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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 2 U 106/07
Rechtsgebiete: InsO, BGB, KO


Vorschriften:

InsO § 21
InsO § 21 Abs. 1
InsO § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
InsO § 24
InsO § 24 Abs. 1
InsO § 81
InsO § 81 Abs. 1 Satz 1
InsO § 91
InsO § 91 Abs. 1
BGB § 161 Abs. 1 Satz 2
BGB § 161 Abs. 2
BGB § 781
BGB § 782
KO § 106
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufungen des Klägers vom 6. November 2007 sowie der Beklagten vom 30. Oktober 2007 gegen das am 18. Oktober 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 117/07 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 82 % und die Beklagte zu 18 % zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Soweit der Senat die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, wird die Revision zugelassen.

Gründe:

(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO)

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Autohauses N KG, das die Marke G vertrieb. Die Insolvenzschuldnerin stand mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der G Werke AG, in ständiger Geschäftsbeziehung. Im Rahmen dieser Beziehungen führte die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin für die spätere Insolvenzschuldnerin ein Verrechnungskonto. Darauf verrechnete sie die Ansprüche des Autohauses aus Boni, Prämien und Ähnlichem einerseits sowie die Ansprüche der Beklagten aus Warenlieferungen, Werbungskostenzuschüssen und Ähnlichem andererseits.

Die spätere Insolvenzschuldnerin hatte an der Einkaufsfinanzierung der G Bank teilgenommen und in diesem Zusammenhang mit der Bank am 27. Februar 2002 eine Rahmenvereinbarung für die Finanzierung von neuen Fahrzeugen, gebrauchten Fahrzeugen und Vorführfahrzeugen geschlossen (Kopie Bl. 39 ff. d.GA.), in dem es unter anderem heißt (Bl. 42, 46 d.GA.):

"4. Sicherheiten

1. Zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Bank aus bankmäßigen Geschäftsverbindung überträgt der Händler hiermit auf die Bank:

..............

c) Forderungen gegen die G-Werke Aktiengesellschaft die derzeitigen und künftigen Forderungen gegen die G-Werke Aktiengesellschaft. Die Bank ist berechtigt, das jeweilige Guthaben des Händlers bei der G-Werke Aktiengesellschaft zur Begleichung fälliger Forderungen sowie für solche Forderungen in Anspruch zu nehmen, die zwar bestehen, aber noch nicht fällig und nicht ausreichend durch andere der Bank bestellte Sicherheiten gesichert sind. Die Bestimmungen zur Fristsetzung Ziffer 12 Absatz 1 gelten entsprechend."

Unter dem 10. Januar 2003 legte die G Bank diese Abtretung gegenüber der Beklagten (Kopie des Schreibens Bl. 49 d.GA.) offen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

"Hiermit zeigen wir Ihnen an, dass wir ab sofort von diesen Abtretungen Gebrauch machen müssen und bis auf weiteres Anspruch auf die bei Ihnen bestehenden und noch entstehenden Forderungen des o.g. Händlers erheben.

Wir bitten um Überweisung zugunsten unserer Bankverbindung ......"

Mit Beschluss vom 21. Januar 2003 ordnete das Amtsgericht Rosenheim (IN 25/03; Kopie Bl. 13 d.GA.) die vorläufige Insolvenzverwaltung an und bestellte den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Zugleich ordnete es ein allgemeines Verfügungsverbot an. Hiervon hatte die Beklagte - wie diese im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat - bereits im März 2003 Kenntnis.

Am 28. März 2003 überwies die Beklagte das zu diesem Zeitpunkt zugunsten des Autohauses bestehende Guthaben in Höhe von 71.467,97 € (Kontoauszüge Bl. 14 f. d.GA.) an die G Bank.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Autohauses wurde zum 1. April 2003 eröffnet (Kopie des Beschlusses Bl. 12 d.GA.). Zugleich wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter dem 15. September 2004 erstellte die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin für das Verrechnungskonto der Insolvenzschuldnerin einen weiteren Kontoauszug (Kopien Bl. 16 ff. d.GA.), der ein Guthaben zugunsten des Autohauses in Höhe von 15.804,35 € ausweist. Aufgelistet sind in diesem Kontoauszug die einzelnen, diesen Betrag ergebenden wechselseitigen Positionen des Autohauses sowie der Beklagten seit dem 17. April 2003.

Der Kläger fordert mit der vorliegenden Klage von der Beklagten sowohl die Auszahlung des am 28. März 2003 bestehenden Guthabens in Höhe von 71.467,97 € als auch das in dem von der Beklagten erstellten Kontoauszug zum 15. September 2004 ausgewiesene Guthaben in Höhe von 15.804,35 €.

Er hat die Auffassung vertreten, aufgrund der angeordneten Verfugungsbeschränkung bestehe ein absolutes Verfügungsverbot. Hierdurch sei die mit der G Bank vereinbarte Globalzession unwirksam geworden. Daher habe die Beklagte nicht mehr wirksam und damit schuldbefreiend das Guthaben an die G Bank zahlen können. Hinsichtlich der geltend gemachten 15.804,35 € folge der Anspruch bereits aus der von der Beklagten erstellten Urkunde.

Der Kläger hat - unter Rücknahme der weitergehenden Forderung aus dem Mahnbescheid - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 87.272,32 € zuzüglich 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2005 zu zahlen.

Die Beklagten hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, das allgemeine Verfügungsverbot habe keine Auswirkungen auf die Vorausverfügungen der Schuldnerin. Unberührt hiervon seien gegebenenfalls Anfechtungsansprüche. Diese würden sich nicht gegen die Beklagte richten und seien zudem verjährt. Insoweit erhebt die Beklagte "äußerst vorsorglich" die Einrede der Verjährung. Zudem hat sich die Beklagte darauf berufen, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe die Kontokorrent-abrede automatisch geendet. Daher müsse der Kläger nunmehr im Einzelnen darlegen, wie sich der weitere Zahlungsanspruch in Höhe von 15.804,35 € berechne. Hieran fehle es.

Durch das angegriffene Urteil des Einzelrichters vom 18. Oktober 2007 (Bl.80 ff. d.GA.) hat das Landgericht die Beklagte hinsichtlich der geltend gemachten 15.804,35 € nebst Zinsen antragsgemäß verurteilt und die Klage bezüglich des vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Guthabens in Höhe von 71.4678,97 € abgewiesen. Das Landgericht ist hierbei davon ausgegangen, dass das allgemeine Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO zwar grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Verfügungen der Insolvenzschuldnerin führe. Dies gelte indes nicht, soweit künftige Forderungen im Wege der Globalzession vor Verhängung des allgemeinen Verfügungsverbots abgetreten worden seien. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien sämtliche Verfügungen unwirksam geworden. Daher habe der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 15.804,95 €. Insoweit habe der Kläger seinen Anspruch unter Bezugnahme auf den von der Beklagten erstellten Kontoauszug hinreichend schlüssig vorgetragen. Es habe nunmehr der Beklagten oblegen, die einzelnen Positionen anzugreifen. Dies sei nicht geschehen. Wegen aller weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf das Urteil der Kammer verwiesen.

Gegen diese am 22. Oktober 2007 bzw. am 23. Oktober 2007 zugestellte Entscheidung haben der Kläger mit Schriftsatz vom 6. November 2007 sowie die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2007, bei Gericht eingegangen am 2. November 2007, jeweils Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2007, der an diesem Tage bei Gericht eingegangen ist, fristgerecht begründet. Die Beklagte hat mit einem am 21. Dezember 2007 eingegangenen Schriftsatz von diesem Tage ihre Berufung ebenfalls fristgerecht begründet.

Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, die Beklagte habe nicht mehr schuldbefreiend an die G Bank zahlen können. Insoweit wiederholt und vertieft er seine bisherigen Rechtsauffassungen.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des am 18. Oktober 2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, 18 O 117/07, die Beklagte zu verurteilen, weitere 71.467,97 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2005 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18. Oktober 2007, 18 O 117/07, die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Rechtsansichten. Zudem ist sie der Auffassung, im September 2004 habe mangels bestehender Kontokorrentabrede ein kausaler Saldo nicht mehr entstehen können. Daher obliege es dem Kläger, umfänglich zu jedem Buchungsvorgang das entsprechende Vertragsverhältnis vorzutragen. Hieran fehle es.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er ist insoweit der Auffassung, aufgrund des von der Beklagten erstellten Kontoauszuges könne er das Guthaben durch Bezugnahme auf die Einzelauflistungen einklagen. Insoweit seien auch die im Kontoauszug enthaltenen Einzelforderungen Gegenstand der erhobenen Klage. Im Übrigen obliege es der Beklagten, die in ihrer Aufstellung aufgenommenen Einzelpositionen substantiiert zu bestreiten.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten umfangreichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 71.467,97 € nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht (§ 513 Abs. 1 ZPO) abgewiesen. Der insoweit geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem klagenden Insolvenzverwalter nicht zu.

a)

Die Beklagte führte auf der Grundlage der zwischen ihr und der späteren Insolvenzschuldnerin getroffenen Absprachen für das Autohaus ein Verrechnungskonto, auf welchem die der Geschäftsverbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen eingestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung ausgeglichen worden sind. Folge dieser Abwicklung der laufenden Geschäftsbeziehungen auf der Grundlage einer getroffenen Kontokorrentabrede (§ 355 Abs. 1 HGB) ist, dass während der laufenden Rechnungsperiode die kontokorrentfähigen und kontokorrentgebundenen Ansprüche und Leistungen ausschließlich zur Verrechnung stehen. Die wechselseitigen Forderungen aus der Geschäftsverbindung werden in ein spezielles Schuldverhältnis eingestellt und periodisch oder bei Beendigung des Kontokorrents saldiert, das heißt miteinander verrechnet (vgl. hierzu eingehend MünchKomm/Hefermehl, HGB, 2001, § 355 Rn. 2 ff., 17; Wagner in Röhricht/Graf von Westpfalen, HGB, 2. Auflage 2001, § 355 Rn. 4 ff.). Eine selbstständige - insbesondere klageweise - Geltendmachung der gebundenen Einzelansprüche ist hierbei ausgeschlossen. (vgl. z.B. BGHZ 73, 259 [263]; BGH, NJW 1970, 560; OLG Saarbrücken, OLGR 2003, 262 [263]; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 33. Auflage 2008, § 355 Rn. 7; MünchKomm/Hefermehl, aaO, § 355 Rn. 31; Wagner in Röhricht/Graf von Westphalen, aaO, § 355 Rn. 28; Bankrechts-Handbuch/Schimansky, w. Aufl. 2007, § 47 Rn. 68 f.).

Mit dem Abschluss der Rechnungsperiode und der Verrechnung der Aktiv- und Passivposten, die hier die Beklagte im März 2003 vorgenommen hat, wurde eine einheitliche Saldoforderung begründet, deren Schuldgrund die verrechneten Ansprüche und Leistungen sind. Rechtlich stellt dieser Saldo im Falle des positiven Anerkenntnisses - welches hier zumindest konkludent dadurch erfolgt ist, dass nunmehr das in dem Kontoauszug ausgewiesene Guthaben eingefordert wird - ein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne der §§ 781, 782 BGB dar (vgl. allgemein BGHZ 80, 172 [176]; BGHZ 93, 307 [313]; BGH, WM 1991, 1630; Hopt in Baumbach/Hopt, aaO, § 355 Rn. 7; MünchKomm/Hefermehl, aaO, § 355 Rn. 43; Wagner in Röhricht/Graf von Westphalen, aaO, § 355 Rn. 36).

b)

Das im März 2003 zugunsten der späteren Insolvenzschuldnerin ermittelte Guthaben in Höhe von 71.467,97 € hat die Beklagte schuldbefreiend an die G Bank überwiesen. Diese war aufgrund der zwischen ihr und dem Autohaus im Jahre 2002 in Ziffer 4. 1) c) des Rahmenvertrages vereinbarten Abtretung Inhaberin dieser Forderung. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Zession werden von den Parteien nicht erhoben.

c)

Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO durch das Amtsgericht Rosenheim am 21. Januar 2003 keine Auswirkungen auf die im Voraus abgetretenen, aber erst nach der Anordnung des Verbots entstandenen Forderungen. Vielmehr ist für das Vorliegen der Verfügungsmacht des Schuldners auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vorauszession abzustellen.

Zwar ist für den Anwendungsbereich der Konkursordnung überwiegend von der Instanzrechtsprechung und der Literatur die Auffassung vertreten worden, dass Vorausverfügungen des Schuldners mit der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbotes ihre Wirksamkeit verlieren (z.B. OLG Koblenz, ZIP 1984, 164; OLG Düsseldorf, ZIP 1986, 973; OLG Stuttgart, ZIP 1994, 798; Kammergericht, ZIP 1995, 53; OLG Hamm, ZIP 1995, 140; OLG Schleswig, ZIP 1995, 759). In seinem grundlegenden Urteil vom 20. März 1997 ist der Bundesgerichtshof (BGHZ 135, 140 = ZIP 1997, 737) indes dieser Auffassung nicht gefolgt. Vielmehr hat er entschieden, dass eine solche Wirkung im Falle des Erlasses eines Sequestrationsbeschlusses nicht eintrete. Der Zweck eines Veräußerungsverbots rechtfertige es nicht, Vorausverfügungen aus der Zeit davor, die sich erst nach Anordnung jener Maßnahmen auswirken, als hinfällig anzusehen (vgl. hierzu die kritischen Anmerkungen von Eckhardt, ZIP 1997, 957; Häsemeyer, ZZP 1998, 83; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 3. Auflage 2003, Rdnr. 7.38a).

Trotz dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird zum Teil von der Literatur weiterhin daran festgehalten, dass Vorausabtretungen - von § 161 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB abgesehen - keine Forderungen erfassen, die erst nach Wirksamwerden des Verfügungsverbots entstehen. Insoweit bedürfe es keines Rückgriffs auf § 91 Abs. 1 InsO als Auffangtatbestand, vielmehr würden die Verfügungsbeschränkungen der §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 24 Abs. 1 InsO greifen, wenn der Verfügende beim letzten Teilstück seiner Verfügung nicht mehr verfügungsbefugt sei. Insoweit habe der Bundesgerichtshof stets auf den Zeitpunkt des Entstehens der abgetretenen Forderung abgestellt, ohne zwischen § 81 InsO (§ 6 KO) bzw. § 91 InsO (§ 15 KO) zu differenzieren. Das Urteil aus dem Jahre 1997 betreffe nur die Pfändung durch einen Dritten und habe nur Gültigkeit für "den Geltungsbereich der Konkursordnung" (so HK/Kirchhof, InsO, 4. Auflage 2006, § 24 Rdnr. 8; vgl. auch: Gerhardt, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Auflage 2000, S. 196; Hamburger Kommentar/Schröder, InsO, 2. Auflage 2007, § 24 Rn. 7; Jaeger/Gerhardt, InsO, 2004, § 24 Rn. 6 f; MünchKomm/Haarmeyer, InsO, § 21 Rn. 57, § 24 Rdnr. 12; Uhlenbruck, InsO, 12. Auflage 2003, § 24 Rdnr. 3; offen gelassen: Graf-Schlicker/Voß, InsO 2007, § 24 Rdnr. 4; Kübler/Prütting/Pape, InsO, Stand Oktober 2007, § 24 Rdnr. 5 f.).

Dagegen wendet ein anderer Teil der Literatur die von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze auch für die Insolvenzordnung an (FK/Schmerbach, InsO, 4. Auflage 2005, § 24 Rdnr. 8 ff.). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung ist zwar das allgemeine Veräußerungsverbot des § 106 KO in ein allgemeines, absolutes Verfügungsverbot nach § 21 InsO umgestaltet und hierdurch der Schutz der Gläubiger vor nachteiligen Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners während des Eröffnungsverfahrens verstärkt worden (Uhlenbruck, aaO, § 21 Rdnr. 17). Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber sei auch gleichzeitig von einer Unwirksamkeit von Vorausverfügungen des Schuldners nach Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots ausgegangen. Vielmehr hat er für das Eröffnungsverfahren in § 24 InsO nur auf § 81 f. InsO und nicht auf § 91 InsO verwiesen, der sich mit dem Erwerb von Rechten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens befasst, und der nach den in den Materialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers die Unwirksamkeit von Vorausverfügungen regelt (vgl. die Begründung des RegE zu § 102 = nunmehr § 91 InsO in: Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, Band I, 1994).

Die vom Senat vertretene Auffassung findet zudem ihre Bestätigung in dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 29. November 2007 zur Insolvenzfestigkeit einer Globalzession (ZIP 2008, 183). In dieser Entscheidung wird - auch unter Hinweis auf das frühere Urteil vom 20. März 1997 (BGHZ 135, 140 = ZIP 1997, 737) - ausdrücklich darauf verwiesen, dass bei einer Globalzession künftiger Forderungen der Umfang der in Zukunft auf die Zessionarin übergehenden Forderungen in abstrakter Form bereits rechtlich bindend festgelegt sei. Der Zedent nehme bei der Globalzession die Erfüllungshandlung sofort vor. Die Abtretung der zukünftigen Forderungen enthalte bereits selbst alle Merkmale, aus denen der Übertragungstatbestand bestehe.

Wird aber bereits bei Abschluss des Abtretungsvertrages das dingliche Geschäft vollzogen und gleichzeitig die schuldrechtliche Seite in dem vertraglich möglichen Maße konkretisiert, dann kann eine später angeordnete Verfügungsbeschränkung keine Auswirkungen mehr auf eine Vorausverfügung haben. Vielmehr kommt es nicht auf die Frage der Verfügungsbefugnis nicht mehr an, da die Abtretung bestimmbar beschriebener zukünftiger Forderungen bewirkt, dass der Schuldner über diese nicht mehr anderweitig verfügen kann. Somit hindert bei einem gestreckten Rechtserwerb ein Verlust der Verfügungsmacht nicht die Vollendung des Rechtserwerbs, wenn der Verfügende seinerseits bereits alles Erforderliche für den Rechtsübergang veranlasst hat.

Die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in dem Urteil aus dem Jahre 1997, dass es "jedenfalls für den Geltungsbereich der Konkursordnung dabei bleiben muss, dass die Masse gegen damit verbundene Schmälerung im Eröffnungsverfahren nur durch die Anfechtungsvorschriften geschützt ist," rechtfertigen ebenfalls nicht die Annahme, diese dort aufgestellten Grundsätze seien nicht für den Geltungsbereich der Insolvenzordnung anwendbar. Ansonsten hätte das Revisionsgericht sicherlich - wie es in anderen Fällen geschehen ist - dies ausdrücklich im Hinblick auf die nur 1 1/2 Jahre nach der Entscheidung in Kraft getretene, aber bereits zu diesem Zeitpunkt verkündete Insolvenzordnung ausdrücklich ausgesprochen.

Die von dem Senat vorgenommenen Auslegung des § 24 InsO mag zwar dem Zweck des vorläufigen Insolvenzverfahrens, die künftige Masse zu sichern, widersprechen (vgl. dazu z.B. Uhlenbruck, aaO, § 24 Rdnr. 3; Kübler/Prütting/Pape, aaO, § 24 Rdnr. 6). Jedoch war dem Gesetzgeber spätestens mit der Entscheidung aus dem Jahre 1997 die Problematik des Verhältnisses zwischen einer Vorausverfügung durch den Schuldner und der Anordnung der Verfügungsbeschränkung bekannt. Indes ist § 24 InsO weder bis zum Inkrafttreten der Insolvenzordnung noch danach geändert worden. Eine Sicherung der Masse hinsichtlich der Abtretung künftiger Forderungen, die erst nach Anordnung einer Verfügungsbeschränkung, aber vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, kann damit nur durch die Anfechtungsvorschriften erfolgen. Hierbei können sowohl der Zessionsvertrag als auch das Werthaltigmachen zukünftiger Forderungen aus Zessionen als selbstständige Rechtshandlung angefochten werden (vgl. nur BGH, ZIP 2008, 183). Eine solche Anfechtung ist hier nicht erfolgt.

2.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg. Das Landgericht hat insoweit der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger als Insolvenzverwalter steht ein Anspruch aus Auszahlung der 15.804,35 € zu.

a)

Die von der Beklagten mit ihrer Berufung erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zwar ist grundsätzlich ein Kläger gehalten, die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Anspruchs darzulegen. Fehlt es an einem schlüssigen Tatsachenvortrag, so besteht keine Erklärungslast für die Beklagte. Wurden nur die zur Begründung des behaupteten Rechts erforderlichen Tatsachen vorgetragen, aber nicht näher konkretisiert, so braucht der Gegner keine konkreten Einzelheiten vorzutragen, sondern kann sich auf ein einfaches Bestreiten beschränken.

Indes hat der Insolvenzverwalter, wie der Senat eingehend mit den Parteien erörtert hat, vorliegend die Voraussetzungen des mit der Klage verfolgten Zahlungsanspruchs in Höhe von 15.804,35 € in dem erforderlichen Maße dargetan. Der Kläger stützt sein Begehren auf den von der Beklagten mit Datum 15. September 2004 erstellten zusammenfassenden Kontoauszug. Dieser weist unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Belastungs- und Guthabenbuchungen ein entsprechendes Saldoguthaben zugunsten des Autohauses aus. Damit liegt ein weiterer Rechnungsabschluss vor, auf den sich der Insolvenzverwalter berufen kann. Zwar ist die ursprünglich zwischen der späteren Insolvenzschuldnerin und der Beklagten bestehende Abrede über die Abwicklung der laufenden Geschäftsbeziehungen auf der Grundlage einer Kontokorrentabrede mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen (vgl. nur Senat, ZInsO 2004, 683; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Auflage 2007, Rdnr. 2.55 m.w.N.); indes besteht die Möglichkeit, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nunmehr mit dem Insolvenzverwalter eine neue entsprechende Kontokorrentabrede zu treffen. Dies kann auch konkludent dadurch geschehen, dass das bisherige Firmenkonto entsprechend der bisherigen Praxis weiter geführt wird. Dies ist hier der Fall. Ausweislich des zu den Akten gereichten Kontoauszuges hat die Beklagte entsprechend der vormals getroffenen Absprache weiterhin die Ansprüche der Insolvenzschuldnerin aus Boni, Prämien und Ähnlichem einerseits sowie Ansprüche aus Warenlieferung, Werbungskostenzuschüssen und Ähnlichen andererseits kontokorrentmäßig verrechnet.

Selbst wenn man nicht von einer neuen konkludenten Vereinbarung ausgeht, so trifft die Beklagte aufgrund der vormals bestehenden Geschäftsbeziehungen die sekundäre Darlegungslast. Sie muss sich zumindest dazu erklären, warum sie einen Kontoauszug erstellt und dem Autohaus weiterhin Gutschriften etc. erteilt hat. Erst nach einem entsprechenden Sachvortrag der Beklagten obliegt dann dem Kläger die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der einzelnen Vertragsverhältnisse. Diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast ist die Beklagte auch mit der Berufung nicht nachgekommen.

b)

Auf die mit der G-Bank abgeschlossene Globalzession kann sich die Beklagten insoweit nicht berufen. Entsteht - wie hier - die im voraus abgetretene Forderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Gläubiger gemäß § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungsrecht mehr zu Lasten der Masse erwerben (BGHZ 135, 140 [145] zu § 15 KO; BGH, ZInsO 2006, 708 zu § 91 InsO). Nur wenn der Zessionar bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung insolvenzfest. Dies ist hier nicht der Fall.

c)

Die ausgeurteilten Zinsen werden von der Beklagten nicht mit der Berufung angegriffen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Hinsichtlich der Berufung des Klägers sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gegeben. Insoweit kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint geboten. Die maßgebliche Frage der Auswirkung der Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO auf im voraus abgetretene künftige Forderungen ist - soweit ersichtlich - in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. In der Literatur bestehen über diese Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen.

Im übrigen, nämlich hinsichtlich der Berufung der Beklagten, hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung, noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die insoweit maßgeblichen Fragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 87.272,32 €

hiervon entfallen auf die Berufung des Klägers: 71.467,97 €

und auf die Berufung der Beklagten: 15.804,35 €

Ende der Entscheidung

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