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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.05.2000
Aktenzeichen: 2 W 108/00
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 305 Abs. 3 Satz 2
InsO § 7 Abs. 3 Satz 1
InsO § 7 Abs. 1
InsO § 4
InsO § 7 Abs. 1 Satz 1
InsO § 6 Abs. 1
InsO § 305 Abs. 1
InsO § 34
InsO § 305 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 108/00 25 T 323/00 Landgericht Düsseldorf 502 IK 12/00

Amtsgericht Düsseldorf

In dem Beschwerdeverfahren

betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn pp.

an dem beteiligt ist

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn, Dr. Schlafen und Sternal am 24. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 25. April 2000 gegen den Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. April 2000 - 25 T 323/00 - wird nicht zugelassen und als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Schuldner zu tragen.

Gründe

1. Mit einer Eingabe vom 31. Januar 2000 hat der Schuldner bei dem Amtsgericht Düsseldorf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt. Mit Verfügung vom 9. Februar 2000, die dem Schuldner am 11. Februar 2000 zugestellt worden ist, hat das Landgericht den Schuldner durch Übersendung eines entsprechenden Merkblatts darauf hingewiesen, daß die Bestimmungen über das Verbraucherinsolvenzverfahren anwendbar sind und daß die - in der Verfügung vom 9. Februar 2000 im einzelnen bezeichneten - nach § 305 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 InsO erforderlichen Bescheinigungen und Unterlagen fehlen. Zugleich hat das Amtsgericht dem Schuldner Gelegenheit gegeben, das Fehlende innerhalb eines Monats seit Zustellung der Verfügung vom 9. Februar 2000 zu ergänzen, und den Schuldner darauf hingewiesen, daß andernfalls der Eröffnungsantrag kraft Gesetzes als zurückgenommen gelte. Mit Schreiben vom 17. März 2000 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner mitgeteilt, daß der Eröffnungsantrag vom 31. Januar 2000 nunmehr kraft Gesetzes (§ 305 Abs. 3 InsO) als zurückgenommen gelte, weil er unvollständig war und trotz gerichtlicher Aufforderung nicht fristgerecht ergänzt worden ist.

Gegen diese Mitteilung hat der Schuldner mit einem Schreiben vom 22. März 2000 "Widerspruch" eingelegt. Das Landgericht hat diesen Widerspruch als sofortige Beschwerde ausgelegt und dieses Rechtsmittel durch Beschluß vom 4. April 2000, der dem Schuldner am 19. April 2000 zugestellt worden ist, mit der Begründung als unzulässig verworfen, daß gegen die in § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO ausgesprochene Wirkung der Antragsrücknahme ein Rechtsmittel nicht statthaft sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich der "Widerspruch" des Schuldners vom 25. April 2000, der am 2. Mai 2000 bei dem Landgericht eingegangen ist.

2. Der neuerliche "Widerspruch" des Schuldners ist als sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts vom 4. April 2000 auszulegen. Das Oberlandesgericht Köln ist auf Grund des § 7 Abs. 3 Satz 1 InsO in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die weiteren Beschwerde in Insolvenzsachen vom 6. November 1998 (GVBl. NW 1988, 550) zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel des Schuldners berufen. Diese Zuweisung beschränkt sich nicht auf die Zuständigkeit über nach § 7 Abs. 1 InsO statthafte weitere Beschwerden, sondern gilt auch dann, wenn die weitere Beschwerde - wie hier - im Ergebnis unzulässig ist (vgl. Senat, NZI 1999, 198 = InVo 1999, 166; Senat, Beschluß vom 24. März 1999 - 2 W 61/99 -; Senat, NZI 1999, 415 = OLGR 1999, 332; Senat, Beschluß vom 19. Mai 2000 - 2 W 81/00).

Die weitere Beschwerde muß nach den §§ 4 InsO, 574 Abs. 2 ZPO als unzulässig verworfen werden, weil die Voraussetzungen für die Zulassung dieses Rechtsmittels gemäß § 7 Abs. 1 InsO nicht vorliegen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO läßt das Oberlandesgericht die weitere Beschwerde (nur) zu, wenn sie darauf gestützt wird, daß die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, und wenn die Nachprüfung jener Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Eine Zulassung der weiteren Beschwerde kommt im Streitfall vielmehr schon deshalb nicht in Betracht, weil schon die Erstbeschwerde des Schuldners unstatthaft war und deshalb der Rechtsmittelzug der §§ 6, 7 InsO nicht eröffnet ist (vgl. BGH, ZIP 2000, 755; Senat, NZI 1999, 198 [199] = NJW-RR 1999, 996 [997]; Senat, NZI 2000, 130 = ZinsO 2000, 104; Senat, ZIP 2000, 462 [463]; BayObLG, NZI 1999, 412 [413]; BayObLG, ZIP 2000, 320 [321]; Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 7, Rdn. 5).

Gegen die formlose Mitteilung des Insolvenzgerichts vom 17. März 2000, gegen die sich die mit dem Beschluß des Landgerichts vom 4. April 2000 beschiedene Erstbeschwerde gerichtet hatte, war - wie das Landgericht in jenem Beschluß zutreffend entschieden hat - bereits kein Rechtsmittel gegeben. Der Gesetzgeber hat die Statthaftigkeit der Beschwerde im Insolvenzverfahren auf einzelne, im Gesetz enumerativ aufgezählte Fälle beschränkt. Nach § 6 Abs. 1 InsO unterliegen die Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung (ausdrücklich) die weitere Beschwerde vorsieht. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei dem Schreiben des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. März 2000 überhaupt um eine Entscheidung des Insolvenzgerichts handelt. Vielmehr wird die Rücknahme des Insolvenzantrages in den Fällen, in denen der Schuldner die in § 305 Abs. 1 InsO genannten Erklärungen und Unterlagen nicht vollständig abgegeben hat und der Aufforderung des Insolvenzgerichts, das Fehlende zu ergänzen, nicht innerhalb eines Monats nachkommt, vom Gesetz fingiert: § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO bestimmt ausdrücklich, daß in derartigen Fällen der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen gilt, wobei das Gesetz weder eine ausdrückliche Mitteilung an den Schuldner von dem Eintritt dieser Wirkung verlangt (vgl. Senat, Beschluß vom 19. Mai 2000 - 2 W 81/00 -; LG Göttingen, DZWIR 2000, 119 [120] = Rpfleger 2000, 176; Wenzel in Kübler/Prütting, InsO, Stand: 6. Lieferung 2000, § 305, Rdn. 9 b), noch eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über diese Frage vorsieht oder dem Insolvenz- oder einem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit einräumt, diese einmal eingetretene gesetzliche Wirkung wieder abzuändern. Dies gilt auch dann, wenn dem Vorbringen des Schuldners ausdrücklich oder schlüssig zu entnehmen ist, daß er an seinem Eröffnungsantrag festhalten will (vgl. Römermann in Nerlich/Römermann, InsO, 1999, 305, Rdn. 22). Selbst wenn man indes in der Mitteilung des Insolvenzgerichts über den Eintritt der Wirkung des § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO eine Entscheidung im Sinne von § 6 InsO sieht, ist gegen sie ein Rechtsmittel nicht gegeben, weil die Insolvenzordnung ein solches Rechtsmittel nicht vorsieht (vgl. Senat, Beschluß vom 21. Juni 1999 - 2 W 142/99 -; Senat, Beschluß vom 19. Mai 2000 - 2 W 81/00 -). Ob gegen eine Ergänzungsaufforderung nach § 305 Abs. 3 Satz 1 InsO wegen ihrer materiellen Auswirkungen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 34 InsO gegeben ist (so BayObLG, NZI 2000, 129; OLG Celle, NZI 2000, 229; Ahrens, NZI 2000, 201 [206]), bedarf hier keiner Entscheidung. Der Schuldner hat mit der Erstbeschwerde nämlich nicht die Aufforderung des Amtsgerichts vom 9. Februar 2000, sondern erst die Mitteilung vom 17. März 2000 angegriffen. Die Frist für eine Anfechtung der Aufforderung vom 9. Februar 2000 ist zudem abgelaufen und war auch schon bei Eingang der Erstbeschwerde gegen die Mitteilung vom 17. März 2000 verstrichen.

Die Einwendungen der weiteren Beschwerde vom 25. April 2000 gegen die - somit zutreffenden - Ausführungen des Landgerichts dazu, daß gegen die Mitteilung vom 17. März 2000 kein Rechtsmittel gegeben war, veranlassen keine abweichende Beurteilung. Mit dem Hinweis des Schuldners auf die Bestimmung des Art. 100 GG soll offenbar geltend gemacht werden, die genannte Regelung sei verfassungswidrig. Dies ist indes nicht der Fall. Ein Rechtsmittelzug wird durch die Verfassung nicht vorgeschrieben (vgl. BVerfGE 31, 364 [368]; Senat, NZI 1999, 415; Senat, NZI 2000, 130 [131]; Hoffmann, NZI 1999, 425 [426]). Dadurch, daß gegen die gesetzliche Fiktion der Rücknahme des Insolvenzantrages nach § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO und gegen ihre Mitteilung an den Antragsteller kein Rechtsmittel gegeben ist, wird dieser schon deshalb nicht unzumutbar beschwert, weil ihm die Möglichkeit bleibt, mit einem neuen Insolvenzantrag die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anzustreben. Der Ablauf der in § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO bezeichneten Frist schließt einen derartigen neuen Antrag nicht aus (vgl. Senat, Beschluß vom 19. Mai 2000 - 2 W 81/00; BayObLG, NZI 1999, 412 [413]; LG Schwerin, DZWIR 1999, 341 [342]; Krug/Haarmeyer in Smid, InsO, 1999, § 305, Rdn. 25; Wenzel in Kübler/Prütting, a.a.O., § 305, Rdn. 9 b). Der mit den Ausführungen der Eingabe des Schuldners vom 25. April 2000 auf die Artikel 7 und 8 der Allgemeinen Menschenrechte offenbar beabsichtigte Hinweis auf Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention geht fehl. Aus den Art. 7 und 8 dieser Konvention, welche die Voraussetzungen einer strafrechtlichen Verurteilung (Art. 7) und den Schutz des Privat- und Familienlebens (Art. 8) betreffen, ergibt sich nichts für die Beurteilung des vorliegenden Falles. Die Verfahrensgarantie (Art. 6 Abs. 1 der Konvention) schreibt keinen Rechtsmittelzug vor (vgl. Miehsler/Vogler in Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, 1996, Art. 6, Rdn. 272; Peukert in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl. 1996, Art. 6, Rdn. 67). Das Recht auf Zugang zu den Gerichten ist nicht dadurch verletzt, daß § 305 Abs. 1 und 3 InsO von demjenigen, der ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen durchgeführt wissen möchte, bestimmte Mitwirkungshandlungen verlangt.

Die weitere Beschwerde muß somit mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden. Der Senat weist den Schuldner vorsorglich darauf hin, daß gegen die vorliegende Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel gegeben ist.

Beschwerdewert : DM 2.000,--



Ende der Entscheidung

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