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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.08.2004
Aktenzeichen: 2 Ws 386/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 300
StPO § 306 Abs. 1
StPO § 311 Abs. 2
StPO § 454 Abs. 3 Satz 1
StPO § 456 a
StGB § 57
StGB § 78 b Abs. 3
StGB § 79 Abs. 3 Nr. 3
StGB § 79 a
StGB § 79 a Nr. 2 a
StGB § 79 a Nr. 2 b
StGB § 79 a Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verurteilte zu tragen.

Gründe: Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Rechtsmittel des Verurteilten folgende Stellungnahme abgegeben : "Durch Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 24.01.1992, rechtskräftig seit dem 28.04.1992 ist gegen den Verurteilten wegen Diebstahls in zwei Fällen, Betruges und eines fahrlässigen und zweier vorsätzlicher Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden (Bl. 1 ff. VH). Durch Beschluss des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 05.04.1993 ist die Strafaussetzung aus diesem Urteil wegen Straffälligkeit in anderer Sache widerrufen worden (Bl. 53 BewH Bologh, Tiberiu). Mit Verfügung vom 28.06.1993 hat die Staatsanwaltschaft von der weiteren Vollsteckung gemäß § 456 a StPO mit Wirkung zum 30.08.1993 abgesehen und den Verurteilten am 31.08.1993 in sein Heimatland abgeschoben (Bl. 76 ff.,121 VH). Am 22.02.1997 ist der Verurteilte bei der illegalen Einreise in das Bundesgebiet verhaftet worden (Bl. 136 VH). Nach Verbüßung von mehr als 2/3 Strafhaft in dieser Sache hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 30.10.1997 erneut von der weiteren Vollstreckung gemäß § 456 a StPO abgesehen (Bl. 295 f. VH) und den Verurteilten am 02.12.1997 in sein Heimatland abgeschoben (Bl. 309 VH). Im Hinblick auf diese Entscheidung hat der Verurteilte auf eine Entscheidung gemäß § 57 StGB verzichtet (Bl. 295R , 296 VH). Vollstreckungsverjährung wäre am 12.06.2004 eingetreten. Am 08.06.2004 ist der Verurteilte am Kölner Hauptbahnhof verhaftet worden und befindet sich seit dem 16.06.2004 wieder in Strafhaft in dieser Sache in der JVA Köln (Bl. 322, 330 VH). Durch Beschluss vom 15.07.2004 hat die Strafvollsteckungskammer des Landgerichts Köln, nach vorheriger Anhörung des Verurteilten, die Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 24.01.1992 zur Bewährung abgelehnt (Bl. 369 ff. VH). Gegen diesen, ihm am 28.07.2004 zugestellten (Bl. 386 VH) Beschluss hat der Verurteilte mit Schreiben vom 29.07.2004, bei dem Landgericht eingegangen am 02.08.2004, "Einspruch" eingelegt. II. Der Einspruch des Verurteilten ist also sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer auszulegen, § 300 StPO. Dass gemäß der §§ 454 Abs. 3 Satz 1, 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO statthafte Rechtsmittel ist form- und fristgerecht erhoben worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keine Erfolg. Die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss werden durch das Beschwerdevorbringen, welches sich nur am Rande zu den die Entscheidung tragenden Gründen verhält, nicht entkräftet. Die Einlassung des Verurteilten, er habe auf ein "Recht zur Durchreise" vertraut, vermag die erneute illegale Einreise nicht zu erklären. Er ist bereits zweimal aus der Strafhaft vorzeitig in sein Heimatland abgeschoben und dabei jeweils darüber belehrt worden, dass er im Falle der Wiedereinreise mit seiner Verhaftung und der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe zu rechnen habe. Durch seine Verhaftung anlässlich seiner illegalen Wiedereinreise im Februar 1997 und die im Anschluss verbüßte Strafhaft hat er die Konsequenzen einer Missachtung des Einreiseverbots deutlich am eigenen Leib zu spüren bekommen. Gerade der Umstand, dass ihn selbst dieses Erlebnis nicht von einer erneuten illegalen Einreise abgehalten hat, steht seiner Einlassung entgegen und ist zugleich Beleg dafür dass er - entgegen seinem Beschwerdevorbringen - sich offensichtlich nicht "grundlegend" geändert hat. Dem stimmt der Senat zu mit folgender Ergänzung : Die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe ist zulässig, weil Vollstreckungsverjährung bisher nicht eingetreten ist. Die Verjährungsfrist beträgt vorliegend gem. § 79 Abs. 3 Nr. 3 StGB 10 Jahre. Unter Berücksichtigung der Teilverbüßungen vom 06.05. bis zum 31.08.1993 sowie vom 22.02. bis zum 02.12.1997, die das Ruhen der Verjährung bewirkten, wäre nach der zutreffenden Berechnung durch die Staatsanwaltschaft Vollstreckungsverjährung am 10.06.2004 eingetreten; bei der Datumsangabe 12.06.2004 in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft dürfte es sich um einen Schreibfehler handeln, worauf es letztlich aber nicht ankommt. Denn der Beschwerdeführer ist aufgrund des Vollstreckungshaftbefehles der Staatsanwaltschaft Köln vom 22.01.1998 ohnehin bereits vorher am 08.06.2004 festgenommen worden. Während der seither andauernden Vollstreckung der Reststrafe läuft die Vollstreckungsverjährungsfrist nicht weiter, sie ruht vielmehr - wie auch bereits während der früheren Teilverbüßungen - gem. § 79 a Nr. 3 StGB. Der Senat folgt insoweit der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, wonach die Vollstreckungsverjährung gem. § 79 a Nr. 3 StGB auch durch den Vollzug der Freiheitsstrafe in derselben, nicht nur in anderen Sachen ruht. ( vgl. OLG Hamm NStZ 84,237; KG JR 87, 31; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke-Schröder, StGB, 26. A., § 79 a, Rn 7; Tröndle/Fischer, StGB, 52.A., § 79 a Rn 5; a.A. Jähnke LK, StGB, 11. A., § 79 a Rn 7 ). Die genannten Entscheidungen, denen sich der Senat anschließt, verweisen zunächst mit Recht auf den allgemein gehaltenen Wortlaut der Bestimmung, der die hier vertretene Auslegung ohne weiteres zulässt. Vor allem aber entspricht es dem Grundgedanken der Verjährung, dass, wenn die Vollstreckung betrieben wird, es an einem Anknüpfungspunkt für den Weiterlauf der Verjährung fehlt. Ein solcher ist nach dem Zusammenhang der Ruhenstatbestände des § 79 a StGB nur gegeben, wenn die Vollstreckungsbehörde die an sich durchführbare Vollstreckung unterlässt. Wenn schon Maßnahmen nach § 79 a Nr. 2 a und b StGB die Verjährungsunterbrechung in derselben Sache bewirken, muß das für den Vollzug erst recht gelten. Allein dies Ergebnis wird auch dem bei der Verfolgungsverjährung geltenden Grundsatz gerecht, nach dem die Verjährung während eines schwebenden Verfahrens möglichst nicht eintritt. Dieser Grundsatz hat u.a. in der Regelung des § 78 b Abs. 3 StGB Ausdruck gefunden, die bestimmt, dass die Verjährungsfrist nicht vor rechtskräftigem Verfahrensabschluss abläuft, sofern vor dem Ablauf ein Urteil des 1. Rechtszuges ergangen ist. Es ist nicht einsehbar, dass für die Vollstreckung eines bereits rechtskräftigen Urteils etwas anderes gelten soll. Der Senat hält es entgegen Jähnke (a.a.O.) nicht für ungereimt, dass ein Verurteilter, der seine Strafe kurz vor Ablauf der Verjährung antritt, damit das Ruhen der Frist des § 79 a Nr. 3 StGB bewirkt und somit seine Strafe voll verbüßen muß, während derjenige, der erst nach Fristablauf ergriffen wird, in den Genuss der Verjährung kommt. Wäre ein Verurteilter wegen Vollstreckungsverjährung aus der Haft zu entlassen, die er gerade erst angetreten hat, so wäre nach der Meinung des Senats eher dieses Ergebnis ungereimt und aus den Bestimmungen über die Vollstreckungsverjährung nicht überzeugend herzuleiten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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