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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 2 U 118/03
Rechtsgebiete: GG, InsO, BGB, ZPO


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 130 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 2
InsO § 142
BGB § 387
BGB § 389
ZPO § 301
ZPO § 314
ZPO § 320
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN TEIL-BESCHLUSS

2 U 118/03

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel einstimmig

am 3. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten vom 22. Juli 2003 gegen das am 24. Juni 2003 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 11 O 151/01 - wird zurückgewiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 17.516.283,96 € verurteilt worden ist.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

Der Senat weist die Berufung durch einstimmigen (Teil)-Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurück, soweit das Landgericht die Beklagte in der Hauptsache zur Zahlung eines Betrages von 17.516.283,96 € verurteilt hat. Über den vom Landgericht zuerkannten Zinsanspruch kann dagegen erst nach mündlicher Verhandlung vor dem Senat entschieden werden.

1. Dass und warum die Berufung hinsichtlich der Verurteilung in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), ist durch den Senat im einzelnen in dem den Parteien bekannten Beschluss vom 14. Janaur 2004 dargelegt worden. Hiernach beruht die Entscheidung des Landgerichts weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO der Berufungsentscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Der Senat hält an den Ausführungen in dem Hinweisbeschluss auch nach erneuter Beratung und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Beklagten vom 25. Februar 2004 fest und nimmt hierauf sowie auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Urteil Bezug. Die Stellungnahme der Beklagten veranlasst keine abweichende Beurteilung.

a) Zugunsten der U AG (in folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen der Kläger durch Beschluss des Amtsgerichts Marburg/Lahn vom 1. Juni 2001 zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, ist aufgrund des am 10./15. Juli 1998 geschlossenen Fakturierungs- und Inkassovertrages ein Zahlungsanspruch in Höhe von 34.258.873,65 DM (= 17.516.283,96 €) entstanden und auch fällig, weil die in Ziffer 2.2 des Vertrages vorgesehene Voraussetzung (Fälligkeit 30 Tage nach Rechnungseingang) erfüllt ist. Die - unstreitige - Gesamtforderung setzt sich aus insgesamt 8 Teilforderungen zusammen:

Rechnung vom 28.02.2001 (Zugang: 12. März 2001): 6.483.492,30 DM Rechnung vom 21. März 2001 (Zugang: 23. März 2001): 7.692.519,88 DM Rechnung vom 2. April 2001 (Zugang: 05.04.2001): 10.743.559,15 DM (Soweit in dem angegriffenen Urteil als Rechnungsdatum der 30. März angeführt wird, handelt es sich um ein offensichtliches, wie sich aus derAnlage K 4 c zur Klageschrift ergibt). Rechnung vom 19.04.2001 (Zugang: 26.04.2001): 2.966.273,83 DM Rechnung vom 7.05.2001 (Zugang: 08.05.2001): 1.283.187,33 DM Rechnung vom 21. Mai 2001 (Zugang: 22. Mai 2001): 2.599.640,87 DM Rechnung vom 11.05.2001: 264.068,23 DM (Soweit in dem Klageerweiterungsschriftsatz des Klägers vom 21.06.2001 als Rechnungsdatum der "21.05.2001" aufgeführt ist, handelt es sich um ein offensichtliches Versehen - siehe Anlage K 8) Rechnung vom 7.06.2001 (Zugang: 11.06.2001): 2.226.132,06 DM Gesamtforderung: 34.258.873,65 DM

b) Dieser Anspruch der Schuldnerin ist nicht durch die von der Beklagten durch Schreiben vom 12. Juni und 7. September 2001 erklärte Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Zwar hat die Beklagte aus der zwischen den Parteien geschlossenen Zusammenschaltungsvereinbarung unstreitig Forderungen in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe. Die Aufrechnung ist jedoch insgesamt gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO unwirksam. Die Beklagte hat die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt.

aa) Für die Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist es nicht erforderlich, dass der Gläubiger die Aufrechnungslage selbst anfechtbar herbeigeführt hat. Vielmehr genügt jede anfechtbare Ausnutzung einer auf sonstige Weise entstandenen Aufrechnungslage (vgl. nur Eickmann in HK-InsO, 3. Aufl. 2003, § 96 Rdn. 10 m.w.N.). Es kommt deshalb entscheidend darauf an, ob eine vergleichbare Erfüllung im Zeitpunkt des Entstehens der Aufrechnungslage vor Verfahrenseröffnung nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 129 ff. InsO anfechtbar wäre (in diesem Sinne auch Blersch in Breutigam/Blersch/Goetsch, Insolvenzrecht, Stand 11. September 1998, § 96 Rdn. 11).

bb) Aus dem Vorstehenden folgt, dass eine Aufrechnung wegen anfechtbarer Ausnutzung einer Aufrechnungslage gemäß § 130 Abs. 1 InsO unzulässig ist, wenn die Aufrechnungslage in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, der Schuldner zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war und der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder die Aufrechnungslage nach dem Eröffnungsantrag entstanden ist und der Gläubiger zu diesem Zeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag kannte (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO).

Vorliegend ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Aufrechnungslage jedenfalls nicht vor Zugang der Rechnungen der Schuldnerin bei der Beklagten zustande gekommen ist, so dass der Rechnungszugang hier der entscheidende Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 InsO darstellt. Vor diesem Zeitpunkt standen die beiden unstreitigen Forderungen noch nicht im Sinne des § 389 BGB zur Aufrechnung geeignet gegenüber.

(1) Da es um die Aufrechungsmöglichkeit durch die Beklagte geht, kommt es gemäß § 387 BGB neben der Frage, ab wann sie die ihr gebührende Leistung von der Schuldnerin verlangen konnte, entscheidend darauf an, zu welchem Zeitpunkt sie die ihr obliegende Leistung bewirken konnte. Damit bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Hauptforderung, gegen die vorliegend die Beklagte aufrechnen möchte, lediglich erfüllbar sein muss, während es nicht erforderlich ist, dass die Hauptforderung - dies im Unterschied zu der zur Aufrechung gestellten Gegenforderung - vollwirksam und fällig ist (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 387 Rdn. 12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten in ihrem Stellungnahmeschriftsatz vom 25. Februar 2004 zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 17, 19 [29 f.]), der der Senat folgt. Hierin heißt es, es genüge für die Zulässigkeit der Aufrechung, dass der Schuldner zu ihrer Erfüllung berechtigt sei. Diese Berechtigung trete "in aller Regel" (Hervorhebung durch den Senat) schon dann ein, wenn die Forderung entstanden sei.

(2) Vorliegend waren die Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte aus dem Fakturierungs- und Inkassovertrag jedenfalls nicht vor Rechnungszugang erfüllbar. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus einer interessengerechten Auslegung des Vertrages. Die Parteien hatten hierin eine ausdifferenzierte Abwicklung der Abrechnung vereinbart. In einem dem Vertrag beigefügten "Handbuch der Arbeitsabläufe zum Fakturierungsvertrag" wurden die jeweiligen Arbeitsschritte im einzelnen festgelegt. Die Schuldnerin sollte zweimal im Monat die von ihr gelieferten Kommunikationsfälle gegenüber der Beklagten fakturieren. Vor diesem Hintergrund hätten Zahlungen der Beklagten an die Schuldnerin vor Rechnungsstellung zu Schwierigkeiten im Rahmen der Abrechnung führen und das im einzelnen ausdifferenzierte Abrechnungssystem zwischen den Parteien durcheinanderbringen können. Hiernach war die jeweilige Forderung gegenüber der Beklagten durch diese zwar bereits vor Fälligkeit der Forderung, d.h. bereits vor Ablauf der 30-Tage-Frist nach Rechnungszugang erfüllbar, da bereits durch die Rechnungsstellung als solche auch bei der Schuldnerin die Grundlagen für die Abrechnung gelegt waren. Vor der Rechnungsstellung sollte eine Erfüllung jedoch nicht möglich sein. Hiernach sprechen die Besonderheiten der vorliegenden Vertragsgestaltung dafür, Erfüllbarkeit der Hauptforderung erst mit Zugang der jeweiligen Rechnung anzunehmen. Vor diesem Zeitpunkt fehlte es an einer Aufrechnungslage.

(3) Dem Senat erschließt sich nicht, warum er sich mit der - nicht verallgemeinerungsfähigen - Bestimmung des aus den Besonderheiten der vorliegenden Vertragsgestaltung abgeleiteten Zeitpunktes der Erfüllbarkeit der Hauptforderung in Widerspruch zu der Vorschrift des § 95 InsO und der von der Beklagten in ihrem Stellungnahmeschriftsatz zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzen soll. Dass die von der Beklagten in der Berufungsbegründung zitierte Entscheidung des Reichsgerichts RGZ 158, 207 [209]) einen anderen Sachverhalt betraf, ist bereits in dem Hinweisbeschluss des Senats dargelegt worden.

cc) Soweit deshalb Rechnungen in Rede stehen, die der Beklagten erst nach dem 2. April 2001 zugegangen sind, ist auch die Aufrechnungslage erst nach dem an diesem Tag gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustande gekommen. Die Anfechtbarkeit richtet sich insoweit gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wie das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat. Dies betrifft die oben aufgeführten Rechnungen der Schuldnerin vom 02.04.2001, 19.04.2001, 07.05.2001, 11.05.2001, 21.05.2001 sowie vom 07.06.2001. Insgesamt beläuft sich die Forderungssumme auf einen Betrag in Höhe von 10.268.204,02 €. Die Anfechtungsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind erfüllt. Nach den - insoweit von der Beklagten nicht angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte unstreitig noch am 2. April 2001 von der Stellung des Eröffnungsantrages Kenntnis erlangt. Die Aufrechnung stellt deshalb eine nach dieser Vorschrift anfechtbare Ausnutzung der entstandenen Aufrechnungslage dar und ist gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten gibt es vorliegend keine Gründe, die der Anfechtbarkeit entgegenstehen.

(1) Die Anfechtbarkeit ist zunächst nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Schuldnerin mit Zustimmung des Klägers in seiner damaligen Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erlangt hat, durch die die Beklagte zur Wiederfreischaltung der Leitungen verpflichtet wurde. Zutreffend ist insoweit lediglich, dass die Schuldnerin aufgrund dieser Freischaltung in faktischer Hinsicht die Möglichkeit erhielt, Verbindungen für ihre Kunden herzustellen und entsprechende Forderungen gegen die Kunden zu erwerben, die die Beklagte lediglich zu fakturieren hatte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Forderungen, die der Kläger in dem vorliegenden Prozess geltend macht, der Beklagten gleichsam "aufgedrängt" wurden, wie die Beklagte in der Berufungsbegründung ausführt. Die Beklagte misst der Zustimmung des Klägers zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren der Schuldnerin eine Bedeutung bei, die ihr nicht zukommt. Wie der Senat in dem den Parteien bekannten Urteil vom 17. Dezember 2003 in dem Verfahren 2 U 87/03 im einzelnen ausgeführt hat, konnte die Beklagte nicht darauf vertrauen, die aufgrund der einstweiligen Verfügung erhaltenen Vorauszahlungen behalten und mit ihren Forderungen aus der Zusammenschaltungsvereinbarung verrechnen zu dürfen. Die Zustimmung des Klägers bezog sich alleine darauf, dass die Beklagte die in dem Zusammenschaltungsvertrag vorgesehene Vergütung (nur) insoweit erhalten sollte, als nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch eine Freischaltung der Leitungen zugunsten der Schuldnerin vorgenommen wurde. Ebenso wie die Beklagte sich nicht darauf verlassen konnte, die nicht verbrauchten Vorauszahlungen mit ihren aus der Zusammenschaltungsvereinbarung begründeten Altforderungen verrechnen zu können, gibt es auch keine Grundlage dafür, mit diesen Ansprüche die Aufrechnung gegen die Klageforderung zu erklären. Soweit sich die Beklagte deshalb auch in dem vorliegenden Verfahren insbesondere auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in ZIP 2003, 810 ff. beruft, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Wie bereits in dem angeführten Urteil in der Sache 2 U 87/03 ausgeführt, missversteht die Beklagte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wenn sie ihr entnimmt, eine mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommene Rechtshandlung des Schuldners sei lediglich bzw. ausnahmsweise dann anfechtbar, wenn der Insolvenzverwalter durch den Gläubiger erpresst worden sei. An einer derartigen Erpressung fehle es vorliegend, vielmehr seien dem Beklagten die nach dem 2. April 2001 entstandenen Verbindlichkeiten aufgenötigt worden. Eine derartige Aussage lässt sich der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch nicht entnehmen. Der Bundesgerichtshof hat die Möglichkeit, dass kein schutzwürdiges Vertrauen gebildet wurde, nicht auf den Fall der Erpressung beschränkt. Vielmehr heißt es in der genannten Entscheidung lediglich, dass eine Erfüllungshandlung des Schuldners möglicherweise deswegen nicht gemäß § 130 InsO anfechtbar sei, weil der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter ihr zugestimmt habe (vgl. BGH, ZIP 2003, 810 [811]). Stimme der vorläufige Insolvenzverwalter einer Verfügung des Schuldners zu, dürfe der Geschäftspartner möglicherweise darauf vertrauen, dass eine bloß mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht zur Anfechtbarkeit führe. Vorliegend konnte die Beklagte jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht darauf vertrauen, ihre ansonsten lediglich als einfache Insolvenzforderungen zu begleichenden Ansprüche mit Hilfe der Aufrechnung befriedigen zu können.

In ihrem Stellungnahmeschriftsatz vom 25. Februar 2004 verweist die Beklagte ergänzend darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Fortführung des Betriebs eines insolventen Unternehmens nicht zu Lasten einens einzelnen Gläubigers erfolgen dürfe. Gerade das sei vorliegend der Fall, weil sie - die Beklagte - von der Schuldnerin aufgrund der einstweiligen Verfügung in eine Schuldnerstellung gemäß § 15 Abs. 4 TKV gedrängt worden sei. Es könne nicht angehen, dass die Insolvenzmasse auf dem Rücken eines Gläubigers einseitig zu dessen Lasten gemehrt werde. Eine Verkürzung der zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestehenden Masse erfolge demgegenüber nicht. Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht: Die Beklagte hat für die aufgrund der einstweiligen Verfügung erfolgte Wiederfreischaltung der Leitungen die Vergütung erhalten, die ihr für die von ihr in dem Freischaltungszeitraum erbrachten Leistungen vertraglich zustand. Mit dem Entgelt wurden auch die Fakturierungsleistungen der Beklagten abgegolten, die die Beklagte im Zusammenhang mit der Einziehung der Forderungen der Schuldnerin gegen ihre Endkunden erbrachte. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann deshalb nicht die Rede davon sein, dass die Insolvenzmasse einseitig zu Lasten der Beklagten vermehrt würde, wenn man ihr die Aufrechungsmöglichkeit verweigern würde. Es würde vielmehr - im Gegenteil - eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung der Beklagten gegenüber den übrigen Insolvenzgläubigern darstellen, wenn sie mir ihrer Insolvenzforderung trotz der oben dargelegten beschränkten Tragweite der einstweiligen Verfügung und Bestehen der Anfechtungsvoraussetzungen die Aufrechung mit ihrer Insolvenzforderung erklären könnte.

(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den §§ 55, 103 InsO. Unmittelbar sind diese Vorschriften ohnehin nicht anwendbar. Auch der Rechtsgedanke der genannten Vorschriften steht der hier bejahten anfechtbaren Ausnutzung der Aufrechungslage durch die Beklagte nicht entgegen. Der Kläger hat die Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte nicht "selbst geschaffen", wie die Beklagte in der Berufungsbegründung ausführt. Durch die Zustimmung des Klägers zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde die Schuldnerin lediglich faktisch in die Lage versetzt, Forderungen gegen ihre Kunden zu erwerben. Auch aus § 15 Abs. 4 TKV - die Vorschrift verpflichtet die Beklagte zum Inkasso - lässt sich nicht entnehmen, dass die Aufrechnung der Beklagten mit Altforderungen auch bei Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen uneingeschränkt zulässig sein soll. Es kommt deshalb auf die - im Verhältnis zum erstinstanzlichen Rechtszug neuen - Ausführungen der Beklagten zu den rechtlichen Befugnissen des Klägers im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht an. Der Senat hat aber trotz der Ausführungen der Beklagten in dem Stellungnahmeschriftsatz vom 25. Februar 2004 aus den im Hinweisbeschluss ausgeführten Gründen Bedenken, ob die Beklagte mit diesem neuen Vortrag im Berufungsverfahren überhaupt zuzulassen ist. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen.

(3) Schließlich steht der Anfechtbarkeit auch nicht § 142 InsO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Durch die Formulierung "für die" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistung mit der Gegenleistung durch Parteivereinbarung verknüpft sein muss (vgl. BGHZ 123, 320 [328]; HK/Kreft, InsO, 3. Aufl. 2003, § 142 Rdn. 4; Kirchhof in MünchKomm. zur InsO, 2002, 142 Rdn. 5). Eine solche Verknüpfung hat das Landgericht vorliegend zutreffend verneint. Die Beklagte setzt als Gegenleistung für ihre Leistung nicht das aus der Zusammenschaltungsvereinbarung von der Schuldnerin geschuldete Entgelt ein, sondern will die Erfüllung ihrer Entgeltforderung durch Aufrechnung gegen eine andere gegen sie gerichtete Forderung der Schuldnerin bewirken. Dies genügt für § 142 InsO nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 15 Abs. 4 TKV.

dd) Soweit die Rechnungen der Schuldnerin vom 28. Februar 2001 (6.483.492,30 DM), zugegangen am 12. März 2001, sowie vom 21. März 2001 (7.692.519,88 DM) in Höhe eines Betrages von zusammen 14.176.012,18 DM = 7.248.079,94 € in Rede stehen, ist der Zugang vor dem 2. April 2001 (Stellung des Insolvenzeröffnungsantrages) erfolgt, so dass auch die Aufrechnungslage vor diesem Zeitpunkt entstanden ist und deshalb eine Anfechtbarkeit gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ausscheidet. Hinsichtlich dieser Forderungen steht der Aufrechnung der Beklagten jedoch die Vorschrift des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO entgegen. Auch hiervon ist das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgegangen. Die mit der Berufung geltend gemachten und in dem Stellungnahmeschriftsatz vom 25. Februar 2004 rechtlich vertieften Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.

(1) Da es entsprechend den obigen Ausführungen für das Entstehen der Aufrechnungslage auf den Zugang der Rechnungen bei der Beklagten ankommt, ist die Vorschrift des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO zunächst in zeitlicher Hinsicht erfüllt. Die beiden genannten Rechnungen vom 28. Februar und 21. März 2001 sind der Beklagten nach dem 2. Januar 2001 und daher innerhalb des maßgeblichen 3-Monats-Zeitraums zugegangen.

(2) Die Schuldnerin war im Zeitpunkt des Zuganges der beiden Rechnungen (12. März 2001 sowie 23. März 2001) auch zahlungsunfähig. Ausweislich der Ausführungen auf S. 10 des angegriffenen Urteils war die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im hier fraglichen Zeitpunkt vor dem Landgericht unstreitig. Dieser Feststellung des Landgerichts kommt Tatbestandswirkung im Sinne des § 314 ZPO zu, obwohl sich die Ausführungen in den Entscheidungsgründen finden. Es ist anerkannt, dass zum Tatbestand im Sinne des § 314 ZPO auch die in den Urteilsgründen getroffenen tatsächlichen Feststellungen gehören (vgl. BGH NJW 1997, 1931; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 314 Rdn. 1 mit umfassenden Nachweisen). Allerdings schiede eine Tatbestandwirkung aus, wenn die Festellungen in einem unlösbaren Widerspruch zu den Feststellungen im Tatbestand des angegriffenen Urteils stünden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW-RR 1994, 1340 [1341]), der der Senat folgt und auf die sich die Beklagte zur Begründung der von ihr verneinten Tatbestandswirkung stützt. Der von der Beklagten ins Feld geführte unlösbare Widerspruch besteht jedoch tatsächlich nicht, weil sich aus dem Tatbestand nicht, jedenfalls nicht eindeutig ergibt, dass die Zahlungsunfähigkeit zwischen den Parteien streitig gewesen ist. Die Beklagte verweist auf Seite 4 des Urteilstatbestandes. Hier wird der klägerische Vortrag unter anderem wörtlich wie folgt wiedergegeben:

"Für die Rechnungen, die nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen seien, ergebe sich die Anfechtbarkeit der Schaffung der Aufrechnungslage aus § 130 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung, da die Beklagte den Eröffnungsantrag seit dem 02.04.2001 gekannt habe. Gegenüber den Rechnungen, die vor Stellung des Antrags zugegangen seien, könne die Beklagte gem. § 130 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung nicht aufrechnen, da die Schuldnerin zu dieser Zeit zahlungsunfähig war und die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit, jedenfalls aber Umstände, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, gekannt habe."

Hierbei fällt auf, dass das Landgericht in der zitierten Urteilspassage zunächst die Rechtsauffassung des Klägers im Konjuktiv in indirekter Rede wiedergibt und dann erläutert, auf welche tatsächliche Grundlage der Kläger seine Rechtsauffassung stützt. Durch die Formulierung "gekannt habe" im ersten und im zweiten Satz kommt insoweit eindeutig zum Ausdruck, dass es sich bei der von dem Kläger behaupteten Kenntnis der Beklagten von näher bestimmten Umständen um von der Beklagten bestrittene Tatsachen handelt. Demgegenüber wird hinsichtlich der Frage der Zahlungsunfähigkeit gerade nicht der Konjuktiv ("zahlungsunfähig gewesen sei"), sondern der Indikativ verwandt ("da die Schuldnerin zu dieser Zeit zahlungsunfähig war" - Hervorhebung durch den Senat). Der Indikativ steht jedoch üblicherweise für eine unstreitige Tatsache, auf die eine Rechtsansicht einer Partei ebenso wie auf eine streitige Tatsache gestützt werden kann. Es ist auch keinesfalls unüblich, dass eine auf eine unstreitige Tatsache gestützte Rechtsansicht einer Partei im Tatbestand innerhalb des Parteivorbingens neben einer auf eine streitige Tatsache gestützte Rechtsansicht wiedergegeben wird. Es bedarf aber letztlich keiner Entscheidung, ob sich deshalb bereits aus dem Tatbestand ergibt, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erstinstanzlich zwischen den Parteien unstreitig gewesen ist. Selbst wenn aufgrund der von dem Landgericht im Tatbestand verwendeten Formulierung Zweifel verblieben, ob die Zahlungsunfähigkeit von der Beklagten bestritten wurde oder nicht, werden diese möglichen Zweifel durch die eindeutigen Feststellungen in den Entscheidungsgründen ausgeräumt, so dass jedenfalls nicht von einem unlösbaren Widerspruch im Sinne der oben genannten Rechtsprechung ausgegangen werden kann. So heißt es zum einen auf Seite 10 des angegriffenen Urteils wörtlich wie folgt:

"Dass die Schuldnerin zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten (Zugang der Rechnungen der Firma U bei der Beklagten am 12. und 23.03.2001) zahlungsunfähig war, ist nicht bestritten." (Hervorhebung durch den Senat)

Auf Seite 9 des Urteils heißt es u.a.

"...da die Beklagte die unbestritten zur Zeit der Entstehung der Aufrechnungslage bestehende Zahlungsunfähigkeit der Firma U gekannt hat." (Hervorhebung durch den Senat)

Durch diese doppelte Feststellung in den Entscheidungsgründen hat das Landgericht eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin um eine im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unstreitige Tatsache handelte. Hieran ändert auch der Hinweis der Beklagten nichts, dass sich aus ihrem erstinstanzlichen Schriftsätzen sowie der vorgerichtlichen Korrespondenz eindeutig ihr Bestreiten der angeblichen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergebe. Es ist rechtlich unerheblich und kann vom Senat offengelassen werden, ob sich den von der Beklagten genannten Quellen ihr Bestreiten überhaupt entnehmen lässt. Wenn und soweit eine Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 ZPO - wie hier - fehlt, beweist der Tatbestand auch, dass in einem bestimmten Punkte in der mündlichen Verhandlung anders vorgetragen wurde als in früheren Schriftsätzen (BGH NJW 1996, 3343 [3344]). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob dies auch für den Fall gilt, dass ein Gericht pauschal auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze Bezug nimmt. Vorliegend hat das Landgericht nämlich lediglich ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien und die zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen (S. 6 des Urteils). Hieraus ergibt sich eindeutig, dass die Verweisung nur bezüglich des nicht ausdrücklich festgestellten Sachverhalts gilt (so auch BGH NJW 1996, 3343 [3344] für die mit der hier verwendeten Formulierung inhaltlich identische Verweisung auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze "wegen der weiteren Einzelheiten"). Rechtlich unerheblich ist schließlich der Vortrag der Beklagten, das Landgericht habe selbst auf das vorprozessuale Schreiben vom 12. Juni 2001 "abgestellt", in dem die angebliche Zahlungsunfähigkeit ebenfalls bestritten worden sei. Richtig ist lediglich, dass das Landgericht auf S. 2 des Urteils festgestellt hat, dass die Beklagte mit ihren Gegenforderungen "mit Schreiben vom 12.06. und 07.09.2001 die Aufrechung erklärt" habe. Hieraus ergibt sich als solches keinerlei Anhaltspunkt dafür, ob die Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt bestritten hat. Dass dies nicht der Fall war, hat das Landgericht gerade auf den Seiten 9 und 10 des Urteils ausdrücklich festgestellt.

Soweit die Beklagte deshalb die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin in dem hier maßgeblichen Zeitraum in der Berufungsbegründung bestreitet, handelt es sich um neuen Vortrag im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO (vgl. zur Relevanz des Tatbestandes für die Qualifizierung als neues Vorbringen nur Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl. 2003, § 531 Rdn. 13; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 529 Rdn. 6). Ob dieser zuzulassen ist, hängt - anders als nach dem alten Recht - nicht mehr davon ab, ob die Zulassung neuen Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits in zweiter Instanz verzögern würde. § 531 Abs. 2 ZPO schließt neue Angriffs- und Verteidigungsmittel für den Berfungsrechtszug vielmehr generell aus, soweit nicht einer der Zulassungsgründe des Abs. 2 Nr. 1 bis 3 gegeben ist. Die Bestimmung trägt damit der geänderten Funktion der Berufung als Instrument der Fehlerkontrolle und der Fehlerbeseitigung und der daraus folgenden grundsätzlichen Bindung des Berufungsgerichts an die Tatsachenfestellung der ersten Instanz Rechnung (vgl. Ball, a.a.O., § 531 Rdn. 16). Vorliegend werden aber von der Beklagten die Voraussetzungen für eine Zulassung ihres neuen Vortrags nicht dargelegt. Insbesondere scheidet der Zulassungsgrund des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO aus, wonach neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen sind, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Die Beklagte beruft sich gerade darauf, bereits erstinstanzlich entsprechend vorgetragen zu haben. Dies setzt denknotwendig auch die ihr erkennbare Möglichkeit eines entsprechenden Vortrages in der ersten Instanz voraus. Mit ihrem Einwand kann sie jedoch wegen der Tatbestandswirkung des § 314 ZPO im Berufungsverfahren nicht mehr gehört werden.

(3) Die Beklagte hatte auch die erforderliche Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im März 2001.

(aa) Gemäß § 130 Abs. 2 InsO steht der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine - unwiderlegliche - Rechtsvermutung. Wenn der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt, vermag er sich nicht mit Erfolg darauf zu berufen, dass er den an sich zwingenden Schluss von den Tatsachen auf die Rechtsfolge selbst nicht gezogen hat (vgl. BGHZ 149, 185; BGH ZIP 2003, 412; HK/Kreft a. a. O., § 130 Rdn. 26 m. w. N.). Dies entspricht auch der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (NZI 2003, 439 [440]), von der der Senat deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten nicht abweicht. Inhaltlich ist die Kenntnis von Umständen im Sinne des § 130 Abs. 2 InsO zu bejahen, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen konnte, der Schuldner sei zahlungsunfähig. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist vom Standpunkt des redlichen Verkehrs aus, nach den normativen Maßstab redlich Denkender zu beurteilen (vgl. BGHZ 133, 250 f.; HK/Kreft, a. a. O.; siehe auch OLG Frankfurt, ZIP 2003, 1055 f.). Diese Grundsätze hat auch das Landgericht der angegriffenen Entscheidung zugrundegelegt und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise sie subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen bejaht.

(bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts auf S. 11 des angegriffenen Urteils sind "seit Oktober 2000 bis Ende März 2001 die Verbindlichkeiten der Schuldnerin unbestritten kontinuierlich von etwa 20 Mio. DM auf gut 70 Mio. DM gestiegen". Von dieser Festellung, die sich der Sache nach auch bereits auf Seite 10 des des Urteils befindet ("Aufgrund des ebenfalls unstreitigen Sachverhalts betreffend das Zahlungsverhalten und den Anstieg der Verbindlichkeiten der Schuldnerin seit Oktober 2000"), hat der Senat bei der rechtlichen Würdigung aufgrund der Tatbestandswirkung des § 314 ZPO im Berufungsverfahren auszugehen. Soweit die Beklagte diesen Sachverhalt in der Berufungsbegründung bestreitet, handelt es sich deshalb um neuen Vortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO, ohne dass die Voraussetzungen für die Zulassung des neuen Vorbringens dargelegt würden. Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 25. Februar 2004 gebieten keine abweichende Berurteilung.

(11) Den von der Beklagten gestellten Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes hat die Kammer abgelehnt. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 14. November 2003 (2 W 107/03) im wesentlichen zurückgewiesen und lediglich die von dem Landgericht bei der Aufführung der fälligen Verbindungsentgelte versehentlich angeführte Währungseinheit "Euro" durch DM ersetzt. Hiernach steht gemäß § 314 ZPO fest, dass die Beklagte im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die Forderungsentwicklung nicht bestritten hat. Der Annahme der Tatbestandwirkung steht die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW-RR 1996, 379) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung soll die Berücksichtigung eines Aufrechnungseinwandes nicht deshalb ausgeschlossen sein, weil sich weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Hervorhebung durch den Senat) ein Hinweis auf die Aufrechnung befunden und das Berufungsurteil auch keine Bezugnahme auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien enthalten hat. Vorliegend findet sich aber - gerade umgekehrt - in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die ausdrückliche Feststellung, dass der Anstieg der Verbindlichkeiten unbestritten ist. Die Bezugnahme auf die Schriftsätze der Parteien im Tatbestand ist lediglich ergänzend erfolgt. Diese Verweisung bezieht sich deshalb nicht auf den ausdrücklich festgestellten Sachverhalt (vgl. auch BGH NJW 1996, 3343 [3344]). Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist mit der von dem Senat vertretenen Rechtsauffassung hinsichtlich der Tatbestandwirkung nicht verbunden.

(22) Es bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, sie mit ihrem - aufgrund der Tatbestandswirkung gemäß § 314 ZPO als neu zu qualifizierenden - Vortrag im Berufungsrechtszug auszuschließen, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. allgemein zu der Bedeutung des Tatbestandes für die Bindung des Berufungsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des angegegriffenen Urteils Ball, a.a.O., § 529 Rdn. 6).

Zunächst leidet die Argumentation der Beklagten zur angeblichen Verletzung ihres verfassungsrechtlich gemäß Art. 103 Abs. 2 GG garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehörs darunter, dass sie in ihren Ausführungen unterstellt, das Landgericht habe ihren Vortrag fälschlich als unstreitig ausgewiesen. Dass die Beklagte in ihren Schriftsätzen die von dem Kläger behauptete Forderungsentwicklung bestritten hat - so ihr Vortrag -, ist nicht gleichbedeutend damit, dass dies auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht der Fall gewesen ist. Nach dem Tatbestand des angegriffenen Urteils, der gemäß § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert, war dies gerade nicht der Fall. Zudem geht die Beklagte in ihren Überlegungen zu Unrecht davon aus, dass eine Korrektur des Tatbestandes nur aufgrund eines Umstandes aus der Sphäre des Landgerichts unterblieben sei, weil es sich um ein Urteil der Kammer für Handelssachen handele und die Vorsitzende Richterin nach der Urteilsverkündung aus Altersgründen ausgeschieden sei. Ob dem Tatbestandsberichtigungsantrag stattgegeben worden wäre, wenn die Vorsitzende noch im Dienst gewesen wäre, steht gerade nicht fest. Hierbei handelt es sich um eine hypothetische Überlegung der Beklagten; in gleicher Weise plausibel ist auch die Möglichkeit, dass die Kammer den Tatbestandsberichtigungsantrag auch bei der Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin in dem hier relevanten Punkt zurückgewiesen hätte. Von daher beruht die Argumentation der Beklagten auf einem Zirkelschluss: Sie begründet die vermeintliche Gehörsverletzung mit dem Vorbringen, der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sei falsch und damit mit einem Sachverhalt, von dem wegen der Bindungswirkung des § 314 ZPO nach der Zurückweisung des Antrages auf Tatbestandsberichtigung im weiteren Verfahren gerade nicht ausgegagen werden kann. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 25. Februar 2004 aufgeworfene Frage, ob ein im Tatbestand des angefochtenen Urteils "fälschlich" als unstreitig ausgewiesener Vortrag der Entscheidung zugrund zu legen ist, stellt sich bei dieser Sachlage überhaupt nicht.

Verfassungsrechtlich kann sich allenfalls die Frage stellen, ob in einem wie hier zur Entscheidung stehenden Fall ein dem Tatbestand des angegriffenen Urteils entgegenstehender und damit als neu zu qualifizierender Vortrag im Berufungsverfahren zugelassen werden muss, obwohl die Zulassungsvoraussetzungen der §§ 529 ff. ZPO nicht vorliegen. Bejahendenfalls würde sich die weitere Frage anschließen, ob dies die Verfassungswidrigkeit der angeführten Normen mit einer entsprechenden Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) zur Folge hat oder aber eine verfassungskonforme Auslegung möglich ist. Nach Auffassung des Senats ist jedoch vorliegend die Bindung des Berufungsgerichts an den Tatbestand des angegriffenen Urteils verfassungsrechtlich eindeutig unbedenklich; grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstößt es gegen das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsieht, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. BVerfG - Plenum -, ZIP 2003, 1102 ff.). Hierbei genügt aber die Möglichkeit, eine behauptete Rechtsverletzung bei einem gerichtlichen Verfahrenshandeln einer einmaligen (Hervorhebung durch den Senat) gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Begeht das Rechtsbehelfsgericht einen Fehler im Zuge der Überprüfung, ob Art. 103 Abs. 1 GG bei der vorangegangenen gerichtlichen Verfahrensdurchführung beachtet worden ist, führt dies nicht zur erneuten Eröffnung des Rechtsweges. Auch hier gilt, dass ein Risiko fehlerhafter Überprüfung hinzunehmen ist. Das gebotene Mindestmaß an Rechtsschutz ist jedenfalls gewährt. Nunmehr darf das Gebot der Rechtssicherheit Vorrang haben, das ebenso wie der Justizgewährungsanpruch seine Grundlage im Rechtsstaatsprinzip hat (BVerfG - Plenum - ZIP 2003, 1102 [1107]). Bei der Ausgestaltung des Rechtsbehelfssystems hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum; insbesondere ist der Gesetzgeber nicht gehalten, die Anrufung einer weiteren Instanz vorzusehen, vielmehr kommt auch ein Rechtsbehelf an das Gericht in Betracht, dessen Verfahrenshandlung als fehlerhaft gerügt wird - iudex a quo - (siehe BVerfG - Plenum - - ZIP 2003, 1102 [1107]).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit ihrem neuen Vorbringen hinsichtlich der Forderungsentwicklung im Berufungsverfahren ausgeschlossen ist. Die Beklagte hatte die Möglichkeit, ihren Einwand, in dem angegriffenen Urteil sei entgegen ihrem Vorbringen - und damit unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör - ein bestimmter Umstand als unstreitig angesehen worden, in dem gesetzlich vorgesehenen Tatbestandsberichtigungsverfahren gemäß § 320 ZPO geltend zu machen. Diesen Weg ist die Beklagte auch gegangen. Allerdings ist ihr Antrag von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Nach der ausdrücklichen Anordnung in § 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO findet eine Anfechtung des Beschlusses, durch den über einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung entschieden worden ist, nicht statt. Wie der Senat in dem Beschluss vom 14. November 2004 (2 W 107/03) im einzelnen dargelegt hat und worauf Bezug genommen wird, kommt eine Ausnahme von der Unanfechtbarkeit vorliegend nicht in Betracht. Dem Landgericht ist weder ein Verfahrensfehler unterlaufen, noch hat das Landgericht aus prozessualen Gründen eine sachliche Entscheidung über den Antrag abgelehnt. Die beteiligten Handelsrichter haben sich nicht in der Lage gesehen festzustellen, dass der Tatbestand des angefochtenen Urteils und die tatbestandlichen Feststellungen seiner Entscheidungsgründe in den von der Beklagten beanstandeten Punkten unrichtig ist und damit der Sache nach den Berichtigungsantrag abgelehnt. Indem die Beklagte nunmehr im Berufungsrechtszug über die in den §§ 529 ff. ZPO normierten Grenzen hinaus ihr Vorbringen zu dem vermeintlich fehlerhaften Tatbestand des angegriffenen Urteils berücksichtigt wissen möchte, läuft dies auf eine Überprüfung der Entscheidung des Rechtsbehelfsgerichts - hier des Landgerichts als iudex a quo - über die behauptete Gehörsverletzung hinaus, die verfassungsrechtlich nicht geboten ist und die der Gesetzgeber auch nicht vorgesehen hat.

Der Senat lässt es ausdrücklich offen, wie der Fall verfassungsrechtlich zu beurteilen wäre, wenn für die Beklagte vorliegend die Möglichkeit eines Tatbestandsberichtigungsverfahrens gemäß § 320 ZPO überhaupt nicht eröffnet gewesen wäre. Diese Frage erhebt sich nur dann, wenn sämtliche Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, verhindert sind, wie dies beispielsweise bei Urteilen des Einzelrichters vorkommen kann, der allein für die Tatbestandsberichtigung zuständig ist. (Nur) für diese Fallkonstellationen gibt es in Rechtsprechung (vgl. BAG NJW 1970, 1624) und Literatur (Musielak in MünchKomm zur ZPO, 2. Aufl. 2000, § 314 Rdn. 8; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl. 1998, Rdn. 13) Überlegungen, dass das Rechtsmittelgericht bei seiner Entscheidung den von ihm selbst zu berichtigenden Tatbestand zugrundezulegen habe (siehe auch den Vorschlag von Crückeberg, MDR 2003, 199 [200], die Beweiskraft des erstinstanzlichen Tatbestandes auf die Fälle zu beschränken, in denen ein Berichtigungsverfahren überhaupt betrieben werden kann). Auf diese Frage kommt es vorliegend nicht an, weil nur die Vorsitzende Richterin verhindert war, über den Tatbestandsberichtigungsantrag zu entscheiden, während die beiden übrigen Richter, die an dem Urteil im Sinne des § 320 Abs. 4 Satz 2 ZPO mitgewirkt haben, nicht verhindert gewesen sind und dementsprechend auch über den Tatbestandsberichtigungsantrag der Sache nach entschieden haben - wenn auch mit einem von der Beklagten unerwünschten Ergebnis.

(cc) Hiernach ist bei der weiteren rechtlichen Prüfung der Anfechtungsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass seit Oktober 2000 bis Ende März 2001 die Verbindlichkeiten der Schuldnerin kontinuierlich von etwa 20 Mio. DM auf gut 70 Mio DM angestiegen sind. Nach den Feststellungen des Landgerichts steht ebenso fest, dass vor Oktober 2000 die Schuldnerin zwar verzögerlich, aber doch immer im wesentlich vollständig die Rechnungen beglichen hat. Insoweit lässt sich das Zahlungsverhalten der Schuldnerin bis Oktober 2000 noch mit einer bloßen Zahlungsunwilligkeit erklären, ohne dass bereits eine Zahlungsunfähigkeit eingetreten war. Demgegenüber wies das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ab Oktober 2000 eine völlig andere Qualität auf. Diese signifikante Veränderung im Zahlungsverhalten der Schuldnerin ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts auch der Beklagten bekannt gewesen. Da nach der Aussage des Zeugen B für jeden Carrier und damit auch für die Schuldnerin gesondert Buch geführt worden ist, konnte das Landgericht seiner Entscheidung eine entsprechende Kenntnis der Beklagten von dem ständig wachsenden Rückstand der Schuldnerin seit Oktober 2000 zugrundelegen. Dass das Landgericht die dem entgegenstehende Bekundung des Zeugen B, der Rückstand sei nicht erkennbar gewesen, keinen Glauben geschenkt hat, begründet keine ernstlichen Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat schließlich auch ohne Rechtsfehler festgestellt, dass es an konkreten Anhaltspunkten dafür fehlte, dass die Schuldnerin in Zukunft in der Lage sein werde, ihre Verbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen. Insbesondere folgt dies nach der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Landgerichts, auf die Bezug genommen wird, nicht aus etwaigen Zusagen der Firma X. Auch der Umstand, dass es sich bei der Schuldnerin um ein börsennotiertes Unternehmen handelte und angeblich wegen der sog. IC+25 %-Regel über eine Gewinngarantie von 25% verfügte, steht der Annahme ihrer Zahlungsunfähigkeit nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Zahlung der Schuldnerin in Höhe von rund 23 Mio. DM am 30. März 2001. Insoweit weist der Kläger zutreffend auf den Umstand hin, dass die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2001 die Schuldnerin aufgefordert hatte, bis zum 30. März 2001 die Hälfte der fälligen Verbindlichkeiten und mithin mindestens 35 Mio. DM zu zahlen. Anderenfalls musste die Schuldnerin mit der Sperrung der Interconnect-Anschlüsse rechnen. Wenn die Schuldnerin vor diesem Hintergrund gleichwohl einen Betrag in Höhe von "lediglich" 23 Mio. DM zahlte, obwohl 35 Mio. DM gefordert wurde, musste dies für die Beklagte ein weiterer Beleg für das Unvermögen der Schuldnerin zu einer weitergehenden Leistung sein.

(dd) Aufgrund der Kenntnis der Beklagten von dem objektiv feststehenden Zahlungsverhalten der Schuldnerin konnte die Beklagte auch auf Äußerungen von Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin, wonach Zahlungsfähigkeit gegeben sei, nicht vertrauen. Insoweit vermag auch das Argument der Beklagten, es könnte nicht angehen, ihr eine größere Kenntnis als den Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin selbst zuzurechnen, die nicht wegen Zahlungsunfähigkeit, sondern nur wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag gestellt hätten, nicht zu überzeugen. Zunächst ist nicht auszuschließen, dass die Vorstandsmitglieder die finanzielle Situation ihres Unternehmens besser dargestellt haben, als sie tatsächlich war. Hierauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Selbst wenn die Vorstandsmitglieder keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit ihres Unternehmens gehabt haben sollten, besagt dies als solches nichts über den Kenntnisstand der Beklagten im Sinne des § 130 Abs. 2 InsO von objektiven Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Es gibt keinen allgemein gültigen Grundsatz des Inhalts, wonach die Kenntnis eines Gläubigers, dass ein Schuldner zu einem bestimmten Zeitpunkt zahlungsunfähig ist, stets verneint werden muss, wenn die Organe des Schuldners in dem fraglichen Zeitpunkt subjektiv davon überzeugt sind, noch zahlungsfähig zu sein. Es kommt vielmehr auf die jeweilige Kenntnis des Gläubigers in dem zur Entscheidung stehenden Einzelfall an. Vorliegend ist aber der Senat mit dem Landgericht aufgrund der konkreten Umstände davon überzeugt, dass den maßgeblichen Mitarbeitern der Beklagten - ungeachtet des Kenntnisstandes der Organe der Schuldnerin - entsprechende Umstände im Sinne des § 130 Abs. 2 InsO bekannt waren. In diesem Zusammenhang muss auch das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 30. März 2001 in die Überlegungen mit einbezogen werden. Auch dies hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. In diesem Schreiben verwendet die Beklagte selbst die Legaldefinition der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO. Dass es nur darum ging, auf die Beendigung der Zahlungsunwilligkeit der Schuldnerin hinzuwirken, wie die Zeugen B und H bekundet haben, erscheint dem Senat wenig glaubhaft.

(ee) Die Erklärungen der Zeugen B und H, sie hätten keine Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin gehabt, auch wenn X keine Zahlungsmittel erbringe, sind rechtlich unerheblich. Selbst wenn dies als zutreffend unterstellt wird, kann hierdurch die entsprechend den obigen Ausführungen bestehende Rechtsvermutung des § 130 Abs. 2 InsO nicht widerlegt werden. Nach den Feststellungen des Landgerichts kannte die Beklagte bzw. ihre Mitarbeiter die objektiven Umstände, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit im März 2001 zweifelsfrei folgte. Dass sie den zwingenden Schluss von den Tatsachen auf die Rechtsfolge selbst nicht gezogen haben, entlastet die Zeugen nicht (vgl. hierzu auch BGH ZIP 2003, 412 = BB 2003, 548).

(4) Schließlich steht der Anfechtbarkeit im Sinne des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch nicht die Vorschrift des § 142 InsO entgegen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der Anfechtbarkeit gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO Bezug genommen werden.

2. Die Annahme der Berufung ist auch nicht trotz fehlender Erfolgsaussicht aus den Gründen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO veranlasst. Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Wie oben im einzelnen ausgeführt wurde, kommt es zum einen auf bislang noch nicht hinreichend geklärte grundsätzliche Fragen vorliegend nicht an. Zum anderen weicht der Senat entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Vielmehr folgt der Senat in den hier maßgeblichen Fragen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, kommt jedoch im Rahmen der Subsumtion des vorliegend zur Entscheidung stehenden Sachverhalts unter die anzuwendenden Rechtsvorschriften zu von der Rechtsauffassung der Beklagten abweichenden Ergebnissen. Insoweit beruht die Beurteilung des Streitfalls aber nur auf einer Würdigung des Vorbringens zu den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles. Dies gilt insbesondere für die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Fakturierungs- und Inkassovertrages und die Beweiswürdigung durch das Landgericht. Dies begründet ebensowenig eine grundsätzliche Bedeutung wie der Umstand, dass sich nach der Behauptung der Beklagten vergleichbare Fragen in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen. Alleine die Quantität ist kein taugliches Kriterium für die Bejahung der Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO.

3. Wie der Senat allerdings in dem Hinweisbeschluss vom 14. Januar 2004 im einzelnen ausgeführt hat - hierauf wird Bezug genommen -, scheidet eine Zurückweisung der gesamten Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Hinblick auf den vom Landgericht geringfügig zuviel zuerkannten Zinsanspruch und der hieraus folgenden teilweisen Erfolgsaussicht der Berufung aus. Dies schließt es jedoch nicht aus, die Berufung durch Teilbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO insoweit zurückzuweisen, als die Beklagte in der Hauptsache zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 17.516.283,96 € verurteilt worden ist. Der Senat ist der Auffassung, dass ein Gericht bei Vorliegen der gemäß § 301 ZPO für ein Teilurteil erforderlichen Voraussetzungen die Berufung auch teilweise durch Beschluss zurückweisen kann (in diesem Sinne auch OLG Rostock, OLGR 2003, 252; OLG Karlsruhe, OLGR 2003, 144; OLG Koblenz, OLGR 2003, 460). Dies ist hier der Fall, da die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Mit Erlass eines entsprechenden Teilbeschlusses durch den Senat wird die durch das Landgericht erfolgte Verurteilung der Beklagten in der Hauptsache rechtskräftig (§ 522 Abs. 3 ZPO). Damit steht auch für die Beurteilung des Zinsanspruches zwischen den Parteien rechtskräftig fest, dass ein entsprechender Hauptanspruch des Klägers besteht. Der Zinsanspruch kann deshalb nicht mit der Begründung verneint werden, es fehle bereits an einem entsprechenden Hauptanspruch. Ein Widerspruch der noch ausstehenden Entscheidung über den Zinsanspruch zu der Entscheidung über die Hauptsache ist deshalb bei einem Teilbeschluss nicht zu befürchten. Da die Beklagte die Zustimmung zu der teilweisen Klagerücknahme des Klägers hinsichtlich des Zinsanspruchs nicht erteilt hat, muss (nur) über den Zinsanspruch mündlich verhandelt werden.

4. Eine Kostenentscheidung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht veranlasst. Diese bleibt vielmehr der noch ausstehenden Schlussentscheidung vorbehalten, in der sowohl über die Berufung der Beklagten im Hinblick auf die vom Landgericht dem Kläger zuerkannten Zinsen als auch einheitlich über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden sein wird.

Ende der Entscheidung

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