhaupt erforderlich war. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass die Fortsetzung der Belieferung der Klägerin mit Neufahrzeugen für die Beklagte objektiv mit einem unzumutbaren Aufwand oder sonstigen unzumutbaren Nachteilen verbunden gewesen wäre.

Nach alledem hat die Beklagte die Nichtbelieferung zu vertreten. Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz, für den angesichts der Kündigungserklärung gemäß §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 und 2 BGB die Setzung einer Frist zur Leistung entbehrlich war, ist daher dem Grunde nach gegeben.

C. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 1.650,- € aufgrund der Strukturkostenzusage vom 07.07.2004 in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB zu. Infolge der unberechtigten Einstellung der Belieferung mit Neufahrzeugen war die Klägerin daran gehindert, Neufahrzeuge Marke O zu verkaufen und sich Boni gemäß der Strukturkostenzusage, deren Laufzeit am 10.03.2007 und nicht etwa bereits am 31.01.2007 endete, zu verdienen. Den der Klägerin hierdurch im Sinne von § 252 S. 2 BGB entgangenen Gewinn schätzt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht gemäß § 287 ZPO auf 1.650,- €, entsprechend den Boni für 11 Fahrzeuge.

Ausweislich der Aufstellung über die Verkaufszahlen der Vergangenheit (Anlage K 10, Anlagenordner) hat die Klägerin im Jahr 2006 100 Fahrzeuge verkauft, was einem Durchschnittswert von 1,923 Fahrzeugen pro Woche bzw. 10,57 Fahrzeugen in 5,5 Wochen entspricht. Daher kann ohne weiteres mit dem Landgericht eine Schätzung dahin vorgenommen werden, dass der Klägerin bis zum 10.3.2007 der Verkauf weiterer 11 Neufahrzeuge gelungen wäre. Ohne Erfolg macht die Beklagte im Hinblick einen Umsatzrückgang in den Monaten Juli bis Dezember 2006 geltend, die Klägerin hätte allenfalls 8 Fahrzeuge verkaufen können. Hierzu hätte die Beklagte konkrete Tatsachen vorbringen müssen, aus denen sich ergibt, dass der Umsatzrückgang nicht auf saisonalen Schwankungen, sondern auf einer generell nachlassenden Verkaufsleistung der Klägerin zurückzuführen sei und daher die Zugrundelegung des Durchschnittswertes des letzten Jahres zu einem unzutreffenden Ergebnis führen würde. Dies ist nicht geschehen.

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 288, 291 BGB begründet.

Die Berufung ist nach alledem zurückzuweisen.

D. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 13.05.2008 - 11 U 39/07 (Kart) -gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 81.650,- €

Leistungsantrag: 1.650,- €

Feststellungsantrag (Schadensersatz): 75.000,- €

Feststellungsantrag (Wirksamkeit der Kündigung): 5.000,- €

(hinsichtlich der Feststellungsanträge geschätzt gemäß § 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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