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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.07.2005
Aktenzeichen: 2 W 45/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 36 Abs. 2
ZPO § 828 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 45/05

In der Zwangsvollstreckungssache

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie dem Richter am Oberlandesgericht Dr. Göbel und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Knott

am 11. Juli 2005

beschlossen:

Tenor:

Eine Zuständigkeitsbestimmung aufgrund der Vorlage der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Köln vom 16. Juni 2005 wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldner wegen einer Forderung in Höhe von insgesamt 2.260,03 € die Zwangsvollstreckung. Bei den Schuldnern handelt es sich um die Erben der Frau N L, deren Betreuerin die Gläubigerin war. Hinsichtlich der Betreuervergütung hat die Gläubigerin gegen die Schuldner als Erben der Betreuten vollstreckbare Ausfertigungen der Vergütungsbeschlüsse erwirkt. Durch Schriftsatz vom 8. Dezember 2004 hat die Gläubigerin bei dem Amtsgericht Bergheim (37 a M 1934/04) den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Schuldner beantragt. Gegenstand der Pfändung und Überweisung sollten die angeblichen Forderungen und Ansprüche der Schuldner gegen die Sparkasse L aus dem Nachlasskonto der Betreuten sein. Vor dem Hintergrund, dass die Schuldner ihren allgemeinen Gerichtsstand in unterschiedlichen Orten haben, reichte die Gläubigerin in Absprache mit der zuständigen Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bergheim zunächst dort die Anträge zum Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in mehrfacher Ausfertigung ein. Entsprechend dieser Absprache hat das Amtsgericht Bergheim unter dem 10. Dezember 2004 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Schuldner zu 1) und 2) erlassen und die Unterlagen sodann an das Amtsgericht Siegburg weitergeleitet. Das Amtsgericht Siegburg hat unter dem 18. Februar 2005 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Schuldnerin zu 3) erlassen (34 a M 3098/04) und die Akten an das Amtsgericht Ebersberg weitergeleitet, in dessen Bezirk der Schuldner zu 4) seinen Wohnsitz hat. Nach entsprechendem Hinweis des zuständigen Rechtspflegers des Amtsgerichts Ebersberg hat die Gläubigerin die Verweisung zum Amtsgericht in Köln beantragt. Durch Beschluss vom 10. März 2005 (2 M 649/05) hat sich das Amtsgericht Ebersberg für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren "gemäß §§ 281, 802, 828 ZPO" an das Amtsgericht Köln verwiesen. Dieses hat die Gläubigerin darauf hingewiesen, dass das für den Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zuständige Vollstreckungsgericht durch das gemeinsame Obergericht zu benennen sei, und um Benennung des entsprechenden Obergerichts gebeten, damit die Sache sodann nach dort abgegeben werden könne. Daraufhin hat die Gläubigerin durch Schriftsatz vom 7. Juni 2005 darum gebeten, den Vorgang an das Oberlandesgericht Köln mit der Bitte um Bestimmung der Zuständigkeit abzugeben. Dieses sei gemäß § 36 ZPO zuständig, da sich das Amtsgericht Bergheim mit der Angelegenheit zuerst befasst habe. Das Amtsgericht Köln hat die Sache dem Oberlandesgericht zur weiteren Veranlassung übersandt.

II.

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung durch das Oberlandesgericht Köln sind nicht gegeben. Es liegen weder die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, noch gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.

1. Wenn - wie hier - ein Titel gegen mehrere Schuldner mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen (vgl. § 828 Abs. 2 ZPO) vorliegt und der Gläubiger in das den Schuldnern gesamthänderisch zustehende Recht (hier: mögliche Ansprüche der Erben aus einer Geschäftsbeziehung der Erblasserin mit der Sparkasse L) im Wege der Forderungsvollstreckung vollstrecken möchte, hat er grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

a) Erstrebt er eine Pfändung durch einen einheitlichen Beschluss, kann er gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in entsprechender Anwendung die Bestimmung eines für alle Schuldner zuständigen Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht beantragen (vgl. BayObLG, Rpfleger, 1983, 288; BayObLG, Rpfleger 1999, 31; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 828 Rdn. 2). Wenn die Schuldner ihren allgemeinen Gerichtsstand in unterschiedlichen Bundesländern haben, ist für die - einheitliche - Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

b) Stattdessen kann der Gläubiger aber auch jeweils die gesamte Gesamthandsforderung durch die für jeden einzelnen Schuldner zuständigen Gerichte zugleich oder nacheinander pfänden lassen. In diesem Fall wird die Pfändung allerdings erst dann wirksam, wenn der letzte Beschluss dem Drittschuldner (§ 829 Abs. 3 ZPO) zugestellt ist (vgl. Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 828 Rdn. 5; Stöber, Forderungspfändung, 12. Aufl. 1999, Rdn. 452 mit jeweils w.Nw.). Einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bedarf es dann nicht. Allerdings kann es bei dieser Vorgehensweise zu Zuständigkeitskonflikten zwischen einzelnen Gerichten kommen, die sich jeweils für unzuständig halten. Diese sind gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu lösen. Die Vorschrift ist auch im Verfahren einer Abgabe gemäß § 828 Abs. 3 ZPO anwendbar ist (vgl. Thüringer OLG, OLGR Brandenburg, Dresden, Jena Naumburg,Rostock 2001, 62; Zöller/Stöber, a.a.O., § 828 Rdn. 2 f.; siehe auch BGH NJW 1983, 1859). Für derartige Kompetenzkonflikte ist wiederum gemäß § 36 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, wenn die Schuldner ihren allgemeinen Gerichtsstand in unterschiedlichen Bundesländern haben.

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet vorliegend eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bereits mangels Rechtsschutzinteresses der Gläubigerin aus. Von den beiden oben geschilderten Möglichkeiten hat sie den Weg gewählt, gegen die jeweiligen Schuldner gesonderte Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse bei den jeweils zuständigen Gerichten zu erwirken. Vor diesem Hintergrund sind auch bereits entsprechende Beschlüsse der Amtsgerichte Bergheim und Siegburg gegen die Schuldner zu 1) bis 3) ergangen. Es steht lediglich noch ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Schuldner zu 4) aus. Da die Gläubigerin mithin keinen einheitlichen Beschluss gegen sämtliche vier Schuldner erstrebt, kommt auch eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch den Senat nicht in Betracht. Dies sieht auch die Gläubigerin so. Ausweislich ihres Stellungnahmeschriftsatzes vom 27. Juni 2005 ist sie der Auffassung, dass die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO Anwendung finde.

3. Entgegen der Auffassung der Gläubigerin scheidet aber auch eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO aus, und zwar aus zwei voneinander unabhängigen Gründen.

a) § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt voraus, dass sich verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Vorliegend hat sich bislang jedoch lediglich das Amtsgericht Ebersberg durch Beschluss vom 10. März 2005 für unzuständig erklärt. Demgegenüber fehlt es an einer entsprechenden Unzuständigkeitserklärung des Amtsgerichts Köln. Dieses hat lediglich die Gläubigerin darum gebeten, das für eine Zuständigkeitsbestimmung zuständige "Obergericht" zu benennen, damit die Sache an dieses abgegeben werden könne. Dass sich das Amtsgericht Köln selbst für unzuständig hält, lässt sich hieraus nicht, jedenfalls nicht eindeutig entnehmen. Vielmehr ist das Amtsgericht erkennbar davon ausgegangen, dass vorliegend die Bestimmung eines einheitlich zuständigen Gerichts erforderlich sei. Dies ist entsprechend den obigen Ausführungen jedoch nicht der Fall.

b) Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sich auch das Amtsgericht Köln seinerseits für unzuständig im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO erklärt und vor diesem Hintergrund die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt hat, ist der Senat an einer Zuständigkeitsbestimmung gehindert. Insoweit fehlt es nämlich an der Zuständigkeit des Senats. Gemäß § 36 Abs. 2 ZPO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört. Da vorliegend ein Kompetenzkonflikt allenfalls zwischen den Amtsgerichten Ebersberg und Köln vorliegt - die Amtsgerichte Bergheim und Siegburg haben den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss antragsgemäß erlassen und damit auch ihre Zuständigkeit gerade bejaht -, kommt es im Rahmen des § 36 Abs. 2 ZPO nur darauf an, ob das Amtsgericht Ebersberg oder das Amtsgericht Köln zuerst mit der Sache befasst war. Da die Sache insoweit zunächst bei dem zu dem Bezirk des Oberlandesgerichts München gehörenden Amtsgericht Ebersberg eingegangen ist, wäre auch das Oberlandesgericht München gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung über die Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen. Dass der erste Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bei dem Amtsgericht Bergheim beantragt worden ist, ist rechtlich unerheblich, weil dieses Amtsgericht in einen etwaigen Kompetenzkonflikt zwischen den Amtsgerichten Ebersberg und Köln nicht involviert ist.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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