Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.02.2004
Aktenzeichen: 19 W 61/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

19 W 61/03 19 W 62/03

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Conzen und die Richterin am Landgericht Dr. Grobecker

am 09.02.2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 13.10.2003 wird der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 10.10.2003 (2 O 82/03) aufgehoben. Ferner werden auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 14.10.2003 der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 14.10.2003 (2 0 82/03) und auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 22.10.2003 der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 15.10.2003 (2 0 82/03) aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Ablehnungsgesuche der Beklagten vom 09.10.2003, 13.10.2003 und 14.10.2003 an das Landgericht Bonn zurückverwiesen.

Gründe:

Mit den von der Beklagten angegriffenen Entscheidungen hat das Landgericht drei Ablehnungsgesuche der Beklagten als unzulässig verworfen. Hiergegen ist gem. §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 46 Rdnr. 14). Die jeweils form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel der Beklagten haben auch in der Sache Erfolg.

Der Beschluss des Landgerichts vom 10.10.2003 war aufzuheben, weil die Kammer jedenfalls nicht unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landgericht E über das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 9.10.2003 entscheiden durfte.

Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch der Beklagten unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landgericht E mit der Begründung als unzulässig verworfen, dass die Beklagte lediglich "die zuständige Kammer" wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt habe, ohne die Richter konkret zu bezeichnen und ohne den Ablehnungsgrund jeweils auf den einzelnen Richter bezogen darzulegen. Dies trifft jedenfalls bezogen auf die Vorsitzende Richterin am Landgericht E nicht zu. Die Beklagte hat ihr Ablehnungsgesuch vom 09.10.2003 darauf gestützt, dass die Vorsitzende ihrem Antrag vom 04.10.2003 auf Verlegung des Termins vom 15.10.2003 nicht entsprochen und ihr Akteneinsicht mit der Begründung nicht gewährt habe, dass die Akte nicht entbehrlich sei und sich darüber hinaus sämtliche Schriftsätze bei dem früheren Prozessbevollmächtigten der Beklagten befänden. Ausweislich eines Aktenvermerkes vom 10.10.2003 hat die Vorsitzende nach Eingang des Ablehnungsgesuches den Prozessbevollmächtigten der Beklagten telefonisch befragt, ob tatsächlich nicht nur sie als Vorsitzende, sondern die gesamte Kammer, wie in seinen Ablehnungsgesuch ausgeführt, abgelehnt werden solle, was vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestätigt worden ist. Spätestens aufgrund dieses Telefonates war die Vorsitzende Richterin am Landgericht E als von der Beklagten abgelehnte Richterin jedoch zweifelsfrei bestimmbar. Zwar ist grundsätzlich das Gericht als Solches oder ein ganzer Spruchkörper nicht ablehnbar (BGH NJW 74, 55, 56; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 44 Rdnr. 2, § 42 Rdnr. 3). Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass der abgelehnte Richter namentlich bezeichnet werden muss, ausreichend ist, dass dieser individualisierbar und zweifelsfrei bestimmbar ist (BFH NJW 1973, 536; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 44 Rdnr. 2).

Da in Bezug auf die Vorsitzende Richterin am Landgericht E das Ablehnungsgesuch der Beklagten auch den Anforderungen des § 44 ZPO entsprochen hat, durfte dieses nicht unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin als unzulässig verworfen werden. Das Gericht hätte in Anbetracht des hinreichend spezifizierten Ablehnungsgrundes und der jedenfalls nicht zweifelsfreie feststehenden Prozessverschleppungsabsicht nicht unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landgericht E entscheiden dürfen, sondern insoweit nach §§ 45, 47 i.V.m. § 44 Abs.3 ZPO verfahren müssen ( vgl. hierzu BGH NJW 1992, 983, 984; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 1467,1468). Allein in den Anträgen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten und nach deren Ablehnung im Befangenheitsantrag kann in der Regel eine Prozessverschleppungsabsicht noch nicht gesehen werden. Ein solch rechtsmißbräuchliches Verhalten hat die Kammer zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht angenommen und nicht zur Begründung in die Entscheidung vom 10.10.2003 aufgenommen.

Die Beschlüsse des Landgerichts Bonn vom 14.10.2003 und 15.10.2003 waren ebenfalls aufzuheben. Diese sind fehlerhaft, weil die Kammer über die beiden weiteren Ablehnungsgesuche der Beklagten vom 13.10.2003 und 14.10.2003 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landgericht E entschieden hat. Die Vorsitzende hätte gemäß § 47 ZPO erst nach endgültiger Erledigung, also nach rechtskräftiger Entscheidung des ersten Ablehnungsgesuches der Beklagten, an weiteren Entscheidungen selbst mitwirken dürfen.

Zur Entscheidung über alle drei Ablehnungsgesuche der Beklagten war die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, da der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert ist ( vgl. Zöller/ Vollkommer, a.a.O. § 46 Rn.14).

Offen bleiben kann, ob die Ablehnungsgesuche der Beklagten in Bezug auf die von ihr ebenfalls abgelehnte Richterin am Landgericht B und den abgelehnten Richter N unzulässig waren. Hierfür spricht, dass die Beklagte in keinem ihrer Ablehnungsgesuche in Bezug auf diese beiden Richter einen Ablehnungsgrund dargelegt und beide in der Sache ohne nähere Begründung lediglich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der erkennenden Kammer als befangen abgelehnt hat. Die bloße Zugehörigkeit zu einem bestimmten Spruchkörper vermag jedoch die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen; ein allein hierauf gestütztes, den Anforderungen des § 44 ZPO nicht genügendes Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig und kann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter verworfen werden (BGH NJW 1992, 983, 984; BGH NJW 1974, 55, 56; Zöller/Vollkommer a.a.O., § 45 Rdnr. 4). Da beide Richter auch unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landgericht E über die Ablehnungsgesuche der Beklagten vom 13.10. und 14.10.2003 entschieden haben, sollte die Kammer prüfen, um jeden Anschein der Voreingenommenheit zu vermeiden, ob nicht die Kammer insgesamt in anderer Besetzung über die Ablehnungsgesuche der Beklagten entscheiden sollte.

Ende der Entscheidung

Zurück