Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 15.10.2001
Aktenzeichen: 2 W 206/01
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 4
InsO § 14
InsO § 5 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 42 Abs. 2
ZPO § 46 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 206/01

In dem Verfahren betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger sowie der Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn und Sternal

am 15. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 27. September 2001 gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 17. September 2001 - 5 AR 47/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der Beschwerde hat die Beteiligte zu 2) zu tragen.

Gründe:

1.

Der Beteiligte zu 1) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte zusammen mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beteiligten zu 2) durch notarielle Urkunde vom 22. Dezember 1995 (Urkundenrolle-Nr.: /1995 des Notars Dr. D. in B.) die Beteiligte zu 2) errichtet. Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2001 hat der Beteiligte zu 1) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beteiligten zu 2) beantragt. Zur Begründung hat er unter Beifügung entsprechender Unterlagen dargelegt, die GmbH habe gegen die GmbH & Co.KG hinsichtlich verschiedener Forderungen des Finanzamtes einen Freistellungsanspruch, der sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einen Zahlungsanspruch umgewandelt habe. Die Beteiligte zu 2) sei ebenfalls zahlungsunfähig. Diesen Antrag hat das Insolvenzgericht für zulässig erachtet und mit Beschluß vom 3. Juli 2001 die Einholung eines schriftlichen Gutachtens zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts angeordnet. Hierauf hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18. Juli 2001 den zuständigen Abteilungsrichter, der ebenfalls für das Insolvenzverfahren gegen die GmbH zuständig ist, wegen Befangenheit abgelehnt. Diesem Gesuch hat das Landgericht mit Beschluß vom 17. September 2001 mit der Begründung nicht stattgegeben, allein die Tatsache, daß der Abteilungsrichter ebenfalls mit dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der früheren Komplementär-GmbH befaßt sei, reiche für sich allein nicht aus, um eine Befangenheit zu rechtfertigen. Die aufgrund des Geschäftsverteilungsplans bestehende Zuständigkeit entspreche dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot des gesetzlichen Richters. Zudem seien die in dem Insolvenzverfahren gegen die GmbH von dem nunmehr abgelehnten Richter geäußerten Rechtsauffassungen grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Gegen diese ihr am 19. September 2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der sofortigen Beschwerde vom 27. September 2001, die am 28. September 2001 bei Gericht eingegangen ist. Sie stützt ihr Rechtsmittel darauf, die richterliche Sachbehandlung sei als grob fehlerhaft anzusehen. Hieraus ergebe sich eine unsachliche Einstellung des Gerichts. Das Amtsgericht hätte den Eröffnungsantrag der Beteiligten zu 1) bereits als unzulässig zurückweisen müssen, da weder eine Forderung noch ein Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht worden sei.

2.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Gemäß § 4 InsO i.V.m. §§ 46 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO kann die Entscheidung des Landgerichts über ein gegen den Richter am Insolvenzgericht gerichtetes Befangenheitsgesuch mit sofortigen (Erst-)Beschwerde angefochten werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluß vom 21. Juni 1999, 11 W 95/99 = InVo 2000, 51; FK/Schmerbach, InsO, 2. Auflage 1999, § 4 Rdnr. 47).

Das auch ansonsten zulässige Rechtsmittel ist indes nicht begründet. Mit Recht und zutreffender Begründung, auf die der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 543 ZPO), hat das Landgericht das Befangenheitsgesuch der Schuldnerin gegen den Richter am Amtsgericht für unbegründet erklärt. Das Beschwerdevorbringen der Beteiligten zu 2) gibt zu einer Abänderung dieses Beschlusses keinen Anlaß.

Nach § 42 Abs. 2 ZPO, der über § 4 InsO im Insolvenzverfahren entsprechend anwendbar ist (FK/Schmerbach, InsO, 2. Auflage 1999, § 4 Rdnr. 30 ff.; Wienberg in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, 2. Auflage 2001, § 4 InsO Rdnr. 6, 56 ff.; HK/Kirchhof, InsO, 2. Auflage 2001, § 4 Rdnr. 5; Kübler in: Kübler/Prütting, InsO, Stand: 9. Lfg. März 2001; Becker in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: November 2000, § 4 Rdnr. 19), findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit nur dann statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber, wobei rein subjektive Vorstellungen des Ablehnenden unerheblich sind (vgl. Zöller/Vollkommer, 22. Auflage 2001, § 42 Rdnr. 9 mit weiteren Nachweisen; sowie für das Insolvenzverfahren: FK/Schmerbach, a.a.O., § 4 Rdnr. 38; Wienberg in: Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 4 Rdnr. 57;).

Objektive Umstände der vorgenannten Art, die Anlaß zu Zweifeln an der Unparteilichkeit des abgelehnten Richters am Amtsgericht geben können, sind weder aus der Akte ersichtlich, noch werden sie mit der Beschwerdeschrift vom 27. September 2001 vorgetragen. Insbesondere sind bei verständiger Würdigung aller Umstände die von dem Insolvenzrichter am 6. Juni 2001 und 3. Juli 2001 getroffenen Entscheidungen nicht geeignet, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit zu begründen. Aus der Mitwirkung an einer für die ablehnende Partei ergangene ungünstige gerichtliche Entscheidung läßt sich noch keine unparteiische Einstellung herleiten (BGH, NJW-RR 1986, 738). Auch die kritische Erörterung der Sach- und Rechtslage bzw. die Äußerung einer Rechtsansicht rechtfertigt noch nicht die Besorgnis der Befangenheit (FK/Schmerbach, a.a.O., § 4 Rdnr. 38).

Soweit dem abgelehnten Richter von der Beschwerdeführerin vorgeworfen wird, er sei bei seinen Entscheidungen "grob fehlerhaft" davon ausgegangen, der Beteiligte zu 1) habe das Bestehen einer Forderung und das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes glaubhaft gemacht, stellt dies keinen tragfähigen Ablehnungsgrund dar. Verfahrensfehler oder materiell fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, richterliche Verfahrenshandlungen oder Sachentscheidungen auf ihre Richtigkeit nach dem jeweiligen materiellen Recht zu überprüfen (MK/Feiber, ZPO, 2. Auflage 2000, § 42 Rdnr. 28 mit weiteren Nachweisen). Etwas anderen gilt nur ausnahmsweise dann, wenn Indizien vorhanden sind, daß ein festgestellter Rechtsfehler auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruhen (FK/Schmerbach, a.a.O., § 4 Rdnr. 38; Wienberg in: Hess/Weis/Wienberg, a.a.O., § 4 Rdnr. 61 jeweils für das Insolvenzverfahren; vgl. auch Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Auflage 1994 § 72 Rdnr. 6a für das Konkursverfahren bzw. allgemein: Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Auflage 2001, § 42 Rdnr. 28 m.w.N.).

Bei der gebotenen vernünftigen Betrachtungsweise sind hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die von dem Richter angenommene Zulässigkeit des Eröffnungsantrages und die Anordnung der Einholung eines Sachverständigengutachtens sind nicht willkürlich, sie sind mit der gesetzlichen Regelung vereinbar. Nach § 14 InsO ist ein Antrag eines Gläubigers zulässig, wenn dieser ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Angesichts der von der Gläubigerin vorgetragenen Forderung (Zahlungsanspruch der GmbH gegen die GmbH & Co.KG hinsichtlich der für den Zeitraum 1993 bis 1995 bestehenden Steuerverbindlichkeiten) sowie der hierzu vorgelegten Unterlagen (das von dem Beteiligten zu 1) in dem Verfahren 96 IN 104/00 über das Vermögen der GmbH erstattete Gutachten vom 29.12.2000; das Schreiben des Finanzamtes B.-Innenstadt einschließlich der Aufstellung der offenstehenden Steuerforderungen sowie die notarielle Urkunde über die Errichtung der Schuldnerin) ist die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Zulässigkeit des Eröffnungsantrages zumindest vertretbar. Mit der Zulassung des Antrags beginnt das Amtsverfahren. Dann gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 InsO kann das Insolvenzgericht zur Ermittlung der für das Insolvenzverfahren maßgeblichen Umstände die Einholung eines Sachverständigengutachtens anordnen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 10.000,00 DM

(geschätzt nach § 12 Abs. 2 GKG)

Ende der Entscheidung

Zurück