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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.04.2000
Aktenzeichen: 19 U 75/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 459
BGB § 477 Abs. 2
BGB § 477 Abs. 1
BGB § 351
BGB §§ 293 ff.
ZPO § 756 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 75/98 21 O 82/97 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 14.04.00

Verkündet am 14.04.00

Schmitt, JS z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31.03.2000 durch die Richter am Oberlandesgericht Pütz und Gedig und Richterin am Oberlandesgericht Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.03.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 21 O 82/97 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 21.224,80 nebst 4 % Zinsen ab dem 09.03.1997 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges rewaco Trike, Fahrgestell-Nr............, zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug-um-Zug-Leistung in Annahmeverzug befindet.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht aus der von ihm berechtigterweise erklärten Wandlung des Kaufvertrages vom 27.06.1994 der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der zutreffend berechneten Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe des im Tenor benannten Trikes zu (§§ 459, 462, 465, 467, 346 ff. BGB). Antragsgemäß war zudem festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.

I.

Die Gewährleistung der Beklagten ist nicht gemäß Abschnitt VII Ziffer 6 NVWB, die dem Vertrag der Parteien zu Grunde liegen, ausgeschlossen. Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger den 2,0 l Motor ohne ihre Zustimmung in das Trike eingebaut hat. Der von der Beklagten benannte Zeuge K. konnte hierzu gar keine Angabe machen, da er an den Gesprächen zwischen den Parteien nicht beteiligt war. Er wusste lediglich aus eigener Kenntnis, dass der Kläger den Motor selbst eingebaut hat. Hingegen haben die Zeugen A. und P. übereinstimmend bekundet, dass der Kläger den 2,0 l Motor nicht nur bei der Beklagten gekauft hat, sondern dass die Beklagte mit dem Einbau des Motors in das Trike auch einverstanden war. Denn der Geschäftsführer der Beklagten hat, wie die Zeugin A. bekundet hat, auf Frage des Klägers erklärt, die Beklagte könne den Motor derzeit nicht selbst einbauen, auf weitere Frage hat er sodann erklärt, dies könne der Kläger ohne Probleme auch selber machen. Der Zeuge Puncet war zwar bei den Kaufgesprächen nicht anwesend, er hat vielmehr nach seinen Angaben den Motor nur gemeinsam mit dem Kläger bei der Beklagten abgeholt. Auch hierbei sei erklärt worden, was ihm der Kläger auf die entsprechende Frage hin bereits vorher gesagt habe, der Selbsteinbau durch den Kläger sei problemlos möglich.

An der Glaubwürdigkeit der Zeugen A. und P. und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen besteht kein Anlass zu Zweifeln. Beide haben sich ersichtlich bemüht, nur dass zu sagen, was sie in Erinnerung hatten und haben dabei z.B. ungefragt angegeben, nicht bei allen Gesprächen anwesend gewesen zu sein. Gerade dies spricht dafür, dass sie trotz ihrer Nähe zum Kläger nicht zielstrebig zu seinen Gunsten ausgesagt haben.

II.

Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungen steht zudem zur Überzeugung des Senats fest, dass das Trike die von dem Kläger in der Klageschrift (Bl. 4 ff. d.A.) gerügten Mängel zum ganz überwiegenden Teil aufweist. Dies gilt insbesondere für die Mängel im Karosserie- und Motorbereich, die allein schon dem Kläger zur Wandlung berechtigten. Unstreitig beruht keiner dieser Mängel auf Verschleiß oder mangelhafter Wartung des Trikes. Der Sachverständige Sch. hat zudem ausführlich zu den von ihm festgestellten Mängeln mit nachvollziehbarer und überzeugender Begründung festgestellt, dass die Mängel im Motorbereich insgesamt auf Fehler des Motoraggregats selbst, nicht auf fehlerhafte Montage seitens des Klägers, bzw. hinsichtlich der Karosserie auf mangelhafter Herstellung des Fahrzeugs bzw. Fehler beim Austausch der Karosserie durch die Beklagte zurückzuführen sind. Soweit der Beklagte sich gegen die Feststellungen des Sachverständigen Sch. mit der Behauptung wendet, die Mängel Nr. 1, 3, 6, 9, 12, 17, 19-21 seien darauf zurückzuführen, dass der Kläger die Rohre des hinteren Motorschutzes verbogen habe und deshalb die Beklagte einen Zwischenflunsch in das Motorschutzrohr eingesetzt habe, was zu der mangelhaften Montage der Karosserie und den damit im Zusammenhang stehenden Mängeln geführt habe, steht dies im Wandlungsrecht des Klägers nicht entgegen. Selbst wenn man diese Darstellung entgegen den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Sch. zu Grunde legen wollte, beseitigt dies nicht die Verantwortlichkeit der Beklagten für den mangelhaften Zustand des Trikes. Die Beklagte als Fachwerkstatt hätte nämlich in dieser Situation den Kläger darauf hinweisen müssen, dass die - behauptete - fehlerhafte Montage des Motors zu erheblichen Fehlern am Gesamtaufbau des Trikes führen werde und ihm - allein schon aus Gründen der Verkehrssicherheit - anraten müssen, den Einbau des Motors rückgängig zu machen bzw. eine ordnungsgemäße Montage des 2,0 l Motors durch sie durchführen zu lassen. Dass sie dies nach erfolgtem Einbau des Motors nicht getan hat, jedenfalls hat sie dazu nichts vorgetragen, und statt dessen einen Zwischenflunsch eingezogen und damit nach ihrem eigenen Vortrag die Karosserie zwangsläufig falsch montiert hat, führt dazu, dass sie sich auf diese Mängel wegen der Aufklärungspflichtverletzung nunmehr nicht mehr berufen kann. Vielmehr ist selbst ausgehend von ihrem eigenen Vortrag unter diesen Umständen die Fehlerhaftigkeit der Karosserie mit den Folgemängeln ihr anzulasten. Gegen die von dem Sachverständigen Sch. festgestellten Mängel des Motoraggregats (Undichtigkeiten) hat die Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhoben. Insbesondere erhellt sich entgegen der Ansicht der Beklagten aus dem Gutachten des Sachverständigen Zeugen K., nicht, dass diese Mängel dem Kläger anzulasten sind. Der Zeuge hat hierzu in seinem Gutachten überhaupt nicht Stellung genommen.

III.

Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Dem Kaufvertrag der Parteien lagen die NWVB zu Grunde. Die dort in Abschnitt VII Ziffer 1 Satz 1 getroffene Regelung geht über den Rahmen des § 459 BGB hinaus. Aufgrund dieser Regelung übernimmt der Verkäufer während der vertraglich vereinbarten Zeit, die hier ausweislich Bl. 13 d.A. unstreitig zwei Jahre betrug, ab Übergabe des Fahrzeugs für dessen Fehlerfreiheit schlechthin Gewähr und zwar auch hinsichtlich der innerhalb der Gewährleistungsfrist mit seiner Zustimmung eingebauten Teile (Reinking/Eggert, der Autokauf, 6. Aufl., Rdnr. 536 m.w.N.). Zugleich endet auch die Verjährungsfrist für Mängel frühestens mit dem Ablauf dieser Gewährleistungszeit. Dies ergibt sich aus dem Kontext der Regelungen in Abschnitt VII Ziffer 1 Satz 1 und Ziffer 10 Satz 1 (Reinking/Eggert a.a.O. Rdnr. 547 f. m.w.N.). Da die Übergabe des Trikes am 08.07.1994 erfolgte, endete die Verjährungsfrist somit frühestens mit Ablauf des 08.07.1996. Der am 04.06.1996 bei Gericht eingegangene Beweissicherungsantrag hat gemäß § 477 Abs. 2 BGB die Verjährungsfrist unterbrochen. Nach Abschluss des Beweissicherungsverfahrens mit der Übersendung des Gutachtens im November 1996 begann die gesetzliche Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 BGB neu zu laufen. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.01.1997 die Wandlung erklärt und mit am 14.02.1997 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz, d.h. innerhalb der seit November 1996 laufenden 6-monatigen Verjährungsfrist, Klage erhoben.

V.

Die Wandlung ist auch nicht gemäß § 351 BGB ausgeschlossen. Der Senat vermag aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Zeugen K. und der diesen widersprechenden Ausführungen des Sachverständigen Sch. schon nicht festzustellen, ob hier von einer wesentlichen Verschlechterung der Kaufsache ausgegangen werden kann. Dies kann aber letztlich dahin gestellt bleiben, da selbst dann, wenn man eine solche annehmen wollte, der Kläger diese nicht, wie gemäß § 351 BGB erforderlich, verschuldet hat. Die Beklagte ist durch die Zurückweisung der berechtigten Wandlung des Klägers in Annahmeverzug geraten (RGZ 145, 79 ff.) mit der Folge, dass der Kläger ohnehin nur noch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Hier hat der Kläger das Trike unstreitig in einer Halle untergestellt und damit vor äußeren Witterungseinflüssen geschützt. Damit hat der Kläger nach Auffassung des Senats seiner Aufbewahrungspflicht genüge getan. Er musste weder das Trike mit einem Karosserieschutz versehen noch den Feuchtigkeitsgrad der Luft in der Halle untersuchen. Denn schuldhaft handelt der Wandlungsberechtigte nur dann, wenn er den Gegenstand in vorwerfbarer Weise einer über das normale Maß hinausgehenden Gefahr ausgesetzt hat (Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 351 Rdnr. 4 m.w.N.). Davon kann nicht die Rede sein, wenn der Kläger, wie hier, das Trike geschützt unterstellt.

VI.

Im Hinblick auf § 756 Abs. 1 ZPO hat der Kläger ein berechtigtes Interesse daran, dass der Annahmeverzug der Beklagten gemäß §§ 293 ff. BGB infolge seiner berechtigten Wandlungserklärung festgestellt wird.

VII.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer für die Beklagte: 21.224,80 DM.

Ende der Entscheidung

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