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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 2 U 103/04
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 91 II
InsO § 106
BGB § 1179 a
BGB § 1192
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 103/04

Anlage zum Protokoll vom 22. Dezember 2004

Verkündet am 22. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie die Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 7. Juli 2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 2 O 121/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

(gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründe)

I.

Die Klägerin erhebt gegen den Beklagten Widerspruchsklage im Hinblick auf den vom Amtsgericht Waldbröl in dem Zwangsversteigerungsverfahren 2 K 70/02 aufgestellten Teilungsplan vom 23. Januar 2004. Die Parteien streiten um einen Teilbetrag des Versteigerungserlöses aus der Zwangsversteigerung eines im Grundbuch von B. des Amtsgerichts Waldbröl eingetragenen Grundstücks (Grundbuchauszug Bl. 14 ff. d.GA.). Eigentümer des Grundstücks war Herr I. E., über dessen Vermögen gemäß Beschluss des Amtsgerichts Bonn (96 IN 130/01) am 20. Februar 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist.

In Abteilung III des Grundbuchs war unter der lfd. Nr. xx eine Briefgrundschuld über 50.000,00 DM mit 18 v. H. Jahreszinsen für die Dresdner Bank AG, Filiale L., und unter der lfd. Nr. ** eine Buchgrundschuld über 100.000,00 DM nebst 18 v.H. Jahreszinsen ebenfalls für die Dresdner Bank AG eingetragen. Letztere wurde am 31. Mai 1989 an die jetzige Klägerin abgetreten. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners sicherte die Briefgrundschuld über 50.000,00 DM keine Forderungen der Dresdner Bank AG mehr. Am 5. Juli 2002 trat die Bank die Briefgrundschuld unter gleichzeitiger Übergabe des Grundschuldbriefes an den Schuldner ab.

Im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens wurde das Grundstück am 8. Juli 2002 beschlagnahmt und mit Beschluss vom 2. September 2003 (Bl. 170 f. d. BA.) zu einem Betrag von 285.000,00 € zugeschlagen. Bereits mit Schriftsatz vom 14. Juli 2003 (Bl. 143 d.BA.) hatte die Klägerin die dinglichen Rechte aus der eingetragenen Grundschuld sowie den gesetzlichen Löschungsanspruch bezüglich vor- und gleichrangiger Grundpfandrechte und die Ansprüche aus eingetragenen Löschungsvormerkungen angemeldet. Unter dem 18. September 2003 (Bl. 190 d.BA.) wies der Beklagte gegenüber dem Vollstreckungsgericht darauf hin, dass die Insolvenzmasse die Rechte an dem in der Abteilung III unter der lfd. Nr. xx eingetragenen Grundpfandrecht halte. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 (Bl. 197 d.BA.) machte der Beklagte für die Insolvenzmasse die Ansprüche aus der Briefgrundschuld geltend. Bereits mit Schriftsatz vom 29. September 2003 (Bl. 194 d.BA.) hatte die Klägerin einen Betrag von 95.149,71 € sowie den Löschungsanspruch bzgl. vor- und gleichrangiger Grundpfandrechte zum Verteilungstermin angemeldet.

In dem vom Amtsgericht aufgestellten Teilungsplan vom 10. Oktober 2003 (Bl. 204 ff. d.GA.) entfiel auf das Recht Abteilung III lfd. Nr. xx ein Betrag von 25.564,59 € und auf das unter der lfd. Nr. ** eingetragene Recht 10.898,65 €. In Höhe eines Betrages von 84.251,06 € fiel die Klägerin mit ihrer angemeldeten Forderung aus. Im Fortsetzungstermin vom 23. Januar 2004 erklärte das Amtsgericht Waldbröl den von der Klägerin gegen den Teilungsplan erhobenen Widerspruch für zulässig. Zugleich beschloss das Gericht die Hinterlegung des Teilbetrages aus dem Erlös, was zwischenzeitlich geschehen ist.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe gegen den Beklagten hinsichtlich des in der Abteilung III unter der lfd. Nr. xx eingetragenen Rechts ein Löschungsanspruch gemäß §§ 1179a, 1192 BGB zu und sie könne somit den Anteil des Erlöses beantragen, der auf dieses Recht falle. Hierzu hat sie vorgetragen, der Schuldner habe ihr mit Erklärungen vom 22. September 1998, 29. September 1998, 14. Oktober 1999 und 13. März 2000 die Rückgewähransprüche an der hier streitgegenständlichen Grundschuld abgetreten. Sie habe gegenüber der Dresdner Bank die Abtretung bereits mit Schreiben vom 7. November 1995 offen gelegt.

Die Klägerin hat beantragt,

zu erkennen, dass ihr Widerspruch gegen den Teilungsplan des Amtsgerichts Waldbröl vom 23. Januar 2004 im Verteilungsverfahren Az. 2 K 70/02 begründet ist; den Teilungsplan dahingehend zu ändern, dass ihr auf die aus der Briefgrundschuld III/** angemeldete Forderung von insgesamt 95.149,71 € über den bislang zugeteilten Betrag von 10.898,65 € ein weiterer Betrag von 25.564,59 € zugeteilt wird, während dem Beklagten auf die von ihm aus der Briefgrundschuld III/xx angemeldete Forderung ein Betrag von 0,00 € zugeteilt wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, der Klägerin komme hinsichtlich des Löschungsanspruchs keine insolvenzfeste Rechtsposition zu, da der Erwerb dieses Rechts erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Zudem unterliege der Rechtserwerb der Insolvenzanfechtung. Weiterhin hat er vorgetragen, die Klägerin habe sich nicht die Rückgewähransprüche abtreten lassen.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 7. Juli 2004 antragsgemäß mit der Begründung stattgegeben, der Widerspruch der Klägerin gegen den Teilungsplan sei zulässig und begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Änderung des Teilungsplanes und könne den auf das Recht in Abteilung III/Nr. xx entfallenden Erlösanteil beanspruchen. Dem Löschungsanspruch der Klägerin gemäß §§ 1179a Abs. 1 Satz 1, 1192 BGB stehe nicht § 91 InsO entgegen. Es sei bereits zweifelhaft, ob diese Vorschrift hier überhaupt Anwendung finde. Der Rückgewähranspruch einer Grundschuld entstehe mit dem Abschluss des Sicherungsvertrages. Mit der Gläubigerbefriedigung nach Verfahrenseröffnung werde er lediglich fällig. Gleiches gelte für den Löschungsanspruch. Auf jeden Fall seien die Regelungen der §§ 91 Abs. 2, 106 InsO zu berücksichtigen. Der Schutz dieser Bestimmungen greife auch für den Inhaber einer gesetzlich nicht eingetragenen fiktiven Vormerkung. § 146 Abs. 2 InsO stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung seien von dem Beklagten nicht hinreichend vorgetragen worden. Der Löschungsanspruch nach § 1179a BGB einschließlich der Fiktion einer Eintragungsvormerkung entstehe mit dem Abschluss des Sicherungsvertrages zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner. Eine Anfechtbarkeit sei nur gegeben, wenn der Beklagte vortragen würde, dass das zur Eintragung der Grundschuld der Klägerin führende Rechtsgeschäft anfechtbar sei. Dies habe der Beklagte nicht aufgezeigt.

Gegen das ihm am 13. Juli 2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 11. August 2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 9. August 2004 Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 17. August 2004, bei Gericht eingegangen am 19. August 2004, fristgerecht begründet hat.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Er ist der Auffassung, der Rechtserwerb der Klägerin scheitere an § 91 InsO. Hätte die Gläubigerin die Grundschuld nicht auf den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückübertragen, so hätte die Klägerin keinerlei Rechtsposition im Zwangsversteigerungsverfahren besessen. Zudem verweist der Beklagte unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22. Juli 2004 (IX ZR 131/03) und Vorlage einer Kopie der Grundschuldbestellungsurkunde vom 19. Dezember 1985 (Bl. 178 ff. d.GA.) darauf, dass die Bestimmung des § 1179a BGB restriktiv auszulegen sei. Insoweit könne dem Schutzbedürfnis des nachrangigen Grundschuldgläubigers durch Abtretung des Rückgewähranspruchs Rechnung getragen werden. Vorliegend sei indes die Abtretung vertraglich ausgeschlossen worden. Somit sei der Insolvenzverwalter befugt, die Grundschuld zugunsten der Insolvenzmasse für die Aufnahme eines Darlehens zu nutzen. Soweit ein Rechtserwerb gleichwohl zustande gekommen sei, greife die geltend gemachte Insolvenzanfechtung. Gemäß § 140 InsO sei - ähnlich wie bei einer Globalzession - für die Anfechtbarkeit nicht auf die Begründung, sondern auf die Durchsetzbarkeit des Rechts abzustellen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Bonn vom 7. Juli 2004, 2 O 121/04, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie greift ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen auf und führt vertiefend aus, der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld sei bereits im Jahre 1989 mit der Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch und damit weit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Mit der Tilgung der der Grundschuld zugrunde liegenden Schuld sei der bedingte Löschungsanspruch zum Vollrecht erstarkt. Gleichzeitig sei ein sie begünstigender dinglicher Anspruch auf Löschung bzw. Aufhebung der vorrangigen Eigentümergrundschuld entstanden. Unabhängig hiervon habe der Grundstückseigentümer bereits im Jahre 1998 den Rückgewähranspruch wirksam abgetreten. Die von dem Bundesgerichtshof in dem von dem Beklagten herangezogenen Urteil aufgestellten Grundsätze seien vorliegend nicht einschlägig. Weiterhin ist die Klägerin der Auffassung, der dinglich gesicherte Löschungsanspruch sei schon deshalb insolvenzfest, weil kein Erwerb eines Rechts an einem Gegenstand der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Sinne des § 129 InsO vorliege. Zudem greife der Schutz des § 106 InsO.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bonn vom 7. Juli 2004 (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, den diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen sowie die vom Senat beigezogenen Akten des Amtsgerichts Waldbröl, 2 K 70/02, verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

1.

Das Landgericht hat zu Recht der Widerspruchsklage gegen den Teilungsplan (§§ 115 Abs. 1 ZVG, 878 Abs. 1, 880 Satz 1 ZPO) stattgegeben. Die Klägerin kann den auf das Recht in Abt. III lfd. Nr. xx entfallenden Erlösanteil von 25.564,59 € beanspruchen. Ihr steht ein Löschungsanspruch gemäß §§ 1179a Abs. 1 Satz 1 BGB, 1192 Abs. 1 BGB hinsichtlich des im Grundbuch vorrangig eingetragenen Rechts zu. Als Folge dieses gesetzlichen Anspruchs, der auch bei einer Grundschuld besteht (Senat, WM 1996, 151 [152]; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Auflage 2004, § 1179a Rn 19; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 13. Auflage, Neubearbeitung 2002, § 1179a Rn 60; Stöber, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 7. Auflage 1999, Rn 534), kann die Gläubigerin von dem Schuldner den Anteil am Erlös beanspruchen, der auf das belastete Recht entfällt, wenn - wie hier - sowohl das begünstigte als auch das belastete Recht durch Zuschlag erlöschen. Im Verteilungsverfahren wirkt sich dieses Recht dergestalt aus, dass der Berechtigte, soweit er sein Recht geltend macht, so gestellt werden muss, als sei das Eigentümerrecht schon vor dem Zuschlag gelöscht worden (BGH, NJW 1987, 2078; BGH, NJW 1989, 2536 [2537]; Stöber, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 7. Auflage 1999, Rn 523, 534c; Stöber, ZVG, 17. Auflage 2002, § 114 Anm. 9.8; MünchKomm/Eickmann, BGB, 4. Auflage 2004, § 1179 Rn 35).

b)

Entgegen der Berufung hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des (früheren) Grundstückseigentümers keinen Einfluss auf den hier von der Klägerin geltend gemachten Anspruch. Insbesondere steht § 91 InsO der Begründetheit der Klage nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung können an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Rechte mehr wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Diese Vorschrift findet hier indes keine Anwendung. Ist gegen ein massezugehöriges Eigentümerrecht bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Löschungsvormerkung im Grundbuch eingetragen oder wird sie nach dem Eröffnungszeitpunkt nach § 878 BGB bzw. § 892 BGB noch erworben, so kann der Berechtigte gemäß § 106 InsO die Rechte aus dieser Vormerkung durchsetzen (MünchKomm/Eickmann, a.a.O., § 1179 Rn 43). Der insoweit durch Vormerkung gesicherte Anspruch ist insolvenzfest (vgl. auch MünchKomm/Ott, a.a.O., § 106 Rn 18). Gleiches muss für den gesetzlichen Löschungsanspruch nach § 1179a BGB gelten (so auch Gottwald/Eickmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 2. Auflage 2001, § 31 Rn 39). Zwar ist insoweit keine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Nach § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB ist jedoch der gesetzliche Löschungsanspruch in gleicher Weise gesichert, wie wenn zu seiner Sicherung zeitgleich mit der Eintragung des begünstigten Rechts eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen worden wäre (OLG Köln [19. Senat], OLGR 1998, 433 [434]; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 13. Auflage Bearbeitung 2002, § 1179a Rn 4, 52). Der insoweit gesetzlich geschaffenen Vormerkungswirkung kommt hierbei die gleiche Wirkung zu, die im Falle des § 1179 BGB die Eintragung der Löschungsvormerkung im Grundbuch hat (BT-Drucks 8/89, S. 11; Stöber, a.a.O., Rn 534b). Mithin ist die gesetzliche Löschungsvormerkung nach § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB wie eine zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu behandeln. Damit teilt der gesetzliche Anspruch aus § 1179a Abs. 1 BGB wegen seiner Sicherung durch die Vormerkung nicht das Schicksal anderer Forderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern ist insolvenzfest. Der Anspruch muss somit von dem Verwalter erfüllt werden (Tintelnot in Kübler/Prütting, a.a.O., § 106 Rn 14; vgl. auch schon Jaeger/Henckel, Konkursordnung, 9. Auflage 1997, § 24 Rn 20).

c)

Der Insolvenzfestigkeit des gesetzlichen Löschungsanspruchs steht nicht entgegen, dass diese hier erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Grundschuldrückabtretung vom 5. Juli 2002 und der damit verbundenen Vereinigung von Eigentum und Grundschuld in der Person des Schuldners entstanden ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts entsteht der Löschungsanspruch nicht bereits mit der Eintragung der nachrangigen begünstigten Grundschuld. Vielmehr ist zu differenzieren: Die Befugnis, im Falle der Verwirklichung eines der Vereinigungstatbestände einen Löschungsanspruch zu erwerben, ist ein dingliches Recht. Dieses "Löschungsrecht" (vgl. zu der Terminologie Wolfsteiner in Staudinger, BGB, 13. Auflage Bearbeitung 2002, § 1179a Rn 9, 12 ff.) ist nicht nur mit Vormerkungswirkung ausgestattet. Das Recht ist vielmehr Inhalt des begünstigten Grundpfandrechts. Das Löschungsrecht entsteht mit dem Zeitpunkt der Eintragung des Grundpfandrechts (Staudinger/Wolfsteiner, a.a.O., § 1179a Rn 12) und somit auch weit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Von dem Löschungsrecht ist der "Löschungsanspruch" zu unterscheiden. Dieser hat schuldrechtlichen Charakter und wird durch die Vormerkungsfiktion des § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB gesichert (vgl. hierzu Staudinger/Wolfsteiner, a.a.O., § 1179a Rn 9). Er entsteht, wenn sich ein Grundpfandrecht mit dem Eigentum in einer Person vereinigt hat oder später vereinigt und ein gegen dieses Grundpfandrecht gerichtetes Löschungsrecht besteht (Staudinger/Wolfsteiner, a.a.O., § 1179a Rn 35).

Soweit teilweise, vornehmlich in der früheren Literatur (vgl. die Nachweise bei BGH, NJW 2002, 213 [215]); Tintelnot in Kübler/Prütting, a.a.O., § 106 Rn 16 Fn 32) vertreten wird, die Anwendung des früheren § 24 KO bzw. des jetzigen § 106 InsO setze voraus, dass das durch eine Vormerkung gesicherte künftige Recht zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurs- bzw. nunmehr Insolvenzverfahrens bereits entstanden ist, wird diese Ansicht weder von der neueren Auffassung in der Literatur noch vom Bundesgerichtshof (BGH, NJW 2003, 214 [215]) geteilt. Auch der Senat schließt sich dieser im Vordringen begriffenen neueren Auffassung an. § 91 InsO spricht nicht gegen die Insolvenzfestigkeit vormerkungsgesicherter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehender Ansprüche. Vielmehr tritt diese Bestimmung hinter der Regelung des § 106 InsO zurück (MünchKomm/Ott, InsO, 2002, § 106 Rn 16). Die Vormerkung zur Sicherung eines künftigen Anspruchs schafft keine in der Zukunft liegende Sicherung, deren Entstehung ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich ist. Es handelt sich vielmehr um eine gegenwärtige Sicherung eines in Zukunft entstehenden Anspruchs, der erst mit der Entstehung geltend gemacht werden kann (BGH, NJW 1981, 446 [447]; BGH, NJW 2002, 213 [215]). Die in § 38 InsO zum Ausdruck kommende Wertung, dass als Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren nur derjenige teilnehmen kann, dem schon zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ein Vermögensanspruch zugestanden hat, wird durch die gesetzliche Regelung zu Gunsten des Vormerkungsberechtigten durchbrochen (BGH, NJW 2002, 213 [215]). Der vom Gesetzgeber zugelassene Vormerkungsschutz für künftige Ansprüche (§ 883 Abs. 1 Satz 2 BGB) wäre sinnentleert, wenn dieser Schutz erst zu dem Zeitpunkt eintritt, in dem die gesicherten Ansprüche entstehen (BGH, NJW 1981, 446 [447]; BGH, NJW 2002, 213 [215]). Hieraus folgt, dass ein vormerkungsgesicherter Löschungsanspruch Insolvenzfestigkeit erlangt und selbst bei seinem Entstehen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem Insolvenzverwalter zu erfüllen ist (Uhlenbruck/Berscheid, InsO, 12. Auflage 2003, § 106 Rn 7, 33).

d)

Die von der Berufung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22. Juli 2004 (WM 2004, 1786 = NJW-RR 2004, 1458; vgl. hierzu auch die kritische Anmerkung von Hintzen/Bähringer, Rpfleger 2004, 661) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Mit der hier streitbefangenen Frage der Insolvenzfestigkeit des gesetzlichen Löschungsanspruchs gemäß § 1179a Abs. 1 BGB hat sich der Bundesgerichtshof nicht befasst. Zudem sind die vom IX. Zivilsenat aufgestellten Grundsätze zu der fehlenden Möglichkeit des gleich- bzw. nachrangigen Hypothekars, der Zuteilung des Erlöses an den Eigentümer zu widersprechen, hier nicht einschlägig. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Rechtsstreit war dadurch geprägt, dass der dortige Gläubiger erst im Verteilungsverfahren für den nicht valutierten Teil seines Rechts auf den Erlös verzichtet hat. Für diese Konstellation hat der IX. Zivilsenat ausgeführt (WM 2004, 1786 [1787]):

"Der Löschungsanspruch kann durchgesetzt werden, sobald das Eigentum am Grundstück und ein vor- oder gleichrangiges Grundpfandrecht in einer Person zusammenfallen. Ranganwartschaft durch Aufrücken und Löschung sind nach § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB so gesichert, als wäre gleichzeitig mit der begünstigten Hypothek eine Löschungsvormerkung für den Hypothekar in das Grundbuch eingetragen. Bleibt in der Zwangsversteigerung das begünstigte Recht nicht bestehen, so erlischt damit grundsätzlich auch die in ihm liegende Ranganwartschaft. Nur wenn Rechtsbedingung für den Löschungsanspruch zu diesem Zeitpunkt bereits eingetreten ist, kann der Gläubiger ..... sein Recht im Rahmen der Erlösverteilung weiterverfolgen .....

Hat ein Grundschuldgläubiger nach Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks auf sein Erlöspfandrecht verzichtet, so ist das entsprechend § 1168 Abs. 1 BGB erworbene Eigentümererlöspfandrecht nicht durch Surrogation einer Eigentümergrundschuld entstanden. Dieses Erlöspfandrecht war daher mangels Vereinigung von Grundstückseigentum und Grundpfandrecht niemals einer Ranganwartschaft gleich- oder nachrangiger Hypothekare gemäß § 1179a Abs. 1 BGB ausgesetzt."

Vorliegend kam es indes weit vor der Erteilung des Zuschlages zu einer Vereinigung von Grundstückseigentum und Grundpfandrecht sowie zu einem Eintritt der Rechtsbedingungen für den Löschungsanspruch. Nach den vom Landgericht getroffenen und für den Senat bindenden Feststellungen (§ 529 Abs. 1 ZPO) ist die Grundschuld bereits am 5. Juli 2002 unter gleichzeitiger Übergabe des Grundschuldbriefes an den (damaligen) Grundstückseigentümer abgetreten worden. Wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Grundstückseigentümers nicht eröffnet worden wäre, hätte die Gläubigerin nach § 91 Abs. 4 ZVG, §§ 883 Abs. 2 Satz 1, 888 Abs. 1 BGB ihr Recht im Rahmen der Erlösverteilung weiterverfolgen können, soweit sie nicht aus dem Grundstück befriedigt wird.

2.

Die von der Beklagten bereits erstinstanzlich erklärte Insolvenzanfechtung greift nicht. Zwar lässt § 106 InsO die Möglichkeit einer Insolvenzanfechtung der Vormerkung oder des gesicherten Anspruchs grundsätzlich unberührt (BGH, ZIP 1988, 585 [586]; Braun/Kroth, InsO, 2. Auflage 2004, § 106 Rn 16; Tintelnot in Kübler/Prütting, a.a.O., § 106 Rn 23; Balthasar in Nerlich/Römermann, InsO, Stand März 2004, § 106 Rn 11 ff.; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Auflage 1997, § 24 Anm 9). Als Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO kann hier allenfalls die Anmeldung des gesetzlichen Löschungsanspruchs in Zwangsversteigerungsverfahren gesehen werden. Der Löschungsanspruch einschließlich der Fiktion einer entsprechenden Eintragungsvormerkung ist Ausfluss einer gesetzlichen Regelung und beruht nicht auf einer Rechtshandlung. Indes stellt § 129 Abs. 1 InsO nur auf Rechtshandlungen ab, die vor Eröffnung des jetzigen Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden (vgl. auch MünchKomm/Kirchhof, a.a.O., § 129 Rn 74). Gegenüber späteren Maßnahmen schützen nur die §§ 80-82, 89, 91 InsO sowie § 147 InsO. Diese Vorschriften sind nicht einschlägig. Insbesondere § 147 InsO erstreckt die Anfechtbarkeit nur auf Rechtshandlungen, die wegen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, des Schiffsregisters und des Schiffsbauregister noch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 81 Abs. 1, 91 Abs. 2 InsO wirksam werden (HK/Kreft, InsO, 3. Auflage 2003, § 147 Rn 2). Ein solcher Fall liegt hier gerade nicht vor. Vielmehr wird der Klägerin ein Recht eingeräumt, dass seine Grundlage nicht in dem Gutglaubensschutz hat, sondern ausschließlich Folge einer gesetzlichen Regelung (§ 1179a BGB) ist. Insoweit liegt ähnlich den Fällen des § 878 BGB (vgl. dazu HK/Kreft, a.a.O., § 147 Rn 2; MünchKomm/Kirchhof, a.a.O., § 147 Rn 7 f.) ein Rechtserwerb vor, für den das Gesetz keine Anfechtungsmöglichkeit bestimmt.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO (Kosten) und auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind gegeben, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die maßgebliche Rechtsfrage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts erscheint geboten.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 25.564,59 €

Ende der Entscheidung

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