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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.08.2002
Aktenzeichen: 19 U 59/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 137 III
ZPO § 288
ZPO § 290
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 59/02

Verkündet am 09.08.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe und die Richterin am Amtsgericht Mundorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Oktober 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 27 O 104/01 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Unstreitig steht dem Kläger für den Zeitraum Dezember 1999 bis April 2000 noch ein Provisionsanspruch jedenfalls in eingeklagter Höhe von 14.821,81 DM zu. Gegen diesen Anspruch hat die Beklagten nicht wirksam mit angeblichen Ansprüchen auf Vertragsstrafe und Schadensersatz aufgerechnet. Im einzelnen:

I.

Der Beklagten steht weder ein Anspruch auf Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung noch auf Zahlung einer Vertragsstrafe gem. § 12 des Handelsvertretervertrages vom 30.07.1998 zu. Nach dieser Bestimmung schuldet der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe, wenn er seine Tätigkeit vertragswidrig beendet hat.

Unstreitig hat die Beklagte die fristlose Kündigung weder bei Erhalt am 13.04.2000 noch Monate später zurückgewiesen sondern mit Schreiben vom 21.08.2000 (AH 11) die Auszahlung der von ihr errechneten restlichen Provision allein von der Herausgabe bestimmter Ordner abhängig gemacht, die zwischenzeitlich von dem Kläger auch herausgegeben wurden. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob hierin nicht bereits eine konkludente Annahme der fristlosen Kündigung des Klägers zu sehen ist; denn die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, daß die fristlose Kündigung nicht berechtigt gewesen sei. Darlegungs- und beweispflichtig für die Rechtswidrigkeit der Beendigung des Vertrages ist jedoch derjenige, der sich darauf beruft und Ansprüche hieraus geltend macht, also die Beklagte.

Der Wegfall eines existentiell wichtigen Kunden ist ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach § 89a HGB (s. Hopt, Handelsvertreterrecht, 2. Aufl., § 89a HGB, Rn. 24). Unstreitig hatte die Firma C. - zumindest Hauptlieferantin der Beklagten - Anfang April 2000 das Vertragsverhältnis zur Beklagten gekündigt. Die Beklagte behauptet, die Kündigung des Klägers sei gleichwohl unberechtigt gewesen, da sie ihren Betrieb zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hätte aufrechterhalten können. Sie habe genügend Produkte der Firma C. auf Lager gehabt und auch noch Produkte anderer Firmen vertrieben. Der Kläger hat dies bestritten und u.a. vorgebracht, daß die Lagerbestände der Beklagten veraltert und daher unverkäuflich gewesen seien. Gleichwohl gibt die Beklagte weder konkret an, welche Produkte sie auf Lager gehabt hat und wie alt diese waren, noch konkret welche Produkte anderer Firmen sie in welchem Umfang vertrieben hat. Mangels näherer Substantiierung ist dieses Vorbringen unbeachtlich und kann daher der berechtigten Kündigung des Klägers nicht entgegenstehen.

Die fristlose Kündigung des Klägers ist auch nicht etwa deshalb unberechtigt gewesen, weil die Beklagte - wie diese behauptet - zum Zeitpunkt der Kündigung bzw. kurz danach bereits einen Ersatzlieferanten mit gleichwertigen Produkten (welche?) gehabt habe, nämlich die Firma D.. Denn die Beklagte behauptet nicht, daß ihre Kunden die Produkte des neuen Lieferanten bereits akzeptiert und im vergleichbaren Umfang wie bisher die Produkte der Firma C. geordert hätten. Ob und wie sich diese anderen Produkte vermarkten ließen, war noch völlig ungeklärt, so daß auch offen war, ob der Kläger mit der Vermittlung dieser Produkte in den Monaten bis zum ordentlichen Kündigungstermins überhaupt irgendwelche Provisionen hätte verdienen können. Auf ein solches finanziell risikoreiches Unterfangen brauchte sich der Kläger nicht einzulassen. Ein etwa vorhandener "Ersatzlieferant" konnte mithin ebenfalls nicht dem außerordentlichen Kündigungsrecht des Klägers entgegenstehen.

II.

Der Beklagten steht auch kein Schadensersatzanspruch zu, weil der Kläger unmittelbar im Anschluß an die fristlose Kündigung für die Firma K. Hydraulik Vertriebs GmbH - einem Konkurrenzunternehmen der Beklagten - tätig geworden ist und Kunden der Beklagten abgeworben hat. Denn gem. § 86 I HGB sind dem Handelsvertreter Konkurrenztätigkeiten nur während der Dauer der Vertragszeit verwehrt (s. Hopt, Handelsvertreterrecht, 2. Aufl., § 86 HGB, Rn. 22); ein Wettbewerbsverbot nach Vertragsende bedarf hingegen einer besonderen Vereinbarung (§ 90 a HBG). Da die Parteien ausweislich des überreichten Handelsvertretervertrages (AH 1 ff.) kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben, durfte der Kläger mit Wirksamwerden der fristlosen Kündigung auch Konkurrenztätigkeiten aufnehmen.

III.

Der Beklagten steht ferner kein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen eines angeblichen "Komplottes" zu. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei an einem Komplott beteiligt gewesen, das auch zur Kündigung der Firma C. geführt habe, ist mangels jeglicher Substantiierung unbeachtlich. Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich insoweit lediglich in Vermutungen - wie beispielsweise, daß der Kläger angeblich fehlende Unterlagen an sich gebracht haben müsse - und pauschalen Behauptungen. Welches konkrete Verhalten des Klägers einen Vertragsbruch darstellen soll, gibt sie nicht an. Der Umstand, daß sowohl die Firma C., als auch der Kläger sowie die Mitarbeiter B. und H., nachdem sie bei der Beklagten gekündigten hatten, Verträge mit der Firma K. Hydraulik Vertriebs GmbH abgeschlossen haben, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines vertragswidrigen Verhaltens des Klägers. Die fristlose Kündigung des Klägers war berechtigt. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bestand zwischen den Parteien nicht. Bloße Vorbereitung des nachvertraglichen Wettbewerbs während der Vertragszeit, wie z.B. Beteiligung an der Gründung einer Konkurrenzfirma schon vor Vertragsende, verstößt grds. nicht gegen § 86 I HGB (s. Hopt, Handelsvertreterrecht, 2. Aufl., § 86 HGB, Rn. 26 m.w.N.).

IV.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Beklagten: bis zu 7.560,-- €.

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