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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.02.2008
Aktenzeichen: 2 W 80/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 2314 Abs. 1 Satz 2
BGB § 2333 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 80/07

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel

am 25. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 19. Oktober 2007 wird der Prozeßkostenhilfe versagende Beschluß der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 5. September 2007 - 18 O 144/07 - teilweise, nämlich im Umfang der nachstehend formulierten Anweisung aufgehoben. Die Sache wird insoweit zur erneuten Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht wird angewiesen, die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Klage der Antragstellerin nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen, soweit die Antragstellerin sie

a) für die Sachanträge zu Ziff. 1 a, 2 und 3 ihres Schriftsatzes vom 19. Oktober 2007 und

b) für den Sachantrag zu Ziff. 1 b dieses Schriftsatzes für eine Verurteilung der Antragsgegnerin zur Vorlage von Wertgutachten über die folgenden Grundstücke

- Grundstück B, P-Straße 74 (Gartenland 369 m², Gebäude- und Freifläche 476 m²),

- Grundstück B, W-Straße, Landwirtschaftsfläche (452 m² und 155 m²) und

- Grundstück B, K-Hof, Landwirtschaftsfläche (383 m² und 606 m²)

erstrebt.

Im übrigen, das heißt soweit die Antragstellerin die Gewährung von Prozeßkostenhilfe auch für einen Antrag auf Verurteilung der Antragsgegnerin auf Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den Wert aller weiteren sich im Nachlaß befindenden beweglichen und unbeweglichen Sachen erstrebt, wird ihre sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 5. September 2007 zurückgewiesen.

Gründe:

1. Die Antragstellerin ist die nichteheliche Tochter des am 13. September 2006 verstorbenen Erblassers I L. Aus der durch den Tod des Erblassers mit der Antragsgegnerin aufgelösten Ehe ist ein Sohn hervorgegangen. Durch notariell beurkundeten Erbvertrag vom 10. September 1991 hatten die Eheleute sich wechselseitig zu Alleinerben und ihren gemeinsamen Sohn zum Erben des Überlebenden eingesetzt. Nachdem die Antragstellerin im Jahre 1993 ihren Lebensgefährten, Herrn K M, getötet hatte, haben der Erblasser und die Antragsgegnerin den zwischen ihnen geschlossenen Erbvertrag durch einen weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 10. Januar 2002 dahin ergänzt, daß der Erblasser der Antragstellerin den Pflichtteil entzog. Hierzu heißt es in dem Ergänzungsvertrag u.a. wie folgt :

(Die Antragstellerin) "... hat von Ende der Achtziger Jahre bis November 1993 Rauschgiftdelikte begangen und Kraftfahrzeugdiebstähle vorgenommen. Sie war mit Herrn K M befreundet. Sie hat K M am 24.11.1993 durch einen Schuss in den Rücken getötet. Mit Hilfe zweier Bekannter wurde die Leiche verpackt. Vermutlich in der Nacht zum 26.11.1993 wurde die Leiche in den E-See versenkt, nachdem sie mit Hantelgewichten beschwert worden war. ...

Ich, I L, entziehe hiermit ... (der Antragstellerin) aufgrund ihres ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels gemäß § 2333 Ziff. 5 BGB den Pflichtteil. Durch die Rauschgiftdelikte und die Delikte im Kfz-Bereich einerseits, maßgeblich aber durch die Ermordung von K M hat sie durch ihren vorwerfbaren Lebenswandel die Familienehre nachhaltig verletzt. Sie hat nach unserem Kenntnisstand den Tod eines Menschen schuldhaft herbeigeführt. Dies rechtfertigt aus meiner Sicht eindeutig die Entziehung des Pflichtteils. ..."

Die Antragstellerin, die sich zwischenzeitlich im Ausland aufgehalten hatte, ist wegen der Tötung von K M durch das Landgericht Bonn zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt worden. Sie möchte die Antragsgegnerin im Wege einer Stufenklage auf Erteilung einer Auskunft über den Nachlaß des Erblassers und Erfüllung des sich aus dieser Auskunft ergebenden Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs in Anspruch nehmen und hat um Gewährung von Prozeßkostenhilfe für diese Klage gebeten.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, daß sie nicht pflichtteilsberechtigt sei, da der Erblasser ihr wirksam den Pflichtteil wegen ihres ehrlosen Lebenswandels entzogen habe. Ein solcher ehrloser und unsittlicher Lebenswand, von dem sich die Antragstellerin sich bis zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht dauerhaft abgewandt habe, sei dadurch gegeben, daß die Antragstellerin seit 1982 in erheblichem Maße strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Sie sei wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Betruges, Urkundenfälschung, Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Verkehrsunfallflucht, fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und Totschlags verurteilt. Ein solches in erheblichem Maße delinquentes Verhalten müsse "der Erblasser im Sinne der Familienehre auch dann nicht hinnehmen, wenn zwischen ihm und seinem Abkömmling keine oder eine ... nur lose Beziehung besteht".

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

2. Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte, fristgerecht (§§ 127 Abs.2 Satz 3, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache überwiegend mit der Maßgabe Erfolg, daß die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen ist.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 Satz 1 ZPO) der beabsichtigten Stufenklage (§ 254 ZPO) hinsichtlich des überwiegenden Teils der angekündigten Klageanträge gegeben. Insbesondere kann die hinreichende Erfolgsaussicht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht mit der Erwägung des Landgerichts verneint werden, der Erblasser habe der Antragstellerin wirksam den Pflichtteil entzogen, so daß sie bereits dem Grunde nach nicht pflichtteilsberechtigt sei. Mit seiner dafür gegeben Begründung setzt sich das Landgericht in Widerspruch zu der von ihm angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Januar 1980 (BGHZ 76, 109 ff. = NJW 1980, 936 ff.). Darauf kann die Versagung von Prozeßkostenhilfe nicht gestützt werden.

Als durch letztwillige Verfügung des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossener Abkömmling des Erblassers ist die Antragstellerin grundsätzlich pflichtteilsberechtigt, § 2303 Abs. 1 BGB. Zwar besteht die Pflichtteilsberechtigung nicht, wenn der Erblasser dem Abkömmling gemäß § 2333 BGB wirksam den Pflichtteil entzogen hat. Dabei kommt hier lediglich der Entziehungsgrund des § 2333 Nr. 5 BGB in Betracht. Einen der Fälle der Nr. 1 bis 4 des § 2333 BGB hat die Antragstellerin unstreitig nicht verwirklicht.

Den ehrlosen bzw. unsittlichen Lebenswandel der Antragstellerin hat das Landgericht in den von ihm angeführten Straftaten der Antragstellerin gesehen. Daran ist richtig, daß schwerwiegende Straftaten den Tatbestand des § 2333 Nr. 5 BGB erfüllen können. Indes hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung vom 23. Januar 1980 das Schutzgut des § 2333 Nr. 5 BGB in der Familienehre erblickt. Er hat hieraus gefolgert, einem nichtehelichen Abkömmling des Erblassers könne nach dieser Bestimmung der Pflichtteils nicht ("... keinesfalls ...") entzogen werden, wenn zwischen dem Erblasser und dem Abkömmling keinerlei Beziehungen bestanden haben, weil dann eine Beeinträchtigung der Familienehre des Erblassers durch das Verhalten des Abkömmlings nicht in Betracht komme (BGH NJW 1980, 936 [938]; vgl. auch OLG Hamburg, NJW 1988, 977 [978]; Erman/ Schlüter, BGB, 11. Aufl. 2004, § 2333, Rdn. 7; Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Aufl. 2008, § 2333, Rdn. 7). Nach dem Vorbringen der Antragstellerin bestand zwischen ihr und dem Antragsgegner nahezu kein Kontakt. Geht man hiervon aus, so ist auf der Grundlage der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs kein Pflichtteilsentziehungsgrund gegeben. Zwar hat nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung vom 27. Dezember 2007 die Antragstellerin "wesentliche Teile ihres Lebenswandels in unmittelbarer Nähe des Erblassers erbracht". Allein dieses weitgehend substanzlose Vorbringen ist indes nicht geeignet, eine Beeinträchtigung auch der Familienehre des Erblassers darzutun. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen und die Berechtigung des jeweiligen Entziehungsgrundes trägt nach § 2336 Abs. 3 BGB der Erbe, im Streitfall also die Antragsgegnerin (vgl. auch Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., 1999, § 2333, Rdn. 4; Birkenheier in jurisPK-BGB, 3. Aufl. 2006, § 2333, Rdn. 41).

Allerdings ist die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Schrifttum auf Kritik gestoßen (vgl. Birkenheier, a.a.O., § 2333, Rdn. 27; Lange in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 2333, Rdn. 14; Staudinger/Olshausen, BGB, Neubearbeitung 2006, § 2333, Rdn. 20; Tiedtke, JZ 1980, 717 [718 f.]). Ihr wird entgegen gehalten, daß für die Entziehung des Anspruchs nicht auf die tatsächlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten abgestellt werden könne, wenn die Begründung des Anspruchs nach der Konzeption des Gesetzes allein an die Blutsverwandtschaft anknüpfe. Zudem soll ein Wertungswiderspruch darin liegen, daß derjenige Erblasser, der sich in berechtigter Voraussicht der Entwicklung des Abkömmlings von ihm abwendet und die Beziehung zu ihm abbricht, damit sein Pflichtteilsentziehungsrecht verliert. In der Tat erscheint es zweifelhaft, ob dann, wenn das Pflichtteilsrecht Ausdruck einer Familiensolidarität ist, die in grundsätzlich unauflösbarer Weise zwischen dem Erblasser und seinen Kindern besteht (vgl. BVerfG NJW 2005, 1561 [1564]), der Pflichtteil bei im konkreten Fall fehlender Solidarität schwerer zu entziehen sein sollte, als wenn sie auch tatsächlich gegeben ist. Hier, zur Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin, bedarf dies indes keiner Vertiefung. Denn mit Bedenken gegen die Richtigkeit einer zu Gunsten des Antragstellers streitende höchstrichterliche Entscheidung, wie sie das Landgericht in seinem Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß angemeldet hat, kann die Verneinung der hinreichenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht begründet werden. Wie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt ist, darf Prozeßkostenhilfe dann nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht verweigert werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102 [2103]; BVerfG NJW 2000, 2098; BVerfG NJW 2005, 1567; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 114, Rdn. 21). Andernfalls wäre der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten Partei die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen. Diese Möglichkeit muß ihr indes erst recht erhalten bleiben, wenn zu der entscheidungserheblichen Rechtsfrage bereits eine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, die ihren Standpunkt stützt. Hier darf deshalb nicht mit der Begründung, das Gericht beabsichtigte nicht, dieser Entscheidung zu folgen, bereits die Erfolgsaussicht verneint werden (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1876 [1877]). Die Befugnis des Richters, bei der Entscheidung in der Hauptsache seiner Rechtsüberzeugung zu folgen und nach einem dann gebotenen Hinweis und mit entsprechender Begründung auch von der Rechtsauffassung einer höchstrichterlichen Entscheidung abzuweichen, wenn aus seiner Sicht die besseren Gründe für ein anderes Ergebnis sprechen, wird dadurch nicht berührt.

Kann somit die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage nicht wegen bereits fehlender Pflichtteilsberechtigung der Antragstellerin verneint werden, ist auch die erforderliche Erfolgsaussicht für die überwiegende Zahl der von ihr angekündigten Anträge gegeben, für die sie unter entsprechender Abänderung ihres früheren Gesuchs nach ihrem Schriftsatz vom 19. Oktober 2007 Prozeßkostenhilfe erstrebt. Dabei ist im hier gegebenen Fall einer beabsichtigten Stufenklage die Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch nicht auf die erste Stufe (Auskunftsstufe) zu beschränken, sondern sogleich - unter dem Vorbehalt einer Konkretisierung und Erfolgsprüfung von Amts wegen in den weiteren Stufen - über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für alle Stufen zu befinden (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1995, 707; OLG München, FamRZ 2005, 42 f.; Zöller/Philippi, a.a.O., § 114, Rdn. 37).

Hiernach hat der im Schriftsatz der Antragstellerin vom 19. Oktober 2007 als Antrag zu 1 a) angekündigte Antrag auf Verurteilung der Antragsgegnerin zur Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte fordern, daß das Verzeichnis von einem Notar aufgenommen wird. Der Erbe ist auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten zur Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Verzeichnisses auch dann verpflichtet, wenn er bereits ein privatschriftliches Verzeichnis erstellt hat (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2007, 881 f.). Ein derartiges notarielles Verzeichnis, welches sich auf das - hier erklärte - Verlangen des Pflichtteilsberechtigten auch auf den fiktiven Nachlaß zu erstrecken hat (vgl. OLG Oldenburg, NJW-RR 1993, 782 [783]; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2007, 881 [882]), hat die Antragsgegnerin unstreitig noch nicht vorgelegt. Auf den Streit der Parteien, ob der Anspruch auf Vorlage einer privatschriftlichen Auskunft über den Nachlaß erfüllt ist, kommt es deshalb hier nicht an. Der Senat bemerkt deshalb lediglich ergänzend, daß Stichtag für den Bestand des Nachlasses ebenso wie für seine Belastung durch Verbindlichkeiten des Erblassers der Zeitpunkt des Erbfalls, also der Tag des Todes des Erblassers ist, § 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies war nach dem bislang unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragstellerin der 13. September 2006. Die Angaben zu den Belastungen des Mehrfamilienhauses im Schreiben der W-Bank C eG vom 12. März 2007 und im Anwaltsschreiben der Antragsgegnerin vom 25. April 2007 beziehen sich dagegen auf einen abweichenden Stichtag vom 30. September 2006.

Ob die Voraussetzungen, unter welcher der Antrag zu 2) zur Entscheidung gestellt werden soll, eintreten werden, läßt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen; die Gewährung von Prozeßkostenhilfe ist indes bereits jetzt hierauf zu erstrecken. Gleiches gilt - unter dem Vorbehalt der späteren Prüfung der Höhe des dann zu beziffernden Zahlungsverlangens - für den Antrag zu 3). Die Pflichtteilsquote von 1/8 hat die Antragstellerin auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes zutreffend errechnet.

Dagegen hat der im Schriftsatz vom 19. Oktober 2007 als Antrag zu 1 b) angekündigte Antrag auf Verurteilung der Antragsgegnerin zur Vorlage von Wertgutachten nur teilweise die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte zwar verlangen, daß der Wert der Nachlaßgegenstände ermittelt wird. Erfolgsaussicht ist deshalb gegeben, soweit sich das Verlangen der Antragstellerin auf die Erstellung solcher Gutachten über den im Anwaltsschreiben der Antragsgegnerin vom 25. April 2007 aufgeführten Grundbesitz richtet. Der Senat verkennt dabei nicht, daß die dort genannten Grundstücke nach der Angabe jenes Schreibens im hälftigen Miteigentum der Antragsgegnerin und des Erblassers gestanden haben. Zur Ermittlung des Nachlaßwerts (§ 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind gleichwohl die Grundstücke jeweils als Ganzes zu bewerten; erst anschließend ist dann der so festgestellte Wert zu halbieren. Erfüllt ist der Wertermittlungsanspruch bisher auch hinsichtlich des Hausgrundstücks P-Straße 74 noch nicht; insbesondere genügt das Schreiben der W-Bank C eG vom 12. März 2007 hierfür entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht. Die Mitteilung "unverbindliche(r) Eckdaten" in diesem Schreiben vermag eine sachverständige Begutachtung nicht zu ersetzen. Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Vorlage eines Sachverständigengutachtens wird allerdings noch durch die Angabe des maßgeblichen Stichtages (13. September 2006) zu konkretisieren sein.

Dagegen hat der im Schriftsatz vom 19. Oktober 2007 angekündigte Antrag zu 1 b), soweit er sich auf die Verurteilung zur Bewertung weiterer Gegenstände richtet, nach dem derzeit gegebenen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so daß insoweit die Beschwerde gegen den Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß des Landgerichts zurückzuweisen ist. Dies gilt zunächst, soweit die Antragstellerin eine Bewertung der in ihrem Schriftsatz vom 27. Juni 2007 unter Ziff. 1 b) und c) noch hinreichend konkret bezeichneten Gegenstände, nämlich des Betriebsgrundstücks P-Straße 70 und des Gartengestaltungs- und -baubetriebes, erstrebt. Daß diese Gegenstände zum Nachlaß gehörten und deshalb zu bewerten wären, ist weder konkret dargetan noch sonst ersichtlich. Vielmehr macht die Antragstellerin selbst geltend, der Erblasser habe sie zum 31. August 2003 auf seinen Sohn übertragen. Zwar erstreckt sich der Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB auch auf Gegenstände des fiktiven Nachlasses im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB, also auf solche Gegenstände, die der Erblasser innerhalb der Frist des § 2325 Abs. 3 BGB unentgeltlich zugewandt hat (vgl. BGHZ 33, 373 [376]). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die zuletzt genannte Voraussetzung erfüllt ist, trägt indes der Pflichtteilsberechtigte (vgl. Baumgärtel, a.a.O., § 2325, Rdn. 8). Er kann die Ermittlung des Wertes eines nicht im Nachlaß befindlichen Gegenstandes daher erst dann fordern, wenn feststeht, daß dieser Gegenstand zum fiktiven Nachlaß gehört, d.h. vom Erblasser im maßgeblichen Zeitraum verschenkt worden ist (vgl. BGH NJW 1984, 487 [488]; OLG Schleswig, ZEV 2007, 477 [478]; Baumgärtel, a.a.O.; Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2314, Rdn. 13). Daß der Betrieb und das Betriebsgrundstück zum fiktiven Nachlaß des Erblassers in dem genannten Sinne gehören, hat die Antragstellerin bisher schon nicht schlüssig dargetan. Daß der Betrieb zum 31. August 2003 veräußert worden sein mag, genügt dafür ebenso wenig wie der Vortrag der Antragstellerin, daß "eine Betriebsübergabe an den Sohn des Erblassers stattgefunden" habe. Beides besagt nichts darüber, zu welchen Konditionen dies geschehen ist. Eine auch nur teilweise unentgeltliche Verfügung ist weder damit noch mit dem weiteren Hinweis der Antragstellerin schlüssig dargetan, daß die Antragsgegnerin über die Konditionen der Übergabe keine Auskunft erteilt habe.

Soweit die Antragstellerin weitergehend die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den "Wert aller im Nachlaß befindlichen beweglichen und unbeweglichen Sachen" erstrebt, fehlt die erforderliche Erfolgsaussicht schon deshalb, weil dieser als Antrag der ersten Stufe der Stufenklage angekündigte Antrag inhaltlich nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und daher so unzulässig ist. Was konkret von dem Beklagten eines Rechtsstreits verlangt wird, muß bereits im Erkenntnisverfahren - mit dem Klageantrag - klargestellt werden und kann nicht der Klärung im Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben. Zudem steht auch der Wertermittlungsanspruch aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen kann deshalb nur verlangt werden, soweit sie bei verständiger Würdigung zur Feststellung des Nachlaßwerts und zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs geboten erscheint. Sie ist deshalb nicht auf "alle" Nachlaßgegenstände und insbesondere nicht auf sämtliche gebrauchte Habe des Erblassers zu erstrecken.

Da das Landgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - noch keine Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin getroffen hat, erscheint es angebracht, in dem Umfang, in dem nach dem Gesagten die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung der Antragstellerin zu bejahen ist, die Sache nach § 572 Abs. 3 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen und ihm insoweit die abschließende Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch - auch zur Frage des § 121 Abs. 3 ZPO - zu übertragen.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die Regelung des § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlaßt. Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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