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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.09.2008
Aktenzeichen: 2 U 49/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 222 Abs. 1
ZPO § 222 Abs. 2
ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 236 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 517
ZPO § 522
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 522 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Dezember 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 11 O 201/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:

I.

Der Senat - und nicht "die Kammer", wie es mehrfach im Schriftsatz des

Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 18. Juni 2008 heißt - weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluß zurück. Dass und warum die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und hier auch die Voraussetzungen nicht vorliegen, unter denen eine Berufung trotz fehlender Erfolgsaussicht nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO nicht durch Beschluß zurückzuweisen ist, hat der Senat bereits im einzelnen in seinem Hinweisbeschluß vom 30. Mai 2008 dargelegt. Auf diesen den Parteien bekannten Beschluß wird deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die Stellungnahme der Klägerin zu diesem Hinweis, aufgrund derer der Senat die Sache erneut umfassend beraten hat, veranlaßt keine abweichende Beurteilung.

Zwar bestehen im Streitfall bereits erhebliche Bedenken dagegen, ob die Berufung überhaupt in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt worden ist (unten Ziff. 1). Sie führen hier indes nicht zur Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig; vielmehr ist das Berufungsgericht unter den - hier gegebenen - Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch dann befugt, die Berufung durch einstimmigen Beschluß als unbegründet zurückzuweisen, wenn das Rechtsmittel schon nicht zulässig, insbesondere nicht formgerecht eingelegt und / oder begründet worden ist (unten Ziff. 2). So liegt es hier, da das Rechtsmittel unbegründet ist und auch die Voraussetzungen, unter denen nach § 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 oder 3 ZPO gleichwohl mündlich verhandelt werden muß, nicht vorliegen (unten Ziff. 3). Im einzelnen gilt folgendes :

1.

Die per Telefax am 21. Januar 2008, dem letzten Tag der Berufungsfrist,

bei dem Oberlandesgericht eingereichte Berufungsschrift vom selben Tage genügt nicht dem gesetzlichen Formerfordernis. Dies hat der Senat in seinem Hinweisbeschluß vom 30. Mai 2008 im einzelnen dargelegt.

Als bestimmender Schriftsatz bedarf die Berufungsschrift im Anwaltsprozeß der Unterschrift des Rechtsanwalts (vgl. nur Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 519, Rdn. 2). Diesem Erfordernis genügt die Berufungsschrift vom 21. Januar 2008 nicht, weil sie keine Unterschrift, sondern lediglich eine Paraphe trägt / wiedergibt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden hinreichend kennzeichnenden Schriftzuges, der einmalig ist, dementsprechend charakteristische Merkmale aufweist, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen läßt. Handzeichen, die allenfalls einen Buchstaben verdeutlichen, stellen keine formgültige Unterschrift dar. Ob ein Schriftzeichen eine Unterschrift oder aber lediglich ein Handzeichen (Paraphe) darstellt, beurteilt sich nach seinem äußeren Erscheinungsbild (vgl. BGH NJW 1994, 55; BGH NJW 1997, 3380; BGH NJW 2005, 3775; BGH NJW-RR 2007, 351). Das unter die Berufungsschrift vom 21. Januar 2008 und das unter die Berufungsbegründung vom 20. März 2008 gesetzte Schriftzeichen besteht jeweils aus zwei weitgehend geraden Strichen und einem Haken, so als seien der in Maschinenschrift wiedergegebene Name des Prozeßbevollmächtigten und das darunter gesetzte Wort "Rechtsanwalt" flüchtig durchgestrichen worden, und erfüllt damit auch bei Anlegung des insoweit gebotenen großzügigen Maßstabes nicht die Anforderungen an die Unterschrift eines Rechtsanwalts. Darauf, daß das Schriftzeichen nicht sogleich nach Eingang der Berufungsschrift beanstandet worden ist, kommt es für die fehlende Wahrung des Formerfordernisses nicht an. Da das angefochtene Urteil des Landgerichts den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 20. Dezember 2007 gegen - ordnungsgemäß unterschriebenes - Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, ist die Berufungsfrist gemäß den §§ 517, 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB mit dem Ende des 21. Januar 2008, eines Montags, abgelaufen. Erst an diesem Tag hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Berufungsschrift kurz vor Dienstschluß, nämlich erst gegen 15.15 Uhr per Telefax bei dem Oberlandesgericht eingereicht. Zu Eilmaßnahmen, d.h. zu einer Prüfung der Unterschrift und einem entsprechenden Hinweis noch an diesem Tage war das Gericht weder verpflichtet (vgl. BGH NJW-RR 2000, 1730 f.; BGH, Beschluß vom 26. Oktober 2000, - V ZB 32/00 - juris; BGH AnwBl. 2006, 212 f.; ) noch überhaupt in der Lage. Durch einen Hinweis einige Tage nach dem 21. Januar 2008 hätte sich der Formmangel nicht mehr vermeiden lassen. In seinem Beschluß vom 30. Mai 2008 hat der Senat die Klägerin und ihren Prozeßbevollmächtigten auch auf den in Rede stehenden Mangel hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat die Klägerin nicht beantragt. Allerdings ist ihr Schriftsatz vom 18. Juni 2008 ordnungsgemäß unterschrieben, womit zugleich die versäumten Handlungen nachgeholt worden sind. Gleichwohl kann der Klägerin nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ohne einen entsprechenden Antrag Wiedereinsetzung gewährt werden, weil die auch für eine solche Wiedereinsetzung von Amts wegen erforderliche weitere Voraussetzung nicht erfüllt sind, daß Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung rechtfertigen, aktenkundig oder gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht sind (vgl. dazu BGH NJW-RR 1993, 1091 [1092]; Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O., § 236, Rdn. 9 mit weit. Nachw.). Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin beruft sich insoweit nur darauf, daß "Zweifel an seiner formgerechten Unterschrift ... bisher noch kein gesetzlicher Richter geäußert" habe. Zwar darf ein Rechtsanwalt regelmäßig darauf vertrauen, daß seiner bis dahin beanstandeten Art der Unterzeichnung eines Schriftsatzes erst nach einer vorherigen Abmahnung die Anerkennung versagt wird (vgl. BVerfG NJW 1987, 2787; BVerfG NJW 1998, 1853; BGH NJW 1999, 60 [61]). Voraussetzung dafür ist indes, daß auch tatsächlich diese Art der Unterzeichnung regelmäßig verwendet und stets unbeanstandet geblieben ist. Wer in anderen Fällen ordnungsgemäß unterschrieben hat, kann nicht deshalb, weil dies - zu Recht - keinen Anlaß zu Beanstandungen gab, darauf vertrauen, daß auch ein abweichendes, nicht mehr den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterschrift genügendes Schriftzeichen anerkannt wird. Daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, wie er behauptet, seine Schriftsätze stets mit einen Schriftzeichen abgeschlossen hätte, wie es sich unter der im Streitfall eingereichten Berufungsschrift vom 21. Januar 2008 und der Berufungsbegründung vom 20. März 2008 findet, und dies unbeanstandet geblieben wäre, ist nicht glaubhaft gemacht und kann somit nicht festgestellt werden. Der Akteninhalt spricht eher dagegen: So befinden sich bei den Akten mehrere, im ersten Rechtszug eingereichte Schriftsätze, welche Rechtsanwalt T als Prozeßbevollmächtigter in einer Weise unterschrieben hat, die - anders als die Schriftzeichen unter den Schriftsätzen vom 21. Januar und 20. März 2008 - jedenfalls bei Anlegung des insoweit gebotenen großzügigen Maßstabes den Anforderungen an eine anwaltliche Unterschrift noch gerecht wird. Dies gilt für die Klageschrift vom 21. Juni 2007 ebenso wie für den Schriftsatz vom 13. August 2007, wobei allerdings auffällt, daß das Schriftbild der Unterschrift unter dem per Telefax bei dem Landgericht eingereichten Schriftsatz vom 13. August 2007 nicht mit dem Schriftbild der Unterschrift unter dem anschließend zu den Akten gereichten Original dieses Schriftsatzes übereinstimmt, das genannte Fax also offenbar nicht von dem Original des Schriftsatzes gezogen worden ist.

Die vorstehend genannten Gesichtspunkte bedürfen indes keiner Vertiefung. Insbesondere ist es nicht geboten, der Klägerin aufzugeben, die Behauptung ihres Prozeßbevollmächtigten glaubhaft zu machen, er habe seine Schriftsätze bisher mit einem gleichen Schriftzeichen abgeschlossen wie die hier vorgelegte Berufungsschrift und -begründung, und dies sei bisher unbeanstandet geblieben. Denn selbst wenn ihr dies gelingen sollte, könnte die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg haben, da die Voraussetzungen für ihre Zurückweisung als unbegründet durch einstimmig gefaßten Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfüllt sind.

2.

Daß nach dem Gesagten erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels bestehen und es somit allenfalls nach weiterer Aufklärung zur Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als zulässig zu behandeln sein könnte, steht seiner Zurückweisung als unbegründet durch einstimmigen Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht entgegen.

Zwar darf nach nahezu einhelliger Auffassung das Gericht die Frage nach der Zulässigkeit einer Klage nicht offen lassen, sondern in die Prüfung ihrer Begründetheit erst eintreten, nachdem es ihre Zulässigkeit geprüft und bejaht hat (vgl. BGH NJW-RR 1991, 333; BGH NJW 2000, 3718 [3719 f.]; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 66. Aufl. 2008, Grundz. vor § 253, Rdn. 14; Jauernig in Festschrift für Schiedermair, 1976, S. 289 ff.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl. 2004, § 93, Rdn. 45 [S. 624]; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., 2003, vor § 1, Rdn. 266; Thomas/Putzo/ Reichold, a.a.O., Vorbem. zu § 253, Rdn. 8; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, vor § 253, Rdn. 10). Entsprechend wird überwiegend vertreten, daß erst die Bejahung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels die Prüfung seiner Begründetheit erlaube (vgl. Baumbach/ Lauterbach/Hartmann, a.a.O., Grundz. vor § 511, Rdn. 6; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, a.a.O., § 137, Rdn. 1 [S. 968]; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 522, Rdn. 1; einschränkend: Thomas/ Putzo/Reichold, a.a.O., Vorbem. vor § 511, Rdn. 11; offen gelassen von BGH NJW 2000, 3718 [3719 f.]). Für den Anwendungsbereich des § 522 Abs. 2 ZPO gilt dies indes nur eingeschränkt. Vielmehr kann hier offen bleiben, ob die Berufung aus einem der in § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO bezeichneten Gründe unzulässig ist, wenn jedenfalls (auch) die in § 522 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen der Zurückweisung durch einstimmig gefaßten Beschluß erfüllt sind.

Schon für das Verhältnis von Zulässigkeit und Begründetheit einer Klage gilt der Vorrang der Zulässigkeitsprüfung nicht uneingeschränkt. So ist es erlaubt, eine Klage als (jedenfalls) unbegründet abzuweisen, wenn unklar ist, ob das eine Voraussetzung ihrer Zulässigkeit bildende Rechtsschutzbedürfnis oder im Fall einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO das Feststellungsinteresse gegeben ist (vgl. BGH WM 1978, 470 [472]; BGH NJW-RR 1991, 333; BGH NJW 1996, 193 [195]; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, a.a.O., § 90, Rdn. 39 [S. 598]; Stein/Jonas/Brehm, a.a.O., vor § 1, Rdn. 273 mit weit. Nachw.).

Im Fall qualifizierter Prozeßvoraussetzungen, also etwa der von für die Bejahung der Zulässigkeit wie der Begründetheit einer Klage auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung "doppelrelevanten" Tatsache der Begehung einer unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) im Bezirk des angerufenen Gerichts läßt die Rechtsprechung für die Begründung der Zuständigkeit des Gerichts die schlüssige Behauptung einer solchen unerlaubten Handlung durch den Kläger genügen und weist, wenn sich diese Behauptung als unzutreffend erweist, die Klage nicht wegen damit fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig, sondern als unbegründet ab (vgl. BGHZ 7, 184 [186]; BGH NJW 1994, 1413; BGHZ 132, 110 [114]; BGH NJW 2005, 1435 [1436]; vgl. auch Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 32, Rdn. 19).

Auch für das Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz, daß die Zulässigkeit eines Rechtsmittels vor dessen Begründetheit zu prüfen ist, nicht ausnahmslos. Ist eine sofortige Beschwerde jedenfalls unbegründet, hat ihre Zurückweisung keine weitergehenden Folgen als ihre Verwerfung und stehen auch sonst Interessen der Parteien - des Beschwerdeführers und seines Gegners - nicht entgegen, so kann unabhängig von der Zulässigkeit des Rechtsmittels eine Sachentscheidung über sie ergehen (vgl. BGH NJW 2006, 1346 [1347]; OLG Köln [17. Zivilsenat], NJW 1974, 1515; KG NJW 1976, 2353; OLG Hamm, MDR 1979, 943; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, a.a.O., Grundz. vor § 567, Rdn. 12; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 572, Rdn. 13; Zöller/Gummer, a.a.O., § 572, Rdn. 20).

Im Anwendungsbereich des § 522 Abs. 2 ZPO gilt nichts anderes. Auch hier kann offen bleiben, ob eine Berufung bereits aus einem der Gründe des § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen wäre, wenn jedenfalls auch die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfüllt sind und - wie im Streitfall - berechtigte Interessen des Berufungsklägers und des Berufungsbeklagten einer Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache selbst nicht entgegen stehen.

Der Wortlaut des § 522 ZPO schließt die Zurückweisung einer Berufung als unbegründet auch im Fall ihrer Unzulässigkeit aus einem der Gründe des § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht aus. Zwar gebietet ("ist ... zu verwerfen") § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Fall, daß es an einem der Erfordernisse des § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO fehlt, die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig. In gleicher Weise bestimmt § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ("weist ... zurück") unter den in den Nr. 1 bis 3 dieses Satzes genannten Voraussetzungen verbindlich, daß das Rechtsmittel zurückzuweisen ist. Ein Vorrang der Entscheidung nach § 522 Abs. 1 ZPO gegenüber derjenigen nach § 522 Abs. 2 ZPO ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht.

Die Wirkungen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 1 ZPO und die einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO unterscheiden sich - abgesehen von der Frage ihrer Anfechtbarkeit - nicht. Während eine Klageabweisung als unzulässig und eine solche als unbegründet unterschiedliche Rechtskraft wirken, ist die Rechtskraftwirkung im Fall einer Entscheidung nach § 522 Abs. 1 ZPO und im Fall eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO gleich: Im einen wie im anderen Fall wird mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Berufungsgerichts die erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig.

Berechtigte Interessen des Berufungsführers oder des Berufungsbeklagten werden nicht dadurch verletzt, wenn das Berufungsgericht die Frage offen läßt, ob das Rechtsmittel bereits aus einem der Gründe des § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen wäre und es durch Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückweist. Denn der Berufungskläger erreicht damit, daß das Gericht nicht nach § 522 Abs. 1 ZPO verfährt, die von ihm mit dem Rechtsmittel erstrebte Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in der Sache selbst. Der Berufungsbeklagte wird nicht beschwert, wenn das Berufungsgericht durch Beschluß zu seinen Gunsten entscheidet.

Unterschiede bestehen allerdings hinsichtlich der Anfechtbarkeit: Während der Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO gemäß § 522 Abs. 3 ZPO nicht anfechtbar ist, ist gegen eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 ZPO nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegeben. Gleichwohl wird dem Berufungskläger dadurch, daß das Berufungsgericht - seinem Begehren entsprechend - in eine Sachprüfung eintritt, statt das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen, und es dann als unbegründet zurückweist, keine Instanz genommen. Denn im Fall einer Verwerfung der Berufung durch Beschluß nach § 522 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 ZPO als unzulässig entscheidet auch der Bundesgerichtshof aufgrund einer dagegen nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO eingelegten Rechtsbeschwerde nur über die Frage der Zulässigkeit der Berufung. Eine Entscheidung in der Sache selbst wäre ihm selbst dann verwehrt, wenn das Berufungsgericht - wozu zudem im Fall der Verwerfung einer Berufung als unzulässig weder ein Anlaß noch überhaupt Raum wäre - in den Gründen der Entscheidung hilfsweise auf die Begründetheit der Berufung und damit auf die Sache selbst eingehen sollte. Vielmehr hätte er eine solche Hilfsbegründung des Berufungsgerichts als "nicht geschrieben" zu behandeln (vgl. BGH NJW 1999, 794 [795]), so daß er dann, wenn er die Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung durch das Berufungsgericht nicht teilen solle, den das Rechtsmittel als unzulässig verwerfenden Beschluß aufzuheben und das Verfahren zur Entscheidung in der Sache selbst an das Berufungsgericht zurückzuverweisen hätte. Hier stände dem Berufungsgericht dann wieder auch die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO offen.

Es kann diese Entscheidung deshalb auch sogleich treffen und damit offen lassen, ob die Berufung aus einem der Gründe des § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO schon unzulässig ist.

3. Der Senat weist die Berufung daher durch einstimmig gefassten Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurück.

Daß und warum die Berufung in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), hat der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluß vom 30. Mai 2008 detailliert aufgezeigt und dargelegt, daß der Klägerin der geltend gemachte Ersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht, da bereits die Voraussetzungen eines erstattungsfähigen Schadens nicht hinreichend dargetan sind. Die Stellungnahme der Klägerin zu diesem Hinweisbeschluß veranlaßt keine abweichende Beurteilung. Insoweit kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Regreßprozeß nicht darauf an, welcher Betrag von der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin zur Tabelle festgestellt worden ist. Insoweit besitzt die Klägerin, wie auch von dem Senat nicht in Frage gestellt wird, einen Anspruch gegen die Insolvenzmasse. Für die Beurteilung, welcher Schaden ihr aufgrund einer Pflichtverletzung der Beklagten entstanden ist, kommt es jedoch - wie bei jedem Regreßprozeß - darauf an, wie sich die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten entwickelt hätte und wie sich dann die Vermögenslage der Klägerin gestaltet hätten. Wenn die Klägerin, wie sie nunmehr vorbringt, sich nicht in der Lage sieht, nähere Ausführungen dazu zu machen, ob und in welcher Höhe sie überhaupt im Fall eines pflichtgemäßen Verhaltens der Insolvenzverwalterin Ersatzleistungen seitens des Versicherers erhalten hätte, kann sie nicht mit Erfolg gegen diese Schadensersatzansprüche mit der Begründung erheben, "durch die beklagtenseitige Pflichtverletzung" sei "nunmehr jedoch jedwede Schadloshaltung gegenüber zur Deckung verpflichteten Versicherern des Schuldners ... unmöglich".

Auch die Voraussetzungen, unter denen trotz der somit fehlenden Erfolgsaussicht der Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 ZPO mündlich zu verhandeln wäre, sind aus den Gründen des genannten Hinweisbeschlusses nicht erfüllt. Dagegen wendet sich die Klägerin in ihrer Stellungnahme auch nicht. Die vorstehend unter Ziff. 2 der Gründe behandelte Frage des Anwendungsbereichs des § 522 Abs 2 ZPO veranlaßt nicht die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Denn mit einer Terminsbestimmung entfiele die Frage selbst. Fragen des Anwendungsbereichs des § 522 Abs. 2 ZPO sind deshalb im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO selbst zu beantworten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Berufungsstreitwert : EUR 6.209,62

Ende der Entscheidung

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