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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: 2 W 60/01
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 309 Abs. 1 Satz 1
InsO § 309 Abs. 1 Satz 2
InsO § 7 Abs. 3 Satz 1
InsO § 7 Abs. 1
InsO § 7
InsO § 309 Abs. 2 Satz 3
InsO § 309
InsO § 4
ZPO § 565 Abs. 2
ZPO § 577 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 329 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 60/01 2 T 19/00 LG Bonn 97 IK 33/99 AG Bonn

In dem Verfahren

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Schlafen und Sternal

am 28. März 2001

beschlossen:

Tenor:

1.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 3. März 2001 gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 1. Februar 2001 - 2 T 19/00 - wird zugelassen.

2.

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 3. März 2001 wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 1. Februar 2001 - 2 T 19/00 - aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 17. März 2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bonn vom 28. Februar 2000 - 97 IK 33/99 - an das Landgericht Bonn zurückverwiesen.

Dem Landgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten der Verfahren der weiteren Beschwerden (2 W 202/00, 2 W 60/01) übertragen.

Gründe

1.

Am 2. Juli 1999 hat die Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht Bonn einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und auf Erteilung von Restschuldbefreiung gestellt. In dem Schuldenbereinigungsplan hat sie insgesamt 11 Forderungen benannt und die Beteiligten zu 2) bis 12), unter anderem verschiedene Inkassounternehmen, als Gläubiger aufgeführt. Nachdem nicht alle Beteiligten dem vorgelegten Plan zugestimmt haben, hat die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1999 beantragt, die Einwendungen der Gläubiger durch Zustimmung zu ersetzen. Dieses Begehren hat das Insolvenzgericht mit Beschluß vom 28. Februar 2000 zurückgewiesen. Das hiergegen von der Beklagten eingelegte Rechtsmittel hat das Landgericht mit Entscheidung vom 31. August 2000 zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde hat der Senat mit Beschluß vom 1. Dezember 2000 - 2 W 202/00 - (abgedruckt: ZIP 2000, 2312 = ZInsO 2001, 85 = NZI 2001, 88 = NJW-RR 2001, 266 = Rpfleger 2001, 143 = OLGR 2001, 99) den Beschluß des Landgerichts aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) an das Landgericht Bonn zurückverwiesen. Das Landgericht hat weitere Ermittlungen erhoben und anschließend durch Beschluß vom 1. Februar 2001 das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Schuldnerin vom 16. Dezember 1999 an das Insolvenzgericht Bonn zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die für eine Ersetzung der Gläubigerzustimmung gemäß § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderliche Summen- und Kopfmehrheit sei nunmehr gegeben. Da noch zu prüfen sei, ob nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen eines Ausschlusses der Ersetzung der Zustimmung gemäß § 309 Abs. 1 Satz 2 InsO gegeben seien, müsse das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen werden.

Gegen den nicht zugestellten Beschluß wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der am 3. März 2001 bei Gericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde. Die Beschwerdeführerin rügt, das Beschwerdegericht habe die Angelegenheit nicht an das Amtsgericht zurückverweisen dürfen, vielmehr in der Sache selbst entscheiden müssen.

2.

a)

Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 InsO in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November 1998 (GVBl. NW 1998, 550; abgedruckt in: NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das von der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Landgerichts Bonn vom 1. Februar 2001 eingelegte Rechtsmittel berufen.

Der Senat läßt das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO zu. Das von der Beteiligten zu 1) form- und - mangels Laufs einer Beschwerdefrist auch - fristgerecht angebrachte Rechtsmittel ist statthaft. Es liegt eine der Rechtsbeschwerde grundsätzlich zugängliche Ausgangsentscheidung des Landgerichts im Sinne des § 7 InsO vor (vgl. zu diesem Erfordernis: BGH, ZIP 2000, 755; Senat, ZIP 2000, 552 = NZI 2000, 130; Senat, ZIP 2000, 462 [463]; Senat, ZIP 1999, 1767 [1768]; Senat, ZIP 1999, 586 [587] = NZI 1999, 198 [199]; BayObLG, ZIP 2000, 320 [321] = NZI 2000, 129; BayObLG, ZIP 1999, 1767 [1768] = NZI 1999, 412 [413]; OLG Frankfurt, NZI 1999, 453; HK/Kirchhof, InsO, 2. Auflage 2001, § 7 Rdnr. 5; nunmehr unter Aufgabe der früheren abweichenden Auffassung auch: OLG Zweibrücken, ZIP 2000, 1627 = NZI 2000, 475). Das Landgericht hat nach der Zurückverweisung durch den Senat über eine gemäß §§ 6, 309 Abs. 2 Satz 3 InsO zulässige Erstbeschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bonn vom 28. Februar 2000 entschieden. Der Umstand, daß das Landgericht nicht abschließend in der Sache entschieden hat, schließt die Statthaftigkeit des weiteren Rechtsmittels nicht aus. Auch durch die Zurückverweisung an die erste Instanz zur anderweitigen Entscheidung wird der Beschwerderechtszug beendet (BayObLG, NJW-RR 1992, 191; BayObLG, FamRZ 1985, 839 [840]).

Durch die angefochtene Entscheidung wird die Beschwerdeführerin zudem in rechtserheblicher Weise beschwert. Ihr materielles Recht aus § 309 InsO ist beeinträchtigt. Dies folgt zwar nicht bereits aus der Aufhebung der Entscheidung des Insolvenzgerichts vom 28. Februar 2000, wohl aber aus der ausdrücklichen Zurückverweisung an das Insolvenzgericht. Insoweit ist eine zu Gunsten der Beteiligten zu 1) wirkende Entscheidung des Beschwerdegerichts über die von ihr begehrte Zustimmungsersetzung unterblieben (vgl. allgemein: Kahl in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Auflage 1999, § 27 Rdnr. 2; Jansen, FGG, 2. Auflage 1969, § 27 Rdnr. 3).

Die weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung des Rechtsmittels nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO sind ebenfalls gegeben. Die Beteiligte zu 1) stützt ihr Rechtsmittel auf eine Verletzung des Gesetzes. Die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die zur Entscheidung gestellte Frage, ob das Beschwerdegericht bei einer Zurückverweisung berechtigt ist, seinerseits das Verfahren unter Aufhebung der angefochtenen Ausgangsentscheidung an das Amtsgericht zu verweisen, hat grundsätzliche Bedeutung. Diese bisher - soweit ersichtlich - für das Insolvenzverfahren noch nicht obergerichtlich geklärte Rechtsfrage kann zur Vermeidung der Gefahr einander widersprechender Gerichtsentscheidungen im Rahmen einer Rechtsbeschwerde nach § 7 InsO überprüft werden (vgl. allgemein hierzu: Senat, NZI 2000, 80; HK/Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 23; FK/Schmerbach, InsO, 2. Auflage 1999, § 7 Rdnr. 16).

b)

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist mit der Maßgabe begründet, daß der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen ist.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO; 550 ZPO). Das Erstbeschwerdegericht hat verkannt, daß es nicht seinerseits die Sache an das Insolvenzgericht zurückverweisen darf. Die Voraussetzungen für eine weitere Zurückverweisung sind nicht gegeben.

Grundsätzlich kann das Landgericht, wie auch das Rechtsbeschwerdegericht, wenn es weitere Ermittlungen für erforderlich hält, eine angefochtene Erstentscheidung aufheben und die Sache an das Insolvenzgericht zur weiteren Aufklärung und anderweitigen Entscheidung zurückverweisen (HK/Kirchhof, a.a.O., § 6 InsO Rdnr. 26; § 7 Rdnr. 28; FK/Schmerbach, a.a.O., § 6 Rdnr. 25, § 7 Rdnr. 22; Prütting in: Kübler/Prütting, a.a.O., § 7 Rdnr. 28; Becker in: Nerlich/Römermann, a.a.O., § 6 Rdnr. 58, § 7 Rdnr. 61 jeweils zum Beschwerdeverfahren nach der Insolvenzordnung; BGH, NJW 1982, 520; BayObLG, NJW-RR 1992, 191 [192]; Kayser in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Auflage 1999, § 12 Rdnr. 37 mit weiteren Nachweisen in FN. 107; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 25 Rdnr. 7 zum Beschwerdeverfahren nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Hat indes das Gericht der weiteren Beschwerde eine Sache aufgehoben und zur anderweitigen Behandlung an das Landgericht zurückverwiesen, so darf dieses nicht seinerseits als Beschwerdegericht die Sache an das Amtsgericht (weiter) verweisen. Mit der Zurückverweisung durch das Rechtsbeschwerdegericht wird die Sache wieder beim Landgericht anhängig. Dieses ist aufgrund der in entsprechender Anwendung des § 565 Abs. 2 ZPO bestehenden Bindungswirkung (HK/Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 28; Prütting in: Kübler/Prütting, a.a.O., § 7 Rdnr. 28; vgl. auch: GmS OGB, NJW 1973, 1273 [1274]; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Auflage 2001, § 575 Rdnr. 26 m.w.N.) gehindert, in Abweichung der Entscheidung des übergeordneten Rechtsmittelgerichts die erneute Behandlung und Entscheidung der Sache einem anderen Gericht zu übertragen. Es ist vielmehr verpflichtet, dem Verfahren Fortgang zu geben, die Sache erneut zu behandeln und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts zu entscheiden (BayObLG, NJW-RR 1992, 191 [192]; vgl. HK-Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 28; Prütting in: Kübler/Prütting, a.a.O., § 7 Rdnr. 28; Kahl in: Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 25 Rdnr. 7, § 27 Rdnr. 66 c; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Auflage 1999, § 27 Rdnr. 34; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Auflage 2001, § 575 Rdnr. 26).

Mithin hat das Landgericht nunmehr über das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) gegen die Versagung der Ersetzung der Einwendungen des Gläubigers durch das Insolvenzgericht abschließend zu befinden. Soweit es im Hinblick auf eine Versagungsmöglichkeit gemäß § 309 Abs. 1 Satz 2 InsO eine weitere Aufklärung für notwendig erachtet, hat es die hierfür erforderlichen Anordnungen in eigener Verantwortung zu treffen.

3.

Da die Entscheidung der Kammer vom 1. Februar 2001 der Beteiligten zu 1) formlos übersandt worden ist, hält es der Senat für sachdienlich, für das weitere Verfahren erneut auf Folgendes hinzuweisen:

Bereits in dem Beschluß vom 1. Dezember 2000 - 2 W 202/00 - hat der Senat ausdrücklich ausgeführt, daß nach § 4 InsO in Verbindung mit §§ 577 Abs. 2 Satz 1, 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO für den Anwendungsbereich der Insolvenzordnung eine förmliche Zustellung der Beschwerdeentscheidung notwendig ist. Fehlt es hieran, wird weder die zweiwöchige Notfrist für die Einlegung des Rechtsmittels gemäß den §§ 7 Abs. 1 InsO, 577 Abs. 2 ZPO in Gang gesetzt noch tritt eine eventuelle Rechtskraftwirkung ein (Senat, ZIP 2000, 462 [463]; vgl. auch: Senat, NZI 1999, 458; Senat, NZI 1999, 494; HK/Kirchhof, a.a.O., 1999, § 7 Rdnr. 8; Prütting in: Kübler/Prütting, a.a.O., § 7 Rdnr. 15, 27 f.; Becker in: Nerlich/Römermann, a.a.O., § 6 Rdnr. 66, § 7 Rdnr. 33 f.).

4.

Da mit der Zurückverweisung noch nicht feststeht, ob die Erstbeschwerde im Ergebnis Erfolg hat, muß die Entscheidung über die Kosten des vorliegenden und des früheren weiteren Beschwerdeverfahrens dem Landgericht übertragen werden.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 5.000,00 DM (wie Vorinstanz)

Ende der Entscheidung

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