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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.11.2004
Aktenzeichen: 19 W 44/04
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 93
ZPO § 99 Abs. 2
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

19 W 44/04

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Conzen und den Richter am Amtsgericht Dr. Lorenz am 05.11.2004 beschlossen:

Tenor:

1.

Der Streitwert wird von Amts wegen wie folgt (neu) festgesetzt:

a) für den Rechtsstreit erster Instanz:

aa) bis zum 27.04.2004: (3.067,75 € + 555,73 € =) 3.623,48 €,

bb) danach: 3.067,75 €

b) für das Beschwerdeverfahren: Wert der Kosten erster Instanz

2.

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 23.06.2004 wird die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Köln - 14 0 135/04 - vom 27.05.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 15 % und die Beklagte 85 %.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

3.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen.

Gründe:

Die gemäß § 99 Abs. 2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist teilweise begründet, im übrigen war sie zurückzuweisen.

1.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 28.04.2004 den Klageantrag zu Ziffer 2) zurückgenommen hat, waren ihm die hierauf beruhenden Kosten des Rechtsstreits nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuerlegen. Sie waren nicht etwa "aus einem anderen Grund" von der Beklagten zu tragen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch als "Grund" ausgereicht hätte (so etwa Schneider, JurBüro 2002, 509; a. A., Zöller-Greger, § 269 Rdnr. 18 a). Denn die Feststellungen des Landgerichts reichten schon deshalb nicht aus, um sicher von einem Kostenerstattungsanspruch des Klägers ausgehen zu können, weil dieser zum Zeitpunkt der Klagerücknahme keinen Beweis für die - bestrittene - Zahlung der Avalprovision angetreten hatte.

Die auf dem zurückgenommenen Klageantrag zu Ziffer 2 beruhenden Kosten sind auch nicht "geringfügig" im Sinne von § 92 Abs.2 ZPO. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Geringfügigkeitsgrenze bei 5 % oder bei 10 % liegt (vgl. Zöller-Herget, § 92 Rdnr. 10). Denn der Wert des Klageantrags zu Ziffer 2) betrug 555,73 € (= angefallene Avalzinsen im Zeitraum 21.04.2001 bis 28.04.2004) und machte damit ca. 15 % des ursprünglichen Gesamtstreitwerts in Höhe von 3.623,48 € aus.

Dass das Landgericht offenbar den Klageantrag zu Ziffer 2) beim der Kostenentscheidung zugrunde liegenden Streitwert unberücksichtigt gelassen hat, steht dem nicht entgegen. Denn der Streitwert für die erste Instanz war wie aus dem Tenor ersichtlich von Amts wegen festzusetzen. Hierfür sprach umso mehr, als auch eine Festsetzung des Streitwerts für den Klageantrag zu Ziffer 1) i. H. v. 12.271,01 € dem (in der Regel nur mit 20 - 30 % des Forderungsbetrages zu schätzenden) Interesse des eine Bürgschaftsurkunde herausverlangenden Klägers (vgl. Zöller-Herget § 3 ZPO - Rdnr. 16; Stichwort "Bürgschaft") nicht entsprach. Zwar richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten nicht im Sinne von § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a. F. gegen die Hauptsache, sondern "nur" gegen die Kostenentscheidung. Der Senat sieht sich hierdurch indes nicht an einer Neufestsetzung des Streitwertes gehindert. Eine richtige Kostenentscheidung setzt eine richtige Streitwertfestsetzung voraus. Deshalb erscheint eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a. F. in Fällen der vorliegenden Art geradezu geboten. Das Verfahrensrecht ist nicht um seiner selbst Willen da, sondern es hat die Aufgabe, die Durchsetzung sachlicher Ansprüche zu ermöglichen. Zeigt sich wie hier eine Lücke im Verfahrensrecht, die zu ungerechten Ergebnissen führt, ist es Aufgabe der Gerichte, diese Lücke in angemessener Weise zu schließen (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2001, 1074; 1075 zur Berichtigung von Kostenentscheidungen, die aufgrund einer nachträglichen Streitwertänderung unrichtig geworden sind). Daher war der Kläger aufgrund der Teilklagerücknahme mit 15 % an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen.

2.

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dem Kläger seien auch die übrigen Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, vermag sich der Senat dieser Ansicht nicht anzuschließen. Da die Beklagte entsprechend dem (Haupt-) Klageantrag zu Ziffer 1 verurteilt worden ist, hat sie als unterlegene Partei die hierauf beruhenden Kosten nach § 91 ZPO zu tragen. Ob die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache richtig war, kann dabei dahingestellt bleiben. Denn die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde ist nicht angefochten worden und mittlerweile rechtskräftig.

Die hierauf beruhenden Kosten waren auch nicht etwa nach § 93 ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Die Beklagte hatte durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde Veranlassung gegeben. Bei Einreichung der Klage am 16.02.2004 befand sie sich aufgrund des vorgerichtlichen Schreibens vom 22.01.2004 (Bl. 45 d. A.) mit der Herausgabe spätestens seit dem 11.02.2004 in Verzug. Die Bürgschaft war durch das vorgenannte Schreiben genügend individualisiert, und zwar zum einen durch die Bezeichnung dessen, der die Beibringung einer Bürgschaft geschuldet hatte, und zum anderen durch die Angabe des Begebungsdatums. Wenn die anwaltlich vertretene Beklagte weitere Angaben zur zweifelsfreien Individualisierung benötigte, oblag es ihr, sich beim Kläger hierum zu bemühen, anstatt mit Schreiben vom 02.02.2004 (Bl. 46 ff d. A.) die Herausgabe der Bürgschaft unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22.01.2004 zu verweigern. Deshalb handelt der Kläger auch nicht treuwidrig, wenn er sich auf den Verzug der Beklagten beruft.

Vor diesem Hintergrund war gemäß den §§ 91, 92, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO wie aus dem Tenor ersichtlich über die Tragung der Kosten erster Instanz zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus den §§ 91 und 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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