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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.05.2000
Aktenzeichen: 2 W 79/00
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 7 Abs. 1 Satz 2
InsO § 7 Abs. 1
InsO § 4
ZPO §§ 233 ff
ZPO § 233
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 577 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 79/00 2 T 12/00 Landgericht Bonn 96 IK 25/99 Amtsgericht Bonn

In dem Verfahren

betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn, Dr. Schlafen und Sternal am 3. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Schuldners vom 12. April 2000 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8. März 2000 - 2 T 12/00 - und der Frist für den Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels wird abgelehnt.

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8. März 2000 und der Antrag auf ihre Zulassung werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Schuldner zu tragen.

Gründe

Die weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Landgerichts Bonn vom 8. März 2000 und sein Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels sind unzulässig, weil der Schuldner die hierfür gesetzlich vorgeschriebene Frist versäumt hat.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 InsO gelten für den Antrag auf Zulassung der weiteren Beschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts in einer Insolvenzsache die Vorschriften über die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde entsprechend. Der Zulassungsantrag und mit ihm die weitere Beschwerde selbst sind deshalb gemäß § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts anzubringen (vgl. Senat, NZI 1999, 458; Senat, NJW 2000, 223 = NZI 1999, 494; Senat, NZI 2000, 134; Senat, NZI 2000, 173; Breutigam/Blersch/Goetsch, Insolvenzrecht, Band 1, 1998, § 7, Rdn. 8; Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 7, Rdn. 8; Nerlich/Römermann/ Becker, InsO, 1999, § 7, Rdn. 33; Schmerbach in Frankfurter Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 1999, § 7 Rdn. 4). Diese Frist hat der Schuldner versäumt. Ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde ist ihm der angefochtene Beschluß des Landgerichts am 20. März 2000 - durch Übergabe an ihn, den Schuldner, selbst, für den sich damals noch kein Bevollmächtigter bestellt hatte, - zugestellt worden, so daß die Frist mit dem Ende des 3. April 2000 abgelaufen ist.

Mit dem einzigen innerhalb der Frist, nämlich am 2. April 2000, bei dem Oberlandesgericht eingegangen, auf einem Briefkopf des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners erstellten Schriftsatz vom 28. März 2000 hat der Schuldner das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde und den Antrag auf ihre Zulassung nicht wirksam angebracht, weil weder der Schriftsatz vom 28. März 2000 noch eine seiner ihm beigefügten Durchschriften unterschrieben ist. Als bestimmender Schriftsatz, durch den ein befristetes Rechtsmittel eingelegt werden sollte, bedurfte der Schriftsatz vom 28. März 2000 der Unterschrift des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners (vgl. BGHZ 92, 251 [254]; BGH VersR 1993, 459; BGH NJW 1998, 3649; BAG NJW 1990, 3165; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl. 2000, § 129, Rdn. 9 ff und § 569, Rdn. 4). Würde man von dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift des Anwalts absehen, so wäre nicht auszuschließen, daß ein bloßer Entwurf, der gegen den Willen des Anwalts versehentlich bei Gericht eingereicht worden ist, als ordnungsgemäße Rechtsmittelschrift behandelt wird (vgl. BGHZ 92, 251 [254]; BGH NJW 1998, 3549). Zwar könnten bei einem nicht fristgebundenen Rechtsbehelf etwaige Zweifel auch nachträglich durch entsprechende Rückfragen des Gerichts bei dem Verfahrensbevollmächtigten geklärt werden. Im Fall eines befristeten Rechtsmittels muß dagegen bei Ablauf der Rechtsmittelfrist feststehen, ob die Entscheidung angefochten worden oder in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 129, Rdn. 23). Auf eine Unterschrift des Rechtsanwalts kann daher hier nicht verzichtet werden.

Durch die - erst nach dem Hinweis des Senats darauf, daß der Schriftsatz vom 28. März 2000 nicht unterschrieben ist - am 17. April 2000 zusammen mit dem Wiedereinsetzungsgesuch bei Gericht eingereichte, von dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners unterschriebene Beschwerdeschrift vom 12. April 2000 ist die Notfrist der §§ 7 Abs. 1 InsO, 577 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt worden, weil die Frist beim Eingang dieser Beschwerdeschrift bereits ablaufen war.

Der Antrag des Schuldners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der genannten Frist ist nicht begründet. Zwar sind im Insolvenzverfahren gemäß § 4 InsO die §§ 233 ff ZPO entsprechend anzuwenden, so daß auch hier Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann, wenn eine Notfrist ohne ein dem Beteiligten zuzurechnendes Verschulden versäumt worden ist (vgl. Senat NZI 1999, 458; Senat, NZI 2000, 134 [135]; Senat, NZI 2000, 169 [170]; Kirchhof in Heidelberger Kommentar, a.a.O., § 4, Rdn. 10; Nerlich/Römermann/Becker, a.a.O., § 4, Rdn. 23; Smid, InsO, 1999, § 4, Rdn. 9). Hier sind die Voraussetzungen des § 233 ZPO indes nicht erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Verfahrensbevollmächtigten, dafür zu sorgen, daß ein fristgebundener Schriftsatz hergestellt wird und rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Verfahrensbevollmächtigte eine zuverlässige Fristkontrolle organisieren. Er muß sicherstellen, daß die zu wahrenden Notfristen in einem Fristenkalender festgehalten und dort erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (vgl. BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle Nr. 31; BGH NJW 1994, 1879; BGH NJW-RR 1995, 824 = BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle Nr. 39; BGH NJW 1997, 3177 [3178]). Daß der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners eine derartige Fristenkontrolle überhaupt angeordnet hat, ergibt sich aus dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht. Bereits deshalb kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß die Versäumung der Frist nicht auch auf einem dem Schuldner nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten beruht. Abgesehen hiervon fehlt es an der erforderlichen (§ 236 Abs. 2 ZPO) Glaubhaftmachung der Umstände, die dazu geführt haben, daß der Schriftsatz vom 28. März 2000 ohne Unterschrift abgesandt worden ist. Eine eidesstattliche Versicherung seiner nach der Darstellung des Wiedereinsetzungsgesuchs mit der Absendung der Post betrauten, in diesem Wiedereinsetzungsgesuch indes nur als zuverlässig, aber nicht mit Namen bezeichneten Mitarbeiterin (vgl. dazu Büttner, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 2. Aufl. 1999, § 12, Rdn. 26; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 236, Rdn. 7) hat der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners nicht zur Akte gereicht. Bei der durch eine eigene eidesstattliche Versicherung des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners bekräftigten Darstellung des Wiedereinsetzungsgesuchs vom 12. April 2000, "offenbar (sei) ... der Vorgang aber in die falsche Mappe geraten und ohne Unterschrift kuvertiert worden", handelt es sich um einen bloßen Rückschluß ("offenbar"), der mangels Angabe und Glaubhaftmachung der ihn tragenden Tatsachen nicht zur Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes ausreicht (vgl. BGH NJW-RR 1991, 1150; BGH NJW 1994, 3171 [3172]). Daß ein Schriftstück in eine falsche Mappe gerät und ohne Unterschrift kuvertiert wird, müßte bei ordnungsgemäßer Organisation der Kanzlei regelmäßig zur Folge haben, daß - eben weil es nicht an der richtigen Stelle vorliegt - auch die Löschung der Frist im Fristenkalender unterbleibt und deshalb bei der gebotenen Fristenkontrolle auffällt, daß noch etwas zu veranlassen ist. Daß und warum dies hier anders gewesen sein soll, daß also die gebotene Führung und tägliche Kontrolle des Fristenkalenders angeordnet worden war und gleichwohl das Versäumnis nicht aufgefallen ist, ergibt sich aus dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht.

Die sofortige weitere Beschwerde und der Zulassungsantrag des Schuldners müssen daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden.

Beschwerdewert : DM 3.000,--



Ende der Entscheidung

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