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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.01.2009
Aktenzeichen: 2 W 129/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 724 Abs. 1
ZPO § 793
ZPO § 888 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner vom 18. Dezember 2008 wird der Beschluss des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9. Dezember 2008 - 18 O 86/08 - geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag des Gläubigers vom 7. November 2008 auf Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die Schuldner wird abgelehnt.

Die Kosten des Zwangsvollstreckungs- sowie des Beschwerdeverfahrens hat der Gläubiger zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

1.

Der Gläubiger hat gegen die Schuldner ein Teilversäumnisurteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. August 2008 erwirkt, durch das diese als Beklagte verurteilt worden sind, dem Kläger Auskunft über den Bestand des Nachlasses der zwischen dem 29. Januar und dem 8. März 2005 in B. verstorbenen C.E.N, geb. D., zu erteilen und zwar durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses nebst entsprechender Belege, welches folgende Punkte umfasst:

a. alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva)

b. alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden)

c. alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten getätigt hat.

Nachdem die Schuldner dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, hat das Landgericht mit Beschluss vom 9. Dezember 2008 ein Zwangsgeld von 1.000,00 € sowie ersatzweise Zwangshaft angeordnet. Zudem hat den Titel "zur Klarstellung dahingehend ausgelegt, dass die vorzunehmende Handlung dahin ergänzt wird, dass der Erbfall am 05.03.2005, 12.00 Uhr, eingetreten ist." Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldner vom 18. Dezember 2008, der das Landgericht mit Beschluss vom 19. Dezember 2008 nicht abgeholfen hat.

2.

Die gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte, in rechter Form und Frist eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners ist begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, dass der Vollstreckungsantrag des Gläubiger zurückgewiesen wird. Die Voraussetzungen für den Erlass der erstrebten Vollstreckungsmaßnahme sind nicht erfüllt.

Ob die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 Abs. 1 ZPO im Streitfall erfüllt sind, kann der Senat bereits nicht überprüfen. Gemäß § 724 Abs. 1 ZPO wird die Zwangsvollstreckung (nur) aufgrund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils durchgeführt. Der Gläubiger, der die Vollstreckungsmaßnahme beantragt, muss die vollstreckbare Ausfertigung zum Nachweis der Tatsache vorlegen, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen (noch) gegeben sind. Dies gilt auch im Verfahren nach § 888 Abs. 1 ZPO (vgl. nur OLG Düsseldorf, OLGZ 1976, 376 [377 f.]). Auch hier haben das Vollstreckungsgericht und - im Falle der Einlegung einer Beschwerde - das ihm im Rechtsmittelzug übergeordnete Beschwerdegericht zu prüfen, ob die Vollstreckungsklausel ordnungsgemäß und formgerecht von dem zuständigen Beamten erteilt worden und ob sie noch beim Gläubiger vorhanden ist (vgl. nur Senat, OLGR 2001, 20; Büttner, FamRZ 1992, 629 [631]; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Auflage 2009, § 724 Rn. 14, § 887 Rn. 5, § 888 Rn. 5). Eine entsprechende Prüfung durch den Senat ist (derzeit) nicht möglich, da sich eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils, aus dem der Gläubiger die Vollstreckung betreibt, sich nicht bei den Akten befindet. Anscheinend ist die ursprünglich dem Landgericht vorgelegte vollstreckbare Ausfertigung auf Antrag des Gläubigers vom 17. Dezember 2008 mit Verfügung vom 18. Dezember 2008 zurückgesandt worden. Daher unterliegt bereits aus diesem Grunde der Beschluss des Landgerichts nunmehr der Aufhebung, da der Gläubiger im Beschwerdeverfahren nicht den Nachweis des Vorliegens einer vollstreckbaren Ausfertigung geführt hat.

Für den Senat bestand keine Verpflichtung, dem Gläubiger Gelegenheit zu geben, die mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Urteils erneut zu den Akten zu reichen. Denn die begehrte Vollstreckungsmaßnahme kann bereits aus einem anderen Grunde nicht erlassen werden. Nach allgemeiner Meinung haben die Vollstreckungsorgane im Vollstreckungsverfahren selbstständig zu prüfen, ob der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. nur Büttner, FamRZ 1992, 629 [630]). Diese Verpflichtung obliegt auch dem Senat im Beschwerdeverfahren.

Vorliegend kommt eine Zwangsvollstreckung zur Erzwingung der Vornahme der Verpflichtung einer bestimmten Handlung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Ausspruch des Versäumnisurteils der erforderlichen Bestimmtheit ermangelt. Die Schuldner sind - entsprechend dem Klageantrag des Gläubiger - verurteilt worden, ein Bestandsverzeichnis hinsichtlich der "beim Erbfall" vorhandenen Aktiva und Passiva und der lebzeitigen Zuwendungen der Erblasserin vorzulegen. Ein genaues Datum, wann der Erbfall eingetreten ist, wird nicht mitgeteilt. Vielmehr hat das Landgericht - dem Klageantrag des Gläubigers folgend - den Tag mit der gewählten Formulierung "zwischen dem 29. Januar und dem 8. März 2005 verstorben" gerade offen gelassen. Damit ergibt sich nicht aus dem Urteil selbst, auf welchen Stichtag das Bestandsverzeichnis sich beziehen soll. Damit wird der Inhalt der titulierten Verpflichtung nicht mit der für eine Vollstreckung aus dem Titel erforderlichen Bestimmtheit bezeichnet. Unabhängig von der Art der Zwangsvollstreckung muss jeder Vollstreckungstitel nicht nur für den Gläubiger und den Schuldner, sondern auch für das Vollstreckungsorgan hinreichend bestimmt bezeichnet sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn und soweit der Titel aus sich heraus verständlich ist und auch für jeden Dritten erkennen lässt, was der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann. Somit muss sich aus dem Titel, der eine Handlungsverpflichtung - hier Vorlage eines Bestandsverzeichnisses auf den Zeitpunkt des Erbfalls - begründet, der Inhalt der Handlung, die gegebenenfalls erzwungen werden soll, eindeutig ergeben (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. August 1008, 2 W 66/08; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Auflage 2009, § 704 Rn. 4; jew. m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht auch nicht die Möglichkeit, den Titel im Vollstreckungsverfahren dahingehend auszulegen, dass der maßgebliche Stichtag der 5. März 2005, 12.00 Uhr, sei. Zwar ist grundsätzlich, sofern ein Vollstreckungstitel das maßgebliche Datum nicht nennt, eine entsprechende Konkretisierung im Wege der Auslegung im Vollstreckungsverfahren nicht ausgeschlossen. Allerdings kommt eine Auslegung nur dann in Betracht, wenn sich der genaue Inhalt des Titels überhaupt im Wege einer Auslegung feststellen lässt. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Denn mit der in dem Versäumnisurteil gewählten Formulierung "zwischen dem 29. Januar und dem 8. März 2005 verstorben" ist gerade der Tag des Erbfalls offen geblieben. Somit lässt sich jedenfalls nach dem Inhalt des Titels der für die Vorlage des Bestandsverzeichnisses maßgebende Stichtag auch im Wege einer Ausdeutung des Titels nicht exakt feststellen. Vielmehr kommen, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist, eine Vielzahl von Tagen in Betracht. Wer eine gewisse Unschärfe der Antragstellung sowie der Tenorierung hinnimmt, muss die entsprechenden Konsequenzen bei der Rechtsverwirklichung ziehen (Büttner, aaO). Insoweit bleibt es dem Gläubiger unbenommen, entweder im Rahmen des nunmehr laufenden Einspruchsverfahrens der Entscheidung nunmehr einen vollstreckungsfähigen Inhalt zu geben oder aber einen Todeszeitpunkt in dem dafür vorgesehenen Verfahren feststellen zu lassen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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