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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: 19 U 96/06
Rechtsgebiete: HGB, VAG, VVG, ZPO, BGB


Vorschriften:

HGB § 84
HGB § 89 a
HGB § 89 a Abs. 1 S. 1
HGB § 89 a Abs. 2
HGB § 89 b
HGB § 92
VAG § 81 Abs. 2 Satz 4
VAG § 144 a
VVG § 178 o
VVG § 178 h
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 286
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 242
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.05.2006 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 17 O 272/04 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertretervertrag durch die Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 nicht mit sofortiger Wirkung zum 12.12.2003 beendet ist.

2. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertretervertrag aufgrund der fristlosen Kündigung des Klägers vom 02.02.2004 aus von der Beklagten zu vertretenden Gründen mit sofortiger Wirkung zum 02.02.2004 beendet ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Mitteilung vom 16.12.2004 an die AVAD (Auskunftsstelle über Versicherungs-Bausparkassen-Außendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V.), der mit dem Kläger bestehende Vertrag aus Ausschließlichkeitsagent gemäß §§ 84, 92 HGB sei wegen fristloser Kündigung der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot durch den Kläger beendet, zu widerrufen.

Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer von der Beklagten am 12.12.2003 ausgesprochenen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Versicherungsvertretervertrages vom 13.05.1985 (Bl. 9 ff. GA) i.V.m. dem Vertrag vom 14.12.2000 (Bl. 11 ff. GA), einer - ebenfalls fristlosen - Kündigung des Klägers vom 02.02.2002 (Bl. 22 GA) sowie um den Widerruf von Mitteilungen der Beklagten an die AVAD (Auskunftsstelle über Versicherungs-Bausparkassen-Außendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V.) über deren fristlose Kündigung vom 12.12.2003.

Der Kläger war seit 1985 für die Beklagte als hauptberuflicher Versicherungsvertreter mit eigener Niederlassung tätig. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf den Inhalt des in Kopie zur Akte gereichten Versicherungsvertretervertrags vom 13.05.1985 (Bl. 9 ff. GA) und des Vertrags vom 14.12.2000 (Bl. 11 ff. GA) Bezug genommen.

Jedenfalls ab dem Jahr 2002 kam es zwischen den Parteien zu Differenzen, die zu einem Schreiben der Beklagten vom 06.06.2003 (Bl. 77 f. GA) führten. In diesem Schreiben nahm die Beklagte einen Fall "S" zum Anlass, den Kläger auf Vorgehensweisen hinzuweisen, die nach Auffassung der Beklagten nicht im Interesse ihrer gemeinsamen Kunden vorgenommen würden und durch die der Kläger seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Beklagten verletzte. Es sei in der Vergangenheit immer wieder zu beobachten, dass der Kläger Willenserklärungen von Versicherungsnehmern nicht in der Form weiterleite, wie es gängige Praxis sein sollte. Bereits in den abgehandelten Sachverhalten N und L wie auch in dem aktuellen Fall "S" seien diese Vorkommnisse erkennbar. Konkret ging es in dem Fall "S" darum, dass der Kläger eine an ihn gerichtete Widerrufserklärung der Versicherungsnehmerin S vom 15.11.2002 (Bl. 206 GA) erst am 25.11.2002 nach Klärung der Angelegenheit mit der Versicherungsnehmerin der Beklagten übermittelte. Dieses Verhalten sah die Beklagten gemäß ihrem Schreiben vom 06.06.2003 als "sehr problematisch" an; die angesprochene Praxis entspreche nicht den vertraglichen Regularien zwischen Vertretern der E und der Gesellschaft. Die Vorgehensweisen stellten Verstöße gegen die Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Vertreter der E - Kapitel 1 Vertretervereinbarungen - (vgl. Bl. 79 ff. GA) dar. Die Beklagte wies den Kläger in dem Schreiben nochmals ausdrücklich auf die entsprechenden Passagen hin und bat ihn, offensichtlich vertragsrelevante Informationen im Sinne der Vertragsregelungen "unverzüglich" an die Geschäftstelle der E weiterzuleiten. Zuletzt bat die Beklagte "eindringlich um Einhaltung der beschriebenen Vorgehensweisen, weil wir andernfalls Nachteile für das vertragliche Verhältnis nicht ausschließen können."

Mit Schreiben vom 12.12.2003 kündigte die Beklagte den Vertretervertrag mit dem Kläger fristlos aus wichtigem Grund, hilfsweise fristgerecht, dem der Kläger mit Schreiben vom 17.12.2003 (Bl. 16 f. GA) widersprach. Mit Schreiben vom 15.12.2003 (Bl. 18 ff. GA) begründete die Beklagte die fristlose Kündigung mit Verstößen gegen das Provisionsabgabeverbot in zwei Fällen "F" und "G".

Dem Fall "G" lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Versicherungsnehmerin G kündigte den Versicherungsvertrag mit der Beklagten gemäß Schreiben vom 17.09.2003 (Bl. 148 GA) unmittelbar gegenüber der Beklagten, nachdem diese mit Schreiben vom 03.09.2003 (Bl. 146 f. GA) die Begleichung einer Zahnarztrechnung in Höhe von ca. 6.000 € abgelehnt hatte. Mit Schreiben vom 07.10.2003 (Bl. 149 GA) an die Versicherungsnehmerin bedauerte die Beklagte, dass es für die Kundin Gründe gebe, das Vertragsverhältnis zu beenden und bat sinngemäß darum, die Entscheidung nochmals zu überdenken und ggfls. zu besprechen. Gleichzeitig erteilte die Beklagte dem Kläger einen Kündigungsrücknahmeauftrag (Bl. 151 GA). Letztlich kam es dazu, dass die Beklagte gemäß einer Vereinbarung vom 13.10.2003 (Bl. 95 GA) der Versicherungsnehmerin eine Kulanzzahlung in Höhe von 2.000 € zusagte. Der Betrag wurde später auch ausgezahlt. Ferner traf der Kläger mit der Versicherungsnehmerin eine weitere Vereinbarung vom 13.10.2003 gemäß dessen Schreiben vom 09.10.2003 (Bl. 97 GA), nach der die Versicherungsnehmerin ihre Kündigung vom 17.09.2003 widerrufen und den bestehenden Versicherungsvertrag zu gleichen Bedingungen bis mindestens 31.12.2004 fortsetzen und von dem Kläger persönlich weitere 1.000 € erhalten sollte. Die Zahlung von insgesamt 3.000 € sollte nach Policierung, Empfangsbestätigung der Police und Ablauf der gesetzlichen Widerrufsfrist erfolgen. Vertragsveränderungen, insbesondere eine Reduzierung, sollten die Versicherungsnehmerin zur Rückzahlung des gesamten Betrages von 3.000 € verpflichten. Die Beklagte erhielt von dieser Vereinbarung am 17.10.2003 Kenntnis. Mit Schreiben vom 21.11.2003 (Bl. 99 GA) bedankte die Beklagte sich bei der Versicherungsnehmerin für deren Antrag auf Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses und des damit entgegengebrachten Vertrauens. Zu der mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung teilte sie mit, dass diese ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung getroffen worden sei und daher von ihr als gegenstandlos betrachtet werde. Bestehen bleibe selbstverständlich die mit ihr selbst getroffene Vereinbarung zur Abgeltung der Zahnarztrechung. Weiter teilte sie mit, dass sie - wie beantragt - die Versicherungen über den 31.12.2003 hinaus fortführen werde.

In dem Fall "F" vermittelte ein Versicherungsmakler M unter Mithilfe des Klägers eine Krankenversicherung zugunsten des Zeugen F. Mit Fax vom 24.11.2003 erhielt die Beklagte von M ein Schreiben F's vom 11.11.2003 (Bl. 100 GA), in dem F sich darüber beschwerte, dass der Kläger ihn am 05.11.2003 aufgesucht und ihm das Angebot unterbreitet habe, die über M abgeschlossene Krankenversicherung zu kündigen und gegen eine Provision von 400 % bei ihm, dem Kläger, erneut abzuschließen unter ansonsten unveränderten Bedingungen. Als Grund habe der Kläger genannt, dass er "die ganze Arbeit" gemacht habe und M sich nun den Verdienst einstecken wolle. Ferner habe der Kläger die Qualifikation M's und eines Herrn J vollkommen in Frage gestellt. Das Schreiben schloss mit der Frage: " Behandelt die E Ihre Kunden generell so?"

In dem Schreiben vom 15.12.2003 (Bl. 18 ff. GA) vertritt die Beklagte die Auffassung, dass der Kläger durch die genannten Vorfälle - auch im Zusammenhang mit bereits früher erteilten Ermahnungen - in zeitlich kurzen Abständen hintereinander in so schwerwiegender Weise gegen seine vertraglichen Verpflichtungen ihr gegenüber verstoßen habe, dass ihr eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei. Im Falle F habe der Kläger im Interesse seiner eigenen Vermögensvorteile (Provisionsinteresse) bewusst einen Vermögensschaden für die E in Kauf genommen, die an den Makler weniger Provision zu zahlen gehabt hätte als an ihn. Darüber hinaus habe er die Interessen des Kunden, der persönlich keinen Anlass gehabt habe, den Vertrag zu widerrufen, in grober Weise missachtet und sie und die Vermittlungsagentur in Misskredit gebracht. Hier wie auch im Fall G sei dem Kläger zudem ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot gemäß § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG anzulasten, mithin eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 144 a VAG, die gegenüber dem Versicherungsunternehmen mit einem Zwangsgeld geahndet werden könne. Ferner habe er sich im Fall G einer Imageschädigung schuldig gemacht, weil die Verknüpfung der Zahlung mit der Verpflichtung zur unveränderten Fortführung des Vertrages bis wenigstens zum 31.12.2004 gemäß §§ 178 o, 178 h VVG rechtlich unwirksam sei. Zudem habe der Kläger in vertragswidriger Weise wiederum seine Kompetenzen als Außendienstmitarbeiter überschritten, indem er die E in rechtlich verbindlicher Weise habe verpflichten wollen. Er sei in der Vergangenheit, insbesondere im Fall S mit Schreiben vom 06.06.2003 bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er diese Kompetenzen nicht habe.

In der Folgezeit bis Januar 2004 war der Kläger in geringem Umfang weiter für die Beklagte tätig. So reichte er von Versicherungsnehmern eingereichte Rechnungen an die Beklagte weiter, händigte Policen aus und bearbeitete Verträge nach.

Mit Schreiben vom 02.02.2004 (Bl. 22 ff. GA) kündigte der Kläger seinerseits den Vertretervertrag fristlos, nachdem einvernehmliche Auflösungsverhandlungen ohne Erfolg geblieben waren. Als Kündigungsgrund wurde im Wesentlichen die aus seiner Sicht unberechtigte fristlose Kündigung vom 12.12.2003 genannt. Zudem machte er dem Grunde nach sämtliche denkbaren vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche geltend, insbesondere noch nicht abgerechnete Provisionsansprüche, Folgeprovisionsansprüche bis zum 30.06.2006, dem Termin, zu dem die Beklagte ordentlich hätte kündigen können, sowie den Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB und Schadensersatzansprüche für Provisionsausfall bis zum 30.06.2004.

Mit Schreiben vom 16.02.2004 teilte die Beklagte dem AVAD mit, dass das Vertragsverhältnis mit dem Kläger wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot außerordentlich gekündigt worden sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Fälle "G" und "F" bei zutreffender tatsächlicher und rechtlicher Bewertung eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt hätten. Die fristlose Kündigung vom 12.12.2003 sei außerdem bereits mangels Anhörung und Abmahnung unwirksam und zudem verfristet. Auch sei die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für die Beklagte nicht unzumutbar, was sich schon daraus ergebe, dass sie sich seiner Vermittlertätigkeit weiter bedient habe.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Vorfälle "G" und "F", so wie in ihrem Schreiben vom 15.12.2003 dargestellt, zutreffend seien. Sie ist der Auffassung gewesen, dass sie, zumindest unter Berücksichtigung der im Schreiben vom 06.06.2003 dargestellten Vorfälle die fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Dieses Schreiben sei insoweit auch als Abmahnung zu werten.

Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen F, wegen deren Ergebnis auf das Sitzungsprotokoll vom 31.03.2005 (Bl. 268 ff. GA) verwiesen wird, abgewiesen, weil die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 rechtmäßig gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 306 ff. GA) Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel, mit dem er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt, ordnungsgemäß begründet.

Er meint, das landgerichtliche Urteil verstoße gegen materielles Recht, weil es den Tatbestand der fristlosen Kündigung gemäß § 89 a HGB fehlerhaft angewendet und in zweifacher Hinsicht § 286 ZPO verletzt habe. Im Wesentlichen wiederholt und vertieft er dazu seinen erstinstanzlichen Vortrag und beanstandet die Beweiswürdigung des Landgerichts betreffend die Fälle F und G.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 05.07.2006 (Bl. 339 ff. GA), den Schriftsatz vom 28.09.2006 (Bl. 383 ff. GA) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2006 (Bl. 431 ff. GA) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1.

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 12.12.2004 erklärte fristlose Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Handelsvertretervertrages unwirksam ist;

2.

festzustellen, dass die seinerseits erklärte fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien vom 02.02.2004 wirksam ist und das Vertragsverhältnis der Parteien aus von der Beklagten zu vertretenden Gründen zum 02.02.2004 sein Ende gefunden habe;

3.

die Beklagte zu verurteilen, ihre Mitteilung vom 16.12.2004 an die AVAD, der mit ihm bestehende Vertrag als Ausschließlichkeitsagent gemäß §§ 84, 92 HGB sei wegen fristloser Kündigung der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot durch ihn beendet, zu widerrufen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Mitteilung der Beklagten vom 16.02.2004 an die AVAD, der mit ihm bestehende Vertrag als Ausschließlichkeitsagent gemäß §§ 84, 92 HGB sei wegen fristloser Kündigung der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot durch ihn beendet, unrichtig ist, das vormals zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis vielmehr durch seine fristlose Kündigung vom 02.02.2004 beendet worden sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen des Klägers im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungserwiderung vom 09.08.2006 (Bl. 356 ff. GA), den Schriftsatz vom 17.10.2006 (Bl. 418 ff. GA) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2006 (Bl. 418 ff. GA) verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsanträge des Klägers bestehen bei sachgerechter Auslegung des Klagebegehrens, das auf die Feststellung des Fortbestands des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertreterverhältnisses über den 12.12.2003 hinaus und seiner Beendigung erst zum 02.02.2004 abzielt, keine Bedenken. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Dauer des Vertretervertrages. Die Unsicherheit, ob der Handelsvertretervertrag durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 mit sofortiger Wirkung beendet worden ist oder erst durch seine fristlose Kündigung zum 02.02.2004, wird durch das Urteil beseitigt. Der Antrag zu 2. umfasst zulässigerweise weiter auch die Frage des Verschuldens der Beklagten, weil dies für die Abwicklung des Vertrages weitergehende Ansprüche des Klägers begründet, etwa gemäß § 89 a Abs. 2 HGB und § 89 b HGB, als dies bei einer fristlosen Kündigung der Fall wäre, die die Beklagte nicht zu vertreten hätte.

Die Klage ist auch mit allen drei Anträgen begründet.

1.

Der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertretervertrag ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden, weil der Beklagten ein Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages nicht zustand.

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 89 a Abs. 1 S. 1 HGB ist gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann (vgl. nur Senat OLGR 2001, 373 f. m.w.N.). Für die Zumutbarkeit des Abwartens fallen die Nähe des nächsten ordentlichen Kündigungstermins, zu erwartende Folgen der außerordentlichen Kündigung, eine langjährige erfolgreiche Tätigkeit für den Unternehmer und eine längere Duldung oder laue Beanstandungen ins Gewicht (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Auflage 2005, § 89 a Rn. 7 m.w.N.). Die tatsächlichen Voraussetzungen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung sind von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich auf die Wirksamkeit der Kündigung beruft (Senat, a.a.O., m.w.N.). Schließlich ist grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich, es sei denn, das Fehlverhalten eines Vertragspartners hat die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert, dass diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte (vgl. Senat, a.a.O., m.w.N.).

Gemessen daran genügt die Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 nicht den Anforderungen des § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB.

Der Fall "G" begründet bei der gebotenen Abwägung aller Umstände keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Vertretervertrages.

Zwar trifft es zu, dass der Kläger durch die mit der Versicherungsnehmerin G getroffene Kulanzvereinbarung gegen vertragliche und gesetzliche Pflichten verstoßen hatte. Er hat der Versicherungsnehmerin Sondervergütungen im Sinne von § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG i.V.m. der entsprechenden Richtlinie für Krankenversicherer (vgl. Prölss/Kollhosser, VAG, 12. Auflage 2005, § 81 Rn. 69 ff., 89 ff.) versprochen und diese zudem noch mit einer gemäß § 178 h VVG verbotenen Erschwerung ihres Kündigungsrechts gekoppelt. Die Formulierung der Kulanzvereinbarung und ihre Erstreckung auch auf die von der Beklagten versprochene Kulanzzahlung von 2.000 € erweckte zudem den Anschein, als stünde die Beklagte hinter dieser Vereinbarung und würde sie mittragen.

Dennoch stellt dieser Vorfall keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers war die Gewährung oder das Versprechen von Sondervergütungen an Versicherungsnehmer durch Vertreter durch interne, zwischenzeitlich auch schriftlich abgefasste Absprachen über ein so genanntes Beziehungsmanagementbudget gedeckt und konnte daher dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Vorzuwerfen wäre dem Kläger allenfalls, dass er die - von der Beklagten stillschweigend tolerierte - Gewährung von Sondervergütungen in unzulässiger Weise mit Kündigungserschwerungen gekoppelt hatte. Entsprechend dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ist es der Beklagten freilich verwehrt, ihre fristlose Kündigung darauf zu stützen, wenn sie ihrerseits die vom Kläger pflichtwidrig geschaffene Situation gleichwohl ausnutzt und den dadurch erreichten Antrag der Versicherungsnehmerin auf Fortsetzung ihrer Versicherung ohne weiteres annimmt, wie mit Schreiben vom 21.11.2003 (Bl. 99 GA) geschehen, ohne der Versicherungsnehmerin auch nur im Ansatz Gelegenheit zu geben, ihre Entscheidung - nach Aufklärung der rechtlichen Verhältnisse - nochmals frei und ohne die vom Kläger unzulässig aufgestellten Bedingungen zu überdenken. Das gleiche gilt, soweit die Beklagte dem Kläger in diesem Zusammenhang vorwirft, dass er seine Kompetenzen als Außendienstpartner unter Verstoß gegen Ziffer 1 Abs. 4 d der Vertretervereinbarungen (Bl. 79, 80 GA) überschritten habe, nach der es dem Vertreter ohne ausdrückliche Ermächtigung untersagt ist, ERGO-Gesellschaften und sonstige Kooperationspartner durch irgendwelche Erklärungen zu verpflichten, insbesondere Deckungszusagen zu erteilen.

Auch der Vorfall "F" rechtfertigt die fristlose Kündigung vom 12.12.2003 im Ergebnis nicht. Die Richtigkeit dieses Vorfalles unterstellt, was der Senat hier indessen offen lassen kann, hätte der Kläger zwar tatsächlich in erheblicher Weise gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen, wenn er F, zudem noch unter Drohungen durch Überlassung eines Teils der Provision dazu bewegen wollte, die über den Makler M abgeschlossene Versicherung zu widerrufen und erneut über ihn abzuschließen.

In der Gewährung von Provisionen an den Versicherungsnehmer liegt ein Verstoß gegen das in § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG i.V.m. der entsprechenden Richtlinie für Krankenversicherer normierte Provisionsabgabeverbot, das heute mit dem Schutz allgemeiner Interessen des Verbraucherschutzes und der (finanziellen) Interessen der Vermittler begründet wird; das Verbot soll die Qualität der Beratung sichern, einer Verminderung der Markttransparenz entgegenwirken und einer Existenzgefährdung der Versicherungsvermittler entgegenwirken (vgl. BGHZ 159, 334 ff.), betrifft also gewichtige Rechtsgüter, die hier durch das Verhalten des Klägers verletzt worden wären. Zugleich läge ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten gemäß Kapitel 2 "Allgemeines Provisionsabgabeverbot" der mit der Beklagten geschlossenen Vertretervereinbarungen vor. Gegebenenfalls wäre durch ein solches Verhalten des Klägers auch die Regelungen über den Bestandschutz nach den ERGO Respektierungsgrundsätzen (Bl. 84, 86 GA) berührt, wenn diese - wie der Kläger behauptet - auch im Verhältnis von Versicherungsvertretern zu Versicherungsmaklern gelten. Der Umstand, dass diese Pflichtverletzungen im Versuchsstadium geblieben sind und vom Bundesaufsichtsamt als "straflose Vorbereitungshandlung" gewertet worden wären (vgl. Bl. 228 GA), mithin nicht zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Beklagte und/oder den Kläger gemäß § 144 a VAG geführt hätten, ändert nichts an der Vertragspflichtwidrigkeit des Verhaltens des Klägers. Es lag ganz offenbar lediglich an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Zeugen F, dass die vom Kläger unternommenen Vorbereitungshandlungen nicht zur Vollendung gelangten. Außerdem erweckte der Kläger durch sein Verhalten den Eindruck, dass die Beklagte eine derartige Verhaltensweise billigen würde. Er hat - was sich auch aus der Frage F's am Ende seines Schreibens vom 11.11.2003 ergibt - die Beklagte gegenüber Kunden erheblich diskreditiert und die Reputation der Beklagten und nicht nur ihr Image, sondern auch das der gesamten Versicherungswirtschaft einschließlich ihrer Vermittler geschädigt. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger durch sein Handeln den Eindruck erweckte, dass die Beklagte den "Kauf" von Versicherungsabschlüssen und einen höchst unsoliden Wettbewerb dulden würde. Zudem setzte er die Beklagte der Gefahr aufsichtsrechtlicher Beanstandungen aus. Gleichermaßen gefährdete er die Interessen des Zeugen F, der offenbar nach langer Suche und nur mit erheblichen Risikozuschlägen endlich eine Versicherung gefunden hatte; dass die Beklagte nach einer Kündigung erneut einen Vertrag mit F geschlossen hätte, wäre jedenfalls nicht zwingend gewesen. Demgegenüber spielt es keine erheblich entlastende Rolle, dass der Kläger - wie er behauptet - infolge der Abwerbung wegen der Bestandschutzregelungen keine Provisionsansprüche erworben hätte und die Beklagten nicht auch noch finanziell weiter geschädigt hätte.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen die Bestandschutzregelungen nach den ERGO Respektierungsgrundsätzen in erster Linie damit geahndet werden, dass bei einem Verstoß eines Mitarbeiters/Vermittlers dieser weder einen Provisionsanspruch noch ein Betreuungsrecht erwirbt und bereits gezahlte Provisionen zurückgezahlt werden müssen (vgl. Ziff. 3.1 Abs. 3, Bl. 86 GA). Die Versicherungswirtschaft, mithin auch die Beklagte, wertet einen solchen Verstoß also als nicht so schwerwiegend, als dass er regelmäßig eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst - entgegen den gesetzlichen Regelungen und ihren vertraglichen Vorgaben - Sondervergütungen an Versicherungsnehmer nicht grundsätzlich ablehnt, sondern bestimmten Vermittlern dafür zur Kundenpflege inzwischen sogar Budgets zur Verfügung stellt, wenngleich dies ersichtlich dem Vorteil der Beklagten, nämlich der Kundenpflege dienen soll, nicht aber der Abwerbungen von Kunden aus lediglich eigenen Provisionsinteressen oder aufgrund von Konflikten der Vermittler untereinander.

Ob der Vorfall "F" in Anbetracht all dieser Umstände als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung ausreichte, kann letztlich jedoch dahinstehen. Denn die Beklagte war jedenfalls nicht ohne eine vorhergehende Abmahnung zur fristlosen Kündigung gem. § 89 a HGB berechtigt. Die Beklagte hat nämlich nicht überzeugend darzulegen vermocht, dass durch diesen einen vorwerfbaren Vorfall die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien in so schwerwiegender Weise erschüttert war, dass sie nicht durch eine erfolgreiche Abmahnung hätte wiederhergestellt werden können. Dabei ist in erster Linie zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits seit 1985 mit Erfolg für die Beklagte als Vermittler tätig war und es offenbar bis in das Jahr 2002 zu keinen, jedenfalls nicht nennenswerten Differenzen kam. Mangels anderer Anhaltspunkte handelte es sich bei dem Vorfall F also um eine, wenn auch schwerwiegende, so aber doch einmalige Verfehlung dieser Art innerhalb eines Zeitraumes von über 18 Jahren, die dem Kläger vorzuwerfen gewesen wäre. Hinzu kommt, dass der Beklagten durch den Vorfall "F" letztlich ein Schaden nicht entstanden ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Kläger durch die fristlose Kündigung sämtliche in den 18 Jahren verdienten Versorgungsansprüche und seinen Ausgleichsanspruch verlieren würde, was an das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der zu einer fristlosen Kündigung ohne Abmahnung führen kann, besonders hohe Anforderungen stellt. Diese sind durch den Vorfall "F" bei Abwägung der zu berücksichtigenden beiderseitigen Interessen noch nicht erreicht. Es ist auch weder etwas dafür ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen, dass ein Vorgehen des Klägers wie im Falle "F" durch eine Abmahnung nicht für die Zukunft hätte abgestellt werden können. Bei dem beanstandeten Verhalten handelte es sich um durchaus steuerbares Verhalten des Klägers, so dass ohne weiteres nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Abmahnung, die dem Kläger deutlich die Konsequenzen eines erneuten gleichartigen Verstoßes vor Augen geführt hätte, erfolglos geblieben wäre, zumal der Vorfall offenbar nicht unmaßgeblich auf Differenzen zwischen dem Kläger und M zurückzuführen war. Auch Derartiges als Auslöser für das beanstandete Verhalten hätte der Kläger für die Zukunft vermeiden können, indem er die Zusammenarbeit mit anderen Vermittlern entsprechend einrichtete.

Vor diesem Hintergrund war es der Beklagten trotz der Vertragspflichtverletzungen darüber hinaus auch zuzumuten, die hier angesichts des 18 Jahre dauernden Vertragsverhältnisses verhältnismäßig kurze Frist von nur sechs Monaten für eine ordentliche Kündigung einzuhalten (vgl. BGH DB 1978, 1882 f.; Senat, a.a.O.; Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. I, Rn. 1743). Dafür spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, dass die Beklagte die Dienste des Kläger zumindest in geringem Umfang auch nach dem 12.12.2003 noch weiter in Anspruch genommen hat. Ihr Einwand, dass es nur noch um die Erfüllung geringfügiger nachvertraglicher Pflichten und Abwicklung zuvor angelegter Geschäfte ging, verfängt nicht, da diese Arbeiten durchaus auch von anderen Mitarbeitern hätten erledigt werden können. Fest steht jedenfalls, dass die Beklagte es immerhin hingenommen hat, dass der Kläger noch mehr oder weniger Botendienste für sie erledigte, was dagegen spricht, dass ihr jegliche weitere Zusammenarbeit über den 12.12.2003 hinaus unzumutbar gewesen wäre.

Eine andere Bewertung folgt schließlich auch nicht aus einer Gesamtbetrachtung sämtlicher, von der Beklagen gegen den Kläger seit dem Jahre 2002 erhobenen Vorwürfe. Soweit die Beklagte in der Berufungserwiderung erneut betont, dass der mehrfach verwarnte Kläger wiederholt gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen und Weisungen der Beklagten, die ihn zur Einhaltung wesentlicher Vertragsbestimmungen anhalten sollten, missachtet habe, genügt dies weder zur schlüssigen Darlegung weiterer bei einer Gesamtschau zu berücksichtigender Kündigungsgründe noch dazu, hier von dem Erfordernis einer Abmahnung abzusehen oder von einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist auszugehen.

Insbesondere sind die in dem Schreiben vom 06.06.2003 aufgeführten Vorfälle für die Berechtigung zur fristlosen Kündigung auch bei einer Gesamtschau letztlich ohne Belang. Zur Rechtfertigung ihrer fristlosen Kündigung kann die Beklagte insbesondere den Vorfall "S" nicht heranziehen. Dieser ist schon nicht wirksam abgemahnt worden. Zweifelhaft ist bereits, ob das Schreiben der Beklagten vom 06.06.2003 (Bl. 77 f. GA) inhaltlich den Anforderungen an eine wirksame Abmahnung genügt. Dem zu Kündigenden muss durch die Abmahnung nämlich unzweideutig, unmissverständlich und ernsthaft vor Augen geführt werden, dass die beanstandete Störung den Bestand des Vertragsverhältnisses gefährdet und abgestellt werden muss, weil er andernfalls mit einer Kündigung rechnen muss (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, § 89 a Rn. 12 m.w.N.). Ob dem die Bitte um Einhaltung der beschriebenen Vorgehensweisen, weil andernfalls Nachteile für das vertragliche Verhältnis nicht ausgeschlossen werden können, genügt, ist fragwürdig. Letztlich kommt es darauf aber auch nicht an, weil das Schreiben vom 06.06.2003 für eine wirksame Abmahnung verspätet ist. Der Vorfall "S" ereignete sich im November 2002 und war der Beklagten auch spätestens mit Zugang der Widerrufserklärung der Versicherungsnehmerin am 25.11.2002 bekannt, wohingegen die schriftliche Beanstandung ca. acht Monate später mit dem Schreiben vom 06.06.2003 erfolgte. Wenngleich für eine Abmahnung keine bestimmte Frist besteht, innerhalb derer das Verhalten beanstandet werden muss, ist die Abmahnung jedoch in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang zu den Anlass gebenden Umständen auszusprechen. Andernfalls wird das Recht zur Abmahnung und zur fristlosen Kündigung verwirkt (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., Rn. 14). Eine Abmahnung erst nahezu acht Monate nach dem beanstandeten Vorfall steht jedoch nicht mehr in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang. Gründe, weshalb das Schreiben vom 06.06.2003 erst so lange Zeit nach dem Vorfall erfolgte, hat die Beklagte nicht dargetan. Der Vorfall "S", der zudem im Kern anders gelagert ist als die Vorfälle "G" und "F" und insbesondere nichts mit einem etwaigen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot zu tun hat, ist deshalb nicht geeignet die fristlose Kündigung vom 12.12.2003 weiter zu rechtfertigten. Auch die in dem Schreiben genannten Sachverhalte L und N, zu denen Einzelheiten von der Beklagten nicht näher dargelegt sind, stützen die Kündigung vom 12.12.2003 nicht. Die Beklagte hat diese Sachverhalte bereits in ihrem Schreiben von 06.06.2003 als "abgehandelt" bezeichnet und in ihrer E-Mail vom 09.10.2003 (Bl. 124 GA) hervorgehoben, dass sie dem Kläger bereits deutlich gemacht habe, dass sie in diesen Angelegenheiten keine weitere Korrespondenz mehr führen werde. Damit waren die Sachverhalte bei der Beklagten offenbar abgeschlossen, können dem Kläger also nicht, auch nicht in einer Gesamtschau im Rahmen der Kündigung vom 12.12.2003 vorgehalten werden.

2.

Der Feststellungsantrag zu 2. ist begründet, weil der Kläger das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien durch seine fristlose Kündigung vom 02.02.2004 gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB wirksam beendet hat, und zwar aufgrund eines von der Beklagten zu vertretenden Verhaltens.

Als wichtiger, von der Beklagten zu vertretender Grund für die Kündigung reicht hier schon die unberechtigte fristlose Kündigung der Beklagten aus, zumal sie in der Folgezeit mit einer Nichterfüllung des Vertrages seitens der Beklagten einherging (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., Rn. 22, 36; Küstner/Thume, a.a.O., Rn. 1909 f. m.w.N.). Denn die Beklagte hat dem Kläger die vertragsgemäße Weiterarbeit verwehrt und damit nicht nur seine, sondern auch die Existenzgrundlage der vom Kläger beschäftigten neun Angestellten gefährdet. Zudem hatte der Kläger ein schutzwürdiges Interesse, die Rechtslage zu klären und eine Beendigung des Vertragsverhältnisses jedenfalls durch seine Kündigung herbeizuführen (vgl. BGH NJW 1967, 248 f.). Nach alledem ist auch nicht zweifelhaft, dass im Zeitpunkt der Kündigung seitens des Klägers das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien aufgrund des Verhaltens der Beklagten wegen und nach deren fristloser Kündigung nunmehr derart zerstört war, dass dem Kläger eine weitere Vertragsfortsetzung nicht mehr zumutbar war, zumal die Beklagte - ungeachtet ihrer eigenen fristlosen Kündigung - ersichtlich kein Interesse mehr daran hatte, den Kläger ordnungsgemäß weiter zu beschäftigen.

Auf die übrigen vom Kläger in seinem Kündigungsschreiben genannten Gründe kommt es daher nicht mehr zusätzlich an.

3.

Begründet ist nach alledem auch der (Haupt-)Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, ihre - unrichtige - Mitteilung vom 16.02.2004 an die AVAD entsprechend § 1004 BGB zu widerrufen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 127.500 €

(Klageantrag zu 1.: 97.500 €

Klageantrag zu 2.: 15.000 €

Klageantrag zu 3.: 15.000 €)

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

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